Ci*»*!***' Verhandlungeii der Naturforschendeii Gesellschaft m BASEL. Neunter Band. Mit 17 Tafeln. Basel. H. Georg's Verlag. 1893. INHALT. Anatomie. M. v. Lenliossék. Hinterwurzelii und Hinter- stränge. 86. — Zur ersten Entstehung der Nervenzellen und Nervenfasern bei dem Yogelembryo. 379. Geologie. V. Grillier on. Ein ßohrversuch auf Steinsalz bei Bettingen. 363. — A. Grutzwiller. Beitrag zur Kenntniss der Tertiärbildungen der Umgebung von Basel. 182. — C. Schmidt und G. Steinmann. Greologische Mitteilungen aus der Umgebung von Lugano. 245, Mathematik. K. VonderMühll. Ueber die Anzahl der unab- hängigen Perioden von eindeutigen Functionen complexen Arguments. 78. Meteorologie. A, Riggenbach. Die unperiodischen Witter- ungserscheinungen auf Grund 111 jähriger Aufzeichnungen der Niederschlagstage. 63. — Witterungsübersicht der Jahre 1888 und 1889. 124. — Id. 1890. 533. Zur Wolkenphotographie. 893. Mineralogie. C.Schmidt, Ueber ein zweites Vorkommen von dichtem Yesuvian in den Schweizer-Alpen. 327. Physik. E. Hagenbach-Bischoff und L. Zehnder. Die Natur der Funken bei den Hertzschen electrischen Schwing-- ungen. 509. — Gc. Kahlbaum. Studien über Dampfspann- kraftsmessungen. 573, — J. Weinmann, Vorlesungsversuch über die Flüssigkeitshaut. 243. Zoologie unorus nivalis, Hydroporus erythrocephalus, Ghironomus, 4 spec, Pisidium ovatum. So steht denn der See von Garschina in Bezug auf seine thierische Bevölkerung weitaus am selbständigsten da. Er beherbergt nicht nur die an Arten und Indivi- duen reichste, sondern auch die von den andern Loka- litäten durch ihre Zusammensetzung am stärksten ab- weichende Fauna. Fast sämmtliche gefundenen Formen sind, wie wir noch auseinanderzusetzen haben werden, weitverbreitete Arten, treten aber in den drei einander so nahe liegenden Seen in ganz verschiedener Gruppi- rung auf, so dass grosse lokale Yariationen entstehen. Es wird sich nun fragen, welches die äussern lokalen Bedingungen sind, die jenes verschiedene Auftreten und — 27 — jene verscliiedene Zusammensetzung der Fauna bewirken, und warum gerade der höchstgelegene See an Reich thum des Thierlebens die andern überragt. Eine ganze An- zahl günstiger Factoren treten zusammen, um im See Yon Garschina die Entfaltung eines reichen Thierlebens zu gestatten. Der Umstand, dass das Wasserbecken seicht und der Sonne stark ausgesetzt ist und dabei nur relativ geringe Mengen yon Schmelzwasser zugeschickt erhält, erlaubt nach dem langen Winter eine rasche und ausgiebige Durchwärmung des Sees. Mit der verhält- nissmässig hohen Temperatur des Wassers ist eine erste und wichtige Bedingung zur gedeihlichen Entwicklung der Fauna gegeben. Die lebhafte Fortpflanzungsthätig- keit, der grosse Reichthum an .Individuen dürfte in directer Beziehung zu diesen Yerhältnissen stehen. Auch wird es so manchen Bewohnern der warmen Teiche der Ebene — Clepsinen, Notonecten — ermöglicht, im Alpen- see sich anzusiedeln. Weder Stein- noch Lawinenschläge stören die sich entwickelnde Lebewelt. Die Temperatur des Wassers wird nicht herabgesetzt durch in den See stürzende Schneemassen. In dem kleinen Wasserbehälter finden nun die thierischen Wesen verhältnissmässig man- nigfaltige Wohnstellen. Allerdings besteht der Unter- grund fast überall aus feinem Schlamm, in dem sich die Anneliden, Anguiiluliden, Pisidien und Dipterenlarven, besonders die Röhrenbauer unter ihnen, wohl befinden werden. Aber auch die vereinzelten Schieferplatten des Südufers bieten zahlreichen Wesen Unterkunft. Ihre Unterfläche ist dicht bevölkert mit Clepsinen, Planarien und Sialislarven. Andere wieder finden eine ihnen zu- sagende Heimstätte unter den Steinen der raschflies- senden, in den See sich ergiessenden Quellbächlein, Zu dieser Kategorie gehören Polycelis und Paria. Endlich halten sich zahlreiche Thierc in den üppigen Algen- — 28 — wiesen auf; dort leben Microstomen, Insektenlarven und manche Crustaceen ; auch Fische und Amphibienlarven suchen die Nähe der Sauerstoff spendenden Pflanzen auf. Der flache, sonnige Ufersaum bietet Limneen, Floh- krebsen und Wasserkäfern passende Wohnungsbedin- gungen. Die Entomostraken schwimmen entweder in der Mitte des Sees im freieren Wasser, oder halten sich endlich mit den Hydraclmiden auf der Oberfläche des sandigen Grundes. So wird der See von Garschina in seiner geringen Ausdehnung allen möglichen Ansprüchen in Bezug auf Wohnungsverhältnisse gerecht. Mit der hohen Wassertemperatur und der geringen Tiefe steht in enger Beziehung die Entwicklung einer reichen Algenvegetation und damit ist eine weitere wichtige Bedingung zum Aufblühen thierischen Lebens erfüllt. Nicht nur wird im See selbst eine reiche Sauer- stofl'quelle eröffnet, sondern es wird auch eine stärkere Vertretung von pflanzenfressenden Thieren ermöglicht. Das fleischfressende Eaubthier spielt sonst in den höheren Gebirgslagen eine grosse Rolle. Heer (26) führt unter seinen 32 hochalpinen ïhieren 24 Raubthiere auf. Auch in den Alpenseen finden wir meist Fleischfresser. Pflan- zenfressend sind nach Pictet (53) z.B. die Phryganeen- larven, wenn sie auch gelegentlich Fleischnahrung nicht verschmähen. Auf ihre reiche Yertretung in Garschina ist hingewiesen worden. So wird die Fauna durch das Hinzutreten neuer Elemente mannigfaltiger gemacht. Uebrigens können diese Larven während langer Monate hungern, was sie wohl noch besonders geeignet macht, den Winter des Hochgebirges zu überstehen. Sie gehen nach Pictet (53) die Metamorphose auch nach recht langer Hungerkur noch ein. Garschina bietet spät flie- genden Köcherfliegen alle nöthigen Lebensbedingungen. Die reiche Vegetation der Ufer ermöglicht es sogar - 29 — Arten wie Phrygcmea varia und Fh. ruficoUis, die ilire Ge- häuse aus Pflanzenbestandtlieilen aufbauen, sich in jener Höhe anzusiedeln. Im See von Tilisuna, der von einer weit spärlicheren Yegetation umsäumt wird, lebt dagegen nur die steinerne Röhren bauende Ph. pilosa. Neben vegetabilischer Nahrung, die im See oder an dessen Ufern wächst, ist für thierische Nahrung in Hülle und Fülle durch die an Individuen so reiche Fauna selbst gesorgt. Auch Insekten der Ebene werden durch den Wind leicht in das fast von allen Seiten offene Wasser- becken getragen, um dessen Bewohnern zur willkom- menen Beute zu fallen. Nicht nur die Temperatur- und Wohnungsbedin- gungen, sondern auch die Ernährungsverhältnisse müssen also in Garschina als günstige bezeichnet werden. Endlich wird ein Import von Thieren in das leicht zugängliche, offene Wasserbecken nicht zu den Selten- heiten gehören. In seiner offenen Lage hat der See von Garschina gewiss manches voraus vor dem von Tilisuna, oder gar vor dem in tiefe Felsschranken eingezwängten Partnunersee. Neben der Einfuhr von Crustaceeneiern wird es sich hauptsächlich um leicht geflügelte Insekten, Orthopteren, Neuropteren, Coleopteren und Dipteren handeln, die vom Luftstrom ergriffen und in die Höhe getragen werden. Man findet solche verirrte Thiere ja zahlreich genug auf allen Gletschern und Schneefeldern. In einen günstig gelegenen Alpensee getragen, der die nöthigen Existenzbedingungen bietet und dessen Ufer noch eine genügende Yegetation aufweisen, werden manche Insekten der Ebene an die neuen Yerhältnisse sich gewöhnen. So erklärt sich wohl theil weise der Reichthum von Garschina an leicht geflügelten Insekten. Man könnte nun einwenden, dass alle die zur Ent- wicklung einer reichen Fauna so günstigen Factoren zum — 30 — Theil wenigstens aufgehoben werden durcli den strengen Winter, der eine längere Dauer hat als in Tilisuna oder Partnun. Hier erhebt sich die allgemeine Frage, wie verhält sich die Thierwelt der Seen , speciell der hochge- legenen Gebirgsseen, während des langen Winters, d. h. während des grössten Theiles des Jahres. Unsere Be- obachtungen über diesen Gegenstand sind noch lücken- haft, erlauben uns aber immerhin einige Schlüsse von Bedeutung zu ziehen. Gewisse Thiergruppen wie ßryo- zoen und Cladoceren überstehen die kalte Jahreszeit in Form von Dauerstadien — Statoblasten, Wintereiern — , andere, hauptsächlich Mollusken und Würmer, suchen sich durch Yerkriechen im Schlamm vor der Kälte zu schützen. Im Ganzen aber scheint das thierische Leben auch unter der winterlichen Eisdecke fast unvermindert fortzubestehen. Die Lebensbedingungen werden aller- dings andere sein; im überfrorenen See wird beinahe vollkommene Ruhe des Wassers herrschen, die Verbin- dung mit dem Sauerstoff der Luft ist abgeschnitten; doch sind die eingetretenen Yeränderungen nicht stark genug, um das ïhierleben zu unterbrechen. Forel (14) machte im Winter 1879 Sondirlöcher auf dem seit 45 Tagen zugefrorenen Murtensee; eine Menge von Ento- mostraken näherten sich den Oeffnungen, wohl um das an Sauerstoff reiche Wasser zu geniessen. Nord- quist (48) konstatirte unter dem Eis des Lojo- und Kallavesisees in Finnland Corethra- und Chironomus- larven, sowie zahlreiche Crustaceen. Besonders wichtig aber sind für uns die Angaben von Imhof (32). Im See Cävloccio (1908 m.) fand sich eine an Individuen reiche Fauna, sowohl im August, als im December unter einer doppelten Eisdecke. Die Untersuchung des zum grossen ïheil noch zugefrorenen Diavolezzasees (2579 m.) ergab — 31 — das Yorkommen einer Turbellarienart und von Insekten- larven. Der Seelisbergersee (753 m.) beherbergte am 12. Januar 1884 unter einer Eisdecke von ansehnlicher Dicke eine hervorragende Individuenzahl, im Klönthaler- see wurden unter denselben Yerhältnissen zahlreiche Daphniden und Cyclopiden gefunden (828 m.) Aehn- liches wäre vom Lac des Brenets, sowie von den Seen bei St. Moritz, Silvaplana und Sils anzaführen. Im Cam- pfèrsee (1793 m.) war der Thierreichthum im December und Januar grösser als im August. Imhof ist sogar geneigt anzunehmen, dass ein frühzeitiges Zufrieren der Gebirgsseen von Bedeutung für die Erhaltung der Fauna während des Winters sei. Die Eisdecke soll der Thierwelt gewissermassen Schutz vor der Unbill der Witterung bieten. Es wird in dieser Hinsicht von Interesse sein, die Thierwelt der Sulzfluhseen nach verschieden strengen Wintern zu unter- suchen. Yon einem Erlöschen des Lebens im zugefrornen Bergsee kann also kaum die Rede sein; es dauert das- selbe vielmehr recht kräftig fort. Das frühe Eintreten des Winters in Garschina wird ohne grossen Einfluss auf die Zusammensetzung der Fauna bleiben, sobald nur im Hochsommer, zur Fortpflanzungszeit, das Wasser- becken rasch und genügend durchwärmt wird. Es wird nun kaum nöthig sein, die Analyse der Thierwelt der beiden andern Sulzfluhseen von den beim See von Garschina beobachteten Gesichtspunkten aus in alle Einzelheiten durchzuführen. Beim Partnunersee wirken zum vornherein ungünstig die oben berührten und erklärten Temperaturverhältnisse und seine abge- schlossene und gleichzeitig schattige Lage. Yon den Insekten sind denn auch einzig die in allen Gewässern — 32 — der Ebene und des Gebirges häufigen Zweiflügler stark vertreten. Die zahlreichen Planarien finden passende Wohnung unter dem in Menge auftretenden Geröll. Die Schlamm- bewohner sind entsprechend der Grundbeschaffenheit seltener als in Garschina, für Angehörige der Fauna seichter und warmer Teiche finden sich ebenfalls nicht die gewünschten Bedingungen. Der relative Reichthum an Mollusken steht vielleicht mit dem hohen Kalkgehalt des tief in Kalkgebirge ein- gebetteten Wasserbeckens in Beziehung. Schwerer zu erklären ist der Ueberfluss an Hydrachniden und der Mangel von Bryozoen, die doch hier die nöthige feste Grundlage zum Aufbau ihrer Stöcke überall finden würden. Die vorkommenden Crustaceen sind meist Kos- mopoliten. Niedrige Temperatur, Abgeschlossenheit, Stein- und Lavinenschläge, nur massige Be wachsung der Ufer dürften die Hauptmomente sein, die die Thierwelt des Sees von Partnun an Individuen- und Artenzahl unter diejenige des tausend Fuss höher gelegenen Sees von Garschina stellen. Wohnungs- und theilweise Ernäh- rungsverhältnisse — Pflanzenwuchs im See selbst — sind dagegen noch ziemlich günstig. Die offene Lage des Sees von Tilisuna, sowie der Umstand, dass seine Ufer einen ziemlich dichten Pflan- zenteppich tragen, gestatten die Entfaltung eines etwas mannigfaltigeren Lebens von Wasserinsekten als in Part- nun. Auch die höhere Temperatur des von der Sonne besser beschienenen Wasserbeckens wird der Fauna günstig sein. Dem treten aber feindlich entgegen der fast gänzliche Mangel von grüner Algenvegetation im Wasser selbst und die Einförmigkeit des Untergrundes. Die denselben bildenden Geröllstücke geben wohl Schlupf- winkel für die Planarien und solide Fixirungspunkte — 33 — für die Bryozoen ab, gestatten aber nicht die Entfaltung einer reichen schlanimbewohnenden Thierwelt. Die Ar- muth an Mollusken mag ihre Erklärung in der Lage des Sees am Rande des kalkarmen, kristallinischen Ge- birges finden. Yon den Crustaceen sind wieder Kosmo- politen vorhanden, allerdings begleitet yon der nicht ge- wöhnlichen Form Lynceus acantJiocercoides, Fisch. Ento- mostraken gehören eben, wie wir sehen werden, zu den konstantesten und weit verbreitetsten Bewohnern der ver- schiedenartigsten Grebirgsseen. Sie scheinen sich viel leichter an alle möglichen äusseren Bedingungen anzu- gew^öhnen als andere Thiergruppen. Für den See von Tilisuna dürfte die Untersuchung der nächsten Jahre noch einige Bereicherung der faunistischen Liste bringen. Der Reichthum der Thierwelt kleiner Alpenseen ist bis zu bedeutender Höhe an Arten und Individuen ein relativ grosser. Er nimmt nicht stufenweise von unten nach oben ab, wie dies etwa behauptet worden ist. Es können vielmehr eine Reihe von günstigen Fac- toren sich combiniren, um in höhergelegenen Seen das Thierleben reicher zur Entfaltung zu bringen als in tief er- liegenden. Je nach den herrschenden äussern Um- ständen können sich nahe liegende Seen eine sehr ver- schiedene Bevölkerung aufweisen. Die Bewohner der Hochgebirgsseen sind allerdings meist weitverbreitete Formen, doch gruppiren sich dieselben unter dem Druck der äussern Verhältnisse in sehr verschiedener Weise zu Lokalfaunen. Bestimmend sind in erster Linie Nahrungs-, Woh- nungs- und Temperaturverhältnisso ; sodann die geolo- gische und topographische Lage des Wasserbeckens, 3 — 34 — die Entwicklung der Flora im und am See, seine Lage in Bezug auf Lawinen- und Steinschläge, der Kalkge- halt des Wassers, Weniger Bedeutung scheinen die Tiefenverhältnisse zu haben; in den kleinen Wasserbecken der Alpen kann zwischen littoraler und Tiefenfauna kaum eine Grenz- linie gezogen werden. Es erübrigt nun noch einen Blick zu werfen auf die Verbreitung der gefundenen Thierformen und spe- ciell auf ihr Vorkommen in Seen der Alpen und an- derer Gebirge, soweit dies nicht schon im vorhergehen- den gethan worden ist. Die in der Ebene weitver- breitete Epistylis pUcaüUs, Ehrb., oder eine nahe ver- wandte Art ist von Asper (1, 2, 3) ausser in manchen tiefer gelegenen Seen auch in demjenigen von Siiva- plana (1794 m.) gefunden worden; es überzog das Infu- sorium hauptsächlich die Fredericellenkolonien. LTeber das Vorkommen der Vorticella microstoma, Ehrb., in hoch- gelegenen Wasserbecken fand ich keine Angaben. Pa- ve si (49) erwähnt aus dem Lago Ritom (1829 m.) eine Art von Vorticella, Imhof (31) eine andere aus bayri- schen Seen von 600 — 664 m. Höhe. Derselbe Autor kennt eine Vorticella und Epistylis auch aus den Savoyer- seen, lac du Bourget und d'Annecy (27), sowie Vorticella spec. aus einigen österreichischen Wasserbecken, wovon das höchste, der Gosausee, bei 908 m. liegt (34). Forel (13, Mat. I.) fand Epistylis- und Opercidaria-¥ OTm.Qii auf Tiefseecrustaceen des Genfersees. Calidina parasitica, Gigl, ist in höhern Regionen noch nicht beobachtet worden. Doch scheinen die Calidinen überhaupt sehr resistenzfähig zu sein; schon Ehren- berg (11) fand in 3334 m. Höhe drei Arten von C. — 35 — Microstoma lineare ist bis jetzt nicht als Bewohner eigentlicher Hochgebirgsseen verzeichnet worden. Es findet sich das Thierchen nach v. Grraff (20) weit ver- breitet in stehenden Süsswassertümpeln, im Winter sogar unter dem Eis. Am Ufer und in der Tiefe des Genfer- sees ist es nachForel (13, Mat. série YI. 14) stark ver- treten. Duplessis (10) gewann es vor Ouchy aus einer Tiefe von 150 m. Allerdings weicht die Tiefsee- form etwas von der littoralen ab. Auch im schottischen ^ee Lochend ist M. lineare , Oest. , nachgewiesen wor- den (20). Eine richtige Gebirgsform dagegen ist Fla- naria abscissa. Yon Jjima zuerst in einem Bache bei Marienthal in Thüringen entdeckt, wurde der Strudel- wurm später vonZacharias (70) im kleinen Teich des Biesengebirgs nachgewiesen. Der an Turbellarien über- haupt sehr reiche See liegt in einer Höhe von 1168 m. (73). Auch einen in der I^ähe gelegenen Graben mit fli es- sendem Wasser von 4*^ B. bewohnte dasselbe Thier. (Höhe 1368 m.) (70). In der Schweiz wurde die Pla- narie beobachtet von Imhof (30, 32) in der Uferzone des Lej Sgrischus in einer Höhe von 2640 m., im See Cavloccio, 1908 m., und Prünas 1780 m., sowie im Lago d'Emet, 2100 m. (33). Yielleicht gehören die von Asper (4) im Lago Bitom gefundenen Planarien eben- falls hieher. Die in der Ebene häufige Planaria polij- chroa, 0. S., ist wohl noch nie in Alpenseen aufgefunden worden. Ueber das Yorkommen von Polycelis nigra 0. F. Müll., und Flanaria subtentaculata, Dugès, (= Dendrocoelum fuscum, Siimps) haben wir bereits einiges mitgetheilt. Beide Formen waren bis jetzt aus den Alpen nicht be- kannt. Die letztere Art findet sich ausser im Biesen- gebirge (75) auch am Ufer und in der Tiefe des Genfer- sees. (13, Mat. Yl). Dori/laimiis staf/nalis, T>i(j., ist überallgemein. Dup- — 36 — lessis (10) kennt ihn aus allen Tiefen des Genfersees, ebenso F o r e 1 (13, Mat. YI., 14). Seine Gegenwart in hoch- gelegenen Seen wird allerdings nirgends ausdrücklich erwähnt, doch darf vielleicht die von Imhof (32) im Lej Sgrischus (2640 m.) und im Seealpsee (1142 m.) ge- fundene Anguillulide hieher gezogen werden. Derselbe Autor führt Anguilluliden aus tiefer gelegenen, öster- reichischen Südwasserbecken an (34). Die höchsten Standorte für Clepsinen, die bis jetzt bekannt waren, sind der Lac de Joux (1009 m.) (14) und der von Brandt (5) untersuchte Goktschaisee in den armenischen Alpen (6340'). Die an diesen Lokalitäten gefundenen Exemplare sind nicht näher bestimmt worden. In den Gewässern der Ebene sind die Clepsinen bekanntlich häufig. (13, Mat. III., 14). Arten von TuMfex (Saenuris) wurden von F o r e 1 (13, Mat. IIL, YL, 14, 15, 16) im Genfersee, in den Savoyerseen, im Neuenburger- und Bielersee gefunden ; ähnliches erwähnt Asper (3) aus dem Zürchersee. Auch aus dem Lac de Joux und aus dem Starnbergersee sind derartige Yorkommnisse bekannt (14). Die Tiefseeform von Saenuris variegata, Hoffm., un- terscheidet sich im Genfersee nicht von den littoralen Exemplaren (14). Auch der See von Hincowy in der hohen Tatra wird nach Wierzejski (69) von einem TuUfex bewohnt (1966 m.) Imhof (32) meldet sein Yorkommen aus dem Seealpsee (1142 m.) Kaum min- der verbreitet als Formen von Saenuris sind solche von Lumbriculus, doch fehlt leider auch hier sehr oft eine genügende Bestimmung. Asper (1, 2) erwähnt hieher gehörende Würmer aus den meisten von ihm unter- suchten Seen; darunter befinden sich der hochgelegene Klönthalcrsee (804 m.), sowie der Engadinersee von — 37 — Sils (1796 m.). In den Gotthardseen kommt nach dem- selben Autor (4) ebenfalls ein Liimhriculus vor (2114 m.) Dass Lumbricukis im Grenfersee (Mat. YI.) und im Zür- chersee nicht fehle, war zu erwarten (3). Der zierliche Lumhriculus pellucidus, I)upl., wird von Duplessis (10) verzeichnet aus allen Tiefen und Loka- litäten des Grenfersees, dann von I^euenburg, Zürich, Zug, Luzern, Wallenstadt, Como, Lugano, endlich aus dem Aegeri-, Klön-, Silser- und Silvaplanersee. lieber die Entomostraken der Gebirgsseen, speciell über ihre Yerbreitung, existirt eine lange Reihe von Aufzeichnungen; leider sind die Bestimmungen der ge- sammelten Formen oft nicht, oder nur theilweise durch- geführt, so dass das aufgehäufte Material an Werth ver- liert. Die erste Nachricht vom Yorkommen von Clado- ceren in Alpenseen verdanken wir P. E. Müller (47), der Bosmina longispina im See von St. Moritz fand (1776 m.). Lynceus qKcidrmic/ularis, 0. F. Müll., scheint im Ganzen eher eine verbreitete Form der Ebene zu sein. Lutz (44) erwähnt sie als sehr häufig in der Umgebung von Bern. Duplessis (10) und Forel (13, Mat. L, lY., 14) melden sie als Bewohnerin verschiedener Tiefen des Genfersees. Doch steigt das Thierchen auch in's Gebirge. Es wurde von Prie (19) aufgefunden im Böhmerwald, von Imhof (32) im Lej Sgrischus (2640 m.). Eine grössere Rolle im Gebirge spielt der Lynceus splice- ricus, 0. F. Mall. Nach Leydig (42) ist er überhaupt allenthalben auch in langsam fliessenden Gewässern die gemeinste Form. Dies bestätigt Lutz (44) für die Um- gebung von Bern; doch hat ihn derselbe Autor auch in den Gotthardseen und auf dem Giacomopass gefunden (2400 m.). Andere Gebirgsstandorte wurden für diese Art nachgewiesen durch Prie (19) in den meisten Böh- — 38 — merwaldseen, von Wierzejski (69) in den Seen der hohen Tatra (bis 1966 m.), durch Richard (57) in den Seen von Montcineyre und Bourdouze in der Auvergne und von Zacharias (70) im Riesengebirge (1368 m.). Auch diese Form ist häufig im Genfersee (13, Mat. I., III.). Seltener als die beiden vorhergehenden tritt der Lynceus acanthocercoides, von Fischer (42) in Russland entdeckt, auf. Ein Gebirgsfundort dieser Art ist mir nicht bekannt; im Genfersee gehört sie zur littoralen Fauna. L/^nceus'drten ohne nähere Bestimmung wurden gefunden von As per (1, 2, 3) im Zürcher- und Yier- waldstättersee, von Forel (14) im Neuenburger- und Untersee, von Fric (19) in den Böhmerwaldseen, von Imhof(34) im österreichischen Offensee (651 m.) Der letztgenannte Autor (31, 32) giebt überdies eine Reihe von Fundorten in den Alpen an, so den Laaxersee (1020 m.), den God Surlej (1890 m.), den See am Weis- senstein (2030 m.), den See Yiola (2163 m.), den von Gravasalvas (2378 m.), die Wasserbecken von Motta rotonda (2470 m.) und Palü (1993 m.). Lutz (44) macht im Allgemeinen darauf aufmerksam, dass die obere Grenze für die Cladoceren sehr hoch liege, wahrschein- lich so hoch als es stehende Gewässer gebe, die nicht direct durch schmelzende Eis- und Schneemassen ge- bildet werden, und dass an dieser obersten Grenze die- selben Arten wie in der Ebene sich finden. Ueber die Ostracoden der Gebirgsseen sind wir noch wenig aufgeklärt. Die Form unserer Sulzfluhseen, Gypris compressa, Baird, wurde mit Sicherheit nur beob- achtet von Wierzejski (69) in den Seen der hohen Tatra. Asper (1, 2, 3) fand Cj/pmarten in den meisten von ihm untersuchten Gewässern, doch nicht in eigent- lichen Alpenseen. Dagegen berichtet Brandt (5) über Ostracoden aus den hochgelegenen Seen von Goktschai — 39 — (6340') und Tschaldyrgöl (6522') in Armenien. Als liöclister Fundort einer nicht näher bestimmten Cypride ist wohl der von Imhof (32) durchforschte Lej Sgri- schus (2640 m.) anzuführen. Daran schliessen sich drei andere Seen Graubündens, Silser, Nair und Cavloccio (1796, 1860, 1908 m.). Der Yollständigkeit wegen müs- sen noch genannt werden im Seealpsee (1142 m.) ge- fundene Ostracoden (32), sowie eine Ci/prissut aus dem lac du Bourget (27), und eine weitere aus dem Seelis- bergersee (32), (753 m.). Der in Partnun häufige und in der Ebene nach Claus (6) weit yerbreitete Cycloxjs tenuicornis, Cls. (siehe auch Forel: 14) bewohnt nach Z ach aria s (71) einige Lokalitäten im Riesengebirge: die Seefelder (2300'), die beiden Isermoore (2400' und 2593'), den kleinen Koppenteich (3600 '), den Grossteich zu Buchwald. Auch in den Seen der hohen Tatra fehlt das Thierchen nicht (69). Einen yorher bekannten alpinen Fundort von C. tenuicornis konnte ich nicht nachweisen. Ebensowenig ist mir ein Gebirgsstandort yon Cyclops elongahis, Cls., — ausser in Partnun — bekannt. Yielleicht gehören zu dieser Art die von Asper (1, 2) im Silsersee gefan- genen, durch grosse Oeltropfen roth gefärbten Cyclo- piden. Ein ächter Gebirgsbewohner dagegen ist Cyclops serrulatus, Fisch. Pave si (49) kennt ihn aus dem Lago di Alleghe (976 m.) und dem Lago Ritom (1829 m.), Wierzejski (69) aus den Seen der Tatra, Eric (19) aus dem Stubenbachersee im Böhmerwald. Auch im Riesen- , Glatzer- und Isergebirge ist er nicht selten (70, 71). Der Genfersee beherbergt ihn ebenfalls in grosser Zahl (13, Mat. III, 14). Yon den äusserst zahlreichen Gebirgsseen, in denen nicht näher bestimmte Cyclopsformen nachgewiesen wor- den sind, brauche ich nur einige für uns wichtigere her- — 40 — vorzuheben. Es wären das zunächst 17 von Imhof (34) durchsuchte österreichische Seen in einer Höhenlage von 422 — 930 m.; in den meisten leben gleichzeitig Diap- tomusarten. Ebenso konstant ist Cyclops sxjgc. und Diaj)- tormis spec. in den bairischen Seen von 600 — 800 m. Höhe (31). Auch in der Schweiz findet Imhof (31, 32, 29) fast überall unbestimmte Arten dieser zwei Gattungen. Die höchsten Fundstellen sind der Lej Lunghino 2480 m., Gravasalvas 2378 m. , îsTair- 2456 m. , Motta rotonda 2470 m., Margum 2490 m., Materdell 2500 m., Tscheppa 2624 m., Sgrischus 2640 m., Furtschellas 2680 m., Prü- nas 2780 m. , Tempesta 2500 m. Meist kommen Yer- treter beider Genera, seltener nur des einen vor. Ausser dem Kanton Graubünden wäre eine lange Reihe von Alpenseen in diese Liste aufzunehmen. Diap- tomus und Cyclops gehen mit am höchsten in die Alpen hinauf. In den Yogesen beleben Cyclopiden ebenfalls die hochgelegenen Wasserbecken Lac vert, 980 m. und Lac blanc, 1054 m. (36, 37). Einen Diaptomus von" zinnober- rother Farbe hat auch Zacharias (74) in den Krater- seen der Eifel entdeckt, und ebenso ist nach Brandt (5) eine carmoisinrothe Cyclopide das häufigste Thier im armenischen See Goktschai (6340'). So kann es uns denn nicht verwundern, dass der in weiter Yerbreitung häufige Diaptomus castor, Jur.^ auch in den Gebirgsseen vertreten ist. Im Genfersee tritt er als littorales, pelagisches und Tiefseethier auf (13, Mat. IIL, lY., 14). Pave si (49) fand ihn in einer Höhe von 1829 m., im lago Ritom, Asper (3) traf ihn in fast allen untersuchten Seen. In den Böhmerwaldseen ist er ebenfalls verbreitet und soll sich dort, besonders im schwarzen See, durch eine lebhaft rothe Farbe aus- zeichnen. Das stimmt auch mit den von Richard (57, — 41 — 58) in den Seen der Auvergne gemachten Erfahrungen. Allerdings sind dort nur die nahe dem Ufer lebenden Exemplare von D. castor gefärbt, während die mehr in der Mitte sich auflialtenden farblos bleiben. Dass un- sere Exemplare von Grarschina stark pigmentirt waren, ist schon bemerkt worden. Der gemeine G-ammarns ^w\e^ L. wurde von Asper (1, 2) im Silser- und Silvaplanersee, von Brandt (5) in den wiederholt genannten armenischen Alpenseen be- obachtet. Bei den Hydrachniden stossen wir auf das merk- würdige Yerhältniss, dass in den kleinen, hochgelegenen Alpenseen einige Formen auftreten, die wir in der Ebene als Bewohner der grossen Seetiefen kennen. Hygrohates longipalpis, Könike, geht im Grenfersee nach Duplessis (10) bis 300 m. tief, Pachygaster tau-insignüus, Lehert, findet sich nach demselben Autor in einer Tiefe von 45 m. As per (3) kennt die nämlichen Arten aus dem Zürcher- und Zugersee bei 60 m. Tiefe. Auch Eorel giebt für H. longipalpis eine Tiefenzone von 25 — 300 m. an (13, Mat. L, lY., YL, 14, 17), wärend P. tau-insignitus 15— 50 m. tief leben soll. In der Oberflächen- oder Littoralfauna hat besonders die letztgenannte Form keine Yerwandten. In den Savoyerseen fand sich Hygrohates longipalpis (15, 16) als Tiefenbewohner, ebenso im Boden- see. Littoral dagegen ist die Limnesia liistrionica, Bni0, (14) und im Allgemeinen auch die Ärrhenuruseivten. Es hat nun schon H a 11 er (21) daraufhingewiesen, dass Limnesia liistrionica und Ht/grobates longipalpis am höch- sten ins Gebirge steigen. Beide erhielt der genannte Autor aus den Faulhornseen (2154 und 2335 m.). //. longipalpis ist das in der Schweiz fast am häufigsten in den Seetiefen lebende Thier. Es fehlt aber auch nicht ganz in kleineren, seichteren Tümpeln der Ebene. Za- — 42 — charias (71, 75) hat H. longixMÏpis, P. tau-insignikis, L. lii- strionica und ArrJienurus emarginator an yerschiedenen Punkten im Glatzer-, Iser- und Riesengebirge nachge- wiesen. Yon Pachygaster und Arrlienurus kenne ich ausser den Sulzfluhseen keine Hochgebirgsfundorte. Brandt (5) erwähnt nicht näher bestimmte Hydrachniden aus den armenischen Alpenseen, Imhof (32) eine Form aus demLej Sgrischus (2640 m.) und dem Seealpsee (1142 m.), Zacharias (70) aus dem kleinen Teich im Kiesenge- birge (1168 m.). lieber die Yerbreitung von Perla alpina, Piciet, ist bereits berichtet worden. Perlidenlarven hat Asper (1, 2) im Silsersee gefunden, ohne sie indessen näher zu bestimmen. Ueber das Vorkommen von C/oëlarven in Alpenseen waren keine Angaben zu ermitteln; Asper (1, 2) spricht von Ephemerenlarven im Klönsee (804 m.). SialislaYYen in grosser Zahl beobachtete Imhof (32) im See von Gravasalvas (2378 m.). Ob sie mit denjenigen von Garschina identisch sind, ist fraglich. Ausser dem über die Yerbreitung der Phryganiden schon mitge- theilten darf angeführt werden, dass Köcherfliegenlarven noch angetroffen wurden von Asper (1, 2) im Silser- see, von Imhof (32) in Bosco délia palza und in zwei Wasserbecken am Piz Corvatsch (2520 und 2610 m.) (38) und von Fric (19) im schwarzen See im Böhmerwald. Alle diese Formen sind nicht bestimmt worden. Bliyacophila vulgaris, Piciet, wird als Bewohner von Alpenseen nirgends erwähnt. Unbestimmte Neuropteren- larven citirt Asper (4) vom lago Bitom, 1829 m., den Gotthardseen, 2114 m., und dem Silsersee, 1796 m. Die Notonecta lutea, Müll, von Garschina stimmt vielleicht überein mit den von Imhof (38) am Piz Cor- vatsch (2520 und 2610 m) gefundenen, aber nicht be- stimmten Exemplaren. An derselben Lokalität konsta- — 43 — tir te Imhof den Hi/droporus nivalis, der nach Heer (24, 15) da und dort in den Alpenseen von 6000—7000' vorkommt. Auch der Silsersee soll reich an Hydroporus spec. sein (1, 2). Für H. plceus, Heer, und H. erytliroce- phalus, Heer, scheinen die Sulzfluhseen der erste bekannte alpine Standort zu sein. -In der Ebene gehören beide ebenfalls nicht zu den gewöhnlichen Arten (25). Dipterenlarven gehören zu den regelmässigsten und zahlreichsten Bewohnern sämmtlicher Süss Wasserbecken. Leider sind unsere Kenntnisse von der Zusammengehö- rigkeit der erwachsenen Zweiflügler und der Larven noch äusserst lückenhaft. In weitaus den meisten Fäl- len gelingt uns desshalb für die Jugendstadien höchstens die Bestimmung der Gattung, nicht aber die der Art. So ist es denn auch unmöglich, festzustellen, welche von uns gesammelten Formen schon früher aus Gebirgsseen bekannt waren. Wir müssen uns begnügen, die höch- sten Fundorte von Dipterenlarven überhaupt anzuführen. In der Ebene beleben sie alle Wasserschichten vom Ufer und der Oberfläche bis zur grössten Tiefe (1, 2, 3, 10, 13, 14), hauptsächlich die Formen Chironomus, Corethra, Tanypus sind verbreitet. Im Gebirge sind sie nachge- wiesen worden von Forel (14), im Starnbergersee und im lac de Joux, 1009 m., von Asper (1, 2, 3) im Klön- see, 894 m., im Silser-, 1796 m., und im Silvaplanersee, 1794 m. Derselbe Forscher (4) führt auch gelbe Dip- terenlarven und pelagische Mückenlarven aus den Gott- hardseen an, 2114 m. Die Insektenlarven Imhof's (32) vom Diavolezzasee, 2579 m., sind wohl auch auf Dip- teren zu beziehen. Zahlreiche Larven von Zweiflüglern werden aus dem Lej Sgrischus, 2640 m., und dem See- alpsee, 1142 m., gemeldet. Aus dem kleinen Teich im Riesengebirge, 1168 m., verzeichnet Zacharias (70) Chironomus, aus dem Goktschai Brandt (5) eine dem- — 44 — selben Genus zugehörende, in Röhren lebende Art (6340'). In seiner Excursionsmolluskenfauna sagt C le s s in Yon PiskUum fossarlnum, Cless. : „Die Art ist eine sehr gemeine, die sich fast in allen kleineren Wasserbehäl- tern findet. In den Alpen geht sie bis 1800 m. Höhe." Clessin (7) selbst hat sie in manchen oberbayrischen Seen gefunden, so im Lautiîrsee, 3115 ', im Schachen- see, 5114', im Plansee, 3009'. In der hohen Tatra kommt F. fossarlnum in 21 Seen bis zu einer Höhenlage von 1900 m. vor. Im Zürchersee lebt die Muschel nach Suter-Nsef (63) in einer Tiefe von 5^ — 10 m., P. nüi- dum dagegen etwas höher von 2 — 5 m. Uebrigens fühlt sich P. fossarlnum auch in Wasserbecken wohl, die die Höhenlinie von 2000 m. zum Theil weit überschreiten. Imhof (38) verzeichnet das Thier aus dem Lej Sgri- schus, 2640 m., dann aus dem Schwarzsee oberhalb Tarasp, aus dem Bitabergo bei Maloja, 1862 m., aus dem obern Splügensee, 2270 m. Yon Flsidmm ooatum, Cless., waren Hochgebirgsstandorte bis jetzt nicht be- kannt. Clessin (7) traf es in einigen bayrischen Seen: Königssee 1857', Walchensee 2464', Chiemsee 1578', Simsee 1433'. Es soll nach der Excursionsfauna bis jetzt nur in den Urgebirgsformationen Süddeutschlands beobachtet worden sein. Plsidlum nitldum, Jenyus, end- lich ist eine Form der bayrischen Yoralpen, (Ammersee 1661', Alpsee 2211') (7). Der See von Tilisuna ist der erste eigentliche Gfebirgsfundort für diese Art. Interes- sant ist die Yerbreitung von Plsidlum For eil, Cless., das nach Clessin (7, 14) als Tiefseeform von P. nitldum zu betrachten wäre. In der That wurde diese Muschel zu- nächst in den Tiefen des Genfersees und des Bodensees aufgefunden. Forel (13, Mat. L, III., 14) konstatirte sie im Genfersee in allen Tiefen von 25 — 300 m., im — 45 — IJntersee ebenfalls bei 20 m. Tiefe. (Siehe auch Du- plessis: 10). Nun ist dasselbe Thier aber auch als hochalpine Form bekannt geworden. Imhof (28, 32, 38) zog es nämlich im Lej Sgrischus (2640 m.) aus einer Tiefe von 25 m., dazu kommt nun noch der Fund im Partnunersee. Nicht näher bestimmte Pisidien nennt Asper (1, 2, 4) aus den Gotthardseen (2114 m.), dem Klönsee (804 m.), dem Silser- (1796 m.) und Silvaplanersee (1794 m.), Imhof (32) aus dem Seealpsee (1142 m.). Limncea truncatula, Müll., ist eine richtige Gebirgs- form. Gl essin sagt von ihr (Excursionsfauna) : „Sie geht ebensoweit nach Norden, als sie im Gebirge auf- steigt, wo sie ihren Schwesterarten weit vorauseilt. Ich habe sie noch im Schachensee bei Partenkirchen bei circa 1800 m. Höhe getroffen." Auch aus anderen bay- rischen Seen führt sie Gl es sin (7) an. Imhof (38) fand sie noch bedeutend höher im See Mortels (2610 m.). Aus dem lago Tom (2023) erwähnt derselbe Autor zahl- reiche Limneen (38). Yon der Yarietät L. ventricosa, Moq. Tand., scheint bis jetzt kein Hochgebirgsstandpunkt bekannt gewesen zu sein. Fredericella sultana, Gervais, ist in den stehenden Ge- wässern der Ebene stark verbreitet, sei es als littorales Thier, sei es in eigenthümlicher Tiefseemodification (1, 2, 3, 10, 14). Yon höhern Standorten sind zu nennen der lac de Joux, 1009 m., und lac des Brenets (10, 14), der Klönthalersee, die Seen des Oberengadins, wo die Bryozoen besonders üppig gedeihen (1, 2, 3, 32) und der lago Ritom (4). Dass die vier gefundenen Wirbelthiere hoch in die Alpen steigen, ist längst bekannt (59), es ist kaum nöthig dafür Beispiele anzuführen. — 46 — Aus der vorhergehenden Auseinandersetzung er- giebt sich, dass mehr als dreissig verschiedene Species von wirbellosen Thieren, die man bis jetzt gar nicht, oder doch nicht mit Bestimmtheit als Alpenbewohner kannte, an die verhältnissmässig ungünstigen Lebensbe- dingungen des Hochgebirges sich anpassen können. Spä- tere Untersuchungen werden die Listen der Alpenfauna noch bedeutend vermehren. Der Reichthum an thieri- schen Wesen, die die alpine Region dauernd bewohnen, erweist sich grösser, als man a priori annehmen möchte. Die Untersuchung der Sulzfluhseen hat also in Bezug auf vertikale Yerbreitung der Thiere unsere Kenntnisse schon etwas vermehrt. Im Ganzen setzt sich die Fauna der drei unter- suchten Wasserbecken aus in der Ebene weit verbrei- teten, wenigstens für Centraleuropa gemeinen Thi er- formen zusammen. Es bezieht sich das so ziemlich auf alle vertretenen Abtheilungen des Thierreichs. Für die Copepoden z. B. führt Claus (6) als weit verbreitete Arten speciell an: Diaptomus castor, Cyclops ienuicornis, Cyclops serrulahis. Cydops, Diaptomus, Lynceus, Cypris sind überall vorkommende Genera. Immerhin sind der Thier- welt unserer Seen einige sonst nur sporadisch auftretende Formen beigemengt aus den Abtheilungen der Cope- poden, Cladoceren, Hydrachniden, Neuropteren, Hemip- teren, Coleopteren und Lamellibranchiaten. Auch speciell alpine Arten fehlen nicht. Die verschiedene Zusammensetzung der Fauna in den drei einander so nahe liegenden Seen, das Fehlen von sonst weitverbreiteten Formen in dem einen oder anderen haben wir wenigstens theilweise, aus den ver- schiedenen äussern Yerhältnissen, die Partnun, Tilisuna und Garschina bieten, erklärt. Die Uebereinstimmung der Fauna der Sulzfluhseen — 47 — mit der anderer in ähnliclier Höhe liegender, alpiner Wasserbecken ist eine bedeutende. Besonders zeigt sich manche Analogie mit der Thi erweit der Oberengadiner- seen, wenn auch einige dort characteristische Thierformen — Hydra rhcetica, Äs2)e)% — in den Hhätikonseen nicht gefunden worden sind. Aber auch auf Analogien mit den entfernter liegenden Wasserbecken des Böhmer- walds, des Riesengebirges, der Auvergne, der hohen Tatra und sogar Armeniens konnte hingewiesen werden. Die Fauna der Hochgebirgsseen ist eben auf weite Strecken hin eine gleichartige. Ein eigenthümlicher Bestandtheil der Hochgebirgs- fauna sind gewisse Thierformen, die wir in der Ebene fast nur als Bewohner grosser Seetiefen kennen. Im speciell vorliegenden Fall handelt es sich um: Hi/cjroba- tes longipalpis, Pacliygaster tmi-insignüus und Pisidium Foreli. Es leben diese Thiere in den Alpenseen viel näher der Wasseroberfläche als z. B. im Genfersee, wie ja über- haupt in den kleinen und relativ wenig tiefen Wasseran- sammlungen der Alpen kaum ein scharfer Unterschied gemacht werden kann zwischen Ufer- und Tiefenfauna. Die Existenz von Tiefseeformen, die gleichzeitig in den Hochgebirgsseen leben, von Thieren, die im süssen Wasser am tiefsten hinab und am höchsten hinauf stei- gen, setzt wohl voraus, dass an beiden Lokalitäten, den tiefen Schichten der Seen der Ebene und den Wasser- becken der Hochalpen ähnliche Lebensbedingungen herrschen. Es mag sich das in erster Linie auf die Tem- peraturverhältnisse beziehen. Der Genfersee hatte nach Forel (14) am 22. August bei Ouchy in: 20 m. Tiefe 12.7^ 30 m. „ 10.50 40 m. „ 7.60 — 48 — " am 21. Juli bei Morges in: 15 m. Tiefe ll.P 20 m. „ 9.40 Demselben Autor entnehmen wir noch folgende Zahlen : Zürichsee, 3. August, bei 20 m. Tiefe 7.6'^ Murtensee, 6. „ „ „ „ 9.6^ Yierwaldstättersee, 16. „ „ „ „ 10.0^ Neuenburgersee, 17. Oktober, „ „ „ 11.3^ Genfersee, 19. „ „ „ „ 12.8^ Bielersee, 12. „ „ „ „ 11. P Lac d'Annecy, 22. September „ „ „ 8.1^ Lac du Bourget, 21. „ „ „ „ 11.3^ Die Temperatur des Partnunersees schwankte im August (an der Oberfläche) zwischen 9 und 10^, d, h. auch im Hochsommer wird in jenem Alpensee der Wärmegrad der obern Tiefseeregion des Genfersees und der übrigen aufgezählten Seen nicht überschritten. Es herrschen in Partnun während des ganzen Jahres Tief- seetemperaturen. Nur während kurzer Zeit wird über- haupt die eigentliche konstante Temperatur der tiefsten Genferseeschichten, 5.2*^, überholt werden. Aehnliche Yerhältnisse herrschen in Tilisuna und Garschina. Es mag das Wasser sich gelegentlich etwas mehr erwärmen, bald wird die Temperatur wieder auf den Tiefseegrad zurücksinken. Dass die stärkere, wenn auch kurz an- dauernde Erwärmung des Garschinasees für die Ent- wicklung der Fauna übrigens bedeutungsvoll ist, hat bereits Erwähnung gefunden. Bezeichnend ist, dass ge- rade im kältesten der drei Seen, dem von Partnun, die Tiefseeformen an Arten und besonders an Individuen am reichsten vertreten sind. In Garschina handelte es sich um sehr vereinzelte Exemplare von Pacliygaster tau- - 49 — insignitus. Auch die Ernälirungsverliältnisse werden sich im Alpensee und in der Seetiefe der Ebene ähnlich ge- stalten. Der Mangel an Speise wird sich hier wie dort fühlbar machen, und auf die Zusammensetzung der Thier- welt nicht ohne Einfluss bleiben. Diesem Umstand schreibt C le s sin (13, Mat. III.) geradezu die Kleinheit der Tiefseepisidien zu, eine Eigenschaft, die sie, wie wir sofort sehen werden, mit den Alpenformen theilen. End- lich sind die kleinen, meist ziemlich abgeschlossenen Wasserbecken des Hochgebirges fast unbewegt, ein nen- nenswerther Wellenschlag lässt sich kaum nachweisen. Ruhe des Wassers ist aber auch bezeichnend für die Tiefsee. So lassen sich an zwei scheinbar so verschie- denen Lokalitäten eine Anzahl ähnlicher Yerhältnisse nachweisen, die auch einer ähnlichen Fauna rufen. Frappant ist denn auch die Uebereinstimmung der Yertreter einer ganzen Thiergruppe, derjenigen der Pi- sidien, in den Tiefen der Grewässer der Ebene und im Gebirgssee. Nach Forel und Clessin (13, Mat. III., 14) sind sämmtliche Tiefseepisidien ausgezeichnet durch Kleinheit, durch dünne, durchsichtige, wenig gewölbte Schalen, mit wenig hervorspringenden Wirbeln. Die Schalen sind wenig bauchig und zeigen keine jährlichen Zuwachsstreifen. Das lässt sich fast ohne w^eiteres auch auf die vier Pisidienarten der Sulzfluhseen anwenden. Es sind kleine, zerbrechliche, durchsichtige, nur schwach gewölbte Muscheln. Die Differenzirung hat also hier denselben Weg eingeschlagen wie bei den Tiefseefor- men, da die umgebenden Yerhältnisse wenigstens theil- weise dieselben sind. Immerhin weichen die Alpenpisi- dien nicht so sehr von der ursprünglichen Art ab, wie die der tiefen Wasserschichten. Yiele auf dem Seegrund existirende Bedino-unffen — besonders Druckverhält- nisse — herrschen im Alpensee nicht. So fand denn 4 — 50 — für die Gebirgsformen keine ganz so durchgreifende Um- gestaltung statt, und konnten speciell in den Pisidien der drei Sulzfluliseen die allerdings nicht typisch entwickelten Arten P. fossarinum, P. ovatum und P. nitidum erkannt werden. Auch die rothe Färbung vieler Bewohner alpiner Wasserbecken (Crustaceen, Insektenlarven, Würmer) wiederholt sich in der Pigmentirung mancher Thiere der tiefen Wasserschichten. Dass die Alpenbedingungen umgestaltend auf die Thiere der Ebene wirken, haben für die Landfauna schon Heer (26) und Perty (50) hervorgehoben. Auch die Bewohner der Alpenseen zeigen meist mehr oder weniger tiefgreifende Abweich- ungen vom Typus der Ebene. Besonders sind es neben den Pisidien die Crustaceen und Insekten, welche oft als alpine Yarietät einer Form des Tieflandes aufgefasst werden müssen. Das Entstehen dieser Yarietäten und endlich eigener neuer Arten unter dem Drucke alpiner Yerhältnisse zu verfolgen, wäre eine interessante Auf- gabe. Einen recht offenbaren Einfluss hat das Alpenklima auf das Eintreten der Fortpllanzungsepoche. Der spät beginnende Sommer hat eine Yerschiebung der ganzen Yermehrungszeit zur Folge, die kurze Dauer der schö- nen Jahreszeit beschränkt die Epoche der Greschlechts- thätigkeit ganz bedeutend, und zwingt gleichzeitig ge- wisse Thiergruppen viel früher als in der Ebene die den Winter überdauernden Stadien — Statoblasten, Winter- eier — hervorzubringen. Auf das Auftreten von ganz jungen Frosch- und Salamanderlarven Ende August ist bereits hingewiesen worden. Yiele andere Thiere, die zu jener Zeit in der Ebene die geschlechtliche Thätigkeit bereits beendet haben, waren in den Sulzfluhseen in starker Fortpflan- — 51 — zung begriffen. Besonders in GarscMna schien die Yer- mehrungsepoche gerade ihren Gipfelpunkt erreicht zu haben. Es wimmelte förmlich von sehr jungen Entwick- lungsstadien verschiedener Thiergruppen, wie wenn die kurze Dauer des Sommers durch vermehrte Fruchtbar- keit aufgewogen werden sollte. Häufig waren besonders kaum dem Ei entschlüpfte Insektenlarven, jugendliche Crustaceen und Hydrachniden. Die Clepsinen bedeckten noch mit ihrem Körper die Nachkommenschaft. Ueber- all fand sich der Laich von Phryganiden und Schnecken. Während so die Fortpflanzungsepoche auf der einen Seite stark nach rückwärts verschoben erscheint, wird, wie schon bemerkt, der Eintritt der Dauerstadienbildung vorgerückt. Das gilt nun allerdings, wie früher ausge- führt wurde, nicht für die Turbellarien. Yollkommen geschlechtsreife Planarien wurden keine gefunden, und PL suhtentaculata war sogar noch in lebhafter ungeschlecht- licher Yermehrung begriffen. Auch Microsioma lineare be- sass keine Generationsorgane. Dagegen hatte bei Frede- ricella die Statoblastenbildung in weitestem Maasse be- gonnen und traten von sämmtlichen drei gefundenen LpiceussiTten neben einigen Individuen mit Sommereiern zahlreiche mit Wintereiern auf. Gleichzeitig erschienen natürlich auch die zur Befruchtung der Dauer eier nöthi- geu Männchen. In der Ebene konnte L e y d i g (42, p. 69) von keiner der zahlreichen Arten der Gattung Li/nceus im Sommer und Herbst Männchen finden, aber auch nicht ein Weibchen enthielt ein Winterei, alle trugen nur Sommereier. Ebensowenig beobachtete derselbe Autor im Alpsee bei Immenstadt Männchen von Polypliemus oder Weibchen mit Wintereiern, dagegen Ende Sep- tember beides im See von Maiseistein. Lutz (44) giebt an, dass ausnahmsweise schon Ende August Weibchen von Ceriodaphnia punctata mit Ephippien und Männchen — 52 — derselben Speoies auftreten. Einst fand er ein Weib- chen Yon Simocephahis vetulus schon Ende April mit fast ausgebildetem Ephippium. Interessant ist, dass auch an andern Grebirgsstandorten, als den Sulzfluhseen, die Win- tereibildung früh eintritt, Zacharias (70) fand Männchen yon DapJmia magna im grossen Teich des E-iesengebirges (1218 m.) schon Mitte August, während sie nach Leydig (42) bei Würz- burg erst im September auftreten. Eine Daphniasirt war nach Imhof (29) im Engstlensee (1852 m.) am 20. Sep- tember in männlichen und weiblichen Individuen ver- treten. So früh und so allgemein wie in den drei Rhäti- konseen ist aber das Auftreten beider Greschlechter bei Cladoceren wohl noch nicht beobachtet worden. Es wird nachgewiesen werden müssen, wie sich die Lynceiden der Sulzfluhseen in wärmeren Sommern, als der von 1889 war, verhalten. Tabelle I. (Gr. = Garschina, P. =: Partnun, T. = Tilisuna.) a. Intusoria : 1. Epistylis plicatilis. Ehrbg. (Gr.) 2. Yorticella microstoma, Ehrbg. (G. P. T.) b. Rotatoria : 3. Calidina parasitica, Giglioli (G). c. Turbellaria: 4. Microstoma lineare, Oerst. (G.) 5. Planaria abscissa, Jjma. (P. G.) 6. Planaria polychroa, 0. S. (T.) — 53 — 7. Planaria siibtentaculata, Dugès, = Dendrocoelum fuscum. Stimpson (P.). 8. Polycelis nigra, 0. F. Müll., (a.). d. Nematodes: 9. Dorylaimus stagnalis, Duj. (G. P. T.). e. Hirudinei : 10. Clepsine bioculata, Sav. (G.) 11. Clepsine marginata, Sav. (G.) f. Oligoehaeta : 12. Saenuris variegata, Hoffm. (G. P. T.) 13. Lumbriculus variegatus, O. F. Müll. (P.) 14. Lumbriculus pellucidus, Duplessis, (G.) g. Cladocera: 15. Lynceus quadrangularis, 0. F. Müll. (G. P. T.) 16. Lynceus sphaericus, 0. F. Müll. (P.) 17. Lynceus acantbocercoides, Fiscb. (T.) h. Ostracoda : 18. Cypris compressa, Baird. (G. P. T.) i. Copepodas 19. Cyclops tenuicornis, Claus (P.) 20. Cyclops elongatus. Claus (P.) 21. Cyclops serrulatus, Fisch. (G.) 22. Diaptomus castor, Jurine (G.) k. Amphipoda : 23. Gammarus pulex. L. (G.) 1. Hjdraclinidae : 24. Hygrobates longipalpis, Könike (P.) 25. Limnesia histrionica, Bruz. (P. G.) 26. Pacliygaster tau-insignitus, Lebert (G. P.) 27. Arrhenurus spec. Dug. (P.) m. Ortlioptera: 28. Perla alpina, Pictet (G.) 29. Cloë, spec. Pictet. (G.) — 54 — n. IVeuroptera : 30. Sialis lutaria, L. (G.) 31. Phryganea varia, Fabr. (Gr.) 32. Phryganea pilosa, Oliv. (G. T.) 33. Phryganea ruficollis, Pictet (Gr.) 34. Rhyacophila vulgaris, Pictet (P.) 0. Hemiptera : 35. Notonecta lutea, Müll. (G.) p. Coleoptera: 36. Hydroporus nivalis, 0. Heer (G.) 37. Hydroporus piceus, O. Heer (T.) 38. Hydroporus erythrocephalus, 0. Heer (G.) q. Diptera : 39. Chironomus plumosus, L. (P. T.) 40—48. Chironomus Meig. spec. (5 P., 4 G., 1 T.) 49. Tipula, spec. Meig. (P.) 50. Corethra spec, Meig. (G. P.) r. liamellibrancliiata : 51. Pisidium fossarinum, Cless. (G. P.) 52. Pisidium ovatum, Cless. (G.) 53. Pisidium nitidum, Jenyns (T.) 54. Pisidium Foreli, Cless., (P.) s. Gastropoda: 55. Limnaea truncatula, Müll. (G. P. T.) 56. Limnaea ventricosa, Moq. Tand. (P.) t. Bryozoa : 57. Fredericella sultana, Gervais (T.) u. Pisces : 58. Cottus gobio, L. (G. P. T.) 59. Phoxinus laevis, Ag. (G. P. T.) y. Amphibia : 60. Eana temporaria, L. (G. P. T.) 61. Triton alpestris, Laur. (G. P.) rO e ^ 1 o !;-i ^ S <3Q i _oo" a o Ö od" c3 i — 1 ce oé~ •iH P-H 08 oT p) a -M 03 o Ö ■§ P! 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Kop- pen^) aufgestellten Gresichtspunkten ein mehr als locales Interesse haben, um so eher, als unlängst derartige Untersuchungen durch die verdienstliche Arbeit des Herrn Hugo Meyer'^) eine neue Anregung erhalten haben. Wir beabsichtigen im Folgenden nur eine knappe Darlegung einiger Resultate und beschränken uns darum auf die zur Erläuterung der Tabellen unerlässlichen An- gaben. ^) Koppen. Repertorium für Meteorologie, Bd. 2. 1872. ^) Hugo Meyer. Die Niederschlags - Yerhältnisse von Deutschland. Aus dem Archiv der deutschen Seewarte. Jahrg. 11. No 6. 1888. — 64 — 1. Aus dem Beobachtimgsjournal erhält man durch einfache Abzahlung, wie oft in dem betrachteten Zeit- räume 1, 2, 3 etc. Tage mit gleichartiger Witterung aufeinander gefolgt sind. Diese Zählung wurde für die Niederschlags- und die Trockentage gesondert durch- geführt. Es sei pr die Anzahl der r tägigen Perioden einer Art und P^ die Summe dieser und aller längern, dann ist ^r = j^ 1) die Wahrscheinlichkeit eines Wetterwechsels nach Ab- lauf von r Tagen gleicher Witterung. Tabelle 2 zeigt: 1. Der Umschlag vom Regenwetter zum Trocknen ist durchweg und besonders im Winter wahrscheinlicher als der entgegengesetzte. 2. Die Wahrscheinlichkeit eines Umschlags ist um so geringer, je länger die betreffende Wit- terung schon bestanden hat. 3. Die Wahrscheinlichkeit der Fortdauer trockner Witterung ist im Winter grösser als im Sommer, und entsprechend die Fortdauer regne- rischer Witterung im Winter kleiner als im Sommer. 2. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach Ablauf von r Tagen gleichen Wetters der Umschlag gerade nach s weitern Tagen eintrete, ist ^,^.(.) _ ^:^^ 2) p demnach die Wahrscheinlichkeit, dass dieselbe Witterung noch mindestens s Tage anhalte Wr^'^ = ^^ = 1 — (Wr + W/+W/' + ... Wr^'-'^) 3) 1 r — 65 — Diese Walirsclieinlichkeiten (Tabelle 3) gebeD an, mit welcher Siclierlieit mau unter der Annahme des Fortbestandes der augenblicklichen Witterung eine Prog- nose für den folgenden, zweitfolgenden u. s. w. Tag auf- stellen kann. Sie führen zu dem Resultat. 4. Geht man von einem Niederschlagstage aus, so ist es stets wahrscheinlicher, dass der nächste Tag auch Niederschläge bringen werde, als nicht; für den zweitfolgenden Tag ist dagegen ein Umschlag das Wahrscheinlichere. 5. Greht man aber von einem Trockentage aus, so kann man namentlich im Winter und, wenn schon mehrere Trockentage vorausgegangen sind, selbst auf den drittfolgenden Tag mit Wahr- scheinlichkeit die Prognose auf Andauer der Wit- terung stellen. 3. Ist N die Anzahl der Niederschlagstage und 7' die Anzahl der Trockentage innerhalb einer gegebenen Zeit, so sind N ■ r 4) die Wahrscheinlichkeiten des Eintritts oder Nicht-Ein- tritts von Niederschlag an einem beliebigen Tage. Wenn nun die Witterang eines Tages ohne allen Einfluss auf die des folgenden Tages wäre, so müsste Avie Koppen nachweist, die Zahl der Niederschlagsperioden und Trockenperioden betragen: }•■ 1 Mederschlagsperiodeu : tv ^ :r=^Y/'^; 71.^ = 71 ^,n^ tt ^. == rr ^ n Trockeiiperiodeii : tt'^ = Tn ^ ; Tr\ = 7i\ t^ ti%. =:= n\ i '"-' und dabei sein: n, -\- rt,-\-.... = n\ + n\ -|- ... = //= -^-L. 6) *■>) — 66 — Diese Werthe bezeiclinen wir als theoretische Zahl der Perioden. Der Vergleich mit der wahren Perioden- zahl ergibt: 6. Trockenperioden unter 6, Mederschlags- perioden unter 4 Tagen sind seltener, längere häufiger, als wenn keine Beziehung zwischen der Witterung aufeinander folgender Tage bestände. 4. Ist Pn die Gresammtzahl der Mederschlagsperio- den und Pt die der Trockenperioden, so gibt Pn -)- Pf die Anzahl der Witterungswechsel im betreffenden Zeit- Pn + Pt abschnitte an, mithin ist "Vr . — ^ die Wahrscheinlich- keit eines Wetterwechsels oder die sogenannte Yerän- 27/ derlichkeit des Wetters , und -^rr-, — — die theoretische N -]- l Wahrscheinlichkeit oder Yeränderlichkeit. (Tab. 4 b.) iV T Die Brüche — y- und — =— , wo P die Gresammtzahl der Perioden einer Art, die für Niederschlags- und Trockenperioden sehr nahe dieselbe sein muss, da sie zugleich die Anzahl der Wetterwechsel im einen oder andern Sinn darstellt, geben die mittlere Periodenlänge an. Setzt man für P die Zahl der beobachteten Perioden, so erhält man die wahren mittlem Längen Ln und Lr] führt man aber für P den Ausdruck von II (Formel 6) ein, so erhält man die theoretischen Periodenlängen N T ^. Die wahren mittlem Periodenlängen sind durchweg grösser, als die theoretischen (Tabelle 1.), woraus her- vorgeht, dass die Witterung eine Tendenz zu ihrer Er- haltung in sich trägt. Als Mass derselben hat Koppen — 67 — den sog. Index der Erhaltungstendenz eingeführt, der- selbe kann bezeichnet werden als das Yerhältniss des Ueberschusses der wahren über die theoretische Perio- denlänge zur wahren, ist also gleich N N J = JL^ ^ 1 _ JL 8) N n Es liegt auf der Hand, dass sich für J derselbe Wert aus den, Niederschlags- wie aus den Trocken- perioden ergeben muss; nur weil bei der Zählung der Perioden der einzelnen Monate nicht immer mit einer vollen und auch nicht immer mit einer der Anfangs- periode entgegengesetzten geschlossen wurde, kommt eine kleine Differenz zwischen beiderlei Werten zu Stande. Um das ganze Material auszunützen, setze man in 8) statt P die Summe aller Niederschlags- und Trockenperioden und ebenso statt 77 ... 2 i7, man erhält dann die definitiven Werte des Index (Tabelle 4). . 5. Der Index der Erhaltungstendenz gibt an, in welchem Grade sich die wirkliche Witterung von jener unterscheidet, die bei gleicher Zahl der Trocken- und Niederschlagstage durch deren zufällige Abwechslung hervorgebracht würde. Sein jährlicher Gang zeigt: 7. Den Character grösster Beständigkeit trägt die Witterung im September, den geringster im August; März und April zeichnen sich durch rela- tiv grosse, die Sommermonate und etwas weniger auch der November durch geringere Beständig- keit aus. Ob diese Beständigkeit in der Natur der trocknen oder der regnerischen Witterung liege, lässt sich, wie aus — m — der Definition des Index erhellt, aus diesem allein niclii entscheiden. 6. Durch die Zahl der Niederschlagstage und der Niederschlagsperioden in einem gegebenen Zeitraum ist auch die der Trockentage und der Trockenperioden folglich auch ihre mittlere Länge mitbestimmt, nicht aber der durchschnittliche Wert der Abweichungen der ein- zelnen Perioden von der mittleren Länge. Um dies nachzuweisen, denke man sich eine Nieder- schlagsperiode Yon zwei die mittlere Länge Lt über- steigenden Trockenperioden von t^ resp. /2 Tagen um- rahmt, und es sei t^ ^ ^2- ^^ï" Summe der Abweichun- gen liefern diese beiden Perioden den Beitrag Schiebt man nun die Niederschlagsperiode um u Tage rückwärts, so erhalten die Trockenperioden die Längen /^ — u und t^-j-u^ und wenn u so gross ge- nommen wird, dass ti — u < Lt so ist jetzt der Beitrag der beiden Perioden zur Summe der Abweichungen L r — (^1 — u) -\- 1 2-\~ u — Lt = t2 — ti -{- 2 U also hat diese Summe zugenommen um 2 (Lt + u - t,) Damit ist erwiesen, dass bei derselben Anzahl von Trockentagen und Trockenperioden, die mittlem Ab- weichungen sehr verschiedene Werte haben können. Die mittlere Abweichung kann indess den Maximalwert 2(P-1) (£-1) P ^ nicht übersteigen. — 69 — - Es ist nicht schwer, zu beweisen, dass bei zufälliger Abwechslung der Niederschlags- und Trockentage, die mittlem Abweichungen, d. h. das arithmetische Mittel aus den absoluten Beträgen der Einzelabweichungen die Werte hat Än = 2n, Af = 2t falls, 1<^,, <2/^ oder An = 4:71% At = 4t'- falls 2 < ^ „ < 3 j ^ welche wir als theoretische Abweichung bezeichnen. 7. Grosse Werte der mittlem Abweichung ver- raten ein Yorhandensein langer Perioden und ent- sprechend zahlreicher ganz kurzer, kleine Werte der Abweichung einen nahen Anschluss an die mittlere Pe- riodenlänge. Die mittlere Abweichung zeigt, wie die mittlere Periodenlänge selbst, einen ausgesprochenen jährlichen Gang. Dass dieser wesentlich eine Folge des jährlichen Ganges der Zahl der Niederschlagstage ist, geht aus der Uebereinstimmung im Gange der wahren und theore- tischen Abweichungen resp. Periodenlängen hervor. Zur Elimination dieses Ganges bilden wir die Differenz der wahren und theoretischen Abweichung und reduciren alle diese Differenzen, um sie unter sich vergleichbar zu machen, durch Division mit der wahren Abweichung auf dieselbe Einheit. Die so gewonnene Grösse nennen wir den Index der Abweichungen. Derselbe kann als Mass dafür dienen, in wie weit die trockne oder die regnerische Witterung für sich von der durch zufällige Abwechslung bedingten abweicht, also eine Erhaltungs- tendenz besitzt. Zum Index der Erhaltungstendenz stehen die Indices der Abweichung in der einfachen Beziehung, dass die Summe der letztern zu ersterm ein für alle Monate nahe constantes Ycrhältniss besitzt. - - '^0 — Aus den Abweichungsindices erhalten wir folgenden Aufschluss über die Quelle der Erhaltungstendenz in den einzelnen Monaten: • 8. Die grosse Beständigkeit des September- wetters und in geringerem Grade auch die des Mai rührt hauptsächlich von einer Beständigkeit der regnerischen Witterung her, doch zeigt in diesen Monaten auch das trockne Wetter eine grosse Stabilität. 9. Umgekehrt verhält es sich im März, April und October. 10. Das Minimum der Erhaltungstendenz im August wird durch die geringe des Niederschlags, der fast ebenso niedrige Wert des Juli 'mehr durch die geringe Beständigkeit der trocknen Wit- terung herbeigeführt. Im November zeigt beiderlei Witterung geringe Constanz. 11. Die Trockenzeiten zeigen im März und October die stärkste Tendenz ihres Fortbestandes, im Winter ist diese nur wenig, in den drei gewitter- reichen Sommermonaten beträchtlich schwächer. 12. Auch die Regenperioden haben zwei Be- ständigkeitsmaxima im Mai und September und ein deutlicher als bei den Trockenperioden ausge- prägtes Winterminimum. — 71 Tabelle 1 a. Trockenperioden 1755 — 1803, 1837 — 1888. Zahl der Zahl der Perioden. Wahre Theoreti- Index der Trocken- tage. mittlere Länge. sche mitt- lere Länge. Erhaltungs tendenz. Januar . . . 2097 587.69 3.568 2.560 0.282 Februar. . . 1824 535.46 3.406 2.391 0.298 März .... 1989 579.37 3.433 2.370 0.310 April .... 1848 564.96 3.271 2.247 0.313 Mai 1809 600.22 3.014 2.111 0.300 Juni 1594 610.13 2.613 I.'JIS 0.266 Juli 1893 644.14 2.939 2.223 0.244 August . . . 1052 645.26 3.025 2.311 0.236 September . 1930 553.41 3.487 2.379 0.318 October . . . 2018 574.36 ■ 3.514 2.418 0.312 November . - 1877 591.76 3.172 2.292 0.278 December . 2079 579.07 3.590 2.526 0.296 Frühling . . 5646 1744.55 3.236 2.237 0.309 Sommer . . 5439 1899.53 2.863 2.140 0.253 Herbst . . . 5825 1719.53 3.388 2.362 0.303 Winter . . . 6000 1702.22 3.525 2.494 0.293 Jahr .... 22910 7065.83 3.242 2.299 0.291 — 72 — Tabelle 1 b. JViedcrschlagHperiotleii 1755 — 180.% 18S7 — 1888. Zahl der Nieder- schlags- tage. Zahl der Perioden. Wahre mittlere Länge. Theoreti- sche mitt- lere Länge. Index der Erhaltungs- tendenz. Januar . . . 1344 583.81 2.302 1.641 0.287 Februar. . . 1311 538.01 2.437 1.719 0.295 März .... 1452 578.75 2.509 1.730 0.310 April .... 1482 569.43 2.603 1.802 0.308 Mai 1632 600.48 2.718 1.900 0.301 Juni .... 1736 614.97 2.823 2.089 0.260 Juli 1548 643.75 2.405 1.818 0.244 August . . . 1489 639.27 2.329 1.763 0.243 September . 1400 547.94 2.555 1.725 0.325 October . . . 1423 588.65 2.417 1.705 0.295 ^November . 1453 586.42 2.478 1.774 0.284 December . 1362 573.09 2.377 1.655 0.304 Frübling . . 4566 1748.66 2.611 1.809 0.H07 Sommer. . . 4773 1897.99 2.515 1.878 0.253 Herbst . . . •4276 1723.01 2.482 1.734 0.301 Winter . , . 4017 1694.91 2.370 1.G70 0.296 Jalir 17632 7064.57 2.496 1.770 0.291 — 73 — Tabelle 2. Wahrscheiwlichkeit eines Welterwecbsels iiaoh Ablauf Ton a Tagen gleicher Witterung. a Jahr. a Sommer. Winter. Trocken- tage. Nieder schlags- tage. Trocken- tage. Nieder schlags- tage. Trocken- tage. Nieder- schlags- tage. 1 0.378 0.420 1 0.382 0.413 0.367 0.442 2 0.328 0.409 2 0.372 0.413 0.317 0.429 3 0.300 ) 3 0.341 ) 0.300 ) 4 0.274 ( 0.373 ) 4 0.327 0.391 0.230 0.385 5 0.255 1 5_6 0.298 0.368 0.228 0.421 6 0.242 ( 0.378 7_8 0.290 0.306 0.168 0.462 1 7_8 0.232 0.377 9_10 0.253 0.300 0.192 0.249 9_10 0.215 0.336 11_15 0.250 0.349 0.220 0.206 11_12 0.233 1 16-20 0.271 0.172 13_14 0.227 [0.311 21_25 0.132 15_16 0.206 ] 17_18 0.169 0.299 19_20 0.188 / _ 21-23 0.179 24_26 0.252 27_29 0.242 30 etc. 0.278 74 — ^^ t— ' _ • H-" 1 1 1— > 1 ut ! rf=- CO î>2 1— ' s ^^ ÎO 1— > 1— ' Ci rji o CH ^ O-i p o P p p p p p o 11 ^ GO "û CD_ CD CD i-S t-j OO O- CD o p p p P p p ^ o 11 GO tr* CX) k) înd io ÎO k> 'to k) O 1 — 1 o o Ci 4^ n^ en CO H- » CO H—* O CD so er? GO «rt- C-i P p p O p p p p II, Cfq ÎO 1— ' 1— ' k-* 1— ' H- ' 1— ' CD t— ' -5 en en en en OO tf^ Ö 4 39 ET e Pi »s ►1 B H3 CD CO 75 — 0) bß os -+3 OQ ® &n Ä es 1 — 1 1— 1 o .=: ou ü 0) Cß ^ ^ O o; 'Ö ^ OJ • i-H oO ^ S ö ^ ^ ü CS Ö -r)H OÎ CO -^ CO t- O 1— I .— I r— I ^- OÎ d ö ö ö ö 1— I Ci OJ OÎ OJ CO ö ö c' ö ö lO CO î> O 1— t o CO CO CO T ^ -^ ö ö ö ö d ö Ci O Oi 02 CO O lO CO lO CO CO î> ö ö ö d ö ö o CO r-i I— I OÎ CO ^ I I \0 i> 05 CvO CO OÎ CO d d d d d C5 OÎ CO >— I CO I— I OÎ Oi OÎ o» ö ö c^ ö ö OJ ^ CO CO CO lO CO CO CO 00 CO CO <6 d d ö d- d> CO î>- CTi ^ OD '^ lO lO lO CO lO lO d d d d d d r-H OÎ CO -T^ CO CO lO J> i=l © bC ® oS .23 -t^ CJ C ■ O 0) orj ^ œ o o -1^ O: OJ ^ xO CO I-H — OJ o< G^ OJ o O o o o o CO 00 t—t CO CO CO OJ OÎ CO CO CO CO u O o o o o o O) !=! O c: I-H -* î^ o lO CO CO ^ ^ '^ lO lO o o o o o o OÎ CO CO Î- o CO CO CO CO CO i> ä> o o o o o o t§: CO Ol OJ CO OJ o OJ OJ CO CO "^ ^ d d cd ö ö <6 O f> OJ CO >— I lO ^ O-^ CO -* -* lO o -^ ö ö ö <6 a. ö <6 CO CO ^ O '—I 00 CO ^_ '^ lO CO CD CO lO ö ö ö ö d d d CO 00 o r^ î> OJ 00 CO CO £- J>. j> 00 ?> d d d d d d d o CO — 1— ( OJ CO ^ CO »— • •— " ^ CSf CO -T^ I I I lO l> f-i 76 Tabelle 4 a. Index der Erhal- tungs- tendenz J Index der Abweichung U + ' n Trocken- Periodcn Niedor- schlags- Perioden ^ n J Januar Februar März . April . Mai. . Juni . Juli . August Septemt October IS^ovemb Decemb er er . er 0.285 0.296 0.310 0.310 0.300 0.263 0.244 0.240 0.321 0.303 0.281 0.301) 0.438 0.455 0.480 0.468 0.436 0.395 0.341 0.361 0.449 0.464 0.422 0.451 0.412 0.435 0.439 0.421 0.451 0.366 0.373 0.328 0.456 0.413 0.410 0.415 2.98 3.01 2.96 2.87 2.96 2.89 2.93 2.87 2.82 2.89 2.96 2.89 Frühling . . Sommer . Herbst . . Winter . . . 0.308 (K253 0.303 0.294 0.464 0.376 0.444 0.448 0.439 0.375 0.440 0.422 2.93 2.97 2.92 2.96 Jahr 0.2909 0.436 0.417 2.93 — 77 Tabelle 4 b. Wu hrc Theorerische WalirselKiiiliehkeit mittlere Abweichung niittleri,' Abwi-ichun^' eines der Perio denlänge. der Perio denläiige. Wetferwechsels. Troclcen- Perioden. Nieder- schlags- PerioiU'u. Troekdi- PL-rioden, Nieder- schlags- Periodeii. wahre. theore- tische. Januar . . 2.642 1.331 1.486 0.781 0.8405 0.47G1 Februar . . 2.485 1.482 1.354 0.836 0.3424 0.4866 März ... 2.571 1.505 1.336 0.844 0.3366 0.4878 April . . . 2.317 1.537 1.232 0.890 0.3407 0.4940 Mai .... 1 .959 1.728 1.106 0.949 0.3489 0.4987 Juni . . . l.ü82 1.713 6».. '^5 7 1.087 0.3679 0.4991 Juli .... 1.836 1.135 1.211 0.900 0.3743 0.4950 Aug'ust . . 2.016 1.289 1.287 0.865 0.3733 0.4910 September 2.437 1.544 1.344 0.841 0.3307 0.4H73 October . . 2.566 1 .408 1.376 0.827 0.3380 0.4851 November 2.199 1.479 1.271 0.873 0.3538 0.4919 December . 2.660 1.354 ' 1.460 0.792 0.3348 0.4783 Frühling . 2.279 1.594 1.223 0.894 0.3421 0.4944 Sommer . . 1.820 1.495 1.135 0.935 0.3719 0.4979 Herbst . . 2.393 1.477 1.830 0.827 0.3408 0.4883 Winter . . 2.599 1.388 1.435 0.802 0.3391 0.4804 Jahr .... 2.263 1.4'.)2 1.277 0.870 0.3485 0.4915 lieber die Anzahl der unabhängigen Perioden von eindeutigen Functionen complexen Arguments. Von K. VonderiVlühll. Zu der sechsten Auflage des elementaren Lehrbuchs der Differential- und Integralrechnung von Lacroix hat Her mite einen kurzen Abriss von der Theorie der elliptischen Functionen hinzugefügt. ^) Ln Eingang wird der Satz Jacobis bewiesen, dass eine eindeutige Func- tion einer complexen Yeränderlichen nicht mehr als zwei von einander unabhängige Perioden haben kann. Dieser Beweis wird von H ermite rein algebraisch geführt,^) hieb ei aber ein Satz über das Minimum einer ternären quadratischen E^orm als bekannt vorausgesetzt, während im Uebrigen die Note mit dem ganzen Lehrbuch auf Leser berechnet ist, welche nur mit den Elementen ver- traut sind. Dagegen setzen die Rechnungen, durchweiche Jacob i seinen Satz begründet hat, besondere zahlen- theoretische Kenntnisse nicht voraus; sein Yerfahren ist ^) S. F. Lacroix. Traité élémentaire de calcul différentiel et de calcul intégral. Sixième édition, revue et augmentée de notes par MM. Hermite et J,-A. Serret. Tome second. Paris 1862. — Note sur la théorie des fonctions elliptiques , par M. Hermite, p. 365—491. 2) L. c. Proposition de Jacobi, p. 369 — 372. — 79 — jedoch etwas weitläuftig und wenig durchsichtig-.^) Hierin ist wohl der Grund zu finden, warum Her mite jenen andern viel kürzern Weg eingeschlagen hat, der für die meisten Leser nicht gangbar ist. Daher wird es nicht überflüssig erscheinen, von dem genannten Satze eine einfache und ganz elementare, allerdings nicht rein alge- braische, sondern auf geometrische Betrachtungen ge- gründete Ableitung zu geben. 1. Wir betrachten zunächst eine Function von einer reellen Veränderlichen. Die Werthe der Yeränderlichen sind dargestellt durch die Punkte einer geraden Linie, eine Periode der Function durch eine Strecke von ge- gebener Länge auf der Greraden. Soll eine Function der reellen Yeränderlichen x periodisch sein um «, wo a dargestellt wird durch die Länge MA^ so hat die Func- tion an Stellen, deren Abstand ein ganzes Vielfaches von a beträgt, gleichen Werth. Wenn also die Function gleichzeitig periodisch sein soll um a und um ô, so hat sie denselben Werth in dem beliebig angenommenen Punkt ilf, in A und in J5, wenn MA = rt, MB = b. M AB ~ — 1 i 1 Daraus folgt weiter, dass die Function auch periodisch ist um A 5, oder um AB — n. MA =: MC, wo n eine ganze Zahl bedeutet. Diese können wir immer so wählen, dass, wenn MA kleiner als MB ist, MC < MA. ^) C. G. J. Jacobi. De functionibus duarum variabiliuni qua- drupliciter periodicis, quibus thftoria transcendentium Abelianarum innititur. Grelles Journal, B. 13, p. 55 ff. 1834. — Gesammelte Werke, B. 2, p. 25-31. - 80 — Indem wir so weiter gehen, erhalten wir immer kleinere Perioden, und es sind nur zwei Fälle möglich. Entweder findet nach einer endlichen Anzahl von Ope- rationen Gleichheit statt: NP — 2^. 3ÏN = 0, wo p eine ganze Zahl bedeutet; daraus folgt zwischen a und b eine Gleichung von der Form wo ni und n ganze Zahlen sind; d. h. die beiden Perio- den reducieren sich auf die eine m 'U Oder wenn a und h nicht commensurabel sind, so geht das Verfahren unbegrenzt weiter und führt zu immer kleineren Werthen der Periode. Da der Werth unter jede endliche Grösse sinkt, hat die Function in zwei beliebig nahe gelegenen Punkten der Geraden denselben Werth. Die Function wird also constant, wenn sie zwei von einander unabhängige reelle Perioden a und b haben soll. 2. Betrachten wir nun Functionen complexen Argu- ments, so werden die Werthe der Yeränderlichen dargestellt durch die Punkte einer Ebene. Die Perioden haben im Allgemeinen complex imaginäre Werthe , dar- gestellt durch Strecken in der Ebene von gegebener Länge und Richtung. Soll also die Function periodisch sein um wo a und ß reelle Grössen bedeuten, und wird die com- plexe Grösse a dargestellt durch die Strecke MA^ so — 81 — hat die Function denselben Wertli in 31 und in Ä. Wird eine zweite Periode b = ß -\- i ß' dargestellt durch die Strecke M B^ so hat die Function denselben Werth auch in B. Construieren wir dann weiter das Parallelogramm M A I) B mit den Seiten MA und MB^ so giebt die Diagonale MB eine neue Periode der Function an, abgeleitet aus den beiden andern. Ferner muss die Function an den Stellen inner- halb des Parallelogramms alle Werthe annehmen, welche sie überhaupt erhält; denn wir können von jedem Punkt N der Ebene ausserhalb des Parallelogramms durch Fortschreiten um ganze Vielfache von a in der Kichtung M xi und um ganze Yielfache von b in der Richtung MB nach einer Stelle im Innern des Parallelogramms gelangen, wo die Function denselben Werth annimmt, wie in N. Wir können endlich statt der beiden Seiten auch die eine derselben und die Diagonale als Perioden der Function nehmen; das Periodenparallelogramm hat denselben Flächeninhalt und die Function erhält inner- halb desselben alle ihre Werthe. Um nun zu zeigen, dass in diesem Fall die Func- tion nicht mehr als zwei von einander unabhängige Pe- rioden haben kann, nehmen wir an, sie habe die drei Perioden M A^ MB und MC. Mit den Seiten ill^l und TlfT?, welche MC einschliessen , construieren wir das Parallelogramm MADBj dann weiter mit der Diago- 6 •- 82 — nale und der Seite, welche MC eins chli essen, hier also M B^ ein neues Parallelogramm MBEB^ u. s. f. immeo: mit der Diagonale und derjenigen Seite, welche die Richtung M C einschli essen, ein neues Parallelogramm. Weil der Winkel des folgenden Parallelogramms um einen endlichen Theil kleiner ist, als der des vorher- gehenden, muss die Diagonale der Richtung MC näher und näher kommen. Und zwar sind zunächst zwei Fälle zu unterscheiden : Entweder fällt nach einer endlichen Anzahl von Operationen die Diagonale mit der Richtung MC zusammen, oder dies findet nicht statt. 3. Untersuchen wir zunächst den letztern Fall. Wir gelangen zu Parallelogrammen, deren Seiten die Rich- tung M C beliebig eng einschliessen ; dabei muss die Länge von einer jeden der beiden Seiten über jeden endlichen Werth wachsen. Construieren wir dann ein Parallelogramm mit einer der beiden Seiten und mit MC^ so erhält dieses Periodenparallelogramm einen beliebig kleinen Flächeninhalt. Denn dessen Verhältniss zu der endlichen Fläche MABB ist kleiner, als das Yerhältniss der endlichen Länge MC zu der Länge der anderen Seite, welche jeden endlichen Werth übersteigt. In umstehender Figur mögen MG und M H die Seiten andeuten, welche MC beliebig eng einschliessen. Dann ist das Yerhältniss von dem Flächeninhalt des Parallele- — 83 — gramms M G G^ C zu dem Flächeninhalt des Parallelo- gramms MGJH kleiner, als M C : M H. Folglich muss die Function in einem Theile der Argumentenebene, dessen Inhalt beliebig klein kann gemacht werden, jeden ihrer Werthe mindestens einmal annehmen; sie hat dann überhaupt nur einen Werth, ist also constant. 4. Wollen wir dies noch weiter ausführen und mit Jacobi nachweisen, dass im Fall von drei unabhängigen Perioden ein Index kann gebildet werden, dessen Modul kleiner ist, als jeder endliche Werth, so schliessen wir folgendermaassen : Die Stelle G liegt der Geraden MC beliebig nahe, ohne in diese selbst zu fallen; denn nehmen wir als Basis des Parallelogramms M G G^ C die Periode M C^ so ist jener Abstand die Höhe desselben und damit kleiner, als jeder endliche Werth. Yerlegen wir nun die Strecke G G* in ihrer Greraden um ein ganzes Yielfaches gegen M hin, so gewinnen wir ein Periodenparallelo- gramm MG^G^' C^ wo die Seite MG^ kleiner als MC 6. G! G a' M ist, und wo entweder diese Seite oder die Diagonale 6ri C kleiner ist als -^-ilf C; denn G^ liegt zwischen M und C der Geraden TIfC beliebig nahe. Da sowohl Seite wie Diagonale Perioden der Function darstellen, finden — 84 — wir immer einen Index WIB^ dessen Modul kleiner als "Y ^^C ist: M D < -\- M C. Denken wir uns nun dasselbe Yerfahren wiederholt mit MD als mittlerer Periode und zwei andern, welche sie einschliessen, so folgt ein neuer Index, dessen Modul kleiner als —-MB ist, u. s. w. Das Yerfahren lässt sich unbegrenzt fortsetzen; so- bald man drei von einander unabhängige Perioden wählt, fallen die Richtungen nie zusammen; also wird weder die Seite, noch die Diagonale jemals genau null. Wir können daher immer zu einem Index fortschreiten, dessen Modul kleiner ist als jeder endlich gegebene Werth. 5. Betrachten wir schliesslich den andern Fall, wo nach einer endlichen Anzahl von Operationen die Dia- gonale in die Richtung M C fällt. Die algebraische Be- dingung dafür ist, wenn c := y -^ i y^ gesetzt wird: m a -\- n ß y m a' ~\- n /?' y' wo m und n ganze Zahlen bedeuten. Die Function hat dann die beiden Perioden c und m a ~\- n b in der Rich- tung M C, und indem wir ebenso, wie bei der Function reellen Arguments schliessen, fragt es sich, ob die beiden complexen Grrössen commensurabel sind oder nicht. Findet das Letztere statt, so muss die Function an allen Stellen der Geraden MC denselben Werth anneh- men; sie wird also constant. In dem erstem Falle da- gegen sind die drei Perioden nicht von einander unab- hängig, sondern sie reducieren sich auf zwei, indem eine Gleichung von der Form besteht: m a -\- n b -\- p c = o, — 85 — wo m, n, p positive oder negative ganze Zahlen bedeuten, oder, wenn wir das Reelle und das Imaginäre sondern, w «' -j- n ß^ -^ 2^ y = 0. Auf den besondern Fall, wo zwei von den drei Richtungen M A^ 31 B^ MC zusammenfallen, etwa MA und ilf-B, so dass die Determinante « /?' — cc' ß ver- schwindet, braucht nun nicht weiter eingetreten zu werden. Hinterwurzeln und Hinterstränge. Von Dr. Mich. V. Lenhossék. Die Hinterwurzeln und Hinterstränge des Rücken- markes beanspruclien in mehrfacher Hinsicht ein grosses Interesse. Bilden doch erstere laut der grundlegen- den Entdeckung des englischen Physiologen Charles Bell eine Strecke jener Bahn, die die sensiblen Er- regungen auf ihrem Wege von der Peripherie zu dem Centrum benützen, ein Satz, der angesichts zahlreicher Erfahrungen mit einiger Wahrscheinlichkeit auch auf letztere ausgedehnt werden kann und muss sich doch daher an eine genaue Erforschung ihres Verlaufs bezw. ihrer Zusammensetzung von vornherein ein grosses phy- siologisches Interesse knüpfen. Indess auch von patho- logischer Seite her verdienen diese Theile^ zumal die Hinter stränge, eine erhöhte Beachtung. Eine der häufig- sten und heimtückischesten Erkrankungen des Markes: die Tabes dorsualis oder Rückenmarksdarre, ein Leiden, dem jährlich viele unserer Mitmenschen erliegen und dem die heutige Medizin noch hülflos als einer unheil- baren Krankheit gegenübersteht, hat in letzteren ihren Constanten Sitz. Ein jeder Fortschritt in der Anatomie dieser Stränge muss die Hoffnung eines besseren Ver- ständnisses der mit dieser Krankheit einhergehenden — 87 — pathologischen Yeränderungen und hierdurch auch des Wesens der Erkrankung selbst erwecken. So sehen wir, dass sow^ohl von theoretischem wie von medizinisch- praktischem Gesichtspunkte die Frage nach dem Aufbau der in Rede stehenden Bestandtheile des Rückenmarkes ein lebhaftes Interesse wachrufen muss. Wen sollte daher die emsige Thätigkeit Wunder nehmen, die in der letzten Zeit auf diesem Gebiet ent- faltet worden ist. Yon allen Seiten her, mit allen Hülfs- mitteln der Forschung: mit den Methoden der morpho- logischen Disciplinen wde mittelst physiologischer Ex- perimente und pathologischer Beobachtungen trachtete man dem schwierigen Gegenstand beizukommen. Sowohl Anatomen wie Yertreter der praktischen Richtung be- theiligten sich an der Forschung und wenn wdr heute mit einem gewissen Stolze auf die Summe der ermittel- ten Thatsachen blicken dürfen, so müssen wir anerken- nen, dass in der Feststellung derselben beiden Theilen ein gleiches Yer dienst zukommt. Ich bin dem Gegenstaude in den letzten Jahren selbst näher getreten (S. Lit. 27, 28), wobei ich haupt- sächlich den von Paul Flechsig in der Untersuchung nervöser Centralorgane eingeschlagenen Weg benützte: die verschiedenen Foetalperioden, in welchen die ein- zelnen Nervenfaserbündel markhaltig werden, zu deren Yerfolgung zu benützen. Wenn indess Flechsig und seine Schüler zur Lösung der der Beantwortung harren- den Probleme sich ausschliesslich an das Centralorgan menschlicher Foeten wandten, so glaubte ich angesichts der grossen Resultate, die auf allen Gebieten der Mor- phologie der vergleichenden Methode entspriessen, meine Untersuchungen weiter ausdehnen und auch Yertreter anderer W^irbelthiergruppen, zunächst anderer Säuge- thierfamilien in den Kreis derselben ziehen zu sollen. — 88 — In der Ueberzeugimg, dass die Combination dieser beiden Richtungen : der Yergleicbend-anatomischen und der ent- wickelungsgeschiclitlichen auf dem Gebiete der Anatomie der nervösen Centralorgane das Meiste verspricht, ge- denke ich die von mir nun angetretene Bahn weiter zu verfolgen. Ich habe diesmal nicht die Absicht, mich ausführ- lich über meine Untersuchungen auszuweisen, sondern möchte mit Benützung eigener und fremder Erfah- rungen ein zusammenfassendes Bild vorlegen, wie man sich an der Hand des bisher Bekannten den Yerlauf und die Endigung der sensiblen Wurzeln und den Aufbau der Hinterstränge: jener Bündel, in denen man wohl die weitere Fortsetzung ersterer erblicken darf, vorstellen könnte. Eine Schilderung der Hinterwurzeln muss naturge- mäss von den Spinalganglien ausgehen. Ist doch von His unlängst der gewichtige I^achweis erbracht worden, dass die sensiblen Wurzelfasern sich als centrale Aus- läufer der Nervenzellen dieser Granglien anlegen und mit dem Kückenmark erst nachträglich durch Hinein- wachsen in dasselbe verbinden; der Complex dieser in das Mark eindringenden Fortsätze stellt die hintere Wur- zel dar. Sie haben also ihr anatomisches und setzen wir hinzu — wie dies die Waller'schen Versuche schon vor Jahrzehnten ergaben — auch ihr trophisches Cen- trum nicht im Centralorgane selbst, sondern in den kleinen neben demselben liegenden Nervenknoten. Frei- lich darf man damit nicht etwa die Yorstellung verbin- den, dass sie von vornherein etwas dem Kückenmarke fremdes darstellen, indem sich die Spinalganglien auch nur aus dem Rückenmarke abspalten, dessen Bestand- — 89 — theile sie in einem frühen Stadium der Entwickelung bilden. — Die Nervenzellen der Spinalganglien sind zwar von den Amphibien herauf bei sämmtlichen AVir- belthieren ausschliesslich oder doch überwiegend unipo- lar, doch liegt hier im Sinne der Einschaltung derselben in den nervösen Apparat blos eine scheinbare Unipolari- tät vor, indem ihr Fortsatz nach Ranvier's interessanter Entdeckung in gewisser Entfernung von der Zelle sich ausnahmslos in zwei Aeste spaltet, von welchen der eine zur Peripherie, der andere centralwärts zieht, so dass wir in dem Zellenfortsatz blos die zu einer einheit- lichen Nervenfaser zusammengeschmolzenen Anfangs- stücke der beiden Ausläufer erblicken dürfen. lieber allen Zweifel erhoben wird diese Auffassung durch die von His ermittelte, neuerdings auch von Kam on j Cayal (36, p. 91) bestätigte merkwürdige Thatsache, dass die fraglichen Zellen bei Embryonen mit zwei ge- trennten Fortsätzen versehen sind: erst im Laufe der Entwickelung nähern und vereinigen sich dieselben zu dem unpaaren Zellenstiel. Die diesen Vorgang herbei- führenden Ursachen sind noch nicht festgestellt, doch möchte ich hiefür allerdings ohne einstweilen über di- recte Beobachtungen zu verfügen gewisse Rücksich- ten topographischer Natur, die Gruppirung der Zellen- haufen im Yerhältniss zu den die Ganglien durchsetzen- den und zu letzteren in Beziehung tretenden sensiblen Fasern als maassgebend annehmen. Nur nebenbei möchte ich bei diesem Anlasse auf den, soviel ich sehe, noch von keiner Seite her betonten Umstand hinweisen, dass hier wieder einer jener Fälle vorliegt, wo vergängliche embryonale Einrichtungen bei höheren Wirbelthiercn und dem Menschen an jene Ycrhältnissc anklingen, wie sie uns bei niederen, im vorliegenden Falle bei den Fischen, als zeitlebens bestehend entgegentreten. Bei letzteren - 90 — setzen sich nämlich die Spinalganglien vorwiegend aus bipolaren Zellen zusammen, ein Unterschied gegen- über den übrigen Wirbelthieren, der angesichts neuerer Ermittelungen wie wir sehen zu einem sehr nebensäch- lichen herabgesetzt wird. Wenn auch die dargelegte Art des Ursprunges für die überwiegende Mehrzahl der sensiblen Wurzelfasern gilt, so hat man doch Grund für eine beschränkte Zahl dieser Elemente eine Ausnahme zuzulassen. Neuere pa- thologische Erfahrungen — namentlich diejenigen Jo- seph' s — ergeben nämlich, dass nach experimenteller Abtrennung der Spinalganglien eine im Yerhältniss zu den übrigen allerdings sehr unbedeutende Gruppe sen- sibler Wurzelfasern Yon der sich bei sämmtlichen übrigen einstellenden Degeneration yerschont bleibt, für welche daher eine Yerbindung mit den Ganglien mit grosser W^ahischeinlichkeit auszuschliessen ist. Hiermit treten nun die bei niederen Wirbelthieren, wie Myxine (Freud) leicht constatirbaren , für die höheren Yertebrata von K ö 1 1 i k e r und Schwalbe seit langer Zeit verfochtenen, in letzter Zeit indess etwas in Schwanken gerathenen „durchtretenden Nervenfasern", d. h. Fasern, die das Ganglion durchsetzen, ohne mit dessen Zellen sich zu verbinden, wieder in ihre vollen Eechte. Wenn es aber auf den ersten Blick scheinen möchte, als ob deren Tor- handensein die durchgreifende gesetzmässige Geltung des His'schen Satzes von der centripetalen Entwickelung sämmtlicher sensibler Fasern etwas fraglich machen würde, so muss ich gleich betonen, dass für dieselben bereits eine zufriedenstellende Erklärung innerhalb des Eahmens dieser Lehre gefunden ist, auf die ich weiter unten zurückzukommen habe. — 91 — Verfolgen wir nun die Fortsetzung der Hinterwur- zeln in's Rückenmark hinein, so sehen wir zunächst, dass sie bald nach ihrem Eintritt in dasselbe kelchartig nach allen Eichtungen auseinander weichen. Je nach den Hauptrichtungen, die ihre divergirenden Bündel in der Querebene des Rückenmarkes einschlagen, zerlegt man sie bekanntlich schon seit längerer Zeit in besondere Abtheilungen. Die am meisten gangbare Eintheilung ist diejenige in eine mediale und laterale Portion. Ich bin auf Grund meiner Untersuchungen dazu gekommen, im Anschluss an W. Krause (23, p. 390) diesen Por- tionen noch eine mittlere hinzuzufügen. Letztere zieht direct nach Yorn, die laterale wendet sich nach aussen, die mediale lenkt zum Theil nach innen ab, zum Theil schliesst sie sich den Elementen der mittleren Gruppe von der medialen Seite her in gleichem Verlaufe an. Yon diesen Portionen ist die mediale diejenige, die uns am Meisten zu beschäftigen hat und zwar nicht nur weil sie den Haupttheil der hinteren Wurzel, vielleicht ^/é ihrer Elemente, für sich in Anspruch nimmt, sondern auch aus dem Grunde, weil ihr Verlauf und ihre Endi- gung die mannigfaltigsten, complicirtesten Verhältnisse darbietet. Diese starkfaserige Gruppe ist es, die zu den Hintersträngen Beziehungen eingeht, allerdings nicht in ihrer Gesammtheit, indem eine Abtheilung ihrer Fasern, die ich die Gruppe der geraden Fasern genannt habe, mit Vermeidung der Hinterstränge direct in den me- dialen Umfang der gelatinösen Substanz einströmt, um nach deren Durchsetzung weiter nach vorne zu zie- hen. Jene Fasern, die den „Hinterstrangtheil" der frag- lichen Portion darstellen, ziehen in bogenförmigem, dem hinteren und medialen Rand der gelatinösen Substanz sich anschliessenden Lauf nach innen und lenken im Bereich der Burdach'schen Stränge grossentheils in die — 92 — Längsrichtung hinüber. Die Umbiegung erfolgt zum über- wiegenden Theil nach oben, indess auch nach unten wendet sich eine beschränkte Zahl derselben, wie dies aus jenen Yon Westphal (50, p. 791), Kahler und Pick (20, p. 200), Strümpell (45, p. 694) und vor Allen von Schnitze (40, p. 379) bekannt gemachten Beobachtungen hervorgeht, wo die Läsion der Hinter- wurzeln ausser der sehr beträchtlichen aufsteigenden secundären Degeneration auch eine allerdings sehr geringe absteigende zur Folge hatte, die in allen Fällen ein sehr charakteristisches, sich stets gleich bleibendes Gebiet innerhalb des Querschnittes der Burdach'schen Stränge einnahm. Da sie aber nie weiter als bis zu einer Tiefe von 2 — 3 cm. unterhalb der lädirten Wurzeln zu verfolgen war, so ergiebt sich von selbst der Schluss, dass die fraglichen Elemente sehr bald in die graue Substanz eindringen. Indem wir nun die Schicksale der medialen Wur- zelfasern weiter verfolgen, sehen wir uns veranlasst, an dieser Stelle die Schilderung der Hinterstränge, die eine Fortsetzung derselben bilden, einzuschalten. Eine ge- sonderte Darstellung von Hinterwurzeln und Hinter- strängen kann nicht recht ausgeführt werden, ohne seinem Wesen nach Zusammengehöriges von einander zu trennen. An den Hintersträngen unterscheidet man seit Bur- dach Keilstränge und zarte Stränge, oder mit den von Kölliker vorgeschlagenen, in allgemeinem Gebrauch stehenden Bezeichnungen Burdach'sche und GoU'sche. Diese Eintheilung genügt indess heute nicht mehr, Bechterew (3) theilte die Burdach'schen Stränge auf Grund der verschiedenen Perioden, in denen die be- treffenden Theile ihre Markscheiden erhalten, in einen vorderen und hinteren-peripheren Abschnitt, für ersteren — 93 — reservirte er den von Flechsig für die gesammten Burdach'sclien Stränge eingeführten Namen der „Grnnd- bündel der Hinterstränge." Ich sah mich veranlasst, mit Rücksicht auf einige anatomische Merkmale, auf das Auftreten der Myelinscheiden, sowie auch auf die Ergebnisse der Pathologie, diese Eintheilung noch weiter fortzusetzen, indem ich Bechterew's vorderen Abschnitt wieder in zwei Bezirke sonderte , so dass ich nun die Burdach'schen Stränge insgesammt in drei Zonen zerlege : eine vordere, hintere -periphere und mittlere. Für letz- tere habe ich die Bezeichnung „Einstrahlungszone" vor- geschlagen, aus dem Grunde, weil die bekannten, den hinteren Wurzeln angehörigen Einstrahlungsbündei der Hinterhörner alle dieser Zone entstammen. Die Einstrah- lungszone zeichnet sich gegenüber den beiden anderen durch ihren Gehalt an zahlreichen in der Quer ebene des Rückenmarkes verlaufenden, dem medialen Rand der Hinterhörner zuströmenden Nervenfasern, durch das strahlenartige Convergiren ihrer Glia-septa nach der- selben Stelle hin und schliesslich durch die frühe Ent- wicklung ihrer Markscheiden ans. Die Myehnbildung geht in den drei Zonen in folgender Reihenfolge vor sich: zuerst (bei 28 cm. langen Foeten) erfolgt sie in der Einstrahlungszone, dann (36 cm. 1. F.) in der hin- teren und zuletzt (45 cm. 1. F.) in der vorderen Zone. Ich darf es nicht unerwähnt lassen, dass diese Einthei- lung insoweit nicht Anspruch auf Neuheit erheben kann, als sich Andeutungen derselben bereits bei einigen an- deren Autoren finden, namentlich wird meine Einstrah- lungszone gelegentlich auch in anderen Arbeiten — am ausgesprochensten bei Strümpell (46, p. 742) und Westphal (51, p. 629) — unter dem Namen „AYur- zelzone" oder „Wurzeleintrittszono " als selbständiger Theil behandelt. — 94 — Bei den engen Beziehungen der Hinterwurzeln zu den Hintersträngen muss es von vornherein wahrschein- lich sein, dass die dargelegte Gliederung durch die Art und Weise bedingt sei, nach welcher die in diesen Strängen aufgehenden sensiblen Fasern sich gruppiren. Wir müssen daher fragen : wie verhalten sich letztere zu diesen drei Zonen? : — In dieser Beziehung ergab sich Folgendes. Die in die Burdach'schen Stränge ein- tretenden sensiblen Fasern lagern sich alle unter Um- biegung in die Längsrichtung der medialen Seite der Hinterhörner im Bereich der Einstrahlungszone an, be- haupten indess nicht lange diesen ihren Platz, indem sie theils schon nach kurzer Strecke ihren verticalen Lauf mit einem horizontalen umtauschend in die graue Sub- stanz einströmen, theils aber, insoweit sie sich auf längere Abschnitte des Rückenmarkes erstrecken, den analogen Stücken der nächst oberen Hinterwurzeln Platz machen müssen, wobei sie allmählig in die beiden an- deren Zonen der Burdach'schen Stränge und in die Goll'schen hinüberrücken, um daselbst fast bis zu ihrer Endigung zu verbleiben; verbinden sie sich noch inner- halb des Rückenmarkes mit der grauen Substanz, so müssen sie natürlich schliesslich wieder die Einstrahlungs- zone passiren. Letztere enthält demnach alle kurzen und die Anfangs- und zum Theil auch die Endstücke der längeren Hinterwurzelfasern, die beiden anderen Zonen nur den Haupttheil letzterer. Obgleich dieser Lauf schon durch die rein anato- mische Beobachtung nahegelegt wird, so sind es doch hauptsächlich die Befunde bei der secundären aufstei- genden Degeneration der Hinterstränge, welche eine Feststellung desselben mit der in der Wissenschaft erforderlichen Sicherheit gestatten. Bei der Bedeutung, die dieser Erkrankung für die Anatomie des Rücken- — 95 — markes und namentlicli der Hinterstränge zukommt, er- scheint es gerechtfertigt, wenn ich sie hier etwas ein- lässlicher zur Sprache bringe. Die Entdeckung der- selben knüpft sich an den Namen T ürck's, der im Jahre 1851 die ersten hierhergehörigen Fälle anatomisch un- tersuchte und bekannt machte. Die seitdem bekannt gewordenen Arbeiten über diesen Gegenstand lassen sich ihrem Inhalte nach in zwei Kategorieen bringen. 1) Experimentelle Untersuchungen, d. h. künstlich, durch Durchschneidung der Hinterwurzeln oder gewisser Theile des Rückenmarkes an ïhieren, zumal an Hunden veranlasste Degenerationen: Schiefferdecker (1876), Singer (1881), Kah- ler (1882), H:omén (1885), Löwenthal (1885 und 1888), Borgherini (1886), Oddi und Ros- si (1890). 2) Pathologisch -anatomische Beobachtungen an er- krankten menschlichen Marken :Bouchard (1866), Barth (1869), W. Müller (1871), Lange (1872), Schüppel (1874), Flechsig (1876), Kahler und Pick (1880 und 1881), Schnitze (1883), Hofrichter (1883) u. A. Die belangreichsten und überzeugendsten Arbeiten auf dem in Rede stehenden Gebiet sind wohl — • unbeschadet des Werthes der übrigen — diejenigen T ürck's (48), Schiefferdecker' s (39), Sing er 's (43) und zumal Schultze's (40). Alle diese Beobachtungen ergaben nun in sehr übereinstimmender Weise, dass die Hinterstränge — im Anschluss an eine Läsion, sei es eine Compression, sei es eine Zerrèissung des Rückenmarkes oder auch an eine acute Myelitis — einer aufsteigenden Entartung an- heimfallen, die, wenn ihr zu ihrer Entwickelung die er- forderliche Zeit gegeben ist, allerdings unter allmähligcr — 96 — Réduction, sich bis in das Gebiet des verlängerten Markes erstreckt, um in der Höhe der bekannten Hin- terstrangkerne ihr Ende zu finden. Hieb ei nimmt das Degenerationsfeld je nach der Höhe des Rückenmarkes ein verschiedenes Gebiet ein; über der Stelle der Be- schädigung entspricht es stets der Einstrahlungszone, weiter nach oben rückt es allmählig gegen die Mittel- linie zu und zwar ohne irgendwelche Berücksichtigung der Grenzen der Goll'schen Stränge: die Hinterstränge verhalten sich eben in dieser Beziehung als ein einheit- liches Ganzes. Einem jeden Nerven scheint hierbei für seine centralen Fortsetzungen ein bestimmtes Areal auf dem Querschnitte der Hinterstränge zuzukommen, frei- lich unter Zulassung gelegentlicher unbedeutender Yer- schiebungen. Bei Läsion der Ischiadicuswurzeln erkrankt z. B. ein Faserzug, der schon im Brustmark in den Goll'schen Strängen seine Lage hat, im Bereich des Halsmarkes aber sich völlig in den hinteren Theil der- selben zurückzieht. Es liess sich das gesetzmässige Yer- halten feststellen, dass die Fortsetzungen der in der Richtung von unten nach oben folgenden Nerven sich stets lateraiwärts von einander ablagern und in dieser Weise dann in ihrer Gesammtheit den Haupttheil der Hinterstränge constituiren. Wenn auch die successive Abnahme der Degenerationsbündel in centripetaler Rich- tung auf eine Endigung der Mehrzahl ihrer Fasern im Bereich des Rückenmarkes hinweist, so bleibt immerhin noch eine Gruppe , die sich bis in das Gehirn hinauf verfolgen lässt und als centrale Bahn der Hinterwurzeln — allerdings mit der Beschränkung : blos bis in das Gebiet der Med. oblongata hinauf — aufzufassen ist. Wie überzeugend auch die geschilderten Beobach- tungen nach dieser Richtung hin sprechen , so ist den daraus gezogenen Folgerungen — namentlich bezüglich — 97 — des Bestehens der geschilderten centralen Fortsetzungen — der Widerspruch nicht erspart geblieben. Die Oppo- sition ist von Russland ausgegangen: Eossolymo (38, p. 301j und der hervorragende russische Neurologe W. Bechterew (4, p. 130) haben sich sehr entschieden gegen deren Existenz ausgesprochen. Ersterer gründete seinen Widerspruch auf die Beobachtung eines Falles, wo im Bückenmarke eines Meerschweinchens, dem die Ischiadicuswurzeln durchschnitten wurden, die GoU'schen Stränge intact, die Burdach'schen aber blos in der Nähe der durchschnittenen Nerven und nur im Gebiet der Einstrahlungszone sich erkrankt fanden. Die Degenera- tionsbilder, über welche Eossolymo berichtet, decken sich also vollständig mit denjenigen, die man bei Mensch und Hund unmittelbar über der Läsionsstelle erhält und man kann nicht umhin zu vermuthen, entweder habe dieser Forscher nur die in der Nähe der lädirten Nerven befindlichen Partieen dès Rückenmarkes untersucht, ohne auch dessen obere Abschnitte durchforscht zu haben — aus dem im Neurologischen Centralblatt erschienenen sehr knappen Referate erfährt man hierüber leider nichts Bestimmtes — oder ist in dem betreffenden Falle der Degeneration nicht die genügende Zeit gelassen worden, um sich auf die weiteren Fortsetzungen der erkrankten Fasern fortzupflanzen, wobei dann — angesichts der zwi- schen Läsion und Tod verflossenen Frist von 5 Mo- naten — für das Meerschweinchen ein ausnehmend lang- sames Fortschreiten dieses Processes anzunehmen wäre. Schliesslich ist zu betonen, dass man in der Uebertra- gung derartiger Schlüsse von Thier auf Mensch unter allen Umständen sehr behutsam sein muss. Wissen wir doch, wie verschieden sich die Yerhältnisse der Seh- nervenkreuzung, des Verlaufs und der Mächtigkeit der Pyramidenbahnen gestalten, viele Thiere, und zwar nicht — . 98 — gerade die niedrigsten, besitzen letztere gar nicht u. s. w. Es ist sehr leicht denkbar, dass jene centralen sensiblen Bahnen, die für den Menschen sicher nachgewiesen sind, dem Meerschweinchen in der That abgehen. — Bech- terew' s Ansicht, dass „alle Fasern der hinteren Wur- zeln früher oder später in die graue Rückenmarkssub- stanz treten", wurde von diesem Forscher hauptsächlich mit Rücksicht auf jene Beobachtung ausgesprochen, der- zufolge der hintere - periphere Theil der Burdach'schen Stränge, sowie die Goll'schen Stränge in späterer Pe- riode mit Markscheiden ausgestattet werden als die Bestandtheile der inneren, starkfaserigen Wurzelportion, daher also nach B echter ew's Dafürhalten zwischen diesen Theilen keine Beziehungen statthaben können. Nun ist es von vornherein fraglich, ob man überhaupt derartigen Thatsachen, gegenüber den unzweifelhaft beweiskräfti- geren Ergebnissen der secundären Degeneration, nach dieser Richtung hin eine solche Bedeutung zuerkennen dürfe? Dass dieselben übrigens nicht gegen die fragliche Annahme sprechen, glaube ich sogleich beweisen zu können. Die Erscheinungen der secundären Degenera- tion sucht Bechterew durch Hinweis auf jene von meh- reren Seiten veröffentlichte Beobachtung zu erklären und ihrer Beweiskraft zu entkleiden, nach welcher die Degeneration der Nervenfasern mitunter nicht nur auf die Nervenzellen, mit denen dieselben zusammenhängen, sich erstrecken, sondern über letztere hinweg aut die Nervenfasern jenseits derselben übergreifen kann, ein Einwand indess, der im vorliegenden Falle, wo das Degenerationsbündel der grauen Substanz nicht nur nicht näher kommt, sondern sich allmählig von derselben entfernt, wo also eine Einschaltung von Nervenzellen geradezu undenkbar erscheint, schlechterdings von der Hand zu weisen ist. — 99 — Aucli die continuirliclie Zunahme der Hinterstränge an Yolumen maclit die Annahme solcher aufsteigender Fortsetzungen sehr wahrscheinlich. Stilling, Flech- sig U.A. haben hierüber sehr genaue Messungen ange- stellt. Dem grossen Werke des letzteren (9, p. 550) ent- nehmen wir folgende Angaben. Setzt man den Qu«r- schnitt der gesammten w^eissen Substanz = 100, so bilden hiervon die Hinterstränge : in der Höhe des N. cerv. HI = 396 N. dors. YI— YII = 156 N. lumb. lY- Y = 212 Die Abnahme vom Lumbal- zum Dorsalmark beträgt 26,5 7o, erscheint also im Yergleich zur grossen Differenz in der Mächtigkeit der entsprechenden Hinterwurzeln viel zu gering, als dass man nicht eine Beeinflussung derselben durch den centripetalen Lauf eines Theiles der in die Lumbalanschwellung eintretenden sensiblen Wurzeln annehmen müsste. l^och beweisender in diesem Sinne ist aber der mächtige Zuwachs der Hinterstränge im Bereich der Halsanschwellung im Yerhältniss zur Lendenanschwellung, sie sind in der ersteren fast um das Doppelte umfangreicher als in der letzteren, eine Thatsache, die angesichts des Umstandes, dass die Cervi- calwurzeln an Stärke hinter den unteren Wurzeln zurück- stehen, blos in der Anwesenheit diesen Theil passirender, zumindest die Hälfte der Hinterstränge ausmachender langer Bahnen ihre Erklärung finden kann. Wenn Bechterew seinen Widerspruch hauptsäch- lich darauf stützt, dass die Goll'schen Stränge später markhaltiger werden als die medialen Hinterwurzelfasern, deren Fortsetzungen sie demnach nicht bilden können, so müssen wir die Beweiskraft dieses Argumentes insofern in Abrede stellen, als es leicht denkbar, ja sogar wahr- scheinlich ist, dass die langen, aufwärts ziehenden Fa- — 100 — Sern der Hinterwurzeln nicht in ihrer ganzen Ausdehnung auf einmal, sondern progressiv, in aufsteigender Richtung ihre Markscheiden erhalten, dergestalt, dass während ihre Anfangsstücke mit solchen bereits ausgestattet sind, ihre weiteren Fortsetzungen dieser Scheiden noch völlig entbehren. Haben wir doch ein Beispiel für eine solche Art der Myelinbildung in den Pyramidenbahnen, die nach Fl echsig' s Entdeckung beim Menschen und laut meiner Befunde auch bei Säugethieren nicht auf einmal, sondern successiv in absteigender Ilichtung sich mit Myelin belegen. Wenn auch bisher beim Menschen be- züglich der Goll'schen Stränge hiefür sprechende Beob- achtungen nicht beigebracht sind, so gelang es mir bei der Maus durch Yergleichung verschiedener Ent- wickelungsstadien einen solchen Gang der Markbildung innerhalb der fraglichen Stränge nachzuweisen. Uebrigens ist bei Foeten der Unterschied in der Markhaltigkeit zwischen den einzelnen Abtheilungen der Hinterstränge in den meisten Fällen ein etwas verschwommener, durch Uebergänge vermittelter. Im Rückenmarke 28 cm, langer Früchte erscheint von letzteren blos die Einstrahlungs- zone markhaltig, doch zeigen sich schon auch in den beiden anderen Burdach'schen Zonen, sowie in den Groll'schen Strängen die Anfänge der Markbildung. Nun folgt die vordere Zone, die bei 36 cm. langen Foeten mit der mittleren zu einem gemeinsamen, total mark- haltigen Felde zusammenfliesst ; mittlerweile haben indess auch die übrigen Theile beträchtliche Fortschritte ge- macht, doch findet der Process in denselben erst bei 45 cm. Länge, aber stets gleichzeitig seinen Abschluss. — Schliesslich möchte ich bemerklich machen, dass jene grosse Differenz bezüglich der Markbildung zwischen Hinterwurzeln und Goll'schen Strängen, wie sie Bech- terew angiebt, meinen Beobachtungen gemäss nicht vor- — 101 — • banden ist. Bei 28 cm. langen Früchten lässt die mediale Portion erst eine ganz geringe Zahl Yon Markfasern erkennen, sie nimmt bei 36 cm. Lcänge in dieser Be- ziehung beträchtlich zu, doch stellt sie sich erst zur Zeit der Geburt als völlig myelinhaltig dar. Aus dem Dargelegten geht also hervor, dass der Gliederung der Hinterstränge in Burdach'sche und Goll' sehe Stränge nicht die ihr früher beigelegte systematische Bedeutung zukommt: die Elemente letzterer entstammen ebenfalls den Hinterwurzeln, allerdings sind es zumeist aus den Ichiadicuswurzeln herkommende und ausschliess- lich lange Fasern, während in den Burdach'schen Strängen mehr die Dorsal- und Halsnerven vorwiegen und ausser langen auch zahlreiche kurze Fasern vertreten sind. „Weder in physiologischer noch in pathologischer Hin- sicht besitzt eines dieser Gebiete eine Sonderstellung." (Kahler, 18, p. 230.) Diejenigen Forscher, die den Ergebnissen der sec. Degeneration ungläubig gegenüberstehen, müssen natür- lich eine andere Erklärung für die Herkunft der Goll' sehen Stränge heranziehen. So lässt Takacs (47) deren Bestandtheile ausschliesslich aus den Clarke'schen Säulen entspringen, während Bechterew (4, p. 133) sie aus zwei verschiedenen Bezirken der grauen Substanz : aus den Clarke'schen Säulen und den „unmittelbar vor der Rolando'schen Substanz gelegenen kleinen sensitiven Zellen" herleitet. Ich selbst habe mich in einer früheren Arbeit über das Mäuserückenmark (27, p. 118) allerdings mit grosser Reserve dahin ausgesprochen, dass „die Fasern der GoU'schen Stränge allem Anscheine nach aus der vor der Rolando'schen Substanz befindlichen grauen Substanz entspringen" — eine Ansicht, von der ich mich, wie es aus meinen bisherigen Aeusserungen hervorgeht, nunmehr ganz losgesagt habe, wozu mich — 102 — einerseits die Yerhältnisse der secimdären Degeneration, mit denen ich mich erst in der letzten Zeit eingehender befasste, andererseits Untersuchungen am menschlichen Marke geführt haben. Aus den Clarke'schen Säulen beziehen die Goll'schen Stränge gewiss keine einzige Faser — dies musste ich bereits in der angeführten Arbeit bestimmt aussprechen. Als hauptsächliche Ursprungsquelle derselben wurden so- wohl von mir wie von Bechterew jene zarten Elemente in Anspruch genommen, die aus der hinteren Commissur auf dem Wege des Septum posterius direct nach hinten ziehen, um in die Groll'schen Stränge einzutreten. Diese Fasern lassen sich nun bei jenen Thieren, die eine an- sehnliche hintere Commissur aufweisen, wie z. B. die Maus, das Meerschweinchen, leicht beobachten, sind aber beim Menschen, wo die Commissur eine sehr schwache Entwickelung erkennen lässl , so spärlich, dass sie für den Aufbau der Goll'schen Stränge bei Weitem nicht zureichen würden, und höchstens einem ganz geringen Theile derselben als Ursprungsquelle dienen könnten. — Uebrigens setzt sich die hintere Commissur meinen neue- ren Untersuchungen zu Folge ebenfalls hauptsächlich aus Hinterwurzelfasern zusammen, so dass es sehr frag- lich ist, ob die in Rede stehenden Elemente nicht auch in diese Kategorie gehören. Wenn wir nun zu den Hinterwurzeln zurückkehren, so müssen wir vor allen Dingen auf den nicht unwesent- lichen Fortschritt hinweisen, der in der Erkenntniss derselben durch den von Lissauer (30) gelieferten Nachweis angebahnt wurde, dass die gröberen und feineren Fasern, die im freien Abschnitt der Hinterwur- zeln regellos vermischt sind, innerhalb des Rückenmarkes sich zu besonderen Bündeln gruppiren, eine Angabe, die von allen Forschern, von denen bisher Aeusserungen — 103 — hierüber vorliegen, wie Bechterew (4, p. 126), Kah- ler (19, p. 194), Obersteiner (35, p 187) nnd Eclin- ger (8, p. 121), in einstimmiger Weise bestätigt worden ist und die ich ebenfalls zu constatiren vermag. Die den grössten Tlieil der sensiblen Wurzeln ausmachenden breiteren Elemente wenden sich medianwarts und nach vorne und stellen die mediale und mittlere Portion dar, die spärlichen zarten lenken als laterale Portion nach aussen ab. Letztere zeichnet sich — wie ich in Ueber- einstimmung mit Bechterew angeben kann — durch das späte Auftreten ihrer Markscheiden aus, eine That- sache, die einen neuen Beleg jenes von mir (27, p. 98) ausgesprochenen Satzes darstellt, nach welchem die Reihenfolge der Markentwickelung in gesetzmässiger Be- ziehung geschehe zu der Dicke der betreffenden Axen- cylinder, dergestalt dass die breiteren sich früher mit Mark umscheiden als die schmäleren. Betrachten wir zunächst die Schicksale der feinfa- serigen lateralen Portion, die bei der hierüber bestehen- den Uebereinstimmung am leichtesten geschildert werden kann. Die hierher gehörigen Fasern versammeln sich zunächst an der Kuppe der gelatinösen Substanz zu einem locker gefügten Längsbündel, der „Kandzone" Lis- sauer's, oder der „Markbrücke" Waldeyer's (49, p. 21), die je nach Höhen des Rückenmarkes von sehr verschie- denem Querschnitt ist: im Lendenmark erscheint sie saumartig, in querer Richtung ausgezogen, im Halstheil hingegen von rechts nach links zusammengeschnürt, sa- gittal-länglich. Ihre Zunahme im Bereich der Anscliwel- lungen und Abnahme zwischen denselben weist auf eine kurze Bahn hin. Dem entspricht auch die Beobachtung, dass sie in demselben Maasse, als sie continuirlich neue Bestandtheile aus den Ilinterwurzoln aufnimmt, auch stetig feine Fasern abgiebt, die durch den lateralen Ab- — 104 — schnitt der gelatinösen Substanz hindurch nach vorne ziehen, um in das die Concavität dieser Substanz aus- füllende und von Lissauer als „spongiöse Zone der Hin- terhörner" , von Waldeyer (49 , p. 20) als „Kern der Hinterhörner", bezeichnete dichte Fasernetz einzutreten. Das Netzwerk beherbergt auch Ganglienzellen. Möglicher- weise gehen die Fasern auch zu dem, allerdings sehr ärmlichen, ebenfalls spärliche Nervenzellen enthaltenden Fâsernetz im hintersten, durch eine besondere Beschaffen- heit sich auszeichnenden schmalen, halbmondförmigen Abschnitt der Rolando'schen Substanz („Zonalschicht", Waldeyer) Beziehungen ein. lieber die weiteren Schick- sale dieser Fasern lässt sich noch nichts Bestimmtes aus- sagen, im Besonderen ist es noch durchaus problema- tisch, ob sie innerhalb der genannten Fasernetze einfach frei endigen, oder wie es Bechterew mit wenig be- gründeter Positivität behauptet, mit den in dieselben eingelagerten Zellen in Yerbindung treten. Am besten sehen wir die E-andzone beim Menschen entwickelt, bei Carnivoren ist sie viel schwächer vertreten und fehlt bei Kaninchen, Meerschweinchen, Maus ganz; bei Er- krankungen des Markes, zumal bei Tabes, kommt ihr laut den Erfahrungen Lissauer's ein selbstständiger Cha- rakter zu, so dass sie nach allen Kichtungen hin die Berechtigung eines eigenen Bündels der weissen Sub- stanz besitzt. Bechterew möchte ihr auch in physio- logischer Hinsicht einen solchen Charakter zuerkennen, indem er auf Grund eigener Thierversuche in den feinen lateralen Fasern und in der ihre Fortsetzung bildenden Randzone den eigentlichen sensiblen, zur Leitung sen- sibler Reize dienenden Theil der Hinterwurzeln erblickt, den übrigen gröberen Fasern hingegen blos die Leitung des Muskelgefühles zuspricht, eine Hypothese, der man von vornherein die Thatsache entgegenhalten muss, dass — 105 — die hintere Commissur, in der ohne Frage theilweise das anatomische Substrat für die aus den Erfahrungen der Pathologie unabweislich hervorgehende Kreuzung der sensiblen Bahnen gegeben ist , ihre Elemente zum grossen Antheile aus der grobkalibrigen medialen und mittleren, und nicht aus der lateralen Portion bezieht. Die mittlere Portion lässt bei dem Menschen ver- hältnissmässig schwache Entwickelung erkennen, wäh- rend sie bei manchen ïhieren, vor allen beim Meer- schweinchen eine sehr ansehnliche Gruppe darstellt, und ich gestehe, dass ich nur mit Berücksichtigung der Be- funde bei Thieren dazu gekommen bin, sie auch beim Menschen als selbstständige Portion von der medialen abzutrennen. Sie betritt den mittleren Abschnitt der gelatinösen Substanz, die sie in der Richtung nach vorn durchsetzt und biegt an deren vorderem Rande sowohl auf- wie absteigend, unter Bildung jener Bündel, die von KöUiker schon vor längerer Zeit (22, p. 262) als „Längsbündel der Hinterhörner " eingeführt worden sind, in die Längsrichtung um. lieber den weitern Lauf ihrer Fasern Hess sich Folgendes ermitteln. Sie lenken allmälig wieder in die horizontale Richtung ein ; ein Theil betheiligt sich an der Bildung der hinteren Commissur, einige Fasern wenden sich direct nach vorn, um zum Theil schon im Gebiet der Hinterhörner zu endigen, zum Theil sich im Netzwerk der Yorderhörner zu verlieren, andere lassen sich schliesslich in den me- dialen Abschnitt der Seitenstränge verfolgen, wo sie sich der weiteren Beobachtung entziehen, lieber den definitiven Ycrbleib all' dieser Elemente lässt sich nichts Bestimmtes aussagen. Die Bestandtheile der mächtigen, starkfaserigen medialen Portion sondern sich, wie bereits angeführt, sogleich in zwei Gruppen : in einen directen Hinterhorn- — 106 — antheil („gerade Fasern") und einen Hinterstrangantheil. Erstere begeben sich durch den medialen Abschnitt der Rolando'schen Substanz in gestrecktem Lauf in die Hin- terhörner, letztere werden in bereits geschilderter Weise zu Bestandtheilen der Hinterstränge, lenken aber zum grossen Theile nach kürzerer oder längerer Strecke aus ihrer aufsteigenden Richtung in die Horizontalebene hinüber und strömen in der Gestalt sehr charakteristi- scher, bogenförmig geschwungener Züge („Einstrahlungs- bündel") in die graue Substanz ein. Der weitere Lauf der fraglichen Fasern ist ein ver- schiedener. Die Mehrzahl derselben schlägt die Rich- tung der Yorderhörner ein: die starken, nach vorn hin- strebenden Bündel weichen, bevor sie noch deren Grenze überschritten, kelchartig auseinander, um im centralen, durch ein Fasergewirr dargestellten« Theil, sowie zwi- schen den lateralsten ]^ ervenzellen derselben sich auf- zulösen. Ein directer Uebergang in die grossen viel- strahligen Ganglienzellen ist, ob zwar von manchen Seiten mit grosser Bestimmtheit proclamirt, bis jetzt nicht nur nicht erwiesen, sondern in Ansehung neuerer Untersuchungen sogar unwahrscheinlich. Bei Läsion der Hinterwurzeln wurde allerdings mehrfach (z. B. in Rossolymo's Fall) ein Lichterwerden des Yorderhorn- netzes beobachtet, an den Zellen selbst sind indess — soweit ich in die Literatur Einsicht genommen habe — bisher keine Yeränderungen angetroffen worden, was indess eine indirecte, durch das Nervennetz vermittelte Yerbindung noch nicht ausschliessen würde. Obwohl für eine Betheiligung der Hinterwurzel- fasern an der Bildung der vorderen Commissur viele und namhafte Forscher, wie Krause, Schwalbe (42, p. 359), L i s s a u e r, Bechterew, Kahler, b e r s t e i- ner, Waldeyer (49, p. 12), eingetreten sind, so muss — 107 — ich mich doch auf Grund meiner Untersuchungen gegen dieselbe aussprechen. Dagegen bezieht die hintere Commissur unzweifelhaft sowohl aus der medialen, wie auch aus der mittleren Portion einige Fasern. Laut B echtere w's Befunden sollen sich an dieser Kreuzung blos die zarten Elemente der lateralen Gruppe bethei- ligen, eine Angabe, die Bechterew mit Rücksicht auf jene seine Beobachtung aufstellte, derzufolge die Com- missur bei ITeugeborenen, wo die starken Wurzelfasern bereits so gut YÖllig markhaltig sind, noch ganz mark- los erscheine. Dem gegenüber möchte ich betonen, dass meine Erfahrungen ein anderes Verhalten ergeben : ich fand in der Commissur bereits bei 36 cm. langen Früch- ten einige myelinhaltige Elemente ; dieselben nehmen bis zur Zeit der Geburt allmälig zu und gehören der mittleren und inneren Portion an ; die feinen lateralen Elemente gehen zu ihr, soviel ich finde, keine Beziehun- gen ein. Bei keinem der bisher geschilderten Yerlaufswege ergab sich also eine unmittelbare Yerbmdung mit Ner- venzellen ; die Grenze der Beobachtung war bei allen gegeben in der Bestimmung der Stelle, wo die Fasern sich der weiteren Beobachtung entziehen, des Netz- werkes, in welches sie eintreten. Nun aber kennen wir doch eine Endigung, die höchst wahrscheinlich eine di- rect celluläre ist: es ist das diejenige in den Clarke' sehen Säulen. Dieselben stellen unzweifelhaft sehr wich- tige Endigungskerne der sensiblen Fasern dar ; sie neh- men im Bereich ihrer stärksten Entwickelung deren grössten Theil für sich in Anspruch. Schon ihre Ge- stalt weist auf eine innige Verknüpfung mit denselben hin, indem sie auf dem Höhepunkt ihrer Entfaltung von birnförmigem Querschnitt erscheinen mit konisch sich verjüngendem Anschhiss an die in sie eindringenden — 108 — Bündel der medialen Portion, eine Form, die am aus- gesprochensten bei Foeten zur Anschauung kommt. Zuweilen begegnet man — zumal an foetalen Mar- ken — dem sonderbaren Yerhalten, dass sich einige Zellen aus dem Yerbande dieser Säulen loslösen und veremzelt zwischen den Fasern der medialen Portion, mit denen diese exquisit spindelförmigen Elemente stets parallel gelagert sind, im Bereich der Einstrahlungszone der Burdach'schen Stränge ihre Lage haben; sie rücken zuweilen bis zur Stelle des Wurzeleintrittes. Ich führe diese auf den ersten Blick vielleicht an sich unbedeu- tend erscheinende Beobachtung an, weil ich einmal da- rin ebenfalls eine Stütze der soeben als wahrscheinlich erklärten directen Verbindung erblicke, andererseits aber sie meiner Meinung nach geeignet scheint, auf die Be- deutung der Clarke'schen Säulen, bezw. der Spinal- ganglien einiges Licht zu werfen. In letzterer Beziehung ist zunächst Yorauszuschicken, dass G. Rattone (37, p. 53) Yor einigen Jahren die interessante Entdeckung ver- öffentlicht hat, dass die hinteren Wurzeln in ihrem freien Abschnitt und zwar in der ganzen Strecke zwischen Mark und Ganglion mitunter einige versprengte Nerven- zellen nach Art derjenigen der Spinalganglien beher- bergen. Nun könnte man in den soeben beschriebenen Zellen eine Fortsetzung dieser zerstreuten Elemente in das Pückenmark hinein erblicken, so dass man mithin den Eindruck einer fortlaufenden, allerdings von spär- lichen, in weiten Abständen von einander stehenden Zellen gebildeten Kette erhalten würde, durch welche gewissermassen der Zellhaufen der Spinalganglien mit den Clarke'schen Säulen in Verbindung gesetzt wäre. Ist die Auffassung richtig, so erkennen wir hierin eine Andeutung der bei Petromyzon bestehenden Verhält- nisse, wo nach Freud's Darstellung (12, p. 139) die — 109 — Zellen der Spinalganglien nicht alle ausserhalb des Markes liegen, sondern tlieilweise in zerstreuter- Anord- nung sich in dessen Hinterhörner erstrecken. Der Schluss, den ich aus vorliegender Beobachtung ziehen möchte, geht dahin, dass Clarke'sche Säulen und Spi- nalgangiien homologe Zellenansammlungen darstellen, und dass letztere abgetrennte Theile ersterer repräsen- tiren. Lehrt doch die Entwickelungsgeschichte (Bal- four, Schenk), dass sich die Wurzelganglien aus dem Marke ablösen, ein Yorgang, der sich in der Phyloge- nese gleichsam abspiegelt : Amphioxus besitzt nämlich noch gar keine Spinalganglien, bei Petromyzon sind solche bereits in Erscheinung getreten, jedoch, wie wir hörten, noch nicht in ganz abgetrennter Form, gleich- sam einen Fortsatz des Rückenmarkes darstellend, erst bei höheren Gattungen erfolgt eine vollständige Ablösung und selbstständige Gruppirung derselben. Die Clarke' sehen Säulen würden demgemäss eine an ihrer ursprüng- lichen Bildungsstätte verbliebene Gruppe jener, ihrer Bedeutung nach zusammengehörigen, gegenüber den an- dern Nervenzellen des MeduUarrohres genetisch eine selbstständige Stellung einnehmenden Ganglienzellen darstellen, aus deren centripetalen und centrifugalen Ausläufern die hinteren Wurzeln, bezw. peripherischen Empfindungsnerven sich aufbauen. Eine definitive Be- stätigung dieser als Hypothese hingestellten Auffassung dürfen wir von der directen, genauen Verfolgung der fraglichen Entwickelungsvorgänge am Marke erwarten. An dieser Stelle bietet sich der Anlass, auf die eingangs zur Sprache gebrachten „durchtretenden Ner- venfasern" der Spinalganglien, bezüglich deren eine Erklärung in Aussicht gestellt wurde, zurückzukommen. Obwohl directe Beobachtungen hiefür noch nicht beige- bracht sind, so glaube ich doch mit E ding er die — 110 — Annahme als selir wahrsclieinlich hinstellen zu dürfen, dass man es hier mit peripherischen Ausläufern der Zellen der Clarke'schen Säulen zu thun habe. Sind letztere wirklich den spinalen Ganglienzellen gleichzu- stellen, so müssen sie in derselben Weise wie diese mit einem centralen und einem peripheren Fortsatz ausge- stattet sein. Dass dies in der That der Fall ist, legt uns schon die directe Beobachtung als wahrscheinlich nahe. Die peripheren Ausläufer gesellen sich zu den sensiblen Wurzeln und stellen, da sie natürlich zu den spinalen Ganglienzellen keine Beziehungen einzu- gehen haben, die fraglichen durchtretenden Fasern dar. Auch hierin wird die Embryologie das letzte Wort zu reden haben; ist die Annahme zutreffend, so dürfen wir voraussetzen, dass einmal solche Fasern in grösster Zahl in jenen Wurzeln vertreten sind, die aus der mit Clar- ke'schen Säulen ausgestatteten Gegend des Rückenmar- kes ihren Ursprung nehmen, zweitens dass für einen Theil der sensiblen Fasern in diesem Gebiete embryo- logisch eine centrifugale Entwickelung sich nachweisen wird lassen. Aber auch die Pathologie kann ihr Schärf- lein zur Lösung der Frage beitragen, indem sie etwa den Nachweis führt, dass nach Durchschneidung der Hin- terwurzeln die zu den Clarke'schen Säulen gehörenden sensiblen Fasern auf dem Kückenmarksquerschnitte in- tact bleiben. Auch die Form der in den Clarke'schen Säulen befindlichen Zellen lässt sich für die dargelegte Hy- pothese verwerthen. Diese Elemente lassen nämlich sehr häufig nicht jene unregelmässige rundliche Form erkennen, wie die Mehrzahl der übrigen Ganglienkörper des Rückenmarkes, sondern sind oft von länglicher, spin- delförmiger Gestalt, von derselben also, die die spinalen Ganglienkörper der Embryo's nach His darbieten. Wäh- — 111 — rend letztere aber im Laufe der weiteren Entwickelung, wohl zu Folge mechanischer, in der Anordnung der Elemente begründeter Ursachen sich zu mehr rundlicher Form zusammenballen und ihre beiden Ausläufer zu einem einzigen verlöthen, bleiben die Clarke'schen Zellen in dieser Beziehung auf mehr embryonaler Stufe stehen, wobei sie andererseits durch Austreibung verzweigter Dendritenfortsätze sich dem Rückenmarktypus anschli es- sen. Um noch einige Besonderheiten dieser Zellen zu erwähnen, sei darauf hingewiesen, dass sie mit ihrer Längsachse in den meisten Fällen sagittal gestellt sind und dass ihr Körper sehr häufig, abgesehen Yon einigen seitlichen Protoplasmafortsätzen, nach vorne und hinten in je einen starken Ausläufer übergeht, die an Quer- schnitten mitunter noch eine Strecke weiter zur Beobach- tung kommen. Wenn eine Yerbindung von Wurzelfasern mit den in Rede stehenden Zellen in der That besteht, so ist der hintere Ausläufer als derjenige zu bezeichnen, durch den dieselbe vermittelt wird. Der vordere Fort- satz kann ein protoplasmatischer sein, ist aber die eben angeführte Analogie richtig, so wird man nicht umhin können, ihn ebenfalls als Nervenfortsatz anzusprechen. Fragt man nach dessen Bedeutung und Verlauf, so bieten sich mehrere Möglichkeiten, die vielleicht alle realisirt sind. In erster Linie kann er sich fortsetzen — und dies ist zunächst am wahrscheinlichsten — in jene, schon von Gr er lach (13, p. 688) erwähnten und abgebildeten Bün- del, die von Flechsig (9, p. 295) als „horizontale Kleinhirnbündel" eingeführt worden sind. Dieselben entspringen mit convergirenden Fasern aus dem vorderen Umfang der Clarke'schen Säulen, machen aber bald eine plötzliche Schwenkung nach aussen, um in querem Ver- laufe sich in die Seitenstränge zu begeben. Sie treten bei 36 — 40 cm. langen Foeten durch ihre bereits völlig — 112 — angelegten Markscheiden mit um so überraschenderer Deutlichkeit hervor, als jene Theile der grauen Sub- stanz, die sie zu durchsetzen haben, um diese Zeit noch ganz faserlos sind. Flechsig hat sie bekanntlich mit voller Berechtigung als Ursprungsfasern der Kleinhirn- seitenstrangbahn in Anspruch genommen, wozu indess die Bemerkung hinzuzusetzen wäre, dass sie häufig, ja viel- leicht zum grössten Theile nicht bis in das Gebiet dieser Bahn zu verfolgen sind, sondern schon in mehr medialen Abschnitten der Seitenstränge sich dem Blicke entzie- hen, daher man — unter Zulassung ihrer ausgiebigen Beziehungen zu der Kleinhirnsuterstrangbahn — auch eine partielle Betheiligung derselben an der Bildung anderer Abtheilungen der Seitenstränge annehmen darf. Indess gewahren wir hier noch Fasern anderer Kate- gorie, deren Zusammenhang mit den fraglichen Fort- sätzen nicht schlechthin auszuschliessen ist. Prüft man an nach Weigert gefärbten Querschnitten die betreffende Gegend des Rückenmarkes Erwachsener, so wird man überrascht sein durch den Reichthum an längsverlaü- fenden Nervenfasern, durch welchen die Clarke'schen Säulen in ihrer ganzen Ausdehnung ausgezeichnet sind; ja sie erscheinen an gut gefärbten Schnitten zuweilen dermaassen mit solchen überladen, dass man auf den ersten Blick wahrhaftig meint nicht Kerne, sondern com- pacte Faserbündel vor sich zu haben. Es handelt sich hier um durchweg feine Elemente, die die Zwischen- räume der Zellen in gedrängter Anordnung einnehmen und deren Yerlauf insoweit ein nicht streng longitudi- naler ist, als sie sich untereinander vielfach geflechtartig verbinden. Am dichtesten sieht man sie im lateralen Abschnitt der Kerne angehäuft; sie halten die Grenzen letzterer nach allen Seiten hin. streng ein, nur median- wärts sieht man einige Bündelchen den Kerncontour — 113 — unter allmähliger Auflösung ihres Gefüges ein wenig überschreiten. Woher stammen nun diese Längsfasern, deren Schwund nach Lissauer (29) die erste ana- tomische Yeränderung des Rückenmarkes bei Tabes darstellt? Dieser Forscher hat ihre Herkunft auf die hinteren Wurzeln zurückzuführen versucht, eine Annahme, die meiner Meinung nach durch den Umstand geradezu ausgeschlossen wird, dass sie zur Zeit der Oeburt, wo die sensiblen Wurzeln mit Ausnahme eines geringen, der lateralen Portion angehörigen Antheiles bereits so gut wie ganz markhaltig genannt werden können, noch durchaus vermisst werden. Ich meine , die einzige Er- klärung, die man einstweilen mit einiger Wahrschein- lichkeit bezüglich derselben aussprechen darf, wäre, sie als in die Längsrichtung umgebogene Nervenfortsätze der Zellen der Clarke'schen Säulen zu betrachten. lieber ihren weiteren Grang fehlen uns zur Zeit alle Anhalts- punkte. Schliesslich wird man bei Bestimmung des Schick- sales der fraglichen Fortsätze noch jener, von Bech- terew erwähnten (4, p. 132), von Waldeyer consta- tirten und sehr anschaulich abgebildeten (49, Taf. 17, 7^. Taf. 18, 9*^) Fasern gedenken müssen, die aus den Clarke'schen Säulen ausgehend in das gleichzeitige Yor- derhorn und durch Yermittlung der vorderen Commissur in dasjenige der anderen Seite eindringen sollen. Aller- dings gelang es mir bis jetzt nicht, diese Fasern beim Menschen sicher aufzufinden, indess vermochte ich bei der Maus Elemente nachzuweisen, die vielleicht hieher gehören; fast auf jedem Schnitt kommen nämlich bei diesem Thiere einige Fasern zur Beobachtung, die aus der von Stieda als „Centralgruppe" bezeichneten (44, p. 159), allem Anscheine nach mit den Clarke'schen Säu- len in eine Kategorie gehörigen Zellenhäufung sich in die — 114 — vordere Commissur begeben. Andererseits wird man — falls man an der Homologie zwischen Clarke'schen Säu- len und Spinalganglien festhält — yon vornherein als wahrscheinlich bezeichnen können, dass die aus den ersteren entspringenden centralen Fasern in derselben Weise, wie die centripetalen Ausläufer der spinalen Gang- lienzellen, sich nicht mit einer Endigung begnügen, son- dern mehrere Punkte des Rückenmarkes hiefür bean- spruchen, und hierbei, wie letztere, auch in den Yor- derhörnern ihr Ende finden. Bevor ich auf den letzten Theil meiner Aufgabe übergehen könnte, erübrigt mir noch, auf die Angaben zweier Autoren, die in der letzten Zeit Arbeiten über die Hinterwurzeln veröffentlicht haben, einzugehen. Es sind das E ding er (8) und der spanische Histologe Ramon y Cayal(36). E ding er beschreibt und zeich- net Fig. 1 seines Aufsatzes und Fig. 102 der 2. Auf- lage seines bekannten Leitfadens ein ansehnliches Bündel von Nervenfasern, das, aus den Nervenzellen der Hinter- hörner entspringend, bogenförmig zur vorderen Commis- sur ziehen und durch selbe hindurch in den Yorder- seitenstrang der entgegengesetzten Seite gelangen sollen, um sich dessen Längsfasern beizugesellen. Edinger möchte nun auf diese Faserzüge insofern ein grosses Gewicht legen, als er in denselben eine hirnwärts ge- richtete, allerdings durch eingeschaltete Zellen unter- brochene Fortsetzung des Haupttheiles der Hinterwur- zeln erblickt. Hierzu möchte ich nun bemerken, dass ich diese Fasern sowohl bei den von mir untersuchten Säugethieren, als auch beim Menschen vergebens suchte ; sie mögen vorhanden sein bei jenen niederen Wirbel- thieren, auf die sich die Untersuchungen Edinger's wohl hauptsächlich beziehen, sind aber bei höheren, sowie beim Menschen und zwar sowohl bei Foeten wie beim Er- — 115 — wachsenen, meinen Erfahrungen zu Folge nicht nachzu- weisen. Ich sehe nun einmal nicht ein, warum man um jeden Preis, selbst auf die Grefahr der Yerlassung eines — hier mehr als auf allen andern Gebieten der Anato- mie zu wahrenden thatsächlichen Bodens hin — mit Rücksicht auf den Umstand, dass für einen Theil der sensiblen Wurzeln die Befunde bei secundärer Degene- ration in der That einen nach oben gerichteten Lauf ergeben haben, auch für die übrige Abtheilung unbe- dingt derartige centrale Fortsetzungen fordern müsse. Die Erregung ist schliesslich nach meiner Ueberzeugung in ihrem Fortschreiten hirnwärts nicht nothwendiger- weise auf geschlossene Bahnen hingewiesen, sondern kann im Nothfalle hierzu die graue Substanz in ihrer Gesammtheit benützen. Ich möchte mich demnach in üebereinstimmung mit L. Auerbach (1) gegen Edin- ger's Hypothese aussprechen. Ramon y Cayal's, mit Hülfe der etwas modifi- cirten Golgi'schen Methode, an Hühnerembryonen ange- stellten Untersuchungen ergaben Resultate, die Yie- lem was man z. Z. als Feststehend annimmt, zuwider laufen. Zunächst führt dieser Forscher, einen neuen, bisher ungeahnten Factor in den Aufbau des Rücken- markes ein, nämlich die Theilung der Nervenfasern in- nerhalb der weissen Substanz, wie wir sie in den Spi- nalganglien kennen, der er im Marke eine grosse Ver- breitung zuweisen möchte. Eine jede sensible Faser spaltet sich im Rückenmarke sogleich dichotomisch in einen auf- und absteigenden Ast, die Ramon y Gayal eine weitere Strecke in der Längsrichtung zu verfolgen vermochte, ohne ihre Endigung ausfindig machen zu können. Sowohl vom Stamme der sensiblen Faser wie von deren beiden Aesten lösen sich zahlreiche feine Seitenzweigchen ab, die in die graue Substanz eindrin- — lie- gen, um zwischen deren Nervenzellen unter weiterer Yerästelung frei zu endigen. Natürlich ist es, in Ermangelung eigener mit der- selben Methode ausgeführten Controlluntersuchungen, nicht angängig, ein abschliessendes Urtheil über Angaben solch fundamentaler Natur abzugeben. Immerhin scheint es sehr auffallend, dass die von dem spanischen Forscher angegebenen Theilungen, trotzdem dass das Rücken- mark seit Alters her ein bevorzugtes Objekt der For- schung bildete und nach allen Richtungen hin, mit allen Methoden, Zerzupfung u. s. w. durchforscht worden ist, bisher, so viel ich weiss, noch nie zur Anschauung ge- langten. Sind doch die Theilungen in den Spinalgan- glien, deren Isolation zufolge des diese Knoten durch- flechtenden festen Bindegewebes eine ungleich schwerere sein muss, obzwar erst unlängst von Ran vi er ge- nauer beschrieben, bereits in den 40®^ und 50^^ Jahren von Stannius, R.Wagner, Küttner, Schramm u. A. gelegentlich beobachtet worden; es ist schwer zu denken, wieso Niemand diese angeblich so verbreitete Erscheinung bisher. wahrgenommen hätte. Andererseits ist eine gewisse Yorsicht diesen vom Herkömmlichen so abweichenden Angaben gegenüber angesichts der be- kannten Unzuverlässigkeit des Golgi'schen Imprägna- tions-Yerfahrens jedenfalls gerechtfertigt, bei welchem man eigentlich nicht weiss, mit welchen Factoren man zu rechnen habe, so dass man vor eine Alternative ge- stellt bezüglich der Zuverlässigkeit den heutigen Fär- bungsmethoden, von denen wenigstens bekannt ist, was dabei gefärbt wird, und den damit gewonnenen Resul- taten den Yorzug geben würde. Indess handelt es sich hier um keine Alternative; eine Yereinbarung des Her- gebrachten mit dem von Ramon y Gayal Angegebenen ist meiner Ansicht nach im Falle seiner Bewährung recht — 117 — gut möglich. Es sollen auch diese Bedenken keine Negation bedeuten; wir müssen mit unserem definitiven Urtheüe wohl bis zu dem Bekanntwerden weiterer Er- fahrungen zurückhalten. Ein zusammenfassender Ueberblick über den Ver- lauf der Hinterwurzeln lässt sich also im Folgenden ge- ben. Sie betreten das Rückenmark, ein kleiner Theil zieht unter Umbiegung in der Längsrichtung bis in die Hinterstrangkerne des verlängerten Markes hinauf, der übrige Abschnitt dringt sogleich oder nach kürzerem oder längerem auf- und absteigendem Lauf in die graue Sub- stanz ein ; die hiehergehörigen Fasern verbinden sich zum Theil mit den Zellen der Clarke'schen Säulen, zum Theil zerstreuen sie sich über alle Theile der grauen Substanz, ohne hieb ei eine directe celluläre Endigung deutlich zur Schau zu tragen. Eine solche Endigung ist auch angesichts der von H i s entdeckten Thatsache, derzufolge die sensiblen Fasern als centrale Ausläufer der Spinalganglienzellen ins Mark hineinwachsen, von vornherein unwahrscheinlich ; die Achsencylinder der- selben müssten sich secundär mit den hier befindlichen Zellen verbinden, was nicht sehr plausibel erscheint. Eine Yerbindung mit den Clarke'schen Zellen giebt in- dess auch His zu. Auch Grolgi's (14), Ramon y Cayal's (36, p. 90) und Nansen's (Myxine) (34, p. 152) Untersuchungen ergeben eine freie Endigung der sensiblen Fasern inner- halb der grauen Substanz des Rückenmarkes, wobei diese Forscher selbst die Clarke'schen Säulen als Endi- gungskerne derselben nicht zugeben. Einige zumal ältere Forscher haben freilich mit grosser Bestimmtheit eine Endigung in Zellen, besonders — 118 — bei niederen Wirbelthieren, beschrieben, so z. B. Kut- schin (24) und Freud (11) in den „Hinterzellen" ■ des Rückenmarkes von Petromyzon, Klaussner ein ähnliches Yerhalten bei Proteus, doch sind diese und ähnliche Beobachtungen mit grosser Yorsicht aufzuneh- men. Es ist ein althergebrachter Leichtsinn (sit venio verbo !) in der Anatomie der nervösen Centralorgane, die Yerbindung zwischen Zellen und Fasern mit einer Sicherheit zu proclamiren, die angesichts der grossen Schwierigkeiten, denen die Bestimmung eines solchen Zusammenhanges unterliegt, durchaus unzulässig ist. Wenngleich also eine freie Endigung bei dem jetzi- gen Stande unserer Kenntnisse auch die meiste Wahr- scheinlichkeit für sich hat, so sind die bisher vorliegen- den Erfahrungen noch immer nicht zureichend, um eine gesicherte Entscheidung in welchem Sinne immer zu gestatten ; allein von vornherein müssen wir uns klar sein, dass der Frage, ob eine celluläre oder freie Endi- gung die Norm ist, in physiologischer Beziehung nicht die ihr vielfach beigelegte Wichtigkeit zukommt. Die feinen Endtheile der in die graue Substanz eingetretenen Wurzelfasern mischen sich jenem dichten Nervennetze bei, das sich über die ganze graue Substanz und zumal über die Yorderhörner verbreitet und hauptsächlich aus den Dendritenfortsätzen der hier befindlichen Nerven- zellen hervorgeht. Wenn nun aber diese fein verästel- ten Ausläufer einerseits untereinander, andererseits mit den sensiblen Fasern eng ineinander greifen und sich zu einem dichten Netzwerke verflechten, wie das in der That der Fall ist, so ist im Sinne der Leitung meiner Ueberzeugung nach dasselbe erreicht, als wenn ein con- tinuirlicher Uebergang zwischen diesen Elementen vor- handen wäre. Forel erinnert mit Recht daran (10, p. 165), dass auch Nervenendplatte und Muskelsubstanz — 119 — miteinander nicht eigentlich verwachsen seien, sondern dass auch hier nur eine Berührung stattfinde, die aber zur Uebertragung von Reizen völlig genüge. Der Be- griff der sensiblen Kerne, wie wir ihnen im Bereich des verlängerten Markes begegnen, ist bei der Annahme einer freien Endigung der sensiblen Wurzeln durchaus nicht aufzugeben : Letztere suchen innerhalb der oblon- gata distincte Zellengruppen auf, zwischen deren Ele- menten sie sich zu vertheilen haben und auf die sie die von ihnen geleitete sensible Erregung per contigui- tatem direct übertragen können. Worauf wir aber unter allen Umständen bedacht sein müssen, ist : unbefangene anatomische Beobachtung, die von vorgefassten physio- logischen Meinungen und Theorien unbeeinflusst, ohne Eücksicht auf die sog. „Postulate der Physiologie" ihre Wege schreitet ! Ciiirte liiteratnr. Dr. L. Auerbach, Bemerkungen in Bezug auf die „Fort- setzung der hinteren Rückenmarks wurzeln zum Gehirn" (L. Edinger). Anat. Anzeiger, 1889, p. 407. Barth, lieber secundäre Degeneration des Rückenmarkes. Archiv f. Heilkunde, 1869, p. 433. W. 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Stieda, Studien über das centrale Nervensystem der Wirbelthiere. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, 1870, Bd. 20, p. 273. 45. A.Strümpell, Beiträge zur Pathologie des Rückenmarkes. Arciiiv f. Psychiatrie, 1880, Bd. 10, p. 676. — 123 — 46. A. Strümpell, Beiträge zur Pathologie des Rückenmarkes. Archiv für Psychiatrie, 1882, Bd. 12, p. 723. 47. Dr. A. Takacs, lieber den Yerlauf der hinteren Wurzelfa- sern im Rückenmarke. Neurolog. Centralblatt, 1887, p. 7. 48. L. Türck, lieber secundäre Erkrankung einzelner Rücken- marksstränge und ihrer Fortsetzung zum Gehirn. Sitzungs- ber. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, 1851, Bd. 11, p. 93. 49. W.Wal dey er. Das Gorilla-Rückenmark. Abhandl. d. königl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1888, p. 1 — 147. 50. C. Westphal, lieber eine Combination von secundärer, durch Compression bedingter Degeneration des Rückenmarks mit multiplen Degenerationsherden. Archiv f. Psychiatrie, 1880, Bd. 10, p. 788. 51. — Anatomischer Befund bei einseitigem Kniephänomen. Ar- chiv f. Psychiatrie, 1887, Bd. 18, p. 628. Witterungs ■ Uebersîcht der Jalxre 1888 undl 1880, Yon Albert Riggenbach. Instrumentalcorrectionen. Wie im Jahre 1887, so wurde auch ferner von den Ablesungen des trocknen und feuchten Thermometers 0^,4 C. als Nullpunktscorrection abgezogen, eine Neubestimmung des Eispunktes beider Thermometer am 28. Februar 1889 bestätigte die Richtigkeit dieser Correction. Zu den Barometerablesungen wurden wie bisher 0,3 mm. hinzugefügt, als Nullpunktscorrection der Scale. Unter Niederschlagsmenge sind in den Tabellen des Jahres 1888 abweichend vom bisherigen Modus nicht die im Bernoullianum selbst gemessenen Regenhöhen ange- geben, da diese wegen ungünstiger Aufstellung des Re- genmessers etwa 17 7o zu gering sind, sondern aus den Messungen im Bernoullianum und botanischen Garten combinirte Werte. Mit dem 1. Januar 1889 wurde der Regenmesser von seinem bisherigen Standort auf der Terasse des flachen Daches 13 m. über der Strasse heruntergenommen und in dem Hofe auf der Nordseite des Gebäudes aufgestellt, so dass die Auffangfläche ca. 1 m. über dem Boden sich befindet. Dass in der Tat durch diese Aufstellung nahe richtige Niederschlagsmengen erlangt werden, zeigt die Uebereinstimmung mit den benachbarten Stationen: — 125 Station: 1889. Januar — Juni Juli — Dez. Jahr. Bernoullianum . . . . 371 377 748 BernouUistrasse 20 366 368 734 Irren-Anstalt . . 365 403 768 Riehenstrasse 23 . 393 Botanischer Garten 429 414 843 ßinningen . . . 376 376 752 Neue Welt . . . 390 393 783 Mittel 383 389 771 Mittel exclus. Bot. Gar ten 374 385 757 Normalwerte. Für Häufigkeit und Menge des Niederschlags in seinen verschiedenen Formen wur- den aus dem gesammten verwendbaren Beobachtungs- material neue Normal-Mittel berechnet, welche von jetzt ab zur Bestimmung der Abweichungen dienen werden. Diese sind in Tabelle 1 enthalten. Ferner wurden neue N ormal- Mittel für die Be- wölkung und die Temperatur abgeleitet. Die Be- wölkungsmittel sind nach dem Schema — (7* -f- 1^ H~ ^^) berechnet. Die Temperaturmittel nach dem Schema ^- (7^ -j- IP -[~ 2 X 9p). Da jedoch die eben angeführten Beobachtungsstunden nicht in allen Jahrgängen inne- gehalten wurden, vielmehr von 1827—1833 um 9^ 12 3p 1834-1843 um 7^ 3p 9p 1844 - 1888 um 7^^ 1p 9p abgelesen wurde, so musste eine Réduction vorgenommen werden. Zu dem Zwecke berechnete man aus den Genfer- Beobachtungen, ^) für die einzelnen Monate die Werte der Differenzen ^) Plantamour, Nouvelles Etudes sur le climat de Genève, p. 12. — 126 «H Ö CD O CD 3 o- CD o CD 3 CD o o irt- O c CD Ö2 CD CD 5 CD p CT? oc ert- h—' 5. M. 1— 1 CD a- !=i 1=1 SO P CS3 Norma Mittel <-t • i-j . • • . i-i O ■ a CD o\ Ci a' 00 00 00 1— ' CD f^ oo 63 Üt P crq 2 g — « 1— ' cr^ 03 b GO as CD as Ö pt 63 00 00 bt 00 H-» CO 63 00 »— ' Ut b 1— • p . 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An den spätem Beobachtungen wurde noch eine nachträglich erkannte NuUpunktscorrection an- gebracht, nämlich für 1876—77 : — 0.1 1878—79 1880—81 so dass also die in Rechnung gesetzten Temperaturen dieser Jahre um die eben angegebenen Beträge niedriger sind, als die s. Z. in den „schweizerischen meteorologi- schen Beobachtungen" publicirten. Die Rechnung basirt auf den von Herrn Dr. Schrö- der^) ermittelten Pentadensummen der Temperatur 1827 bis 1881 und den seither im Beobachtungsjournal des Bernoullianums aufgezeichneten Werten. Die Beträge der vorhin erwähnten Correctionen wur- den für die einzelnen Pentaden durch Interpolation aus den Monatsmitteln bestimmt und so die wahren Tages- mittel von Pentade zu Pentade erhalten (Y. „beobachtet" in Tabelle 2). Durch zweimalige Anwendung des Aus- gleichungsverfahrens ^(a + 2b + c) findet man die nachstehend unter „ausgeglichen" ange- führten Pentaden-Mittel und aus diesen wurden dann durch einfache Interpolation der von einem Mooat in den andern übergreifenden Pentaden die Mittel für die Ka- lendermonate gewonnen. Hätte man statt der „ausge- glichenen" die „beobachteten" Pentaden-Mittel zu Grunde ^) Dr. G. Schröder. Der tägliche und jährliche Gang der Lufttemperatur. Programm der Realschule zu Basel. 1882. — 128 — gelegt, so wäre man zu denselben Monatsmitteln gelangt, nur das des Dezembers wäre um 0^,1 niedriger ausge- fallen. Entsprechend der neuen Stundencombination für die Normal-Mittel, wurden auch die Monatsmittel der Tem- peratur für 1888 und 1889 nach dem Schema 4-(7 + l + 2X9) gebildet. lieber die Anordnung der übrigen Tabellen ist noch folgendes zu bemerken. Temperatur. Das zur Bestimmung der Temperatur- extreme benutzte Six'sche Thermometer erwies sich als trag und gab zudem zu häufigen Ablesungsfehlern An- lass. Es wurden darum die bezüglichen Ablesungen fort- gelassen und als Maxima und Minima die höchste und tiefste Terminbeobachtung eingetragen. Als Frosttag wurde jeder gezählt, an dem eine Termintemperatur unter Null lag, als Tag ohne Auftauen, alle, bei denen keine der drei Termintemperaturen Null überstieg. Sonnenschein. Die Dauer des Sonnenscheins ist ledig- lich nach der approximativen Ablesung, die täglich für die Wetterdepe^che ausgeführt wird, ermittelt, die genaue Sonnenscheindauer wird in den Annalen der schweizeri- schen meteorologischen Central- Anstalt publicirt. Als Tage ohne Sonne sind alle die gezählt, für welche der Streifen des Sonnscheinautographen keine Brandspur erkennen lässt. Helle und trübe Tage sind wie bisher die mit der Bewölkungssumme < 6 resp. ^ 24. Niederschlag. Sowol bei den Niederschlagssummen als bei der Zahl der Niederschlagstage wurden Schwellen- werte eingeführt. Die Monatssummen wurden ent- — 129 — Tabelle 2. Peotaden - Mittel der Temperatur 1827—1888. beob- achtet ausge- glichen beob- achtet ausge- glichen 1. Jan. 1.— 5. -0.34 -0.44 37.Juni30.— 4. Juli 18.30 18.62 2. 6.— lo; —0.69 -0,60 38. Juli 5.— 9. 19.37 19.00 3. 11.— 15. —0.85 -0.60 39. 10.-14. 19 08 19.33 4. 16.— 20. —0.33 -0.36 40. 15.-19. 19.88 19.53 5. 21.— 25. —0.11 0.08 41. 20.— 24. 19.60 19.47 6. 26.-30. 0.80 0.58 42. 25.-29. 19.05 19.26 7. 31.— 4. Febr. 1.01 0.94 43. 30.— 3. Aug. 19.16 19.13 8. Febr.5.~ 9. 1.28 1.12 44. Aug. 4.— 8. 19.04 19.07 9. 10.— 14. 0.83 1.36 45. 9.-13. 19.19 18.89 10. 15.— 19. 2.02 1.92 46. 14.— 18. 18.47 18.46 11. 20.— 24. 2.58 2.67 47. 19.-23. 17.89 17.88 12. 25.— 1. März 3.63 3.33 48. 24.-28. 17.25 17.28 13. März 2.— 6. 3.80 3.78 49. 29.— 2. Sept. 16.64 16.72 14. 7.— 11. 4.00 4.13 50. Sept. 3.— 7. L6.30 16.16 15. 12.-16. 4.55 4.53 51. 8.-12. 15.61 15.45 16. 17.— 21. 5,03 5,03 52. 13.— 17. 14.46 14.65 17. 22.-26. 5,27 5.79 53. 18.-22. 13.93 13.92 18. 27.-31. 7,03 6.88 54. 23.-27. 13.19 13.31 19. Apr. 1. — 5. 8.22 7.95 55. 28.— 2. Oct. 12.93 12.64 20. 6.— 10. 8.89 8.67 56. Oct. 3.— 7. 11.82 11.74 21. 11.— 15. 8.89 9.21 57. 8.-12. 10,61 10.69 22. 16.-20. 9.88 9.85 58. 13.-17. 9.58 9.71 23. 21.— 25. 10.72 10.56 59. 18.— 22. 8.87 8.85 24. 26.-30. 11.04 11.24 60. 23.-27. 8.20 7.94 25. Mai 1.-5. 12.04 11.91 61. 28.— l.Nov. 6.67 6.96 26. 6.— 10. 12 59 12,57 62. Nov. 2.— 6. 6.16 6.C3 27. 11.-15. 13.08 13,26 63. 7.— 11. 5.08 5.16 28. 16.— 20. 14.06 14.08 64. 12.-16. 4 33 4.41 29. 21.-25. 15.12 14.94 65. 17.-21. 3.53 3.92 30. 26.— 30. 15.60 15.72 66. 22.-26. 3.91 361 31. 31.— 4. Juni 16.69 16.35 67. 27.— l.Dec. 3.51 3.06 32. Juni 5. — 9. 16.70 16.78 68. Dec. 2.— 6. 1.91 2.17 33. 10.-14. 17.16 17.12 69. 7.-11. 1.10 1.36 34. 15.— 19. 17.34 17.51 70. 12.-16. 0.82 0.91 35. 20.-24. 18.08 17.93 71. 17.-^21. 0.81 058 36. 25.-29. 18,39 18.29 72. 22.-26. 73. 27.— 31. 0.10 —0.39 0.17 —0.20 130 ö ïz! O öO ^ ^ ^ g t> g ^ i-H CD o O CD ö s c JO Ti ^; CD SO N O CD B er CD CD 3 CD ni . . . li . . . gust . . ptember tober . i-j cr 3 Cl Z O 5 ^ B-S p^ 03 W S t3- o *t B ^ ^ ^ 00 CD CÖ ^ i 05 -i ^ 05 Cn :;jT ü» Ol Üt 05 05 05 C5 ÎO h^ o: oo oo m CO ^^ ys ÎO 00 CO ^^ 05 CO CO Ol 00 ar ÜI ^^^ ÎO O Ol O 00 Ü« ►f^ t— * <î 00 Ü1 ung. 64—89 œ S« CO H-« t— » 1— » 1— > 1— ' 1 05 63 Üt o v»^ CO > O CO îû 1-1 p, oo sr 00 = 00 r ^ "D SO >rri 2 '^ CD CD (V 5 rrt- S' 3 f^' 3 Ç N trl- N c-f- Ol «rt- CD OQ CD m CD m -s ^ T> CD CD CD H^ ►^ c ' % -s - • ^ 5" i-i i-t rr c ) — ■ fco CO CD o tr CD 2. ÎT CD O rr rs U' -s >~" C^'' p! 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Letzter Reif den 22. April. Erster Frost den 16. October. Letzter Frost den 8. April. Erster Schnee den 7. October. Letzter Schnee den 12. April. Erster liegenbleibender Schnee Letzter liegenbleibender Schnee den 7. l^ovember. den 7. April. Längster Zeitraum ohne messbaren Niederschlag: 14. — 31. October oder 18 Tage. Längster Zeitraum mit täglichem Regen: 9. — 18. März oder 10 Tage. *) Vgl. Die bei Regenmessungen wünschbare und erreichbare Genauigkeit. Diese Verhandl. Teil VIII, p. 579—590. — 132 w "^ o CC > «H g > g ^ «H 4h so CT- CD O :? l^ «D OS hP=- CO 05 c» <î C5 CO 00 cx> bO ^- hf^ CO CO CO CO CO CO ^^^ CO C3" ■ 00 1—1 00 o o o 05 Cl CO rf^ 1—' rf^ rf^ I—« ÎO ^^ t^^ — ' ÎO CO 70 JO /o ^^ )— ' 1— » ^^ P3 ü' Üt ^^ K> CO Oi o -a 00 00 -7 Üt CO œ 5 V- CO ai ai -dî id cd rH 1 CD d 1— 1 r-î • H 02 1— 1 Cvi CQ ^ 02 1 eo 1-5 O ^ •à s o '^ O O 00 Oî CD 00 CO C>î fH 3> 02 E § :3 ZO ai CO as lo O CD £- lO \6 CD 00 O ^ B 1— 1 r-H Oî CO Oî 02 Oi ^ — < CO w X 00 d . 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Längste Trockenzeit: 6. — 19. September oder 14 Tage, 11. — 24. November oder 14 Tage. Längste Regenzeit : 13. — 20. Mai oder 8 Tage, 7. — 14. October oder 8 Tage. 143 — 9 a u u 9 a a PN *a SS a 03 1 C>? 1 1 ^ 1 1-H « OÎ l-H 1 '^ 02 1 1 1 1 1 . o Cv> O o o o -^ \o 1-H o o o 1-H S/2 1-H r— 1 r-l I— 1 I— 1 ^ 1—1 1-H 1-1 1-H 1-H 1-H 1-H ^ - K CS CO î^ lO CO CO 1—1 -* î> CO lO xO -<* f—i î> CO lO o o o ^ xO 00 ^ OÎ f-H 1-H CO ^ " GC T— 1 1— 1 ^ 1—1 I-^ rH r-t r— ( 1-H 1-H r— ( 1—1 1—1 M î> r- nn ;ri !M a> O) CO 00 CO 00 1—< CO o T-H CVJ CM CM 1-H 1-H 1-H f—i (M o -* o 1—1 1—1 O 1— 1 CO CO o o o (>î o 1-H lO O o T— 1 rH l-H ^ f— < . o o I— 1 1-1 o o 1— 1 1-H l-H 1-H l-H o I-H CG 02 I-H r— 1 1— ( 1—1 1-H 1— ( 1—1 1-H T-( 1-H T-H ,-H 1-H M î> Ci o:> 05 CO lO O o î> o lO -* 00 T-l 1—1 1-H 1— ( 04 CO 1-H OÎ 1-H . 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V X W 10 ,1 '/v\ 1 \ Y ) VK V ' V 5 oo .r g. p 1 i\ ré" \ / ^ ^ -l \ 7 \ ■ / -T — 1 — 1 — 1 — 1 — r u.'.l II'! 1 — ! — ! — \ — 1 — r— r 1 1 1 1 , — r^ — r-r— 1 ; V ' ' — 1 — r—i — 1 — r 1 1 1 i| 1 1 1 1 1 il 1 1 1 ' ' 'si, ' ' ' ".. r, ' ' ' ' ol„ ' • ' ■ „I5 ' ' ■ ■ 7^0 ■ ■ 73 . 1 Yei'lian(l!i!iu(en (loi Natiu-tbischei iclen Cies, in Bnsel. Bd. V . — 153 — sichtlicli der Häufigkeit wie der Ausgiebigkeit der Nie- derschläge nur noch von dem des Jahres 1880 üher- trofi'en wird. Tage mit mindestens 20 mm. Niederschlag brachte 1888 2, 1889 die für ein Trockenjahr sehr hohe Zahl von 7, nämlich: 1888. Tagesmenge des Niederschlags. März 25. . 25.5 October 2 38.2 1889. Mai 23 20.0 Juni 9. ....... . 23.7 „ 20. ...... . 26.4 Juli 27. 20.5 August 5 25.0 October 9. . . ... . . 35.0 10 24.2 3. Auch der Luftdruck lässt deutlich das Ungewöhn- liche der Witterungsverhältnisse der beiden Berichts- jahre erkennen. März und Juli 1888 und der Mai 1889 sind durch ausserordentlich niedrige Monatsmittel, Mai und August 1888 durch sehr hohe ausgezeichnet, und im November 1889 erreichte das Monatsmittel einen in sol- cher Höhe in der ganzen 1826 beginnenden Beobachtungs^- reihe noch nicht vorgekommenen Wert. Ebenso weisen die Extreme eine Reihe bemerkenswerter Fälle auf, im Juli 1888 lag das Minimum besonders tief, im Mai und October 1889 das Maximum, während September und October 1888, sowie November 1889 durch sehr hohe Maxima hervorstechen. 4. Yon besondern Erscheinungen sind zu erwähnen: Der Rhein trieb Grundeis 1888, Januar 30. von Morgens an bis zum Abend des 31. schwach, dann stark am 1. Fe- — 154 — bruar, am 2. erlosch dasselbe gegen Abend. Im Jahre 1889 brachte der E,hein in der Nacht Yom 13./14. Fe- bruar wieder viel Grrundeis, um 4^ Morgens war er fast mit demselben überdeckt, gegen Abend wurde der Strom wieder eisfrei. Am 6. Januar 1888 machte Glatteis die Wettstein- brücke auf kurze Zeit unpassirbar. Im folgenden Jahre stellte sich fast am selben Datum, nämlich am 7. Januar, abermals ein starkes Grlatteis ein und yerursachte in den steilen Strassen der Stadt eine Anzahl von Unglücks- lällen. Blitzschläge: 1888. 20. Juni, 5 p. In die Küche des Missionshauses ohne wesentlichen Schaden. 1888, Juli, fand in der Nacht vom 27./28. etwa von Mitternacht bis 1 Uhr ein starkes Gewitter statt, ihm folgte um 3^ a. ein noch viel heftigeres; dasselbe zog niedrig über dem Boden hin, der Donner rollte ununter- brochen in der Art eines eigentümlichen Geknatters und es hatte den Anschein, als ob jeder Blitz einschlüge. Am nächsten Tage wurden denn auch eine ganze Reihe von Blitzschlägen bekannt, so im Hause Feierabendstrasse 52, wo er wieder genau den nämlichen Weg nahm wie einige Jahre zuvor. An der RyfiPstrasse wurde ein Apricosen- baum, am ßiehenteichweg eine Pappel getroffen, am Hause Elsässerstrasse 81 deckte der Blitz von der First bis zum untern Dachrande eine Reihe Ziegel ab und ging dann, dem Rand des Daches folgend, durch einen Balken hindurch der Mauer entlang, ohne zu zünden, zum Boden. Im benachbarten St. Ludwig schlug er in den Blitz- ableiter einer Fabrik, ferner in ein Bahnwärterhäuschen unterhalb des Bahnhofs und zertrümmerte die Thüre. Eben dort erschlug der Blitz in einer Stallung zwei — 155 — Pferde, ein drittes verlor nur das Eisen an einem Yorder- huf, die Stallung selbst brannte nieder. Näher bei Basel, am Entenweidgässli, wurde eine Telegraphenstange ge- troffen. Auf dem Strässclien Yon St. Ludwig nach Burg- felden, etwa 100 Schritt yom letztern Dorfe entfernt, an einer Stelle, wo sich offenbar stehendes AYasser gesam- melt hatte, wurde der deutsche Grenzwächter Eingwald Yom Blitze getroffen und getötet. Der Tod scheint augenblicklich erfolgt zu sein, denn man fand den Un- glücklichen nachher noch den Stock des (mit Meerrohr- gestell versehenen) Eegenschirms, mit dem er sich gegen das Unwetter einigermassen zu schützen suchte, fest in der Hand haltend. Sein Grewehrschaft wurde zersplittert, der Rock an Aermel und Kragen zerfetzt, auch die Fuss- bekleidung ganz ähnlich wie bei andern solchen Un- glücksfällen beschädigt, Sohle und Hacken abgetrennt. Es bestätigt dieser Fall aufs neue die Gefährlichkeit von wass er durchtränkten, also gut leitenden Stellen des Erd- bodens, namentlich bei niedrig ziehenden Gewittern. 1888, September 30, schlägt der Blitz in die Tele- graphenleitung am badischen Bahnhof und zerstört im Innern des Gebäudes den isolirten Leitungsdraht, ohne weitern Schaden anzurichten. 1889, Juli 1, schlug der Blitz im Soolbad Schweiz er- hall ein, demolirte einen Schornstein bis zum Erdgeschoss, zerstörte verschiedenes Küchenmobiliar und betäubte eine Frau für längere Zeit. An der Telephon- Central- Station in Basel fielen bei 4 Blitzen die sämmtlichen Klappen; ausserdem wurden drei ins Birstal führende Leitungen beschädigt. Bei dem nämlichen Gewitter schlug der Blitz auch in einen Schornstein des Hauses Elisabethen- strasse 5, jedoch ohne erheblichen Schaden anzurichten. Höhenrauch. Am 26. Mai, Ym. 10 Uhr, erfüllte ein brenzlicher Höhenrauchgeruch die ganze Umgebung von - 156 — Basel, ebenso am folgenden Tage. Der Himmel hatte ein weisslicli trübes Aussehen. Die Sonne ging am 27. blutrot unter. Die Wetterkarten zeigten die für das Auftreten von Höhenrauch bei uns charakteristische Si- tuation, schon seit dem 21. Mai lag ein Druckmaximum über Grossbritannien, mit dem 24. nahmen die Isobaren auf und südlich der Nordsee jene méridional verlaufende Richtung an, welche eine directe Luftzufuhr aus den Gebieten der Moorbrände zur Folge hat. Am 25. be- gann das Barometer schwach, am 26. stärker zu fallen, so dass die in der Höhe schwebenden Eauchmassen zu Boden gezogen wurden. Ein leichter Regen am 28. schnitt die Erscheinung ab. Erdbeben. 1888. September 15. 11 ^^ 14^« Nachts wurde in zwei verschiedenen Häusern am Claragraben gleichzeitig ein Yibriren des Porcellanschirms einer Hängelampe gehört. 1889. Januar 7. 11^ 52^ Yormittags, also zur näm- lichen Zeit, da in der ganzen Ostschweiz heftige Erd- erschütterungen eintraten, wurde von 6 in den verschie- densten Quartieren der Stadt, Alban-Yorstadt, Malzgasse, Sternengasse, Claraschulhaus und Rheinsprung wohnen- den Beobachtern deutlich ein Erdstoss constatirt. Januar 19. 1^ 25"^ Nachmittags zeigte das Seismometer im Bernoullianum einen leichten Stoss an. Mai 30. 8^ 56™ Abends, ein offenbar mit dem Erdbeben bei Jersey und Cherbourg in Yerbindung stehender Stoss. ^) ^) Ygl. für das Detail : Hagenbach-Bisch off. Brdbeben des 30. Mai 1889. Diese Verhandl. Bd. 8, p. 853. — 157 — o o O O o o iC o o O O C lO lO •naS^'BH Ol o o 03 os ■os CD 00 os CD f^ t- ?> 1-1 ^^ ■Tt^ r> .X) o? C>i ou CD os O CD •— I -:i< O I— ( 1— ( rH 00 CD -^ 00 02 CO CD CO •rJH î:- O O ■ OS -»h 1—1 C<î 02 1—1 00 CD rH CO 1—1 -^ CO as lO 00 G<2 Oî -h lO J> 00 •qosay CD ■r^i CO 1—1 ?-~ CO 1—1 1—1 (T) o CO CO 'ri< en I— 1 ■rp o as CO -rt< on î^ i^ o? '^ 1—1 ^ 00 I— 1 I— ( ■"^ 00 iO C5 î> î> lO -^ CD CO o OS os 'd^ lO 00 O •XjMjaqx 1—1 'Tti I— ( >o ?^ o CO 00 00 1—1 OS CQ lO Cvi I— ( ^ o o Oî '^ 00 CD tO o CO 1—1 os CO I— 1 I— 1 1— 1 »— 1 <:> lO o ^ o -* 00 CO CO o o 00 r— ( •uaqgi^ 1 1 ?^ CO os î^ î^ ^H 00 -* -* CD 1 <^ Oi os c? I— t î^ 00 J> o lO 1—t ' O 1—1 1—1 \o CO O« OS o ^ lO 1—1 00 00 ^ Gvî 1—1 J> CO •ÎTSjW. 3119^ Oî o 1—1 rs? os 1—1 CO o I— 1 lO CO -* io os 1—1 -^ OS O o? (>? î^ î^ £^ o ^ I— 1 î> o? 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Oî lO CD i> Ou •rtl I— ( J> 00 cq H I— ( CD ^ -rJ , . , , , , . , . , . 6 . . . , , . . . 33 g . ;-l u k 00 00* 00 oS (à 'f-i N :oS 'cS 7^ i-H Ha -M ?3 Ol Ü Xi a > O CD a - CD CD CD CD tO 1— ' 1— ' CD o 1 — 1 2 S 1 CD CD CD CO -^ D 1— ' O CD 1—' CD 05 1— ' •— ' tD 05 rf^ 1— ' c;^ CD o~. Botanischer Garten. 00 M) O 03 1—* O 00 CD rf^ <î ü^ 4^ üx CD ÜX Binningen. 00 ÎO 1—» O CD 1—1 CO HS- )— ' t— i ^ Oi ff^ 1— ' m CD üx Neue Welt. 00 1 00 1 1— » Üt 1—' )— ' h- « o ^ H-l 1— ' O 00 <ï Ol hP^ SÎ 1 1 Riehen. • CD ^^ o cyi I-» CD 05 1—' h-i l-* Cn ÎO 00 Haagen. a H e B B B S Se TU « B* >■< 8i n ■^sSny ■qossy •TiiüJaqj;, naT^Gi'a; o ■«8.M. 9118N uaSainnrg -ninon.x9a ^ 00 ® oioppopi^oo CD'OOOO'-'OÏOÎOOOOOO ïOOOOOiOOiOiOpop î>î>odi:ûi-î'^oi^côc Ci 00 CO '^i -^ CQ 3>r-iOOOiOCOOCOO'-JC»'S'^ O'^cricOT-HoiOCiT-îcicJOi .— iCDOJi— tï>iO'— iOCDG<ÎCOi— I cooooooooif-icvîtoppcooî cococôiOG-ï>co 1— lOOCOOîOiCDOOOiOCÎ^Cî CO00rHQqCOlO00pOîrHÎ:--lO Ooiï-îcôcdoicDr-îi— iidoooî -— 't^vCO^îOClCOOliOCOCOCî Oî vO t« p CO CO oi I— I î> T-H c>î Ö cr> î> ^ -^ ^ c?« vopcocoioiooqp'^fHip^ OSCOCOiOi— tCDi— tcÖO'riiCOGi CDlOC^OOiOQOCO^OCOCOi-H oi'^oôoôioodcDaîaicoQÔcd î>^T-iJ>^î>.r-joîpo?î>cqxop Oiocôo5a3î>î>^î>oî>»ô coTtcooqocD2>p-^piocQ CD-dHi— li^iOCOCO-^COCO»-* •-HiOK5copî>pc2ppoqp Oo6cooicoiOî>i:oiô»-îî>cD ^ I s si- • • • "^ s ^ g s Pi ;h N .71 -r-i ^ ?n -^ O ? ® S) 10 a 3 iO 10 \o CD CO t— < lO 1— t CO -* ^H ?- CO 0? c? \0 lO lO vO î> lO CO CO t- i> \o I— ( ^ rH CO lO CO I— 1 »> Cî î> CQ lO CO CO lO 05 î> 02 t— 1 Ci GO 05 CO Oi 1—1 00 I— t £> 10 <^^ 05 CO t- 00 '^ 1—1 CO G^ o: o 00 p vô 00 cô CO 00 o o 05 Ci 05 CO CO 00 05 00 CO CO CO 03 t-5 160 October . November December O- ^ • »-j 09 00 1— ' H-" 05 00 O 1— > t— ' 1— ' t-j 1— i <îOOCKCDÇ0i-'U0t-' Bernoulli- anum. H-' )— ' ~3 (—1 ÜI -5 00 •— ' t— » 1— ' h-* t— « <ÏCDtOuXH-*OOl— 'COI-» Bernoulli- stvasse 20. O Vf^ <î 00 h— 1 i>-i 1—1 i_i ^_i COCDOOl^^COl-•^fi^l-l Irren-Anstalt. 1— ' h(^ .oo^:;Kt-' Therwil. 1—' h-' h-» 00 o Ol 00tOO01C»t—C0i4i.C» Aesch. H-» t— ' ><^ h- 1 1— • 1— 1 cc>^Dl-'ai^-'-:^~5coo^ Äugst. 1-^ 05 1—1 1—1 Oi o 00 C0î«3ÏN003>f^OC0O103 Haagen. 119 (9 Monate) >-* <î CO en o CJt Ol OO Üi fP^ 1 1 1 Sehönau. 89 119 9 B 5 B BS 32 9 89 HQ 161 Registrirung des Niederschlags. Im Sommer 1888 wurde ein continuirlich regi- strirender Pluyiometer aus der Werkstätte des Herrn Th. Usteri-Reinacher in Zürich aufgestellt. Das- selbe hat eine Auffangöffnung Yon 2,5 dm.^ und ge- stattete während der Zeit, auf welche sich die nachfol- genden Tabellen beziehen, Niederschläge von der Inten- sität 0,1 mm. pro Stunde noch sicher zu messen, die Dauer der einzelnen Niederschläge konnte, sofern ihre Intensität nicht unter die genannte Grenze sank, bis auf wenige (2 — 3) Minuten sicher erhalten werden. Im Früh- jahr und Sommer 1889 war in Folge einer Störung die Empfindlichkeit eine geringere, und wir beschränken uns darum für diesen Zeitraum auf die Angabe der intensi- ven Niederschläge. Nachfolgende Tabelle enthält alle vom 8. Juni 1888 bis 31. December 1889 beobachteten Niederschläge von mindestens 5 Minuten Dauer und mindestens 20 mm. pro Stunde Intensität, und zwar nur so weit die Inten- sität innerhalb des angegebenen Zeitraumes merklich constant geblieben, andernfalls wurde die vom Instru- ment gezeichnete Curve in mehrere Teile von nahe con- stanter Neigung, zerlegt. (Vergleich den Platzregen vom 5. August 1889). Tägliche Periode des Niederschlags. Zur Ableitung der täglichen Periode konnten die Beobachtungen von 113 Niederschlagstagen verwendet werden, welche dem Zeit- raum vom 8. Juni — 30. September 1888, 12. December 1888 — 10. Januar 1889, 3. September — 30. November und 11. — 31. December 1889, der im Ganzen 254 Tage umfasst, angehören. 11 162 Dauer und lotensUät von Platzregen. Datum. Be o'inn. Ende. Dauer. Menge. mm. Stunde. Minuten. mm. 1-1 p li m li m 1888. Juni 18. 10 10 a 10 20 a 10 3.8 22.8 4. 40 p 4 53 p 13 6.3 29.1 30. 4 56p 5 28 p 32 15.2 28.5 26. 1 28 p 1 38 p 10 11.1 66.6 Sept. 6. 2 16 p 2 24p 8 5.4 40.5 30. 2 59 p 3 9p 10 6.0 36.0 1889. Mai 23. 7 38 p 8 18p 40 16.4 24.6 Juni 9. 6 3p 6 24 p 21 13.3 38.0 19. 9 29 p 9 36 p 7 4.« 39.4 21. 1 3 a 1 20 a 17 9.7 34.2 28. 10 52 a 11 10 a 18 12.8 42.7 Juli 9. 8 37 p 8 42p 5 5.2 62.4 27. 6 49p 6 56 p 7 4.7 40.3 Aug. 5. 3 18 p 3 27p 9 3.4 22.7 3 27 p 3 35 p 8 18.4 138.0 18. 4 4 p 4 11p 7 4.0 34.3 ■ In der Tabelle auf Seite 164 enthält die zweite Colonne die gesamte während der betreffenden Tages- stunde gefallene Niederschlagsmenge ; die dritte Colonne p-ibt die Anzahl der Fälle, in welchen innerhalb der be- züglichen Stunde vom Registrirapparat ein Niederschlag aufgezeichnet worden ist, und die letzte Colonne gibt den Quotienten der beiden vorhergehenden Zahlen, Menge: Häufigkeit, d. h. die mittlere stündliche Menge, dieselbe ist wesentlich verschieden von der in den spätem Tabellen aufgeführten Intensität, als welche der Quotient Nie- — 163 — derschlagsmenge : Dauer des Niedersclilags bezeichnet wird. Da es nicht immer eine volle Stunde hindurch geregnet hat, so wird die mittlere stündliche Menge kleiner 'ausfallen als die Intensität, in der Tat ist im Gesammtmittel die stündliche Menge 0,90 mm., die mittlere Intensität 1,3(), also um die Hälfte grösser. Obgleich die Zahlen, welche die Stundenwerte dar- stellen, noch ziemlich unregelmässig schwanken, so tritt doch schon entschieden ein täglicher Gang hervor; im späten Nachmittag erreichen entsprechend dem täglichen Hauptmaximum der Gewitterfrequenz , Mederschlags- menge, -Häufigkeit und -Ergiebigkeit ihren grössten Wert, gegen Abend 7 — 9 Uhr erlahmen gleichzeitig alle drei. Die frühe Morgenstunde 4 — 5 zeigt für die Menge wie für die Häufigkeit ein deutliches Wiederanschwellen, bei der Ergiebigkeit tritt dieses auch, wenngleich lange nicht so scharf hervor. Ein zweites Minimum tritt zwischen 9 und 11 Uhr Ym. auf. Es weicht dieser tägliche Gang sehr erheblich von dem von Herrn Prof. Förster^) für Bern ermittelten ab, und es scheint die Discrepanz nicht blos durch den stark verschiedenen Umfang des Materiales (Bern 8140 Eegenstunden, Basel blos 668), sondern mehr durch ört- liche Yerhältnisse bedingt zu sein, wie denn auch die Kurven, welche das jetzt in Basel aufgestellte Instrument bei den Proben in Zürich aufgezeichnet hatte, hier niemals auch nur entfernt ähnlich sich reproducirten. Allem Anschein nach dürfte die continuirliche Begenregistrirung *) Forst er. Die stündliche Yertlieilung des atmosphärischen Niederschlages, abgeleitet aus den Aufzeichnungen der selbstregi- strirenden Ombrometer der Sternwarte zu Bern. Schweiz. Meterolog. Beob. Jahrgang 1872. 164 — Tägliche Periode der Niederschläge. Beobaclitungen von 254 Tagen. Meder- Zahl der Mittlere schlags- Meder- stünd- Menge. schlags- liche mm. stunden. Menge. 7— 8 20.1 28 0.72 8— 9 20.1 23 0.87 9—10 22.3 21 1.06' 10 — 11 17.4 21 0.83 11 —Mittag- 24.6 26 0.95 Mittag — 1 18.8 22 0.85 1 — 2 38.2 27 1.41 2— 3 23.6 36 0.66 3— 4 31.8 32 0.99 4— 5 48.4- 31 1.56 5—6 35.4 26 1.36 6—7 18.5 27 0.69 7— 8 15.0 22 0.68 8-9 20.1 21 0.96 9 — 10 23.5 24 0.98 10 — 11 18.8 25 0.75 11 —Mnt. 21.1 23 0.92 Mnt. — 1 26.1 27 0.97 1 — 2 26.0 30 • 0.87 2 — 3 22.8 33 0.69 3 — 4 22.0 32 0.69 4 — 5 33.4 39 0.86 5 — 6 23.9 34 0.70 6 — 7 30.1 38 0.79 Total 602.0 668 0.90 — 165 — besonders im vielgestaltigen Terrain der Schweiz zu recht bemerkenswerthen Ergebnissen führen. Zusammenhang zwischen Dauer und Intensität. Die ein- zelnen im oben erwähnten Zeiträume verzeichneten Niederschläge haben wir nach der Dauer, der Ergiebig- keit und der Intensität gruppirt, bei letzterer Gruppirung wurden 8 Niederschläge von wechselnder Intensität in zwei oder drei Teile zerlegt und 16 schwache Nieder- schläge von einer für sichere Intensitätsbestimmung zu kurzen Dauer fortgelassen. Die nachfolgende Tabelle gibt zunächst die Zahl der Niederschläge einer Gruppe, die Gesammtmenge, welche dieselben lieferten und ihre Gesammtdauer. Durch Division der beiden letztgenannten Zahlen dtirch die erste erhält man die mittlere Menge und Dauer des einzelnen Niederschlags, und die Gesammt- menge dividirt durch ^/qo der Gesammtdauer gibt die Intensität ausgedrückt in Millimeter pro Stunde. Aus der Tabelle Hessen sich ohne weiteres eine ganze Reihe von Resultaten ablesen, wir wollen jedoch damit noch warten, bis reichlicheres ßeobachtungsmaterial vor- liegt, und einstweilen nur darauf hinweisen 1) wie ausser- ordentlich die unter 1 Stunde dauernden, die unter 1 mm. ergebenden und die schwachen Niederschläge unter 5 mm. pro Stunde an Zahl überwiegen, 2) wie die heftigen Niederschläge über 5 mm. pro Stunde, obschon an Zahl nur Yii aller, an Menge Vß CO CM ^ î> 00 a: CD 02 o î> 00 2> Ö Ö Ö <6 Ö 00 o ö ^ CO CO CO 05 Ol ü- o ^_ 00 --H 00 ^ -^ CO ^ CO CO ^ "^ i> i> î> i> î> O 7—1 lO 00 CM CQ î> S> CO «O CO 02 CO CVi Oi rH +++++ o CM + -23 00 oi ?> CO '— ' rr \0 lO c CD î> E 5 2 i 1 1 + 1 1 CO .05 1—1 1 .d ^ (>î r* «;h OÎ CO 1 1 1 1 1 CO CO CO 00 00 00 ï> 00 o CiO OJ CO CO ^ CvO ^ CO 1 Î + i 1 CM 1 bu CO CO 1— 1 CO î> 00 03 CO CO CO +++++ I-H + O in m O) r" -sf- w in CO 00 CM ^ CO CM CO <^ +++++ CM r- CO + 00 CO î:- Ol i-H xO -^ CO .-i CO lO 3> ++++ + OS 1— 1 --1 CQ O 00 CO OÎ CO CO Ifl o ^ T- CM + 1 1 1 1 CO 1—1 1 O O 00 £- CS2 in "«* :t î> 00 *" t-H 1 M 1 1 CO T 05 -^ Ci 3> O i> OS i> »O CO r-l CM rH ++ 1 + 1 CM + CO CO CO CJ CO e> 3> in î> »- CM CM ++ 1 ++ Oi + o5 00 00 1-3 ö '-' ö ci3 CO CO CO CO bß ■<^ I— 1 l-H l-H 00 CM CM ^ Q, -M >^ c5 ^ oS" « o « -si 02 O ^ ß r— 1 ->^ -ta 172 — Daraus ergeben sich für die Constanten der vier ersten Glieder der harmonischen Eeihe 2 ap sin (px + Ap ) x = o für Mitternacht folgende Werte ^1 ^2 ag aj August .... September . . • October .... November December . . . 267.6 266.7 262.2 1,86.1 ' 4.7 279.6 328.3 262.1 311.5 224.4 12.8 36.4 58.6 129.2 134.0 9.5 44.2 3.8 13.6 59.8 Mittel . . . 81.4 275.2 68.0 18.0 Ai ^2 A3 K August .... September . . . October .... November . . . December . . . 3480 52> 34 23 206 14 39 45 59 15 1210 3' 141 6 149 16 145 8 158 1 90O 45' 310 55 9 340 29 359 51 2O60 31' 288 16 263 25 157 19 197 1 Mittel . . . 15 2 142 17 351 33 223 54 Auch aus diesen auf so kurze Zeiträume sich be- ziehenden Zahlen tritt die bekannte Constanz von Am- plitude und Phase der halbtägigen Oscillation in be- merkenswerther Schärfe hervor. Bericht über das Naturhistorische Museum vom Jahr 1889. Yon L. Rütimeyer. Das Hauptgewicht der Jahresberichte des Natur- historischen Museums lag seit einer Anzahl von Jahren in den Klagen über Raumbe engung. Als einzige Aus- hülfe konnte bisher der Anschluss eines kleinen, bisher zu mineralogischen Yorlesungen benützten Zimmers an den daran stoss enden Saal für Reptilien und Fische in Aussicht gestellt werden. In Folge von Zuweisung grös- serer, wenn auch nur provisorischer Räumlichkeiten an die Bibliothek wird dafür ein von letzterer zu Aufstel- lung von Doubletten benutzter Raum im Hinterhof des Museums zu einem Hörsaal für Mineralogie eingerichtet werden können. — Auf diese Weise wird es möglich sein, die Fisch- und Reptilien-Sammlung, die ihr Lokal seit Langem bis zum Platzen füllte, mindestens vor der Hand vollständig unter Glasverschluss zu bringen. Für Aufstellung und Bedienung wird die Yerminderung der Noth freilich eine sehr unmerkliche sein. Ein Ausweg anderer Art : dass sich die Energie des betreffenden Vorstehers auf eine allerdings in unserem Museum unbeachtet gebliebene Abtheilung von Thieren kleinen Yolum's geworfen hat, wird indes den nothwen- dig gewordenen Stillstand in den Thiergruppen grösse- ren Formates kaum verschmerzen lassen. Da überdies — 174 — dieser Ausweg auf anderweitigen Theilen des Museums- Inhalt nicht durchführbar ist, so bleibt dem diesjährigen Berichte keine Wahl, als das Kapitel der Wohnungs- und Arbeitsnoth mit Resignation zuzudecken. In dem Zoologischen Theil des Museums hat die Abtheilung der Säugethiere und Vögel in Bezug auf Inhalt nur unbedeutende Veränderungen erfahren, indem nur eine Anzahl westafrikanischer Yögel neu aufgestellt wurde. Ein Geschenk an japanischen Yögeln von Herrn J. R. Merlan in Yokohama wird erst im nächsten J ahr zur Aufstellung kommen. Nichtsdestoweniger hat sie nicht geringe Arbeit gekostet in Folge der dringend ge- wordenen JNothwendigkeit, die Gesammtheit der Kasten des grossen Saales nebst deren Inhalt einer gründlichen Reinigung, nebst Yorkehr gegen Schimmel und Insekten- schaden zu unterwerfen. Da seit Jahren im Museum auf ständige Bedienung verzichtet wird, so blieb keine Wahl, als diese weitläufige, und in Folge der unglück- lichen Construction der Kasten geradezu halsbrechende Operation selber vorzunehmen. Unter tüchtiger Mit- wirkung des Personals der vergleichend - anatomischen Anstalt wurde denn auch diese Aufgabe so durchgeführt, dass zu hoffen ist, dass sie nicht so bald in gleichem Umfange werde wiederholt werden müssen. Gegen den einen Feind, Staub und Schimmel, wird zwar der Kriegs- zustand in Folge der durch und durch schlechten Qualität der Kasten ein permanenter bleiben und alljährliche Arbeit kosten. Yon dem andern erwiesen sich, und zwar nach- weislich fast ausschliesslich in Folge von Aufnahme nicht ganz unverdächtiger Geschenke, nur zwei Yogelkasten angegriffen, aber der eine schwer genug, dass manche werthvolle Stücke zerstört werden mussten. Auch von dieser Seite steht also die Nothwendigkeit einer unab- lässigen Yertheidigung in Aussicht, die um so bedenk- — 175 — licher ist, als bei diesem Anlass wiederum die verfehlte Bauart des ganzen Saales, dessen obere Hälfte die Ue- berwacbung der einzelnen Objecte fast lebensgefälirlicb macht, in grellster Weise an den Tag getreten ist, und fraglich erscheinen lässt, ob sich der Verzicht auf einen ständigen Aufseher durch Sparsamkeitsrücksichten auf die Dauer rechtfertigen lasse. Erfreulicher lautet der Bericht des Herrn Dr. Fr. Müller über die von ihm besorgten und in Folge ihrer Aufbewahrungsart geschützteren Theile des Museums. Auch hier hat es zwar an ganz anderer als etwa wissen- schaftlicher Arbeit keineswegs gefehlt, indem die Auf- stellung zweier neuer Schränke im Saal der Reptilien und Fische eine vollständige Umräumung dieser gesammten Sammlung nöthig machte, was den Abschluss des Publi- cums von diesem Saal fast während eines halben Jahres zur Folge hatte. Nicht nur die Schäden der Ueber- füllung und der daherigen Schwierigkeit der Ueb er- wachung haben sich dabei sehr fühlbar gemacht, son- dern überdies ist die Nothwendigkeit eines andern Glas- verschlusses, der der Winterkälte zu trotzen vermöge, an den Tag getreten. Mit Dank erkennt Herr Dr. Mül- ler an, dass seinem Arbeitszimmer durch freundliches Entgegenkommen des Baudepartements vermittelst Er- neuerung zweier Fenster mehr Licht zugeführt wurde. Der Zuwachs dieser Abtheilung beläuft sich auf 94 Stück Keptilien in 70 Arten, wovon 6 Schlangen, 22 Ei- dechsen, 7 Schildkröten, 1 Crocodil, 10 Amphibien neu waren, und auf 8 neue Arten von Fischen. Auf beiden Gebieten figurirt eine Anzahl von Geschenken, für deren Detail wir auf das Geschenkbuch verweisen. Wie bei dem Umfang der Sammlung und der Umsicht ihrer Pflege zu erwarten ist, sind die meisten Zuthaten Sel- tenheiten, so eine dem Aussterben nahe Eidechse, Meto- — 176 — poceros, und eine Schlange, Alsophis, aus Haiti, andere aus West-Afrika und Madagascar. Unter den Güederthieren sind den Crustaceen 18 neue Arten aus Algerien, Haiti und China, wovon lö für die Sammlung neu, alle geschenkt, beigefügt worden, den Myriapoden eine ansehnliche Zahl einheimischer und exotischer Arten, alle geschenkt. Darunter befinden sich eine einheimische, die zum erstenmal hier constatirt worden ist, und zwei Tausendfüssler, die in Farbholz von Campèche-Bay lebend in Basel ankamen. Für die Aufstellung der Myriapoden und Scorpione ist von Herrn Dr. F. Müller ein besonderer Kasten geschenkt worden. Eine neue, bereits angedeutete Unternehmung von Herrn Dr. Müller besteht in der Anlegung einer Samm^ lung der einheimischen Spinnen, wovon bis jetzt über 200 Arten gesammelt und etwa zur Hälfte bestimmt und aufgestellt worden sind. Das Ergebniss dieser mühsamen und grosse Ausdauer heischenden Untersuchung ist wie bei den andern von Herrn Dr. Müller besorgten Ab- theilungen in einem sehr sorgfältig durchgeführten Ca- talog niedergelegt, der mit der Zeit für die Kenntniss der Verbreitung dieser nicht allgemein so bevorzugten Thiere nicht nur in der Umgebung von Basel, sondern in der ganzen Schweiz viel Neues verspricht. An der nicht leichten Zusammenbringung des Materiales haben sich der junge Neffe des Herrn Dr. Müller, ferner der Custos unserer Käfersammlung, Herr Knecht, und Herr Dr. Leuthardt in Ariesheim mit besonderem Erfolge be- theiligt. Die ebenfalls von Herrn Dr. Müller besorgten Ab- theilungen der Corallen und der Fledermäuse haben keine besonders erwähnenswerthen Veränderungen er- fahren. Der von Herrn Hans Sulger besorgten Schmetter- — 177 — iingssammiung ist durch allerlei Geschenke, welche das Greschenkbuch verzeichnet, sowie durch Ankauf mancher Zuwachs zugefallen, und Herr Sulger hofft, einen seit einigen Jahren begonnenen Catalog über den Gresammt- bestand bis zum nächsten Jahr zu Ende führen zu können. Die palœontologische Abtheilung hatte sich wiederum der werthyollen Beihülfe der HH. Prof. K o b y in Prun- trut und A. Gutzwiller in Basel zu Gunsten der Car- tier'schen Petrefactensammlung zu erfreuen. Der Erstere nahm die Yersteinerungen aus den obern Schichten des Jura in Angriff und zwar das sogenannte Kimme- ridien, Astartien und das Terrain à Chailles. Die er- stere Schichtenfolge scheint in der Gegend von Ober- Buchsiten nur schwach entwickelt zu sein. Ungewöhnlich reich ist dagegen das Astartien vertreten und bereits in den Jahren 1880 und 81 Gegenstand einer sorgfältigen und von zahlreichen Tafeln Abbildungen .begleiteten Monographie von Herrn Percival de Loriol geworden, deren Originalien nunmehr grösstentheils unserm Museum angehören. Sehr reich ist auch das Terrain à Chailles vertreten ; besonders reich durch Corallen, die ebenfalls schon eine eingehende Beschreibung und Darstellung in der Monographie des polypiers jurassiques de la Suisse von Herrn Prof. Koby 1880 — 89 gefunden haben. Für die Yergleichung der Schichtenfoige des Aargauer Jura mit derjenigen des Berner Jura erwiesen sich diese bei- den Abtheilungen der Cartier'schen Sammlung von gröss- tem Werth, da sich in der Gegend von Ober-Buchsiten der Yerknüpfungspunkt beider Faunen, sowohl während der Periode des Terrain à Chailles, als der darauf fol- genden des Corallien und Astartien befindet. Der schon im verflossenen Jahre von Herrn A. Gutzwiller bearbeitete Theil der Cartier'schen Samm- 12 — 178 — • limg, die fossilen Pflanzen der Molasse aus der Umgebung von Ober-Buclisiten betreffend, hat demselben Yeranlassung gegeben, seine Untersuchungen zu vervoll- ständigen und sie über die Tertiärschichten am Nordfuss des Jura auszudehnen. Da unser Museum bisher mit tertiären Pflanzen nicht besonders reich versehen war, so wurde zur Yergleichung eine von dem Freiherrn von' Ettingshausen, dem Mitarbeiter Oswald Heer's, angebo- tene Sammlung tertiärer Pflanzen aus den berühmten Fundorten Parschlug, Leoben etc. in Steiermark, Bilin in Böhmen, Radoboy in Croatien, Sagor in Krain, Häring in Tirol in etwa 300 Stücken und 105 Species, begleitet von einer reichen Sammlung von Blattabdrücken leben- der Pflanzen käuflich erworben. Ausserdem hat Herr Gutzwiller eine von ihm angelegte Sammlung von 150 Stück fossiler Pflanzen aus der Umgebung von Basel dem Museum zum Geschenk gemacht und nach Control« lirung durch die Ettinghausen'sche Sammlung daselbst aufgestellt. Für die Molasse am Süd- und Nordfuss des Jura, sowie innerhalb desselben verfügen wir demnach nunmehr über eine wohlgeordnete und von einem schö- nen Yorrath von Belegstücken aus der klassischen Zeit des Studiums der tertiären Flora begleitete Sammlung. Eine anderweitige, aber ebenfalls zum Studium schweizerischer Palseontologie în naher Beziehung ste- hende Erwerbung bestand in dem Ankauf einer von Herrn Prof. C. Mayer-Eymar in Zürich angelegten und von diesem bewährten Kenner tertiärer Conchylien be- stimmten Sammlung von Petrefacten, in circa 160 Spe- cies, aus Unter-Egypten. An Geschenken sind der palseontologischen Abthei- lung des Museums ausser der ebengenannten Gabe von Herrn Gutzwiller eine Auswahl von Ueberresten fossiler Wirbelthiere aus dem Jura und aus dem Diluvium der — 179 — Umgebung von Basel zugekommen, welche das Ge- schenkbuch namhaft macht. Ein fast vollständiger Fuss des wollhaarigen Nashorns aus dem benachbarten Wyh- len, woher uns schon seit längerer Zeit Ueberreste von Mammuth zukommen, lässt schliessen, dass daselbst ganze Leichen von * Mammuth und Nashorn angeschwemmt worden sind. Auch die Säugethierfauna aus dem Bohn- erz von Egerkingen und Ober-Buchsiten ist Gegenstand fernerer Studien von Seiten des Unterzeichneten gewe- sen und hat w^iederum eine Anzahl von unerwarteten Thierformen geliefert, welche es im höchsten Grad be- dauern lässt, dass diese Fundgrube nicht mehr unter fortwährender Aufsicht steht. Ein Abschluss dieser mit vielen Schwierigkeiten verbundenen Untersuchungen konnte indess noch nicht erreicht werden. Die immer wachsende Bedeutung dieser Fauna mag vor der Hand nur durch die Mittheilung in's Licht gestellt werden, dass von Neuem ein Ueberrest gefunden wurde, der für eine fernere, bisher nur in dem untersten Tertiär von Neu-Mexico bekannt gewordene und daher als der Neuen Welt ausschliesslich angehörig gehaltene Ordnung der Säugethiere, der sog. Taeniodontia, die Anwesenheit in Europa nachweist. • Mit Hülfe von neu erschienenen Specialarbeiten konnte ferner die sog. kleine Fauna aus unsern Yor- räthen an fossilen Säugethieren von Caylux in Süd- frankreich bestimmt werden, wobei sich diese Yorräthe um eine gute Zahl von bisher unbemerkt gebliebenen Formen reicher erwiesen. Endlich hat Herr Dr. Y. Gilliéron mit einer Re- vision der Landconchylien unserer Petrefactensammlung die Bestimmung der in der Cartier'schen Sammlung ent- haltenen Landconchylien verbunden. Durch Mitwirkung — 180 — verschiedener Fachleute steht dergestalt zu hoffen, dass in nicht ferner Frist die umfangreiche Ausbeute von Herrn Pfarrer Cartier wissenschaftlich gesichtet sein werde. Obwohl sie dabei an Ausdehnung erheblich ver- loren hat, so liegt doch so viel am Tag, dass sie in noch grösserem Maasse an innerem Werth zugenominen hat und in manchen Theilen zu dem bemerkenswerthesten Inhalt unserer Petrefactensammlung gehören wird. Die mineralogische Abtheilung hat laut Bericht von Herrn Prot. Albr. Müller theils durch Ankauf, theils durch Gfeschenke allerlei Zuwachs erhalten. Unter den Erwerbungen wird ein grosser farbloser Topas aus dem Ural besonders namhaft gemacht. Unter den Geschenken verdanken wir vor allem den uns durch Frau Merian- Bischoff übergebenen wissenschaftlichen JNachlass des Herrn Dr. Alfons Merian. Derselbe besteht aus mine- ralogischen Instrumenten, aus einer kleinen mineralogi- schen Bibliothek und vor allem aus einigen vortreff- lichen, drei Kasten mit 74 Schiebladen füllenden Sammlungen theils mineralogischer, theils geologischer Art, die ausdrücklich zum Gebrauch bei den Yorlesun- gen dienen sollen. Die von Herrn Dr. F. Müller geführte Jahres- rechnung weist ein Guthaben für 1889 von Fr. 6270. 98 auf. Darin sind eingeschlossen ein Saldo vom vorher- gehenden Jahr von Fr. 1924. 28 und ein Geschenk eines Freundes zur Anschaffung von Reptilien aus Haiti von Fr. 100. — , aber auch ein Rückgang des Zinsertrages des naturhistorischen Fonds von Fr. 100. — Die Ausgabensumme beträgt Fr. 4465. 92 und hin- terlässt somit für 1890 einen Aktivsaldo von Fr. 1805. 06. Einer der grössten Ausgabeposten betrifft einen Beitrag von Fr. 500. — für Anschaffung des nunmehr im Museum aufgestellten Simon'schen Jungfrau -Reliefs. Anderwei- — 181 — tige unvorhergesehene Posten beziehen sich auf die E.ei- nigungsarbeiten im zoologischen Saal, deren öftere Wie- derholung allerdings aus vielen Gründen nicht zu wün- schen ist. Indem wir unsere Anstalt dem fortwährenden Wohl- wollen von Behörden und Publikum bestens empfehlen, unterzeichnen wir hochachtungsvoll im Namen der Natur- historischen Commission. -4K Beitrag zur Kenntniss der Tertiärbildungen der Umgebung von Basel. Von A. Gutzwiller. Die Tertiärbildungen von Basel sind wiederholt Ge- genstand geologischer Erörterungen gewesen. Besonders war es Rathsherr PeterMerian der ihnen seine Auf- merksamkeit geschenkt hatte. Schon im Jahre 1824 ver- öffentlichte derselbe eine kleine Schrift, betitelt: „Einige Thatsachen über eine eigenthümliche Gebirgsbildung wo- rauf die Stadt Basel steht" ; in welcher die geologische allgemeine Stellung unserer sogenannten blauen Letten und der darüb erliegenden Sand- und Mergelbildung bei Binningen und Bottmingen festgestellt, d. h. als tertiär erkannt wurde. In seinem 2^^^'^ Band der „Beiträge zur Geognosie" im Jahre 1831 erfuhren unsere Tertiärab- lagerungen eine weitergehende Besprechung und zugleich auch eine Gliederung, gestützt einerseits auf die Lagerung der verschiedenen in unserer Umgebung zu Tage treten- den Schichten, anderseits auf die Fossilien, die in den- selben gefunden wurden. Zahlreiche kleinere Abhandlungen, sämmtlich in den Yerhandlungen der naturforschenden Gesollschaft in Basel vom Jahre 1835 bis 1870 niedergelegt, ergänzten — 183 — und erweiterten die erwähnten erstgemacliten Beobach- tungen. Nächst Peter Merian ist es Prof. Dr. Albrecht Mül- ler, der den Boden seiner Vaterstadt auch eingehender untersuchte und die gewonnenen Resultate besonders in den Beiträgen zur geologischen Karte der Schweiz 1*^^ Band, und in der Festschrift der naturforschenden Gresell- schaft in Basel zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens 1867, niedergeschrieben hat. Ferner finden wir bei Prof. Fridolin von Sand- berg er in seinen „Conchylien des Mainzer Tertiärbeckens 1863", sowie in den „Land- und Süsswasserconchylien der Vorwelt 1870 — 1875", Bemerkungen paläontologischer, wie stratigraphisch-geognostischer Art über unsere Tertiär- • bildungen eingestreut, ebenso in den Arbeiten von Dr. J. B. Greppin, speziell in den Beiträgen zur geolo- gischen Karte der Schweiz, 8*^ Lieferung. Delbos und Köchlin-Schlumberger ziehen bei ihrer geologischen und mineralogischen Beschreibung des Departement du Haut-Bhin unseren Baslerboden nicht gerade direkt in den Kreis ihrer Erörterungen, doch steht derselbe geologisch mit dem Ober-Elsass in direktem Zusammenhang. Dieses Ober-Elsass hat nun in neuerer Zeit eingehendere Untersuchungen erfahren, durch welche besonders die Stellungen einzelner tertiärer Horizonte ge- nauer präzisirt wurde. Es geschah dies speziell durch die Arbeiten von Prof. Dr. A. Andreae in Heidelberg und Dr. B. Förster in Mülhausen. Diese neueren Arbeiten sind es, die mich bewogen, meine seit einigen Jahren über unser Tertiärgebiet ge- sammelten Beobachtungen in den folgenden Zeilen nieder- zuschreiben. So unvollkommen dieselben noch sind, werden sie doch das bis jetzt Bekannte etwas vervoll- ständigen und z. Th. wohl auch richtiger stellen. Spätere — 184 — Kesultate mögen nachfolgen und allfällige Irrthümer be- richtigen. Es sei mir gestattet den Herren Prof. Fridolin von Sandberger, Prof. C. von Ettingshausen, Prof. K. Mayer- Eymar und Prof. L. Pütimeyer für ihre 'mir freundlich gewährte Mithülfe meinen aufrichtigen Dank abzustatten. Wichtigste liiteratur. Merlan, Peter. Beiträge zur Geognosie. I. Bd. 1821. — Einige Thatsachen über eine eigenthümliclie Grebirgsbildung worauf die Stadt Basel steht. Meissner's Annalen der Schweiz. Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. I. Bd. p. 139. 1824. — Beiträge zur Geognosie. II. Bd. 1831. — lieber die Verbreitung einer tertiären marinischen Formation im Kanton Basel. Bericht über die Yerhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basel. 1835 — 1886. II. pag. 45. — lieber das Yorkommen von Süsswasserkalk bei St. Jakob. Bericht über die Yerhandlungen etc. 1836 — 1838. III. pag. 39. — Bericht über die Yerhandlungen etc. 1844 — 1845. YII. pag. 62. (Steinbruch bei Aesch.) — lieber die Foraminiferen der Gegend von Basel. Bericht etc. IX. pag 48. (1849.) — Bohrproben aus dem Rheinbett bei Basel. Bericht etc. X. pag. 158. (1851.) — Yerhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel. 1. Theil, 1. Heft, pag. 94. 1854. (Süsswassermergel im St. Aibanthal.) — Darstellung der geolog. Yerhältnisse des Eheinthales bei Basel. Eröffnungsrede bei der 41. Jahresversammlung der allgem. Schweiz. Gesellschaft für die gesammten Naturwissen- schaften. Yerhandlungen der Schweiz, naturf. Gesellschaft. 1856. — 185 — Merlan, Peter. Fiscliabdrücke von Pfirt. Yerhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel. 1860. 2. Theil, 3. Heft, pag. 345. — Geologische und paläontologische Notizen. Verhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel. 4. Theil, pag. 553. — Ueber einige Tertiär-Yersteinerungen von Therwil bei Basel. Verhandlungen etc. 5. Theil, pag. 252. (1868.) — Verbreitung tongrischer Mergel bei Basel. Verhandlungen etc. 5. Theil, pag. 390. Müller, Alb recht. Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 1. Lieferung. — Ueber die Grundwasser- und die Bodenverhältnisse der Stadt Basel. Festschrift der naturf. Gesellschaft in Basel zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens. 1867. G r e p p i n , J. B. Notes géologiques sur les terrains modernes. — Matériaux pour la carte géologique de la Suisse. 8^ liv. Andreae, A. Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs. I. Theil: Die altern Tertiärschichten des Elsass. 1883. IL Theil: Die Oligocänschichten im Elsass. 1884. — Ueber das Elsässer Tertiär und seine Petroleumlager. Be- richt der Senkenbergischen naturf. Gesellschaft. 1886 — 1887. — Ueber Meeressand und Septarienthon. Mittheilungen der Kommission für die geolog. Landesuntersuchung von Elsass- Lothringen. I. Bd. 1888. Förster, B. Die oligocänen Ablagerungen bei Mülhausen. Mit- theilungen der Kommission für die geolog. Landesunter- suchung von Elsass-Lothringen. I. Bd. 1888. — Die Gliederung des Sundgauer Tertiärs. Mittheilungen der Kommission etc. I. Bd. 1888. V 186 1. Eocäne Ablagerungen. Die Tertiärbildungen der Umgebung von BaseP) gehören wesentlich dem Oligocän und Untermiocän an. Ablagerungen höheren, eocänen Alters zeigen sich nur an vereinzelten Punkten mit ungenügenden Aufschlüssen. Es sind dies ein Süsswasserkalk bei Hochwald und ge- ringmächtige Bohnerz- und Huppererdeablagerungen. Die Hup per er de findet sich an drei Stellen auf dem Bergrücken zwischen Hofstetten und Witterswil, wo sie für die Thonwaarenfabrikation z. Th. schon aus- gebeutet wurde. Ihr Erscheinen ist insofern ein eigen- thümliches, als sie streng lokalisirt, nesterartig auf dem sogenannten Korallenkalk auftritt und aus ganz andern Bestandtheilen als dieser zusammengesetzt ist, nämlich aus Thonerde und Quarzkörnern. Letztere glashell bis milchigweiss, die grössern gerundet, die kleinern kan- tig, bilden stellenweise die Hauptmasse der ganzen Ab- lagerung-, oft aber treten sie so sehr zurück, dass die Huppererde nicht als eine sandige, sondern grauweisse, plastische, thonige Masse erscheint. Die Bohne rze erscheinen meist vereinzelt in Form gerundeter Körner in röthlichbraunen, oft weiss gefleckten Thonerdemassen eingelagert, die selten den Jurakalk bedecken, häufiger die Spalten erfüllen. Der Süsswasserkalk von Hochwald. Folgt man der Strasse von Dornach an der Birs nach Hoch- wald (im Yolksmunde Hobel genannt) und wendet sich vor dem Dorfe, sobald man die Höhe des Plateaurand^s ^) Da mir über die auf der rechten Kheinseite im Grross- herzogthiim Baden gelegenen Ablagerungen tertiären Alters bis jetzt nicht genügende Beobachtungen zur Verfügung stehen, so werden dieselben hier nicht speziell berücksichtigt. — 187 — überschritten hat, links, d. h. nordöstlich nach dem Wald- rand von Schönaich, (siehe Siegfriedkarte, Blatt Gempen) so findet man im Gebüsche vereinzelte Stücke von Süss- wasserkalk mit der grossen Flanorhis pseiidammonms Schloth. Der Süsswasserkalk zeigt sich selbst nicht an- stehend; die einzelnen Kalkbrocken stammen aus den dem Wald anstossenden Aeckern und sind von den Bauern zusammengetragen worden. Unzweifelhaft liegt die ganze Bildung, die in horizontaler, wie in vertikaler Richtung gewiss eine sehr beschränkte Ausdehnung hat, unmittelbar auf den dort zu Tage tretenden Schichten des weissen Jura, welche Prof. Dr. Müller auf den geo- logischen Karten als Korallenkalk bezeichnet hat. Aeusser- lich sind die mit einer leichten Yerwitterungsrinde be- deckten Stücke von Süsswasserkalk nicht leicht und so- fort von den mit ihnen zusammenliegenden Trümmern von Korallenkalk zu unterscheiden, sofern nicht eine Planorbis das Gestein verräth. Die Farbe derselben ist hellgrau, z. Th. schwach ockergelb, einzelne Stücke zeigen auch röthliche Flecken, welche mit gelblich- grauen wechseln ; da und dort zeigt das Gestein auf der frischen Bruchfläche breccienartiges Aussehen. Der Bruch ist bei den hellgrauen Stücken flachmuschelig bis eben, bei den gelben und gefleckten meist uneben bis erdig. Zahlreiche kleine Hohlräume, Drusen, meist aber mit glasig glänzenden Kalkspathkrystallen ausgefüllt, oft in Form von Adern, durchsetzen das Gestein; hin und wieder ist die Strucktur oolithisch. In Salzsäure löst sich der Kalk vollständig unter Ausscheidung einer Kiesel- gallerte. Planorbis pseuäammonms Schloth. (siehe Schlotheim, Petrefaktenkunde I, pag. 101 ; Sandberger, Land- und Süsswasserconchylien derYorwelt, pag. 226 Tafel XIII; A. Andreae, Beitrag zur Kenntniss des Elsässertertiärs, — 188 — die altern Tertiärschichten, Taf. 11 fig. 9— 13.) findet sich in Exemplaren bis 40 mm. Durchmesser. Sie ist nach Sandberger das Leitfossil der Süsswasserbildungen vom Alter des Pariser Grobkalkes, also ein Leitfossil für mitteleocäne Ablagerungen. Müller erwähnt sie in den Beiträgen zur geologischen Karte der Schweiz, 2*<^ Auflage, einfach unter den tertiären Süsswasserkalken, ohne sie in einen bestimmten Horizont zu bringen. Greppin führt sie in seiner Etage delémontien (untere Süsswassermolasse) auf, bemerkt aber, dass sie eocän sein könnte. Nach Andreae, 1. c. pag. 18, kommt auch Flanorbis pseudammonius var. Leymeriei Desh. bei Hoch- wald vor. Mir ist diese Form nicht zu Gesicht gekommen, doch hat sie Dr. J. B. Greppin seiner Zeit bei Hoch- wald mit hunderten von Exemplaren von Planorbis pseu- dammonius gesammelt. Ferner kommt bei Hochwald auch Helix (Nanina) ocdusa Edw. vor; sie findet sich in der Sammlung von Herrn E. Greppin. Planorbis pseudammonius Schloth. aus der Gegend von Hochwald w^ird schon von Peter Merian in seinem ersten Band der Beiträge zur Geognosie 1821 erwähnt. Dort steht auf pag. 119 zu lesen: „Man sieht auch in den meisten Basler Yersteinerungssammlungen mit Kalk- spath angefüllte Planorb en in einem dem gewöhnlichen Süsswasserkalke ganz ähnlichen Gestein liegend, angeb- lich aus der Gegend von Hobel oder Angenstein; ich konnte indessen bis jetzt den wahren Fundort nicht ent- decken." In den Sammlungen des Basler Museums liegen einige Exemplare von Planorbis pseudammonius mit dem Fundorte Aesch. Wohl gestützt auf diese Angabe er- wähnen Müller, Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 1*^ Lieferung, 2*^ Auflage, pag. 90, und Sand- berger, Land- und Süsswasserconchylien der Yorwelt, pag. 221, die Planorbis pseudammonius als bei Aesch — 189 — vorkommend. Dort finden sich aber nur marine Kalksand- steine und Sande des Tongrien oder Mitteloligocän und nicht Süsswasserkalk. Ferner findet sich in der Museums-Sammlung ein schönes Exemplar von Planorbis pseudammonius von Wildonstein und mehrere Stücke von ,■, gegen Reigolds- loil}^ Beide Localitäten liegen im obern Theil unseres Kantons; ob wirklich dort der eocäne Süsswasserkalk ansteht, soll eine genauere Erforschung zeigen, bis jetzt ist von einem solchen aus jenen Gegenden nie gemeldet worden. Möglich wäre es, dass die betreffenden Stücke auf secundärer Lagerstätte gefunden worden sind, z. B. als Juranagelfluhgerölle. Dass dies wohl sehr wahr- scheinlich ist, beweist die Thatsache, dass ein Geröll von Süsswasserkalk voll von Planorbis pseudammonius unter andern von Bohrmuscheln des tongrischen Meeres angebohrten Gerollen jurassischen Kalkes, bei Ariesheim am Rande der Oligocänbildungen sich fand. Die oben als von Aesch oder Angenstein stammend erwähnten Exemplare könnten auch auf ähnlicher secundärer Lager- stätte gefunden worden sein. Schliesslich sei noch erwähnt, dass unser Süsswasser- kalk von Hochwald gleichalterig und petrographisch theil- weise übereinstimmend ist mit demjenigen von Buchs- weiler im Unterelsass. (Siehe A. Andreae, Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs. Die altern Tertiär- schichten. Liauguraldissertation 1883.) — 190 — 2. Oligocänbildungen. Die in der nächsten Umgebung von Basel abge- lagerten Tertiärscliichten sind, wie oben schon erwähnt, vorzugsweise oligocänen Alters. Yergleichen wir die- selben mit denjenigen im benachbarten Elsass und im Mainzerbecken, so ergibt sich, dass unsere Oligocän- schichten dem Meeressand, dem Septarienthon und den Cyrenenmergeln angehören,^) also mittel- und oberoligo- cänen Alters sind, während Schichten des Unteroligocän, entsprechend dem Melanienkalk von Mülhausen und dem Gyps von Zimmersheim, vollständig fehlen oder doch nirgends zu Tage treten. a) Die Schichten des Meeressandes. (Mittleres Oligocän. Tongrien. d'Orb.) Die dem Meeressande angehörenden Ablagerungen bestehen theils aus Schichten eines mehr oder weniger festen Kalksandsteines, theils aus Sauden und Mergeln, theils aus Gerollen, die selten zu einem festern Conglo- mérat verbunden sind. Peter Merian erwähnt sie von Stetten, Dornach und Aesch. Nach Sandberger und An- dern kommen sie auch bei Schloss Rötteln hinter Lörrach vor, ü eberall liegen die Schichten des Meeressandes un- mittelbar auf dem Jura, bei Stetten nach Merian discor- dant auf dem Hauptrogenstein, bei Dornach und Aesch concordant auf dem Korallenkalk. An keinem der ge- ^) Sandberger: Die Conchylien des Mainzer Tertiärbeckens, 1863 pag. 412. A. Andreae : Ueber das elsässisclie Tertiär und seine Petro- leumlager. (Bericht der Senkenbergischen naturf. Gesellschaft 1886/87.) — 191 — nannten Orte sind die Schichten heute deutlich blos- gelegt. Bei Stetten erscheinen sie östlich und oberhalb dem Dorfe in den Reben, wo in Folge Bearbeitung des Bodens grössere und kleinere Stücke von Kalksandstein zu Tage gefördert und in Haufen zusammengetragen werden. Bei Dornach und Aesch bestanden ehemals Stein- brüche auf dem Kalksandstein, heute sind sie vollständig überwachsen. Bei Aesch tritt in dem alten Steinbruch, der südlich dem Dorfe am Waldesrande 200 M. ober- halb der nach Gfrellingen führenden Strasse gelegen ist, das Gestein theilweise zu Tage, das gleich wie der unter- liegende Jurakalk ein massig starkes (ca. 20^) Nordwest- fallen erkennen lässt. Bei Dornach ist neuerdings an der Strasse nach Hochwald, oberhalb den E-eben bei Punkt 384 (Blatt Gempen der Siegfriedkarte) der Kalksandstein ange- brochen worden, und ebenso südwestlich dieser Stelle auf der Höhencurve 360, am I^ordabhang des Hügels mit dem ßebberg genannt „im Graben". Der Ausbruch des Gesteins ist gegenwärtig noch nicht so weit fort- geschritten, als dass ein deutliches Fallen und Streichen der Schichten zu erkennen wäre, doch scheinen letztere concordant mit dem zunächst anstehenden Korallenkalk nach Westen, gegen die Birs hin, einzufallen. Fossilien sind bis jetzt keine zu Tage gefördert worden, doch lässt das Gestein, ein hellgelber, z. Th. grobkörniger Kalksandstein, keinen Zweifel darüber aufkommen, dass derselbe nicht dem Meeressand angehören sollte. Eine spezielle Angabe von Fossilien aus den ehe- maligen Steinbrüchen von Dornach habe ich nirgends gefunden. Peter Merian erwähnt in seinem 2*^" Band der Beiträge zur Geognosie 1832 pag. 241 einfach, „dass sich bei Dornach eine ähnliche Bildung finde wie bei — 192 — Lörrach. Die Kalksandsteinbreccie , auf welcher die Steinbrüche angelegt sind, enthalten dieselben Haifisch- zälme und z. Th. dieselben Conchylien wie bei Stetten." Eine bis jetzt unbekannt gebliebene Stelle von Ab- lagerungen des Meeressandes liegt zwischen Ettingcn und Hofstetten auf der sogenannten Stapflen am Südostabhang des Witterswilerberges (Blatt Blauen). Oberhalb des sogenannten Büttenloches zweigt sich von der Landstrasse Ettingen-Hofstetten ein Fahrweg ab, der nach den von der Ettingergemeinde im Jahre 1883 neu angelegten, daher auf der Karte noch nicht einge- tragenen Stapflerreben führt. Dieser Weg schneidet, schräg zur Streichrichtung der Schichten, den Bergab- hang auf der einen Seite ca. 7^ — 1 ^- hoch an und entblösst so die tertiäre Ablagerung auf ungefähr 200 M. Länge. Die Schichten bestehen einestheils aus ziemlich harten gelben bis gelblich grauen Kalksandsteinen von mittelgrossem Korn, die in Säure heftig aufbrausen und zahlreiche, z. Th. ganz glashelle, durchsichtige bis 1 mm. grosse Quarzkörner, sowie eine Kieselgallerte hinterlassen, ganz gleich wie der Kalksandstein von Aesch, Dornach und Stetten. Diese harten Kalksandsteine finden sich be- sonders im untern, der Strasse zunächst gelegenen Theil des Weges, ihre Schichtköpfe ragen auch da und dort etwas höher oben aus der Yegetationsdecke des Waldes hervor; ' die grauen, durch die hervortretenden Quarz- körner rauh gewordenen Yerwitterungsflächen lassen nur bei näherem Zusehen das Gestein von dem Jurakalk unterscheiden. Sandigthonige Mergel, schiefrige Stein- mergel, hellgelber, quarzreicher Kalksand, mit festern Kalksandsteinen wechselnd, bilden den mittlem und obern Theil der Ablagerung , welche concordant mit den Schichten des Korallenkalkes unter einem Winkel von ca. 35^ nach Südwest einfällt. Im obern Theil des Weges, — 193 — etwas über halber Höbe des Bergabbanges, sieht man das Yon ferne schon durch seine hellgelbe Farbe auf- fallende Tertiärgebilde auf dem Korallenkalke aufliegen. Doch nicht der Kalksandstein oder die sandigen Mergel bilden die unterste und älteste Schicht, sondern eine Conglomeratbank von ca. 3 m. Mächtigkeit. Obwohl die- selbe nur unvollkommen entblösst, ist ihre Lage an der Basis des tongrischen Kalksandsteines eine unzweifel- hafte. Die Gferölle wohl gerundet, stammen von dem unterliegenden Korallenkalk, mit welchem dieselben so innig verbunden sind, dass eine deutliche Grenze, wenig- stens an jener Stelle nicht sichtbar ist. Die Mächtigkeit der gesammten Ablageiung lässt sich des ungenügenden Aufschlusses wegen auch nicht annähernd genau angeben, sie mag vielleicht 50 m. oder noch, mehr betragen. Von Fossilien fand ich bis jetzt nur: Ostrea callifera Lam. Pecten compositus Goldf. — pectoralis Münst. Die beiden Pecten, von F. v. Sandberger bestimmt, sind für imsere Gegend neu. Sie fanden sich nur in wenigen nicht gerade schön erhaltenen Exemplaren Häufiger und zwar durch die ganze Ablagerung findet sich Ostrea callifera in so grossen und schweren Exem- plaren, dass die Unterschale oft 2 Kilo und mehr Ge- wicht erreicht. Diese Auster hat sich auch bei Aesch, Stetten und Rötteln gefunden, bei Dornach aber wie es scheint, bis jetzt noch nicht. Bei A. Andreae, Beiträge zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs, H. Theil, pag. 83—85, findet sich das Yerzeichniss aller bis jetzt bekannten Fossilien des Meeressandes von Kötteln, Stetten und Aesch, doch fehlt für Aesch die Angabe von Ostrea callifera, sowie 13 — 194 — von Lamna cuspidata Ag., deren Zähne sich im Basler Museum befinden. Gegen Westen von der obgenannten Aufschlussstelle am Weg nach den Stapflenreben, senkt sich das Terrain rasch zu einer mit Aeckern bedeckten p^iuldenartigen Yertiefung, die gegen Hinterbuch und Hommelrüti wieder ansteigt. Im Süden, gegen die Strasse, ist diese Mulde durch einen kleinen Hügel begrenzt, der durch horizon- tal liegende Korallenkalkschichten gebildet wird. Er trägt auf der Karte die Zahl 468 und ist durch einen Steinbruch aufgeschlossen. Die Tertiärschichten erscheinen nun in ihrer Fortsetzung gegen diese Terrainmulde wie abgeschnitten, doch die Beschaffenheit des Ackerbodens lässt vermuthen, dass dieselben bis gegen Hommelrüti hinauf in der Tiefe noch anstehen. Einzig die an der Basis der tongrischen Sandsteine liegende Conglomerat- scliicM erscheint in ihrer westlichen Fortsetzung am Südabhang des Witterswilerberges in den Stapften- und Hinterhuchrehen. Die Gerolle sind hier in Folge Bear- beitung des Bodens zu Haufen zusammengetragen worden; die grössten erreichen einen Durchmesser von einem Meter. Sie sind im Allgemeinen wohl gerundet, selbst auch die grossen, blockartigen ; die kleineren nuss- bis faustgrossen erscheinen oft fast kugelrund, meist sind sie ellipsoidisch ; flache Geschiebe, wie sie in Flussanschwem- mungen häufig sind, fehlen. Alle entstammen dem weissen Jura, solche, die dem braunen Jura, dem den Rücken des Blauen bildenden Rogenstein angehören könnten, habe ich bis jetzt nicht gefunden. Zwischen den Jurakalk- geröllen finden sich da und dort nur faustgrosse, graue, hin und wieder weiss gebänderte Jaspis, wie solche ja im anstehenden weissen Jura vorkommen. Die meisten Gerolle zeigen, wenn auch nicht tiefe, so doch deutliche Eindrücke und Rutschstreifen. Letztere sind offenbar die — 195 — Folge einer gegenseitigen Eeibung der Gerolle während einer spätem Dislocation. Wie oben schon erwähnt liegt das ganze Tertiär- gebilde, so gut es der nicht gerade sehr deutliche Auf- schluss zu sehen erlaubt, concordant auf dem unterliegen- den Korallenkalk. Dieser bildet am Witterswilerbero^ ein Gewölbe, dessen Schichten ungefähr von ÎT.-W. nach S.-O. streichen und mit 30^ — 35° einfallen. Am Hügel 468 liegt der Koralienkalk wieder horizontal und die geneigten Tertiärschichten scheinen an demselben abzu- stossen, was wohl die Folge einer kleinen Yerwerfung sein mag. Wie wohl ich bis jetzt in dem soeben erwähnten Conglomérat keine Fossilien gefunden, so glaube ich doch dasselbe als eine Strandbildung dem Meeressand, resp. der tongrischen Stufe zutheilen zu dürfen. Aehnliche Küstenconglomerate finden sich im ganzen Elsass längs den Yogesen bis in die Pfalz, sowie im Badischen längs des Schwarzwaldes. (A. Andreae: Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs, IL Theil, pag. 199 ff. Ueber das elsässische Tertiär und seine Petroleumlager. Bericht der S enkenb ergischen naturf. Gesellschaft 1886/87.) Aller- dings fand ich an einer Stelle eine Anzahl schöner, glänzender Bohnerze, so dass man geneigt sein könnte dieses Conglomérat der Bohnerzbildung, d. h. dem Eocän zuzutheilen, und Greppin (Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 8*® Lieferung pag. 155) erwähnt ähnliche im Berner Jura. Doch gestützt auf ein paar Bohnerze ist es wohl nicht erlaubt auf das Alter einer Ablagerung zu schliessen, da Bohnerze sich zu jeder Zeit bilden konnten. Yon Bohrmuscheln angebohrte Gerolle habe ich nicht finden können; Löcher zeigen die Geröllo häufig. — 196 — docli ist ihr Yorliandensein andern Ursaclien: Yerwitte- rung, Pflanzenwurzeln etc. zuzuschreiben. Gerolle mit Bohrlöchern finden sich zahlreich auf dem Korallenkalk aufliegend bei Ariesheim. In der Nähe des Schlosses ßirseck, unmittelbar ob den Reben und am Wege der am Schloss vorbei nach Rengersmatt führt, sowie südlich dieser Stelle in der Nähe der Hollenreben am Waldesrand, liegen die Gerolle gemengt mit Trümmern des Korallenkalkes, welchem die ange- bohrten GeröUe ebenfalls angehören. In keinem der Bohrlöcher fanden sich die Schalen der Bohrmuscheln, sie enthalten hin und wieder das kalkig sandige Material des tbngrischen Kajksandsteines, wie er z. B. bei Dornach ansteht und die Gerolle scheinen somit auch hier an der Basis der Tertiärbildung zu liegen. Aus der Form der Bohrlöcher zu schliessen, will Herr Prof. Dr. Karl Mayer folgende Arten erkannt haben : Lithodomus cf. delicatilus. Desh. Pholas cf. s ubtripartita. Desh. Jouannetia semicaudata. Des Moul. (Kurze runde Löcher mit engem Ausgang.) Dass die Gerolle als solche angebohrt w^urden, be- weist der Umstand, dass die vollständig gerundeten Ge- steinsstücke auch vollständige Bohrlöcher enthalten und ringsum angebohrt sind. Wohl sieht man häufig an einem Geröll nur das untere Ende von Bohrlöchern; dies rührt aber von der Abreibung während des Rollens her, doch zwischen diesen z. Th. verschwundenen Löchern finden sich wieder vollständig erhaltene, die einer spätem Ein- bohrung zuzuschreiben sind. Am Nordfuss des Witterswilerberges, unmittel- bar ob demDorfe Witt er s w il, stehen tertiäre Sandsteine in erheblicher Mächtigkeit an. Der Contact mit dem Jura - 197 — ist hier nicht sichtbar, auch habe ich bis jetzt noch keine Fossilien gefunden, doch darf die Bildung gewiss auch der tongrischen Stufe eingereiht werden. Die Sandsteine fallen concordant mit dem Jura 30^ gegen N.-O. ein; sie bilden eine nach Osten und Westen bald sich verlierende terrassenartige Vorstufe des Berges, in welche unmittel- bar hinter demDorfe ein Hohlweg, genannt „Steinhollen" eingeschnitten ist. Auf der Terrasse, von Wald umgeben, liegt ein kleiner Steinbruch (Höhencurve 380), aus wel- chem das tertiäre Gestein zur Beschotterung der Strassen gewonnen wird. Dasselbe ist hier nicht von gelber, son- dern von grauer Farbe, z. ïh. sehr feinkörnig, hart, und in diesem Fall einem Jurakalk sehr ähnlich ; z. Th. aber auch sandig, grobkörnig, in achtes Conglomérat übergehend. Die Grerölle, hier durchschnittlich klein, (die grössern nuss- bis eigross) entstammen dem weissen Jura und sind theilweise sehr fest vermittelst eines kalkig sandigen Bindemittels verkittet; sie bilden hier als wenig mächtiges Conglomérat das Dach der Schichten. Sämmtliche Sandsteine, auch die feinkörnigen, dicht aus- sehenden, lösen sich in Salzsäure leicht auf und hinter- lassen nebst einer Kieselgallerte zahlreiche Quarzkörner von 0,1 mm. bis 1 mm. und mehr Grösse. Bei Bättwil, am Westende desEebberges und ober- halb der Linie der Birsigthalbahn, beim äussersten Haus an der alten Strasse nach Flühen auf der Höhencurve 390, stehen tertiärer glimmerreicher Sand und Sandstein in kleinen Gruben an, die vom aufliegenden Gebirgs- schutt oft verdeckt werden. Die Schichten fallen hier, wie dies besonders an einer festen 30 cm. dicken Sand- steinschicht zu sehen ist, mit ca. 70^ nach Süden, also gegen den Berg ein, oder mit andern Worten, sie hangen nach Norden über. Aber auch diese Lagerung ist eine mit den Schichten des Jura concordante, denn 300 Meter — 198 — westlich dieser Stelle sind an der Station Flühen durch die Bahnarbeiten die Schichten des Jura am Fuss des Berges biosgelegt worden. Auf massige Korallenkalke, deren steiles mit 65^ — 70^ nach JST.-N.-O. gerichtetes Ein- fallen nur schwer zu erkennen ist, folgen deutlich ge- schichtete blaugraue und gelbliche Mergel, sowie dünnere Bänke von Kalk, ebenfalls steil aufgerichtet, ja z. ïh. nach Norden überhängend; doch betrifft dieses Ueber- hangen nur den obern Theil eines verhältnissmässig gering mächtigen Schichtcomplexes, während der un- tere Theil, sowie die weiter folgenden Schichten wie- der steil nach Norden einfallen, gleichwie auch eine Schicht von gelbgrauem, glimmerlosem tertiärem Kalk- sandstein, der am gleichen Profil noch zu sehen ist und durch einige Meter Schutt vom anstehenden Juragestein getrennt wird. Da bei Bättwil das tertiäre Gestein nur wenig tief (IY2 — 2 m.) aufgeschlossen ist, so wäre es möglich, dass das südliche Einfallen auch nur den obern Theil der steil aufgerichteten Schichten betreffen könnte. Trotz etwas abweichender petrographischer Be- schaffenheit (die Kalksandsteine von Witterswil, Ettingen (Stapflen), Aesch, Dornach etc. enthalten keinen Glimmer) sind die Sande und Sandsteine von Bättwil auch zum Meeressand zu zählen, vielleicht bilden sie aber den obern Horizont desselben, indem nicht weit von dieser Stelle gegen Norden hin, an der Bahnlinie blaugraue, lettige Mergel angeschnitten wurden, die schon dem nächstfolgenden Horizont, dem Septarienthon zuzutheilen sind. Der harte gelbgraue Sandstein, der theilweise knauerartig in dem gelben glimmerigen Sande eingebettet ist, theils fortlaufende Bänke bildet, enthält Pflanzenreste, besonders Blätter, die aber in Folge schlechter Spalt- — 199 — barkeit des Gesteins schwierig erhältlich sind. Es fanden sich besonders Eichen- und Zimmtblätter, von welchen einzelne Exemplare schon seit Jahren in unserem Museum liegen, die aber irrthümlicherweise als von Hofstetten kommend bezeichnet sind. Die Arten sind folgende: Quercus chlorophylla Ung. Derbe, lederige Blätter, an der Basis meist breit, rasch in dieselbe zulaufend; Ränder eine Strecke weit fast parallel; Spitze schlanker als die bei Unger Chloris protogaea Taf. 31 fig. 1 abgebildete Form. Quercus elaena Ung. Zahlreich und in yerschie- denen bald grössern, bald kleinern Formen, die theils mit fig. 4 Taf. 31 in Unger Chloris protogaea, theils mit fig. 11 und 14 Taf. 75 in Heer Flora tert. helv. übereinstimmen, oder aber auch ebenso sehr einem Quercus chlorophylla als Quercus elaena gleichen, so dass man sich fragen muss, ob nicht beide von Unger aufgestellten Arten in eine zu vereinigen wären. Cinnamomum polymorphum A. Br. Nicht voll- ständige, doch deutliche Blattreste. Cinnamomum Scheuchzeri Heer. Z. Th. schöne, grosse Formen, die durch ihre schlanke Gestalt der folgenden Art sich nähern. Cinnamomum lanceolatum Ung. Weniger häufig, doch in typischen, schlanken Formen. Daphnogene Ungeri Heer. Sehr schlanke, weiden- blattartige Form von 12 cm. Länge bei nur 11 mm. grösster Breite ; derb, mit 2 deutlichen, bis ungefähr auf ein Drittel der Länge hinaufsteigenden basilären Secundärnerven. Die obern Secundärnerven sind ver- wischt und ein Mittelstück eines solchen Blattes — 200 — könnte leicht für einen Blattrest von Echitonium Sopliiae gehalten werden. Dieses Blatt gehört wohl einer neuen Art Daphnogene an. (?)üiospyros myosotis ITng. Gleicht im Umriss fig. 15 Taf. 43 in Unger Foss. Flora von Sotzka, nur ist bei unserm Exemplar die Spitze etwas schlanker. Die Secundärnerven sind vollständig verwischt. Cassia phaseolites Ung. Nur ein einziges, nicht ganz vollständiges Blatt. Die obengenannten Pflanzen, resp. deren Blätter finden sich nach Heer durch die ganze schweizerische Molassebildung ; sie können uns also keine bestinmite Antwort auf die Frage nach dem Alter einer tertiären Ablagerung geben. Doch auffallend ist das Vorherrschen von schlanken Zimmtblättern, wie das auch noch in der nächstfolgenden Stufe, dem zum Septarienthon gehören- den blauen Letten der Fall ist, und fei:ner das häufige Auftreten von ovalen, ganzrandigen Eichenblättern. Ein Blatt von Quercus chlorophylla fand ich auch in den zwischen den Grypsschnüren liegenden Thonschiefern von Zimmersheim, welche dem Unteroligocän angehören. h) Die Schichten des Septarienthones. (Oberes Mitteloligocän. Blauer Letten.) Ueber den oben beschriebenen Schichten des Meeres- sandes liegt in der Umgebung von Basel eine Gebirgs- bildung, die allgemein als blauer L et te n bezeichnet wird. In der Stadt und deren nächsten Umgebung ruht derselbe überall unter einer mehr oder weniger mäch- tigen diluvialen Kiesdecke. Im tiefern Theil der Stadt, zu beiden Seiten des Birsig, stehen die Fundamente der Häuser in demselben, ebenso diejenigen der drei Rhein- — 201 — brücken innerhalb der Stadt und der Eisenbahnb rücke bei Hüningen, während die Yerbindungsbrücke der beiden Bahnhöfe auf Jüngern tertiären Bildungen zu ruhen scheint. Ausserhalb der Stadt tritt der blaue Letten bei St. Margarethen an den Ufern des Birsig zum Yorschein; bei der ïhonwaarenfabrik Allschwil, südwestlich der Stadt, am Nordfuss der die Rheinebene begrenzenden Hügel, wird er zu technischen Zwecken abgebaut. Bei Therwil im Dorfe liegt er überall in geringer Tiefe (3 — 6 m.) unter der Bodenfläche; auf ihm fliesst wie in der Umgebung der Stadt das die diluvialen und jungen tertiären Bildungen durchsetzende Wasser ab. Die Quellen der laufenden Brunnen sind an zwei verschiedenen Stellen im Osten des Dorfes, ungefähr auf der Höhencurve von 320 m. , an der Grenze der Cyrenenmergel und des blauen Lettens gefasst worden. Am Fuss des sogenannten „Stutz", zwischen Therwil und Ettingen bildet er die Basis der Cyrenenmergel; bei Benken am Fussweg nach der Egg und in absolut gleichem Niveau wie an der so- eben erwähnten Stelle, liegt er unmittelbar unter dem dort kaum 1 m. mächtigen diluvialen Lehm ; ebenso bei Fislis im Oberelsass, nicht weit von Pfirt. Ferner hat ihn die Birsigthalbahn uei Witterswil und Bättwil an- geschürft. Nirgends sieht man den blauen Letten auf den dem Meeressand angehörenden Schichten direkt aufliegen, doch das relativ steile Einfallen der letztern am Rand des Jura lässt schliessen, dass sie den blauen Letten unterlagern. Schon in geringer Entfernung vom Jura zeigen sämmtliche Tertiärschichten eine schwache Nei- gung gegen N.-O. Die blaugrauen Letten an der Bahn- linie von Witterswil zeigen einen Neigungswinkel von kaum 10°. In der Nähe der Stadt und in ihr selbst scheint die Lage eine etwas gestörtere zu sein, indem — 202 — am Birsig bei Binningen die Schichten mit 16^ — 17*^ gegen N.-N.-O. einfallen, während sie innerhalb der Stadt bei der Turnhalle, sowie am Rhein auf der Klein- Baslerseite, wo bei niederem Wasserstand die Schicht- köpfe von grauem Sandstein zu Tage treten, mit 15^ O.-S.-O. einfallen. Die Mächtigkeit der ganzen Ablagerung scheint eine sehr bedeutende zu sein, denn bei einem Bohrversuch am sogenannten Binninger Schutz, unterhalb St. Marga- rethen im Jahre 1770 hat man bei 192 Schuh Tiefe (ca. 57 m.) das Ende des blauen Lettens nicht erreicht; ebenso nicht in Kleinbasel zwischen der Rhein- und Utengasse bei 200 Fuss (60 m.), und im St. Albanthal, hart am Rheinufer, hat man bei Anlass einer Brunnen- bohrung im Winter 1888/89 in der Papierfabrik des Herrn Oser-Anker bei 57,4 m. den blauen Letten nicht durchsenkt. Das Gestein erscheint nicht durchwegs als blauer Letten, sondern häufig treten graue Sandsteine, die ge- wissen Abänderungen der mittelschweizerischen Molasse zum Verwechseln ähnlich sehen, an seine Stelle, .oder Sande, die dann wieder durch Aufnahme von Thonerde in die eigentlichen Letten übergehen. Schwefeleisen in Form von Pyrit und Markasit sind häufig im Letten wie im Sandstem eingeschlossen. Treten die blauen Letten an die Erdoberfläche, so werden sie in Folge Einwirkung von Wasser und Luft gelblichgrau. Ist der Letten fett, also wasserdicht, so wird nur eine äussere dünne Schicht verändert, ist er aber sandig, leichter Wasser durchlas- send, so geht die Farbenveränderung tiefer. Ueber die Stellung unserer blauen Letten im Oligo- cän herrschte bis jetzt etwelche Unsicherheit. Peter Merian (Darstellung der geologischen Yerhältnisse des Rheinthaies bei Basel) betrachtet sie als eine Facies des — 203 — Meeressandes, als den feineren Schlamm, der weiter von der Küste abgesetzt worden, ebenso Greppin (Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 8*® Lieferung). Beide ziehen dann eine viel höher gelegene Schicht grün- grauen Lettens mit Ostrea cyathula, die entschieden den Cyrenenmergeln angehört, zu den blauen Letten des Septarienthones. Umgekehrt stellt Grreppin ^) die blätter- führenden Sandsteine bei der obern Rheinbrücke (Wett- steinbrücke) am sogenannten Harzgraben zur untern Süsswassermolasse, zu seinem Delémontien, zu Schichten, die über den Cyrenenmergeln liegen. Albrecht Müller (Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 1*^ Liefe- rung pag. 43, und lieber das Grundwasser und die Boden- verhältnisse der Stadt Basel) betrachtet die blauen Letten als Süsswasserablagerungen, gestützt auf die gefundenen Pflanzenreste und das Yorkommen von Helix ruguiosa Mart. im St. Albanthal, bemerkt jedoch, dass gestützt auf den Fund einer Serpula auch marine Letten vorzu- kommen scheinen. Im Frühjahr 1887 entdeckte ich in den obern Schichten unseres blauen Lettens südwestlich der Stadt zahlreiche Schuppen eines häringartigen Fisches, dem Genus Meldta angehörend. In der Nähe des AUscJmilenveiJiers, un- mittelbar rechts vom Wege, der nach Neuwil führt, auf der Höhencurve 290 haben die benachbarten Ziegelhütten unter dem verschwemmten diluvialen Lehm, in jetzt z. Th. wieder verschütteten kleinen Gruben blaugrauen Letten ausgegraben. In der trockenen Luft spaltete sich derselbe in zahlreiche dünne, leicht zerbrechliche Blätt- chen, auf deren Spaltflächen die Melettaschuppen in grosser Zahl sich fanden. Ausserdem fanden sich eine grössere Ctenoidsclmx^pe und zwei Blättchen von Banhsla *) Observations géologiques, historiques et critiques. 1871^, - 204 — Deikeana Heer. Dieselben Melettascliuppen fand ich später in der westlich dieser Stelle gelegenen Lehm- grube der Thonwaar enfabrik Allschwil, wo die blauen Letten überlagert von diluvialem Kies und Löss, wie oben schon erwähnt, abgebaut werden. Die Melettaschuppen finden sich im Elsass an verschiedenen Punkten. Sie behaupten einen ganz bestimmten Horizont, denjenigen der FischscJdefer, in welchen sich nebst andern Fossilien auch eine Fistula- ria genannt Amplüsyle HeinricJd Heck, gefunden hat, daher sie auch AmpliisylescldcUen genannt wurden. Sie finden sich aber auch in esterreich, Bayern, Hessen etc. und sowohl durch die Fauna wie die Lagerung sind sie als gleichalterig mit dem Septarienthon des Mainzer- beckens erkannt worden. Andreae hat das Wichtigste über dieselben in einem besondern Kapitel, betitelt: „Die Amphisyle-Schichten im Elsass und am Oberrhein" zu- sammengefasst und ich verweise auf dasselbe. (Siehe Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs. IL Theil. Die Oligocänschichten im Elsass, pag. 149.) Ln benach- barten Habsheim fand ich im blaugrauen Letten ge- nau dieselben Melettaschuppen wie hier bei Basel. Schon Delbos und Köchlin-Schlumberger (Description géologi- que et minéralogique du Département du Haut-Rhin, pag. 73) erwähnen dieselben und bezeichnen sie als Meletta longimana lieckel. Mir scheinen sie z. Th. eher mit den beiHeckel fig. h und i Taf. XXV., Denkschrif- ten der k. Akademie der Wissenschaften, I. Bd., abge- bildeten Schuppen der jetzt lebenden Meletta Thrissa Yalenc. und mit denjenigen von Meletta sardinites Heck, übereinzustimmen. In gi'osser Zahl finden sich die Melettaschuppen in blaugrauen bituminösen thonigen Schiefermergeln nördlich von B r i s 1 a c h , an einem Weg, der auf das „äussere Feld" — 205 — führt, zwischen den Höhencurven 400 und 410. Der Schieferletten, 5° — 8^ südwärts einfallend, wird hier seit langer Zeit abgebaut um als Düngmittel für Wiesen und Felder verwendet zu werden. Hier liegt Ostrea callifera unter den Schiefern mit Meletta und auf dem Jura, der von Bohrmuscheln angebohrt ist. Doch nicht nur Melettaschuppen, sondern auch zwei Kopfstücke von Ampidsyle habe ich vergangenen Sommer dort gefunden. Sie stimmen vollständig mit den in unserer Sammlung liegenden von Buchsweiler im Oberelsass stammenden und als ximplüsyle Heinrichi Heck, bestimmten Exem- plaren überein, sind aber grösser als das bei Heckel abgebildete österreichische Exemplar, was Andreae für diejenigen von Buchsweiler und Froide-Fontaine eben- falls bemerkt. Ausserdem finden sich eigenthümliche, über 3 cm. lange, ungegliederte, nadeiförmige Stacheln, am untern Theil umgebogen, mit schaufelartiger Basis ; genau dieselben fand ich bei Habsheim. Es sind dies wohl die gleichen etwas räthselhaften Gebilde, die an verschiedenen andern Orten gefunden worden und die bei Andreae (1. c. pag. 156) als charakteristische unge- theilte Flossenstrahlen und radü hrancMostegi von Palae- orhjnchum erwähnt werden. Meines Wissens ist Amphisyle bis jetzt bei Brislach nicht gefunden worden. Peter Merian (Yerhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel 1860, 2^^'- Theil, 3*^« Heft pag. 345) erwähnt bei Anlass einer Vorweisung von Fischabdrücken aus den bituminösen Mergelschiefern von Pfirt, „dass die Sammlung in Basel Fischgräte von eigenthümlicher Gestalt aus ähnlichen Mergelschiefern von Brislach besitze und dass die fischführenden Mergel- schiefer sich demnach bis in das Birsthai auszudehnen scheinen." Diese eigenthümlichen Fischgräte sind, wie ich mich überzeugt habe, jene ungegliederten Flossen- — 206 — strahlen oder radii branchiostegi. Auch Greppm erwähnt Amphisyle und Meletta nicht. Auf Seite 166, Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 8*^ Lieferung werden von Brislach eine Anzahl Selachier aufgeführt (wahr- scheinlich sind deren Zähne gefunden w^orden) und Ci/- cloides (es sind w^ohl die Melettaschuppen gemeint). Erst Andreae (Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Ter- tiärs, II. Theil pag. 159) erwähnt von Brislach die ty- pischen Fischschiefer mit Meletta crenata Heck, und spricht die richtige Yermuthung aus, dass dort die Am- phisyle-Schiefer wie anderwärts über dem Meeressand liegen. Melettaschuppen finden sich auch in einem blau- grauen Letten südhch Laufen an einem Hügel genannt Eebacher, auf 370 — 375 m., wo seit 1886 für die Cement- fabrik in Laufen die Mergel abgebaut werden, und eben- so finden sich Melettaschuppen in gleicher Höhe wie an vorhin erwähnter Stelle in Letten und schieferigen Sandsteinen am Walüenbach. lieber all diesen Schichten mit Melettaschuppen und Amphisyle liegt westlich Brislach, am Weg nach dem Fichtenhof auf der Höhencurve von 400 m., ein Kilo- meter südwestlich der südwärts fallenden Fischschiefer von Brislach, in grünlich grauem Letten die dem Cy- renenmergel angehörende Ostrea cyatlmla Lam. Es bleibt somit über die geologische Stellung der blauen Letten von Basel und die marine Herkunft der- selben kein Zweifel. Die Letztere wird aber auch noch dargethan durch die Foraminiferen, die ich aus einer Reihe von Mergelproben verschiedener Orte aus- geschlemmt habe, nämlich vom Fundament des rechten Strompfeilers der Wettstembrüche, von der Schifflände, vom Marläplatz vor dem Rathhause, vom Birsig in der Stemenvor Stadt, von der Thonnmarenfabrik, AUschwü, sowie — 207 — von Benhen am Weg nach der Egg. Sie finden sich häufiger in den sandigen Letten als in den fetten an Quarzkörnern armen; aber auch in ersteren erscheinen sie relativ spärlich. Auch sind die Foraminiferen nur mit dem Mikroscop und nicht mit der Loupe sichtbar, da sie selten die Grösse von 0,2 mm. übersteigen. Leider fehlte mir die Zeit und das nöthige Yergleichungsmaterial um diese Foraminiferen näher zu bestimmen, doch glaube ich aus einer Yergleichung mit den bei Andreae abge- bildeten Arten, die den folgenden Genera zugehörende Formen erkannt zu haben: Textilaria, Bolioina, Trtmca- tulina, PtUvinuUna, Botalia; ferner ist überall häufig Glo- big erina bulloides d'Orb. Yiel reicher an Foraminiferen als unser blauer Letten sind die Mergelschiefer von Brislach. Andreae (1. c.) er- wähnt eine Anzahl aus denselben. Ich sah in einer ein- zigen Schlammprobe : Rotalia Soldanii d'Orb. PulvinulinaKiliani Andreae. Nonionina Buxovilliana Andreae. Truncatulina amphisyliensis Andreae. Textilaria inflata Andreae. Weniger zahlreich, ähnlich wie in unserm blauen Letten, fanden sich die Foraminiferen in dem blaugrauen Letten südlich Laufen am sogenannten Rebacker. Ausser den oben angegebenen Melettaschuppen und Foraminiferen fanden sich in unserem blauen Letten am Birsig bei St. MargaretJien mehrere Steinkerne einer Cor- hidomya, in der Form zwischen C. elongata und C. sphé- noïdes Sandberger stehend, mit ziemlich starken An- wachsstreifen. Sandberger hält sie für eine neue Art. So wäre denn die m a r i n e Herkunft unserer blauen Letten, die sich früher durch ein am Spalenberg gefun- denes Bruchstück einer Serpula nur vermuthen Hess, — 208 — ausser allen Zweifel gesetzt und wohl ebenso ihre Stel- lung zu den übrigen tertiären Ablagerungen. Die uns zugänglichen Schichten in der Umgebung der Stadt mögen etwas jünger sein als die Fischschiefer von Bris- lach, die unmittelbar auf den Schichten des Meeressand aufruhen, sie werden einem obersten Horizonte der Septarienthone angehören, also allerob erstes Tongrien repräsentiren. Die im St. Albanthal gefundene Helix riigidosa Mart. (Peter Merian, Yerhandlungen der naturf. Gesellschaft Basel, 1*^^ Band, 1^^^ Heft 1854, pag. 94.) gehört einer viel Jüngern Bildung an; wie wir später sehen werden ist in der Umgebung der Birsmündung und von hier nordwärts gegen Riehen, wie südwärts gegen Dornach, das ganze Tertiärgebilde tiefer gesunken als im Wes- ten der Birs, im Gebiet des Birsigs. Die in die blauen Letten eingelagerten Sandsteine enthalten nicht selten Blattreste und Stengelstücke. Beim Bau der Wettsteinbrücke im Jahre 1878 hat Greppin (Observations géologiques, historiques et criti- ques) folgende Arten gesammelt: Sabal haeringiana Ung. Puya Gaudini Heer. Cinnamomum Scheuchzeri Heer. Echitonium Sophiae Web. Yom Birsigbett ausserhalb der Stadt bei St. Marga- rethen sind mir von Prof. Dr. F. Burckhardt und seinem Sohne Dr. Rudolf Burckhardt eine Reihe von Blatt- resten zugekommen, die ich folgenden Arten zuge- theilt habe: Podocarpus eocaenica (?) Ung. Eine Nadel, wel- che fig. 14 Taf. 23 Ung. foss. Flora von Sotzka nahe steht, doch geht bei unserem Exemplar die Blatt- — 209 — fläche rasch in den Stiel über und läuft nicht allmälig in denselben hinunter. Cinnamomum polymorphum A. Br. „ spectabile Heer. „ Scheue h zeri Heer. „ lanc eolatum Ung. BanksialongifoliaEtt. Heer Fl. tert. helv. T. 99fig. 2. Echitonium Sophiae (?) Web. Blattrest. Eucalyptus oceanica Ung. Carya Heeri Ett. „ int egriuscula (?) Heer. Ein Blattrest, der aber gut mit fig. 18 Taf. 131 Heer Flora tert. helv. stimmt. Eine ziemlich reiche Flora lieferten die schon wieder- holt erwähnten blauen Letten der Thonwaarenfabrik Allschwil, auf der Karte ZiegelMUe genannt. Die Letten sind dort nördlich dem Wäldchen, genannt „Mösli", auf der Höhencurye 290 m. angeschnitten. Dieselben gehen nach oben in graue, sandige Mergel über und diese enthalten Sandsteinplatten und Knauer in nicht zusammen- hängender Schicht, reich an Blättern, sowie zahlreichen Kugeln von Markasit, die z. Th. ganz in Eisenoxyd- hydrat sich umgewandelt haben. Ueber dem blauen Letten liegt kein jüngeres Tertiärgebilde, die diluvialen Ströme haben alles abgetragen und es ruht daher auf demselben eine Kiesschicht von 2—3 m. Mächtigkeit. Diese Kiesschicht- steht in keinem Zusammenhang mit der tieferliegenden, welche die obere Terrasse der eigent- lichen Rheinebene von Basel bildet. Sie steht von ihr, in verticaler Richtung gemessen, wohl um 20 m. ab. Die obere Kiesschicht ist darum die ältere, die tiefere ist die jüngere und nicht umgekehrt. Dasselbe gilt auch für die noch höher gelegenen Kiesschichten der benach- barten und obcrelsässischen Hügel. 14 — 210 — lieber dem Kies der Thonwaarenfabrik Allschwil folgt eine ziemlich mächtige Lehm- und Lössbildung, in welcher eigenthümlicherweise Lehm und Löss wechselt. Das Profil jener Stelle ist folgendes: 1) 72 Iß- oder auch weniger, brauner Lehm (Ackererde). 2) 3—4 m. hellgrauer feinsandiger Löss, reich an Schnecken, in Säure stark brausend. Wird zur Ziegel- fabrikation nicht verwendet. 3) 3 m. brauner Lehm ohne Schnecken oder doch an solchen sehr arm; braust in Säure äusserst schwach; wird zur Ziegelfabrikation verwendet. 4) 1,5—2 m. hellgrauer sandiger Löss mit Schnecken; in Säure brausend; wird zur Ziegelfabrikation nicht verwendet. 5) 4 m. brauner Lehm ohne Schnecken; braust in Säure sehr schwach oder nicht; wird zur Ziegelfabrikation verwendet. 6) 2 — 3 m. Kies; oben sandig; an der Basis fliesst Wasser ab. 7) ca. 10 m. angeschnitten: blauer Lett, oben gelb- lichgrau, z. Th. sandig, mit blätterreichen Sandsteinen und Melettaschuppen, tiefer blaugrau mit Meletta- schuppen ohne Sandsteine; in Folge Einfliessen von Wasser und Abbau von unten her ist das ganze Terrain stark verrutscht und die genannten blätter- führenden Sandsteine zeigen oft Eutschflächen. Es sei noch bemerkt, dass die Grenze zwischen Lehm und Löss jeweilen eine haarscharfe ist und dass nicht ein allmäliger Uebergang stattfindet. Obige Yer- hältnisse habe ich nun seit drei Jahren beobachtet und sie sind trotz starkem Abbau gleich geblieben. Die Flora, welche ich aus einzelnen Gesteinsstücken erhalten habe, zeichnet sich vor allem durch den grossen Reichthum von Cinnamomumblättern aus und besonders — 211 — sind die schlanken Formen C. Scheuchzeri und C. lan- ceolatum äusserst häufig und oft schwer zu trennen. Ausser diesen Zimmtblättern erscheinen die Legumino- siten, besonders die dem Geschlechte Cassia angehören- den Formen in grosser Zahl. You den im Aquitan der mittelschweizerischen Molasse häufig erscheinenden Arten von Rhamnus, Cornus und Acer hat sich kein sicher be- stimmbarer Best gefunden. Die bis jetzt gefundenen Arten sind folgende: Podocarpus eocaenica üng. Sabal oder Chamaerops. Blattfetzen. Salix angustaA. Br. Häufig; in langen schmalen Formen, theils mit geraden, scharf zulaufenden, theils umgebogenen Spitzen. Einzelne breitere Stücke, welche die charakteristische Salixneryatur hin und wieder erkennen lassen, gehören vielleicht einer andern Art, S. longa oder S. elongata an. Mysica salicina Ung. Selten. Unger Sylloge plant. foss. Taf. 39, fig. 7. Quercus elaena Ung. Kleine, derbe, lederige Blätter, die im Umriss auch Cassienarten gleichen. Heer Flora tert. helv. Taf. 70 fig. 19. (?) Quercus apocynophyllum Ett. Zweifelhafte Blattreste, ohne sichtbare Secundärnerven. Im Um- riss übereinstimmend mit: Ettingshausen Tertiärflora Steiermarks Taf. H. fig. 15, Sitzungsberichte 60 Bd., I. Theil 1870. Ettingshausen Foss. Flora von Sagor I. Theil Taf. 4 fig. 19, Denkschriften 32 Bd. 1872. Ettingshausen Foss. Flora von Leoben Taf. HL fig. 11—12, Denkschriften 54 Bd. 1888. Diospyros brachysepala A. Br. Heer Flora tert. helv. Taf. 102 fig. 2. Cinnamomum polymorph um A. Br. Blatt und Frucht. Sehr häufig ; einestheils in schönen ovalen, i — 212 — zwar nicht grossen, doch typischen Formen ; andern- theils aber auch in schlanken dem Cinn. Scheuch- zeri Heer, sich nähernden Gestalten oder auch in solchen, die an Cinn. Buchi Heer, erinnern. Cinn am om um Scheuchzeri Heer. Sehr zahlreich in schlanken und stumpfen Formen, bald klein, bald gross; Uebergänge nach allen andern Formen. Ein- zelne besitzen ihre grösste Breite unterhalb der Mitte, ihre basilären Secundärnerven reichen kaum bis zur Mitte, die kürzere oder längere Spitze ist stets gleichmässig zulaufend. Diese letztern dürften vielleicht auch C. polymorphum zugetheilt werden. Cinnamomum lanceolatum Ung. Zahlreich, in typischen Formen mit schlanker Spitze, oft aber auch in Formen, die schwer von der vorigen Art zu trennen sind. Cinnamomum Buchi Heer. Seltener; dem C. polymorphum nahe stehend. Heer Flora tert. helv. Taf. 95 fig. 7. Cinnamomum retusum Fisch. Selten; etwas un- gleichseitig entwickelt. Daphnogene Ungeri Heer. Häufig, doch in schian- kern Formen als das bei Heer Flora tert. helv. Taf. 153 fig. 53 abgebildete Blatt; 7 — 8 cm. lang bei 9 — 10 mm. grösster Breite ; oft sichelartig gekrümmt ; basi- läre Secundärnerven schwach, oft kaum sichtbar, nicht bis zu 7^ der Blattlänge aufsteigend. Daphnogene sp. n. Häufig; schlanker als die vorige Art, basiläre Secundärnerven sehr schwach; über dem rasch zulaufenden Blattgrund die Ränder eine Strecke weit beinahe parallel laufend, 6 mm. breit, 8 cm. lang ; oder schmäler und dann kürzer, selten breiter und dann länger. Sind die' basilären Secun- därnerven verwischt, so sieht das Blatt ähnlich Eu- — 213 — calyptus haeringiana Ett. Foss. Flora yon Haering Taf. 28 fig. 2-25; Heer Flora tert. helv. Taf. 154 fig. 15 ; Heer Braunkohlenpflanzen von Bornstädt Taf. 4 fig. 14. Die kleinen Foriaen sehen den Callis- temonblättchen Ettingsh. Foss. Flora Yon Haering Taf. 27 fig. 13 — 14 im Umriss sehr ähnlicli. Banksia Deikeana Heer. .Selten; aus den schief- rigen Letten beim Allschwilerweiher mit Meletta. Bumelia Oreadum üng. Selten, Ettingsh. Foss.^'Flora von Sagor II. Taf. 13 fig. 13. Denkschriften 37 Bd. 1887. (?) A poc ynophy llum angustum Ett. Nur der obere Theil des Blattes ohne sichtbare Secundärnerven, daher schwer bestimmbar; gleicht Ettingsh. Foss. Flora von Sagor II. Taf. 12 fig. 13. (?) Labatia salicites Web. Nicht selten; besonders die schlanke Blattbasis, die auch an Echitonium cus- pidatum Heer. Flora tert. helv. fig. 5 Taf. 154 er- innert; das ganze Blatt hat viel Aehnlichkeit mit L. salicites Web. Palaeontographica YL Taf. 28 fig. 2 und 3, mit dem Unterschiede, dass unsere Exem- plare etwas breiter sind. Echitonium Sophiae Web. Schmale, derbe Blätter und Blattstücke, die bei mangelnden sichtbaren Secundärnerven schwierig richtig zu deuten sind. Eucalyptus oceanica üng. Nicht selten, leider ist die charakteristische Eandnervatur der Eucalypten- blätter nicht sichtbar, gleicht aber den in verschie- denen Floren abgebildeten Arten, üng. Foss. Flora von Sotzka Taf. 57 fig. 1-13. Ettingsh. Foss. Flora von Sagor I. Taf. 17 fig. 10—18. Ettingsh. Foss. Flora von Sagor IL Taf. 32 fig. 16. Celastrus Andrem cdae üng. Selten. Heer Flora — 214 — tert. helv. Taf. 122 fig. 2. Unger Foss. Flora von Sotzka Taf. 51 fig. 2—10. Ilex stenophylla Ung. Syllog. plant. Foss. Taf. 3 fig. 20. Chloris protogaea Taf. 50 fig. 10 u. 11. Rhamnus sp. Ein nicht näher bestimmbarer Blattrest. (?) Robinia Regeli Heer. In der Form ganz gut mit fig. 20—26 Heer Flora tert. helv. übereinstimmend, doch derber, vielleicht eine Banksia oder Quercusart. Cassia lignitum Ung. Nicht selten, doch oft schwer von andern Cassia -Arten zu unterscheiden. Cassia Bérénices Ung. Nicht häufig. Heer Flora tert. helv. Taf. 137 fig. 42—56. Unger Foss. Flora von Sotzka Taf. 64 fig. 4—10. C as si a Fis eher i Heer. Selten. Cassia hyperborea Ung. Selten. Cassia phaseolit es Unger. Ungemein häufig und oft schön erhalten. Ung. Foss. Flora von Sotzka Taf. 63 und 64. Heer Flora tert. helv. Taf. 137 und 138. Da- zu stelle ich eine schmale Form, die bis jetzt nir- gends abgebildet. Leguminosites Proserpinae Heer. Häufig, doch nicht immer mit der ausgerandeten Spitze deutlich erhalten, gleicht dajan einer Cassia lignitum. Grösse sehr verschieden. Heer Flora tert. helv. Taf. 138 fig. 50—55. Acacia parschlugiana Ung. Hülse nicht selten, aber meist nur in Bruchstücken. Heer Flora tert. helv. Taf. 139 fig. 45—59. c) Die Schichten der Cyrenenmergel. (Oberes Oligocän. Aquitanien.) Die dieser Stufe angehörenden Schichten finden wir an den Abhängen der Hügel zu beiden Seiten des Birsigs, — 215 — südlicli der Stadt Basel, beiBottiningen, Oberwil, Ther- wil, Biel, hin und wieder blosgelegt. Sie bestehen theils aus Mergeln, theils aus Sauden und Sandsteinen, die bald im Süsswasser, bald im Brackwasser oder im Meere nieder- geschlagen wurden. Die Brackwasserbildungen scheinen vorzuherrschen. Einen ganz bestimmten Horizont behauptet eine Schicht von graugrünem Letten 2—3 m. mächtig, reich an Ostrea cyatlmla Lam. Sie lässt sich vom sogenannten Stutz zwischen Therwil und Ettingen bis nach Bottmin- gen auf eine Länge von ca. 4 Kilometer verfolgen. Yom südlichsten Punkte am Stutz bis Bottmingen senkt sich die Schicht um ca. 30 m., was einem Neigungswinkel von kaum ^J2 Grrad entspricht; doch gibt dieser Winkel nicht das richtige Fallen an, da letzteres nicht ein nörd- liches, sondern nordöstliches ist. Unter dieser Lettschicht mit Ostrea cyathula sind an verschiedenen Stellen die Tertiärschichten mehr oder weniger gut entblösst, sie enthalten die Fossilien der Cyrenenmergel. Am Stutz weg, der sich von der Landstrasse Therwil -Ettingen bei Punkt 315 abzweigt und in südöstlicher Eichtung auf das sogenannte Hochfeld hinauf- führt, lässt sich das tertiäre Gestein am Südrand des Weges, welchem entlang ein kleines Wässerlein fliesst, beobachten. Unten liegt von herabgeschwemmtem Sand und Lehm bedeckt, blauerLett, gleich demjenigen von Basel. Höher, ungefähr von der Höhencurve 330 m. an, folgen bis zu 340 m. gelbe Sande und Sandsteine. Aus ihnen konnte ich erhalten: Cerithium plicatum Lam. C orbulomya sp. Corbula cf. Henkeliusiana Nyst. Syndosmya elegans Desh. CyrenaBrogniarti Bast. — 216 — Die Schalen sämmtlicher Fossilien sind sehr zer- brechlich und schwierig zu erhalten. Sie bilden im Sand oft weisse Streifen, doch bei der Berührung zerfallen sie. Ueber diesen Sanden und Sandsteinen folgen, z. ïh. Yon Ye2:etation bedeckt. Süss wasserkalke und Mer- gel ca. 2 m. mächtig. Die Susswasserkalke, die auf dem Wege herumliegen und z. Th. weit hinunter verschleppt sind, zeigen meist graue Farbe, enthalten zahlreiche Poren und Löcher, sind oft sehr hart, dann reich an Kieselerde, die sich beim Losen mit Salzsäure als Gal- lerte ausscheidet. Aus diesem Süsswasserkalk konnte ich folgende Fossilien erhalten: Limneus pachvgaster Thom., z. Th. etwas schlanker als die bei Sandberger abgebildeten. Piano rbis cornu Brogn. Hydrobia ventros a Monf. (:= Litorinella acuta Drap.) ffleich den bei Sandberorer Conchvlien des Mainzer Tertiärbeckens, Taf. TL, fig. 9^, 9'^ und 9*\ abgebil- deten Formen. Cyrena Brogniarti Bast. Cyrena semistriata Desh. Yar. major Sandb. Conchy- lien des Mainzer Tertiärbeckens, Taf. 26, fig. 3. Dreissenia cf. ungui culus Sandb. Einzelne nähern sich durch ihre Form und durch ihre mit ziemlich dickwandigen . deutlichen Anwachsstreifen yersehenen Schalen der D. Basteroti Desh.; Schloss undeutlich entblösst. Reich ist dieser Süsswasserkalk an Charasamen, die mit Ohara petrolei Andreae, Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs, Taf. 5, fig. 11, am besten überein- stimmen. Ueber diesem Süsswasserkalk folgt dann die Lett- schicht mit Osirea cyaihula, welch* letztere auf den Aeckem, besonders beim Umgraben der Bäume gefunden — 217 — wird. Pas obere î^lyeau dieser Schiclit mag in der Nähe der Höhencurve von 350 m. sich finden. Heber derselben zeigt sich kein anstehendes tertiäres Gestein mehr^ diluvialer Lehm bedeckt dasselbe. Geht man von dieser Stelle aus nordwärts, so findet man die Ostrea cyathula eingebettet in.graugrunen Letten in einem Hohlweg am sog. „Löli" auf der Hobencurye Yon 340 m. Der IVeg führt Ton der Strasse Therwil- Keinach über das sog. Hochfeld nach Laufen. Es ist dies die Stelle, an welcher Ostrea cyathula schon seit langer Zeit gefunden wurde und Ton welcher all' die Exemplare mit dem Fundort Therwil bezeichnet, stammen. In früheren Zeiten hat man die Letten hier abgebaut. Unter denselben hegen, kaum entblösst, glimmerige Sande und Sandsteine, in welchen ich bis jetzt keine Fossilien gefunden; über denselben ähnliches Gestein; auf der Höhencurve Yon 350 m. aber erscheinen Süsswasserkiesel mit Limneen und Planorben, den wir andern Ortes auch wieder begegnen. Unmittelbar östlich dem Dorfe Therwirl, oberhalb der beiden äussersten Häuser, am Weg des sog. Fichten- rains, sind die CTrenenmersrel auch blossrele^t. Wir treffen da zunächst, ca. 10 m. mächtig, gelbe glimmer- reiche Sande, hin und wieder mit Sandsteineinlagerun- gen, stellenweise reich an Fossiüen, die wir weiter unten anführen. IT eher diesen Sauden liegen ca. ^,^2 m. mächtis:. srelborraue, thonisre Mers^el mit- weissen Kalk- concrétion en. An der Basis dieser Alergel, also auf den Sauden, liegt ein dünnes Band bituminöser Kalkschiefer mit zerdrückten Planorben und denselben Charasamen wie im Süsswasserkalk Yom Sturz. Diese Mergel sind als das Aequiyalent des letztgenannten zu betrachten, denn wenig höher folgen graue und graugrüne Letten mit Ostrea cyathula. Ueber diesen Letten foliren dann — 218 — fossilfreie, glimmerreiche, graue und gelbe Sande und schieferige Sandsteine, wohl 10 und mehr Meter mäch- tig und auf der Höhencurve von 360 m. im Fichten- rainholz liegen die Süsswasserkiesel mit Limneen und Planorb en. In den zuerst erwähnten Sauden, also unter den Letten mit Ostrea cyathula, finden sich hin und wieder grauweisse, unregelmässig verlaufende, Fossilien führende Sandstreifen, besonders reich an zerbrechlichen Schalen- von Gasteropoden, welche sämmtlich stark gerollt er- scheinen, indem die Sculpturen mehr oder weniger ver- wischt sind. Es fanden sich: 1) Zahlreiche Schälchen von Ostracoden (Cypris?) von kaum 1 mm. Grrösse; die einen hellbraun, glatt, andere braun, durch Grübchen fein punktirt, wieder andere, seltener als die vorigen, schwarz, mit grossen und tiefen Gruben, so dass die Oberfläche netzartig sculptirt erscheint. 2) Nematura Pupa I^yst. 3) Cerithium Lamarkii Desh. 4) „ plicatum Lam. 5) „ CO nj unctum Desh. 6) „ submargaritaceum A. Braun. 7) „ B oblay ei Desh. 8) Scalaria pusilla Phil. 9) „ n. sp. Mit weniger, höchstens acht und stärkern quer auf die Windungen ver- laufenden Rippen als an voriger Art. 10) Sandbergeria cancellata Nyst. 11) Turbonilla subulata Merian. 12) Bullina minima Sandb. 13) Oorbulomya nitida Sandb. 14) C rbula sp. 15) Sphenia sp. — 219 — Nördlich, ca. V^ Kilometer von der soeben beschrie- benen Stelle, im sog. Kaibhölzli,^) an einem Fahrweg der auf das Bruderholz führt, sind die Tertiärschichten auch biosgelegt. In halber Höhe des Weges, auf ca. 335 m., liegt die Lettschicht mit Ostrea cyathula ca. 3 m. mäch- tig. Höher folgen fossilleere glimmerreiche Sande mit Mergelknauern und Kalkconcretionen, welche oft ganz mehlig aussehen. Ganz oben finden sich wieder die Süss- wasserkiesel. Unter der Schicht mit Ostrea cyathula liegen ähn- lich wie am Fichtenrain Sande und Sandsteine, letztere etwas schiefrig. Die Mergelschicht mit dem Süsswasser- kalk konnte ich hier nicht mehr beobachten. Doch ca. 3 m. unter der Lettschicht liegt eine wenig mächtige linsenartige Einlagerung von thonigem Kalksandstein, der in einen compacten, weissgrauen, thonigen Kalk übergeht. In dem Kalksandstein fanden sich die folgen- den Fossilien: 1) Unterkiefer eines acrodonten Reptils; 16 mm. lang, hinten mit grossem stumpfem Zahn, vor diesem 10 — 11 kleine spitze Zähnchen. Diese Unterkiefer zeigen Aehnlichkeit mit Dracaenosaurus Croüeti Grerv. (Zool. et Paléontolog. française. PL 64, fig. 5—8) aus dem untern Miocän der Limagne (Puy de Dome). Mit den Unterkiefern kommen zahlreiche braune Hautfetzen vor, die ebenfalls einem Eeptil angehört haben müssen. Dieselben Hautfetzen finden sich auch in dem bituminösen Kalkschiefer am Fichtenrain über 1) Auf der Karte (Blatt Therwil) ist das Kaibhölzli nordöst- lich von Therwi] unrichtig angegeben. Das Kaibhölzli ist der kleine Waldcomplex, in welchem die Buchstaben „Hint" des Wortes Hinterbergholz stehen und am Südrand dieses Waldes führt der obgenannte Fahrweg auf die Höhe. — 220 — den Banden und unter dem Letten mit Ostrea cva- thula. Sie zeigen sehr kleine, in Reihen geordnete, ovale Schuppen. 2) Cerithium plicatum Lam. Yar. pustulatum A. Braun. 3) „ plicatum Lam. Yar. multinodosum Sandb. 4) „ arcuatum Sandb. 5) „ Lamarkii Desh. 6) Turbonilla subulata Merian. 7) Hydrobia ventrosa Monf. (■= Litorinella acuta Drap.) 8) Modiola angusta A. Braun. Y on Pflanzen fanden sich : 1) Ohara ähnlich den oben angegebenen vom Fichten- rain und Statz. (Ohara petrolei? Andreae.) 2) A s p i d i u m cf. elongatum Heer. 3) Myrica salicina Ung. 4) Oinnamomum Scheuchzeri Heer. 5) Banksia helvetica Heer. In den Sauden, in welchen dieser Kalksandstein mit den soeben erwähnten Fossilien liegt, fand ich auch eine Ostrea cyathula. Ihr Yorkommen scheint sich also nicht ganz allein auf die höher liegende Lettschicht zu be- schränken. Im Jahre 1868 habe ich Herrn Rathsherr Peter Merian eine Anzahl Fossilien von den beiden erwähnten Lokalitäten, Kaibhölzli und Fichtenrain übergeben. Peter Merian hat darüber in den Yerhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel, 5*^^' Theil, 2*^8 Heft, pag. 252 ff., eine kleine Notiz veröffentlicht und hat, gestützt auf die Fossilien, die betreffenden Schichten den Oyrenmergeln eingereiht, ohne aber zu wissen, dass die Lettschicht mit — 221 — Ostrea cyathula höher liegt. Er stellte darum Ostrea cyathula von Bottmingen, wo ausser Cerithium plicatum andere Fossilien der Cyrenenmergel nicht gefunden wurden, hinunter in die Schichten des Meeressandes. Was die bei Peter Merian (1. c.) angegebenen Fossi- lien betrifft, so ist die yon ihm erwähnte Bullina exerta Desh., nach brieflicher Mittheilung yon F. von Sandberger, welcher die Originale gesehen, als Bidlina minima Sandb. zu bezeichnen und ferner sind die Kinnladen kleiner In- sektenfresser, nach genommener Einsicht von Herrn Prof. Pütimeyer, die oben erwähnten Peptilunterkiefer, von welchen ich besser erhaltene neuerdings gefunden habe. Am Rütiacker bei Ob erwil, 600 m. nördlich vom Kaibhölzli, am Westabhang des Bruderholzes, wenige Schritte von der Landstrasse Therwil-Bottmingen ent- fernt, ist eine Sandgrube eröffnet. Hier zeigen sich die- selben Yerhältnisse wie an voriger Stelle. Unten sind auf ca. 8 m. gelbe, glimmerige Sande angeschnitten. Diesen Sauden sind eingelagert Sandsteine, knauerartig oder dünne Bänke bildend, ferner graugrüne Mergel- knollen und weisse Kalkconcretionen, die aussen oft ganz mehlig sind, während sie innen einen festern kristalli- nischen Kern besitzen; sie bilden unregelmässige Lagen. In den Sandsteinen fanden sich : Cinnamomum S cheuchz eri Heer. „ lanceolatum Ung. „ retusum Fisch. lieber den Sauden auf der Höhencurve von 330 m. liegen graugrüne Mergel, in ihrer untern Parthie mit gelbem Sand wechselnd; sie enthalten Ostrea cyathula Lam. in grösserer Zahl. Eine solche fand ich auch hier gleichwie am Kaibhölzli in den untern Sauden. Die höher liegenden Schichten sind mit Yegetation bedeckt. Ganz oben, auf der Höhencurve von 340 m. liegt dilu- — 222 — vialer Kies mit Lehm bedeckt. Es ist dies eine Kies- schicht, die sich von hier, immer in gleicher Höhe lie- gend, bis Binningen, oberhalb dem Hause genannt Wald- eck, verfolgen lässt und an welche sich dort eine etwas tiefer gelegene, diejenige von St. Margarethen, anlehnt. Yon Oberwil bis Binningen ist das tertiäre Gestein nirgends ordentlich aufgeschlossen; Sande und Mergel lassen sich niy hin und wieder beobachten. Bei Bottmingen hat man in frühern Zeiten, viel- leicht schon im vorigen Jahrhundert, einen grauen Letten abgebaut und dabei ist Ostrea cyatlmla in grösserer Zahl zum Vorschein gekommen. Schon in Bruckner's Merk- würdigkeiten der Landschaft Basel vom Jahre 1761 ist sie sehr gut abgebildet; die Originale liegen noch im Basier Museum. Knorr hat sie dann in seiner Natur- geschichte der Yersteinerungen 1768 schlecht nachge- zeichnet. Wir finden später bei Goldfuss^) auch Bottmin- ger-Exemplare sehr gut abgebildet; er nannte sie Ostrea crispata. Peter Merian bezeichnete gewisse Yarietäten mit verlängertem und gebogenem Schlossfeld Ostrea arca. Die Lettengruben von Bottmingen befanden sich, wie ich durch Nachfragen erfahren konnte, nordwestlich vomDorfe, auf der linken Seite desBirsig, oberhalb der Strasse Oberwil-Binningen, am Eingang in den sog. Fuchshag auf 320 m.; noch heute heisst die Stelle „in den Lettengruben" ; sie ist mit Wald bewachsen, doch die Bodenoberfläche lässt die ehemaligen Gruben noch erkennen. Es besteht kein Zweifel, dass die Letten von Bottmingen mit Ostrea cyathula derselben Schicht ange- hören wie diejenigen von Oberwil und Therwil, und dass sie daher wie jene den Cyrenenmergeln und nicht ») A. Goldfuss, Petrefacten DeutscMands, II. Theil, Taf. 77, fig. 1 , — 223 — dem Meeressand, wie bisher iramer angenommen wurde, zugetheilt werden müssen. Die ganze Mächtigkeit der Cyrenenmergei zwischen dem blauen Letten (Septarien- thon) und der Schicht mit Ostrea cyathula beträgt bei TherAvil ca. 20 m. Nehmen wir als obere Grenze des blauen Lettens bei Binningen die Höhencurve 290, wie dies z. B. bei der Thonwaarenfabrik Allschwil der Fall ist, so liegen die Letten mit Ostrea cyathula bei Bott- mingen 30 m. über jenem, und bei gleichbleibender Nei- gung der Schichten ergibt sich wieder eine Mächtigkeit von 20 m. für die Cyrenenmergei in der Gegend von Bottmingen und Binningen. Ausser der Ostrea cyathula führt Peter Merian von Bottmingen noch an: Cerithiumplicatum Lam. Baianus miser Lam. Mytilus acutus Mer. Letzterer, in unserer Sammlung liegend, zeigt nur die Aussenseite der linken Schale und ist etwas zerdrückt, so dass es fraglich ist, ob er vielleicht nicht einer schon be- schriebenen Art angehört. Das Gestein, in welchem derselbe liegt, ist ziemlich dunkel blaugrün, so dass es unserm blauen Letten in der Farbe sehr ähnlich sieht, doch enthält es zahlreiche Trümmer von Cerithien, Hydrobien und Zweischalern, was im blauen Letten nie der Fall ist. Yon Pflanzen fanden sich: Myrica salicina Ung. Quercus chlorophylla Ung. Ilexstenophylla Ung. Gestützt auf all' die genannten Fossilien, wäre man durchaus nicht gezwungen, wenn auch die stratigraphi- scheu Yerhältnisse nicht so klar liegen würden, ein höheres Alter für die Letten von Bottmingen, als das der Cyrenen- mergei, anzunehmen. — 224 — Auch an auderü Orten kommt Ostrea cyathula in den Cyrenenmergeln vor, wie z. B. bei Kolbsheim bei Strassburg u. a. m. (Sandberger, die Concliylien des Mainzer Tertiärbeckens, pag. 379) ; sie ist also durchaus kein Leitfossil des Meeressandes, insbesondere für unsere Gegend, wo meines Wissens weder bei Stetten, noch Dornach, noch Aesch etc. eine Ostrea cyathula gefunden wurde. Auch bei Brislach liegen die Letten mit Ostrea cyathula, wie früher schon erwähnt, derart, dass sie die Fischschiefer überlagern. Ausser bei Bottmingen ist die Ostrea cyathula auf der Westseite des Birsigthales nirgends mehr gefunden worden, doch treten in der Nähe von B i el auf der Höhen- curve 340 m. graugrüne Letten auf, welche genau im Niveau der Austern führenden Letten von Therwil liegen ; ich nehme sie als denselben angehörend an, wiewohl bis jetzt die Ostrea cyathula nicht darin gefunden wurde. Gegen das Birsthai und in diesem selbst tritt die Ostrea cyathula an verschiedenen Stellen auf. So z. B. südöstlich vom Schlatthof, am Südostrand des Hügels, in einem Rebberge, ca. 1 Kilometer westlich von Aesch auf 330 m. Sie liegt hier wie bei Therwil im grauen Letten eingebettet und ist überlagert von diluvialem Kies. 300 m. nördlich dieser Stelle treten am Fuss des Hügels auf 320 m., also unter der Schicht mit Ostrea cyathula, grauer Sand und Sandsteinknauer zum Yor- schein. Letztere enthalten viele Blattreste, besonders Cinnamomum Scheuchzeri Heer, und Cinnamomum lan- ceolatum Ung., ferner die Steinkerne von Zweischalern, wahrscheinlich Corbulomya und Thracia angehörend. Weitere 500 m. nördlich letztgenannter Stelle an der Nordostecke des Hügels vom Schlatthof und süd- westlich Reinach stehen in einer kleinen Sandgrube dieselben Sande und schieferigen Sandsteine mit Ceri- — 225 — thien und Blattresten (Cin. Scheuchzeri Heer.) wie bei Therwil und Oberwil an und wenig höher gegen Westen hin im sog. Leu (sollte heissen Lei ~ Lett oder Lehm( liegt in graugrünem Letten mit kleinen, weisslichen Kalk- concretionen Ostrea cyatlmla auf 320 m. Bei Dornachbrugg am linken Ufer der Birs, un- mittelbar unter der Wuhrbaute, liegt Ostrea cyatlmla am Flussniveau, bei hohem Wasserstand nicht sichtbar, in grauem, weichem Sandstein auf 280 m., eine ächte Bank bildend, üeber derselben liegen ca. 7 m. hoch ent- blösst Schichten von Sand, Sandsteinen und Knauern mit ca. 10^ N.-O. fallend, reich an Pflanzenresten, Stengeln, und Blättern, wie übrigens schon die an der Basis lie- gende Austernbank solche enthält. Es ist dies die vieler- orts erwähnte Blättermolasse von Dornach, die als Süss- wasserbildung zur untern Süsswassermolasse gestellt wurde. Möglicherweise ist die über der Austernbank gelegene Parthie eine Süsswasserbildung und gehört wie viel- leicht auch die an andern Orten über der Ostrea cya- thula gelegenen fossilleeren Schichten zum obersten Oli- gocän oder TJntermiocän, (nach Mayer oberes Aquitan,) also vielleicht zu Sandbergers Cerithien- und Land- schneckenkalk oder Blättersandstein. Die bis jetzt ge- fundenen Pflanzenreste sind folgende: Sabal major Ung. Salix angusta A. Br. Cinnamomum polymorphum A. Br. „ Scheuchz eri Heer. „ lanceolatum Ung. (?) Labatia salicites Web. Rhamnus Eossmässleri Ung. Cas si a ambigua Ung. Yergleicht man die Höhenlagen der Schicht mit Ostrea cyathula am Stutz bei Therwil, am Leu (Lei) bei 15 — 226 — Reinach und bei Dornachbrugg untereinander, so ergibt sich, dass die Schicht in östlicher (genauer in nordöstlicher) Richtung, gegen das Birsthai unter einem Winkel von beinahe 4^ sich senkt. Dieses östliche Einsinken der ter- tiären Schichten zwischen Birsig und Birs lässt sich auch bei Therwil beobachten, es zeigt sich dasselbe noch stärker bei Bottmingen, gegenüber den vorhin erwähnten Lettgruben, im sogenannten Gemeindeholz, wo gelber Sand und grauer Sandstein von diluvialem Kies über- lagert mit ca. 10^ gegen N.-O. einfallen und von grün- grauen Letten unterlagert sind. Am Schlüsse unserer Betrachtungen über die Cyrenen- mergel angelangt, will ich noch erwähnen, dass sich die Ostrea cyatlmla auch nördlich von Ariesheim ob den Reben in der Rüti, am Wege nach dem Reichensteiner- schloss auf 380 m. in gelbem, thonigem Sand vorfindet. In der thalartigen Mulde, südlich dieser Stelle, hat sich eine gerollte, abgeschliffene Ostrea calUfera gefunden. Der Meeressand scheint demnach auch hier in der Tiefe und höher oben gegen den Berg hin sich vorzufinden. In den Arlesheimer Reben steht da und dort graue Molasse an, wie wir sie weiter im Westen zwischen Birs und Birsig über der Schicht mit Ostrea cyathula finden. Die ter- tiären Bildungen scheinen demnach hier östlich von der Birs noch mit erheblicher Mächtigkeit vorhanden zu sein und unter ziemlich starkem Winkel gegen die Birs hin einzufallen. — 227 — 3. Miocäne Ablagerungen. Wie schon wiederholt erwähnt liegen über den Letten mit Ostrea cyathula graue Sande und Sandsteine, in welchen bis jetzt keine andern Fossilien als Blattreste (Dornach) gefunden worden sind. Ihr Alter ist daher unbestimmt. Yielleicht gehören sie z. Th. noch zu den oligocänen Ablagerungen (Cyrenenmergel) ; möglicher- weise sind sie aber schon untermiocän. Sie erreichen oft eine erhebliche Mächtigkeit, wie z. B. am Rebberg westlich Reinach 40 m. ; bei Therwil 20 m. Hiezu rechne ich auch die grauen, glimmerreichen Sande mit weissen Kalkconcretionen und einzelnen Knauern von Sandstein ob Biel und Benken. Wohin die Mergel, Sande und Sandsteine von Liebenz- weiler, Hagenthal, Neuwil, Hägenheim gehören, habe ich bis jetzt nicht ergründen können. Jedenfalls nicht zum Meeressand, wie Delbos und Köchlin (Description géol. et minéralog. du départ, du Haut-Rhin) annehmen und wie Andreae (Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs) auch glaubt. Mir scheint dies Gestein den Cy- renenmergeln anzugehören. Ueberall fallen die Schichten an den letztgenannten Orten schwach gegen Norden oder Nordosten. Yon Fossilien konnte ich bis jetzt nur ein- zelne Blätter, die bezüglich des Alters eben nicht viel zu sagen haben, auffinden. Solche fand ich oberhalb Liebenzweiler auf der Höhe von 395 m. am Südrand des „Eichwaldes" in einem mürben grauen Sandstein. Es sind dies: Alnus cf. nostratum Ung. Cinnamomum polymorphum A. Br. „ ^ Scheue h zeri Heer. „ Buchi Heer. „ spectabile Heer. Salix sp.? — 228 — Auffallend ist das Yorherrschen der breiten und das Zurücktreten der schlanken Zimmtblätter. Es scheint mir dieser Umstand auf ein jüngeres Alter als Meeres- sand und Septarienthon, also als Mitteloligocän hinzu- deuten, in welchen eben genannten Ablagerungen, wie wir gesehen, Cinnamomum Scheuchzeri und Cinnamomum lanceolatum entschieden dominiren. (Vergleiche auch Andreae, Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs, IL Theil, pag. 173.) Als oberste und jüngste Bildung der tertiären Ablagerungen finden wir südlich von Basel Süsswasser- k i e s e 1 von Faust- bis Kopfgrösse, braun, grau, oder auch röthlich gefärbt, z. Th. porös, z. Th. compact, mit glattem, ebenem oder flachmuscheligem Bruch. Sie werden von der Landbevölkerung als Feuersteine be- zeichnet und enthalten Limneen und Planorben. Yon letztern fanden sich in unserer Museums-Sammlung be- stimmt: Piano r bis declivis A. Braun. „ cornu (?) Brong. Diese Süsswasserkiesel finden sich besonders zahl- reich bei Therwil auf dem südlichen Theil des Bruder- holzhügels, im sog. Fichtenrainholz, im Hinterbergholz, im Froloh und in der AUmend ; ferner auch südlich von diesen Stellen auf dem Hochfeld im sog. Löli und dann oberhalb Benken ob den Reben gegen î^euwil. Yon Albrecht Müller (Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 1*® Lieferung) werden sie auch von Kloster- fichten (auf der Bruderholzhöhe südlich Basel) erwähnt. Sie würden dort, sofern sie wirklich anstehend sind, wohl 30— 40 m. tiefer liegen als bei Therwil, was aber nicht befremdend ist, da sich die Schichten in nordöst- licher Richtung einsenken. Die Süsswasserkiesel scheinen in gelben bis grauen - 229 — thonigen Mergeln eingebettet zu sein; ein deutlicher Auf- scliluss zeigt sich leider nirgends. Sandberger stellt sie in den Horizont der Hellx Ramondi und Helix rugulosa wie den Süsswasserkalk von Tüllingen, also in das untere Miocän, in den Landschnecken- und Cerithienkalk. Die Süsswasserkiesel finden sich vielfach zerstreut in Jüngern tertiären und in diluvialen Bildungen. So fand ich sie nicht selten in der ISTagelfluh vom St ein buhl ob Breitenbach, sowie in der Nagelfluh bei Grirlang (Grirlend) zwischen Erschwil und Beinwil. Sandberger (die Land- und Süsswasserconchylien der Yorwelt, pag. 449) erwähnt Süsswasserkiesel bei Breiten- bach, wo sie in Blöcken auf den Feldern liegen. Diese Süsswasserkiesel stammen wie viele andere Greschiebe der Felder von Breitenbach-Brislach ohne Zweifel aus der Nagelfluh, welche die Anhöhe zwischen Breitenbach und Meltingen wenigstens theilweise deckt und welche wie das unterliegende tertiäre Gestein nordnordwestlich einsinkt. Sie steht nicht weit ob Breitenbach an der. Strasse nach dem Steinbühl auf 490 m. an und enthält dort wie bei Steinbühl Süsswasserkiesel mitPlanorben gleich denjenigen vom Bruderholz südlich Basel. Ohne einer eingehenderen Untersuchung der ter- tiären Geröllablagerungen im Gebiete unseres Jura vor- greifen zu wollen, will ich hier nach meinen bis jetzt über dieselben gemachten Beobachtungen nur kurz Fol- gendes hervorheben: Die Nagelfluh von Steinbühl-Breitenbach, sowie von Girl an g enthält nebst den Süsswasserkie- seln auch Gerolle von Buntsandstein, welche auf einen Transport von Norden hinweisen. Sie enthält aber auch alpine Kalke, Gerolle, die dem Urgon und Seewerkalk entstammen, wie sie typisch in der Gegend des Yier- waldstättersee's anstehen (Mittheilung von Prof. Dr. C. — 230 — Schmidt). Diese deuten auf einen Transport von Süden. Ausserdem kommen Quarzporphyre vor, welche dem Schwarzwald oder den Yogesen entstammen können; ähnliche finden sich aber auch in der subalpinen Nagel- fluh. Dass Gerolle von Jurakalk vorhanden sind, wird nicht befremden. In der Nagelfluh von Sorvilier fehlen die Süss- wasserkiesel und Buntsandsteine, einzig ein Porphyr der bis jetzt nur in wenigen Exemplaren gefunden, zeigt Ueber- einstimmung mit dem ^^Forpliyr hrun'-'' (Elie de Beau- mont) wie er in den Yogesen am Rothhüttl ob Ober- burbach vorkommt und deutet möglicherweise auch auf Zufuhr von Norden. Jurakalksteine (weisser Jura) und tertiäre Süsswasserkalke aus der Stufe von Greppin's Delémontien stammend, von Pholaden häufig angebohrt, sind entgegen S tu der (Geologie der Schweiz, 2. Band, pag. 360) nicht selten; doch im Ganzen zeigt die Nagel- fluh in ITebereinstimmung mit Studer bezüglich ihrer Zusammensetzung grosse Aehnlichkeit mit der subalpinen. Die Geröllablagerung vom Bois de Raube hinter Delsberg besteht wesentlich aus Yogesengesteinen. Wir haben also im Jura, erstens tertiäre Geröllab- lagerungen, die zum grössten Theil vom Norden, den Yogesen hergebracht wurden (Bois de Raube), zweitens solche, die wesentlich vom Süden, aus dem Gebiet der Alpen stammen (Sorvilier), drittens solche, die sowohl vom Norden als vom Süden her zusammengetragen wurden (Steinbühl -Girlang) und endlich viertens solche, die nur im Jura ihren Stammort haben (Kalkconglome- rate der Bohnerzstufe und des Tongrien). Grep pin (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz, 8*^ Lieferung) lässt mit Ausnahme der Kalkconglomerate, die Nagelfluh des Jura von den Yogesen und dem — 231 — Schwarzwald herkommen und Früh^) spricht es ihm getreu nach, trotzdem Studer für Sorvilier dunkle Alpen- kalksteine erwähnt. Studer sagt aber nicht, diese Alpen- kalksteine seien in auffallend geringer Anzahl ver- treten, wie Früh falsch citirt und dann den Stammort dieser angeblich wenigen dunkeln Kalke im Purbeckien des mittlem und südlichen schweizerischen Jura sucht. Ausser den Süsswasserkieseln gehören zum Unter- miocän graue Mergel mit Helix rugulosa Mart., die beim Grraben eines Brunnens im St. Albanthal (P. Merian, Verhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel, 1*^^ Band, 1*^^ Heft, pag. 94) zum Yorschein gekommen sind ; ferner der Süsswasserkalk zwischen St. Jakob und Brügglingen (P. Merian, Bericht über die Yerhand- lungen der naturf. Gesellschaft in Basel III., 1836 — 1838, pag. 39) mit CJiara Meriani A. Br. Auch an der Birs, zwischen Mönchenstein und Dornach, westlich der Hof matt, steht Süsswasser- kalk an, der mit 10^ N.-O. einfällt und der wahrschein- lich auch dem Horizont der Helix rugulosa angehört. Bei seinen Untersuchungen für den Bohrversuch bei Bettingen hat Herr Dr. Y. Gilliéron am rechten Ufer des Kheines in der Nähe vom Hörnli, gegenüber vom Birsfeldhof, in beinahe horizontaler Lage einen Süss- wasserkalk entdeckt, der petrographisch durchaus mit dem von Tüllingen übereinstimmt. Auch sah ich aus demselben Gestein in seiner Sammlung eine Helix cf. phacodes Thom., die an andern Orten im gleichen Hori- zonte vorkommt, sowie zahlreiche Samen von Ohara Me- riani A. Br. Nach all dem Gesagten scheint der Boden im Ge- biet der Birs von Dornach bis Birsfelden und vielleicht ^) Beiträge zur Kenntniss der Nagelfluh der Schweiz, pag. 116 ff. — 232 — noch weiter nördlicli bis Lörrach tiefer gesunken zu sein, als Avestlich der genannten Linie. Doch deutet nichts auf eine Verwerfung, sondern blos auf ein stärkeres Einsinken. Das Yorkommen von Helix rugulosa im St. Alban- thal scheint dafür zu sprechen, dass im östlichen Theil der Stadt Basel die obern Tertiärschichten dem Unter- miocän angehören, während die Fundamente der Wett- steinbrücke noch auf dem blauen Letten, dem Mittel- oligocän stehen, wie die in demselben liegenden Fora- miniferen beweisen. Die Fundamente der Eisenbahn- verbindungsbrücke an der Birsmündung scheinen auf Süsswassermergeln zu ruhen, wie die im Museum liegen- den Gresteinsproben zeigen. Peter Merian (Yerhandl. der naturf. Gesellschaft, 5*^^ Band, pag. 390. Yorarbeiten für die Eisenbahnverbindungsbrücke) erwähnt graue, z. Th. gelbe und röthliche Mergel, also nicht blaue Mergel. Auf ein tieferes Einsinken gegen die Birs hin deuten ja auch die früher erwähnten Sandsteinbänke im Rhein unterhalb der Wettsteinbrücke, die mit 15^ g^ge^ O.-S.- 0. einfallen und ebenso, wenn auch nicht so deutlich, die bei der Birsigkorrektion in der Steinenvorstadt zu Tage getretenen Schichten, die mit 15^ gegen O.-S.-O- sich einsenken. Interessant sind die Aufschlüsse an den beiden Ufern des Rheines in der Gegend vom Hörnli, die aber nur bei ganz niedrigem Wasserstande sichtbar sind. (Siehe Y. Gilliéron: Sur un sondage de sel gemme. Compte rendu des travaux présentés à la soixante-dou- zième session de la société helvétique des sciences natu- relles réunie à Lugano. Archives des sciences physiques et naturelles. Octobre-Novembre 1889, und Dr. Y. Gillié- ron : Ein Bohrloch bei Basel. Yerhandlungen der naturf. Gesellschaft in Basel, IX. Bd.) Man sieht dort Muschel- kalk, Keuper, Lias vertical stehend. Nach einer kleinen — 233 — Unterbrecliung folgt das Tertiär ebenfalls vertical ge- stellt, das dann später (nur auf dem rechten Ufer sicht- bar) in beinahe horizontale Lage übergeht. Ueberall im Birseck, wo das Tertiärgestein in der Nähe des_ Jura zu Tage tritt, zeigt sich concordante Lagerung ; nirgends zeigt sich wirkliche Verwerfung der Schichten, sondern eine Verwerfung ohne Bruch, eine Abbiegung, eine sog. Flexur. Alles deutet darauf hin, dass in nicht grosser Entfernung von der Abbiegungs- stelle die Schichten auch in der Tiefe wieder in mehr oder weniger schwach geneigte Lage übergehen. 234 4. Jungtertiäre Ablagerungen. (Pliocaen ?) Gibt es in unserer nächsten Umgebung tertiäre Ab- lagerungen, die jünger sind, als die oben beschriebenen, die dem obern Miocän oder dem Pliocän angehören, Abla- gerungen, die kurzweg als praeglacial bezeichnet werden dürften ? Auf den Tertiärhügeln des Oberelsass, südwestlich von Basel, liegen Geröllmassen, die schon Elie de Beau- mont als zum Obertertiär gehörend bezeichnet hat. Del- bos und Köchlin in ihrer Description géologique du Départ, du Haut-Rhin, stellen dieselben wie die der Rheinebene zum Diluvium rhénan. Die höchst gelegene dieser Geröllbildungen findet sich auf dem Bergrücken zwischen Oberhagenthal und Bettlach auf 520—525 m. Die Ablagerung, 4 — 5 m. mächtig, ruht auf tertiären gelben Mergeln; sie enthält kein einziges Kalkgeschiebe, die Feldspathgesteine sind derart verwittert, dass es unmöglich ist, sie zu erkennen ; einzig erkenntlich sind Gerolle von Buntsandstein; die Hauptmasse der ganzen Kiesschicht bilden Quarzite und Quarzsandsteine verschiedenster Art. Auffallend sind zahlreiche, zersetzte Gerolle von weissgrauer oder gelb- licher fein spongiöser Masse, welche aus Kieselerde be- steht. Diese Gerolle zeigen eine gelbliche glatte Ober- fläche, sind sehr leicht, und erhalten, wenn sie feucht sind, durch den Schlag mit dem Hammer ein Loch ohne zu zerfallen. Das Bindemittel der Gerolle ist ein reichliches, lockeres, gelbes, thonig sandiges. Die grössern Gerolle erreichen in der Länge, Breite und Höhe 25, 20 und 15 Centimeter. Sämmtliche sind gut gerundet, einzelne ganz flach wie ächte Flussgeschiebe. — 235 — Ungefähr auf gleicher Höhe dieser Kiesablageriing, getrennt durch das breite Leimenthal, findet sich südlich der Landskrone, auf dem St. Annafeld bei Maria- st ein und auf dem Berg zwischen Hofstetten undBätt- wil im „Unter-Eichwald", aui 510 — 515 m., ein Rest einer ähnlichen Geröllbildung. Gut gerundete Quarzite und Buntsandsteingerölle liegen auf den Aeckern in ziemlich beschränkter Yerbreitung. Beide Stellen sind getrennt durch das tief eingeschnittene Thal Mariastein- Flühen. Es ist für mich keine Frage, dass dieser Rest einer einst bedeutendem Geröllbildung, die hier auf Korallen- kalk aufliegt, zur gleichen Zeit abgelagert wurde, wie diejenige von Ober hagenthal und vielleicht ein und dem- selben Flussbett angehörte. Unten im Leimenthal liegen auf den Feldern über- all vereinzelt gut gerundete Quarzite von Faust- bis Kopfgrösse, die unzweifelhaft diesen hochgelegenen Kies- ablagerungen entstammen. Im Bahneinschnitt bei Witters- wil liegt unter dem diluvialen Lehm und über dem ter- tiären Letten eine kleine Geschiebebildung, bestehend, in Folge kurzen Transportes, aus schlecht gerollten Jura- gesteinen; vereinzelt finden sich aber darin die stark gerollten Buntsandsteine und Quarzite von Hofstetten und Mariastein. Bei Oberwil, im Stallen, liegt auf 330 m. eine Kiesgrube in achtem diluvialem Rheinkies mit alpinen, jurassischen und Schwarzwald-Gesteinen. Die Decke die- ser Kiesschicht wird gebildet durch eine 1 — Vj-i m. mäch- tige Schicht von Jurakalkgeschieben, die meist nur nuss- gross und weniger gerundet sind, als die untenliegenden Rheingeschiebe. Unter diesen Jurageschieben finden sich wieder ganz vereinzelt die Quarzite und Buntsandstein- gerölle der oben erwähnten Ablagerungen von Hofstetten — 236 — und Mariastein. Das höhere Alter dieser letztern gegen- über der das Bruderholz südlich Basel bedeckenden Kiesschicht (denn zu dieser gehört der Kies bei Ober- wil) ist somit ausser Zweifel. 30 m. tiefer als bei Oberhagenthal, nämlich auf 490 m. liegt bei Bettlach eine zweite Greröllbildung von gleicher Beschaffenheit wie die erst beschriebene. Auch hier sind sämmtliche Feldspathgesteine vollkommen zersetzt, auch hier jene zersetzten Gerolle mit spongiöser Struktur, keine Kalkgeschiebe, doch wieder ächter Bunt- sandstein und die vielen Abänderungen von Quarziten und Quarzsandsteinen. Unter den Quarziten finden sich solche mit muscheligem, fast ebenem Bruch von grün- licher Farbe und fettglänzend; ferner mattschwarze, die von ferne einem dunkeln alpinen Kalk ähnlich sehen. Diese Kiesschicht von Bettlach tritt auch westlich Ober- hagenthal, am Wege nach Bettlach, auf derselben Höhe von 490 m. am Waldessaum zu Tage. Eine dritte, weit ausgedehntere Kiesschicht als die beiden vorhin genannten und wieder 30 m. tiefer gelegen, nämlich auf 460 m., erstreckt sich von Yolkensburg über Cäsarhof nach Werenzhausen. Bei Yolkensburg ist oben im Dorfe. eine Kiesgrube eröffnet. Die Erschei- nungen sind hier genau dieselben, wie an den früher genannten Orten. „S'isch olles fül" (es ist alles faul) sagen die Arbeiter, wenn man in einer solchen Kiesgrube die Gresteine zerklopft. Endlich eine vierte Ablagerung gleicher Art findet sich bei Neuwil (Neuweiler), sowohl gegen Benken als gegen Schönenbuch sich erstreckend und auf dem Tertiär aufruhend. Diese liegt aber 60 m. tiefer als die- jenige von Yolkensburg ; sie findet sich nämlich nur auf 390 — 400 m. Hier ist die Erscheinung um so auffallender, indem in geringer Entfernung bei Schönenbuch und — 237 — Wenzweiler auf 360 m. Kies mit alpinen und jurassischen Kalkgesteinen, Schwarzwaldporphyren und -Graniten an- steht, ganz gleich wie an der oben erwähnten Stelle bei Oberwil auf 330 m. Wenn auch einzelne Feldspathge- steine verwittert sind, wie das ja auch in den tiefer ge- legenen Geröllablagerungen der Kheinebene yorkommt, so sind doch sehr viele gut erhalten. Yon den vier genannten Geröllablagerungen ist offen- bar die oberste die älteste und die unterste die jüngste. Die y erticaldistanz beträgt für die drei obersten Schichten je 30 m., für die unterste und für die zunächst über ihr gelegene 60 m. Die Mächtigkeit der Schichten varirt von 4 — 5 m. Ueberall sieht man sie auf Tertiärgestein, Sandstein oder Sand und Mergel aufliegen. Wenn auch die Auflagerung nicht direkt sichtbar ist, wie z. B. bei Bettlach und Yolkensburg, so ist das Gestein doch in nächster Nähe anstehend. Auch nach dem Grade der Zersetzung der Gesteine erscheint die oberste Ablage- rung bei Hagenthal als die älteste und die unterste bei Neuwil als die jüngste. Während man bei Neuwil oft noch erkennen kann, dass das Feldspathgestein ein Por- phyr, ein Gneiss oder Granit war, ist dies für Hagenthal nicht mehr möglich. Ob die nordwestlich von Yolkensburg bei Knör- ringen, Berenzweiler, Hundsbach, sowie im Hlthal bei Roppenzweiler, Hirsingen, ferner bei Feldbach, Heimers- dorf vorkommenden Geröllablagerungen, deren Höhen- lage eine tiefere ist als diejenige bei Yolkensburg, ja theilweise als bei Neuwil, zu derjenigen von letzterm Orte , sowie von Yolkensburg -Werenzhausen gestellt werden müssen, bin ich nicht sicher. Es wäre möglich, dass eine spätere Dislocation jene Geröllbilduugen in eine etwas tiefere Lage gebracht hat ; denn verfolgt man die unzweifelhaft dem Kheindiluvium angehörenden Kies- — 238 — bänke in den kleinen Thaleinschnitten, die südlich Hä- singen, Hägenlieim, Allschwil in die ßheinebene aus- münden, so will es scheinen, als ob die Geröllschichten Yon Süden nach Norden, also gegen das Rheinthal um Weniges sich einsenken würden. Im Thal der 111 ist die Erscheinung eine ähnliche wie auf den Höhen ösllich demselben; doch findet man dort hin und wieder ein Kalkgeschiebe, so bei Roppenz- weiler, bei Feldbach, bei Heimersdorf (weiter westwärts bin ich bis jetzt nicht gekommen). Besonders auffallend sind gelblich graue Kalke mit sich kreuzenden Spalt- flächen, die an der Oberfläche elliptische Figuren bilden; es sind dieselben, die ich auch in der ostschweizerischen subalpinen Nagelfluh beobachtet habe. Als Gesteine, die ebenfalls in der subalpinen Nagelfluh vorkommen, sind noch zu erwähnen : blutrothe Hornsteine und rothe Yer- rucanoartige Gesteine, die nach Früh ^) dem alpinen Buntsandstein des Yorarlbergs entstammen sollen. Die- selben letztgenannten Gesteinsarten kommen aber auch bei Hagenthal, Bettlach, Yolkensburg, Neuwil Yor, so- wie in dem tiefer gelegenen ächten Bheindiluvium. Yer- rucano des Sernftgebietes finden sich nur in letzterem. Nach Delbos und Köchlin scheinen bei Nieder-Sept (Seppois le bas) die Kalkgeschiebe häufiger zu sein als an den östlich gelegenen Orten. Dass dieselben auch an diesen ursprünglich nicht fehlten, sondern durch die Ein- wirkung der Atmosphärilien verschwunden sind, obwohl in viel altern Geröllablagerungen (Steinbühl, Sorvilier) die Kalkgesteine noch vorhanden sind, will ich nicht be- zweifeln, daraufhin deuten die vollkommen zersetzten Feldspathgesteine, sowie gewisse ausgefressene Quarzite, ^) Dr. J. J. Früh: Beiträge zur Kenntniss der Nagelfluh der Schweiz, pag. 33. — 239 — die Kalkspath führten. Thatsache aber ist, dass wir westlich und südwestlich von Basel zweierlei durch ihre gegenwärtige Zusammensetzung verschiedene Geröllab- lagerungen haben. Die eine kalkarme oder sogar kalk- freie mit stark zersetzten Feldspathgesteinen, wesentlich nur aus Quarziten bestehende, behauptet den höhern Theil der oberelsässischen Hügel und zieht sich von Neuwil (390 m. unterstes iSTiveau) westwärts über das Thal der 111 bis Montbéliard (Delbos und Köchlin); die andere, an Kalkgeschieben und unzersetzten Feldspath- gesteinen reiche, geht nur bis 360 m. (Wenzwil) und zieht sich von dort nordwärts in der Richtung des jetzigen Rheinthaies gegen Blotzheim-Bartenheim. Auf der ge- sammten Hügelfläche zwischen den drei Punkten Barten- heim-Altkirch-Mülhausen findet sich keine Geröllabla- gerung, immer liegt der Lehm oder Löss unmittelbar auf dem Tertiär g estein. Die beiden, mit gegenwärtig in ihrer Zusammen- setzung verschiedenartigen Geröllmassen bedeckten Ge- biete sind somit, wenigstens theilweise, durch ein mit Gerollen unbedecktes Gebiet geschieden. Es muss also vor der Erosion der Thäler des ober- elsässischen Hügellandes eine Strömung, ein Rhein be- standen haben, der von Basel westwärts über Pfirt nach dem Saonegebiet sich bewegte und der erst später seinen heutigen Weg nach Norden genommen hat. Das letztere geschah in der Diluvialzeit und dass das erstere vor der Diluvialzeit geschehen, dafür haben wir allerdings keine positiven Beweise, keine Fossilien, doch sprechen so viele Erscheinungen dafür, dass Niemand daran gehindert wird, die Annahme zu machen. Dass die beiden Ablagerungen in ihrer Zusammen- setzung mehr quantitativ als qualitativ sich unterscheiden, — 240 — kann nicht befremden, da der Ursprungsort für beide offenbar derselbe war. Yon der Obermiocänzeit an durch das ganze Pliocän war unser Gebiet Festland und warum könnten die altern, so stark zersetzten Ablagerungen nicht der einen oder andern dieser Epochen angehören? Weitere Untersuch- ungen, die vielleicht positivere Resultate zu Tage för- dern, mögen diese Frage entscheiden. Bemerkungen zur Profiltafel. Das beigegebene geologische Profil soll eine Ueber- sicht über die Lage und Stellung unserer Tertiärschichten, sowie derjenigen des anschliessenden Jura südlich von Basel, geben. Der Massstab beträgt 1 : 25 000 sowohl für die Höhen wie für die Längen. Das Profil beginnt links, an seinem südlichen Theile mit dem Dorfe Blauen und führt in nahezu nördlicher Richtung nach Basel. Da das Einfallen der Schichten, besonders der tertiären, eher ein nordöstliches als nörd- liches ist, so mag der eingezeichnete Neigungswinkel etwas zu schwach sein. Einzig von der „Ziegelei All- schwil" an läuft die Profillinie in nordöstlicher Richtung, ansonst der Rhein in allzu grosser Entfernung erreicht worden wäre. Die dargestellte Parthie des Jura habe ich der geo- logischen Karte des Kantons Basel, aufgenommen von Prof. Dr. Alb. Müller, entnommen; einzig die JSTeigungs- winkel der betreffenden Schichten wurden, so gut dies möglich war, nachgemessen. Yon den zwischen der Rheinebene und dem Leimen- 241 — Uebersicht der Tertiärbildangen in der Umgebnng Ton Basel. ? Pliocän. Geröllablagerungen von Hagenthal, Bettlacli, Yolkens- bürg, Neuwil, Mariastein, Hofstetten. Ober. fehlt. Mittel, fehlt. Miocän. Unter. Ober. Oligocän. Mittel. Eocän. Süsswasserkiesel von Therwil, Benken, Klo- sterfichten. Süsswasserkalk und -Mergel von Tüllingen, St. Jakob, St. Alban , am Rhein beim Hörnli. Sande und Sandsteine über der Schicht mit Ostrea cyathula; Blättersandsteine von Dornach. Cyrenenmergel. Letten mit Ostrea cyathula. SUsswasserkalk mit Limneus, Hjdrobia, Dreissenia, Ohara. Sande und Sandsteine mit Oe- rithien, Sandbergeria, Tur- bonilla, Nematura, Scalla- ria, Oorbulomya, Oyrena etc. Oinnamomum, Myrica etc. Septarienthon. Blaue Letten mit Meletta , Foraminiferen , Amphisyle (von Brislach) ; Blättersand- steine. Meeressand. Kalksandsteine und Oonglo- merate von Stetten, Dornach, Aesch, Ettingen, "Witterswil, Bättwil, mit Ostrea callifera, Cinnamomum,Quercu8, Daph- nogene etc. Unter, fehlt. (Gryps von Zimmersheim, Me- lanienkalk von Mülhausen.) Ober. Bohnerzthone und Huppererde von Hofstet- ten und Witterswil. Mittel. Süsswasserkalk von Hochwald (Hobel) mit Limneus pseudammonius. 16 — 242 — thaï eingetragenen Kiesschichten entspricht die zweit- höchst gelegene derjenigen Yon Schönenbuch -Wenzwil (360 m.); sie ist an der Durchgangsstelle der Profillinie nirgends blosgelegt, doch deuten an einzelnen Orten zahlreiche Geschiebe auf ihr Yorhandensein. Diese Schicht ist die höchst gelegene mit leicht erkennbaren und häufig auftretenden Gesteinen der Alpen, des Jura und des Schwarzwaldes, sie ist somit die höchst gelegene unzw^eifelhaft diluviale Kiesablagerung. Die oberste Kiesschicht des Profils, diejenige von Neuwil und der Anhöhe nördlich von Biel- Benken (390 — 400 m.), ist die unterste jener vielleicht pliocänen, vielleicht aber auch noch diluvialen Flussablagerungen mit fehlenden Kalkgeschieben und vollständig zersetzten Peldspathgesteinen; diejenige von Yolkensburg (460 m.) liegt um 60. m., jene von Bettlach (490 m.) um 90 m. und endlich die von Oberhagenthal (520 — 525 m.) um 120 m. höher. -<► Süd l'roCil von lilnucn iiaili liascl ■na rilocacn« L£lJ llxfortUln.iii- Rraui.c-i- Jui Nord Tafel Wrliandl. in- SaUii-r 0ns, ïil Basel Bil IX Vorlesungsversuch über die Flüssigkeitshaut. Von Joh. Weinmann. Wesen und Wirkung der Flüssigkeitshaut dürften durch folgenden einfachen Yersuch sehr anschaulich dar- gethan werden. In irgend eine Flüssigkeit von genügen- der Yiscosität, um einige Zeit haltbare Blasen oder Membranen bilden zu können, taucht man den weiteren Theil eines Glastrichters von 10 —15 cm. Weite und zieht ihn vorsichtig so heraus, dass eine Flüssigkeitshaut die Trichteröffnung überspannend hängen bleibt. Diese Haut beginnt nun bei ruhiger, senkrechter Haltung des Trich- ters alsbald gegen die Yerengung hin in demselben auf- zusteigen in successive beschleunigtem Tempo, den be- kannten Yerdickungstropfen in der Mitte — oft von er- heblichem Grewicht — mit sich ziehend. Am Eingang der Yerengung bleibt die Haut dann stehen. Wenn die Haut etwa 2 cm. vom Rande emporgestiegen ist, gelingt es leicht eine zweite Membran anzubringen und dieser in genanntem Abstand selbst eine dritte nachfolgen zu lassen; mit vereinten Kräften steigen dann alle drei auf- wärts, bis die oberste Haut in der Yerengung angelangt durch ihre beträchtliche Gegenspannung Stillstand ge- bietet. Hebt man Letztere auf durch Zerstörung der obersten Haut, so bewegen sich die unteren Membranen — 244 — wieder aufwärts unter Wiederholung der eben genannten Erscheinung. Verbindet man das engere Ende des Trichters, nach- dem eine Fliissigkeitshaut am weiteren Theil angebracht ist, mit einem kleinen, Sicherheitsrohr-artigen Manometer, so lässt sich leicht der Druck der eingeschlossenen Luft und damit die Kraft veranschaulichen, mit der die Membran aufwärts strebt. Es empfiehlt sich Anfangs den Trichter inwendig mit der Flüssigkeit zu benetzen, da sonst die ersten Membranen hiefür zu viel Flüssigkeit abgeben müssen und platzen. Zusatz einer stark fluorescir enden, aber wenig gefärbten Substanz (z. B. Fluoresceïn) macht die Membran durch den stärker leuchtenden Flüssigkeitsrand auf grössere Entfernung hin sichtbar. Als geeignete Flüssigkeiten empfehlen sich u. a. verdünnte Eiweiss- lösung oder mit Glycerin versetzte Lösung möglichst reiner Oelseife (ölsaures Natron), wie z. B. Terquem's Flüssigkeit. Da die Flüssigkeitshaut in cylindrischen, weiten Röhren nicht aufsteigt, in verschieden stark conischen Gefässen sich mit verschiedener Geschwindigkeit der Schwere entgegenbewegt, lässt sich der Versuch manig- fach variren und so die Erklärung erleichtern, welche sich übrigens durch Zusammenstellung bereits bekannter Thatsachen ergiebt. Geologische Mittheilungen aus der Umgebung von Lugano. Excursionsgebiet der schweizerischen geologischen Gesellschaft vom 9. bis 15. September 1889. Mit 1 Tafel. Von C. Schmidt und G. Steinmann, I. Verzeiclmiss der wichtigsten geologisclieo liiteratnr des !Exciirsiousgebietes. Yon C. Schmidt. (Ausführlichere Literaturverzeichnisse finden sich bei Hauer [cit. 20] und bei Taramelli [citf 35]). 1. 1827. Buch, L. V. lieber einige geognost. Erscheinungen in der Umgebung des Lugano-Sees. — L e o n h a r d , Zeitschrift f. Min., p. 289—300. — Abh. d. kgl. preuss. Ak. d. ^Y. Bd. V. (mit geol. Karte). 2. 1827. Buch, L. v. lieber die Lagerung des Melaphyrs und Granits in den Alpen von Mailand. — Abh. d. kgl. preuss. Ak. d. W., p. 205. 16a — 246 — 3. 1827. Buch, L. v. Sur quelques phénomènes que pré- sente la position relative du porphyre et des calcaires dans les environs du lac de Lugano. — Ann. Sc. nat., T. X, p. 201. 4. 1829. Buch, L. v. Carte géologique des pays compris entre les lacs d'Orta et de Lugano. — Ann. Sc. nat., T. XVIII. 5. 1830. Buch, L. v. Geognostische Karte der Gegend zwischen Orta- und Lugano-See. — Leonhard und Bronn. Jahrb., p. 320. 6. 1833. S tu der, B. Nouvelles recherohes sur les cantons de la Yalteline et Tessin. — Bull. Soc. géol. France , V^ sér., t. IV, p. 54. 7. 1833. Hoffmann, Fr. Observations faites avec M. Escher fils sur les porphyres du bord méridional des Alpes dans le can- ton du Tessin. (Observations de Bozet, Beaumont, Boue.) — Bull. Soc. géol. de France, 1^ sér., t. IV, p. 103. 8. 1851. Girard, H. Ueber die Varietäten der Ter. vicl- nalis aus dem Brocatello d'Arzo. — Leonhard und Bronn. Jahrb., p. 316—319. 9. 1851. Girard, H. Briefl. Mittheilung an Prof. Bronn. — Leonhard und Bronn. Jahrb., p. 331. 10. 1851. S tu der, B. Geologie der Schweiz, Bd. I, p. 441 —443, 458—484, Bd. II, p. 472. 11. 1852. Brunner, C. Aperçu géologique des environs du lac de Lugano (avec carte et 3 coupes géol.). — Neue Denkschr. Schweiz. Gesellsch. Naturw. XII, p. 1 — 18. 12. 1853. Escher v. d. Linth, A. Geologische Bemer- kungen über das nördliche Vorarlberg und einige angrenzende Gegenden. (Ufer des Comersee's, p. 87 — 108.) — Neue Denkschr. Schweiz. Gesellsch. Naturw. XIII, p. 1 — 135. 13. 1853. Renevier, E. Sur le calcaire rouge des environs de Como. — Bull, vaud., sc. nat., t. III, p. 211 — 214. 14. 1854. Merian, P. Flötz - Formationen in der Umgeb. von Mendrisio. — Verhandl. der nat. Ges. in Basel, p. 71 — 84. 15. 1854. Merian, P. Muschelkalkversteinerungen im Do- lomite des Monte S. 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Note sui' les roches por- phyriques des environs de Lugano. ~ Bull. Soc. geol. France, 3e sér., t. lY, p. 111. — 248 — 30. 1876. Ren évier, E. Eelations du Pliocène et du Gla- ciaire aux environs de Corne. Lettre à M. Tournouër. — Bull. Soc. géol. France, 3^ sér., t. lY, p. 187. 31. 1876. May er, Cli. La vérité sur la mer glaciale au pied des Alpes. — Bull. soc. géol. France, 3^ sér., t. lY, p. 199. 32. 1877. Curioni, G. Geologia applicata délie provincie lombarde, 2 vol. e Carta geologica. 33. 1877. Heer, O. Flora fossilis Helvetiœ. 34. .1879. Sordelli, F. Le filliti délia Folla d'Induno presse Yarese e di Pontegana tra Chiasso e Balerna, etc. — Atti délia Soc. It. d. Se. nat. di Milano, vol. XXI, p. 877- 899 (Ref. Neu. Jahrb. 1880, II, p. 249). 35. 1880. Taramelli, Torq. Il canton Ticino méridio- nale ed i paesi finitimi. Spiegazione del foglio XXIY. Duf. colo- rito geologicamente da Spreafico, Negri e Stoppani. — Mat. Carta geologica délia Svizzera, vol. XYII. -36.- 1880. 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Studio monografico della Fauna Rai- bliana di Lombardia, con tredici tavole. — Pavia. Verhandl.d naturf. Ges zu Basel. Band K.Taf. IB. JV I. rJio/i/. y/io/i/i^ AJi^ano Sa/hw: î^' Arosio Manno PianodAgnp Lugano San Salvatore Carona Morcote PoncionedArzoSallrio Clivio Meeresni veau I\f If.K/tcdil. Ixite^e Im^fanxx - LÂ>/<:/ominc. Voldomino Monlegrrno Monte Nave Cunardo Bedero Crantola Valgana Jnduno J\r M.9iJlI. &lottte §a/kj^ ^^^^5x^^ ^^*'';' " Rh Meeresmvedu Meeresniveau "^WM H IW.-A Gl Porphyrit Quarzporphyr, Porphyr- Kryslallinische -tuffe Schiefer. C ^^ Vjffig Mkg^ Rb[ Carbo Verrucano Muschelkalk Raibler Bunlsandslein und Esinokalk Schichten. Haupldolomit, Rhât, Unlerer Lii Li^ Ls| i^m cr^ piE£Z] qlh] Jura. Kreide Phocaea Ouarternàn Maasslab = 1:100000 G>'(S&(UmJt ^ — 249 — II. Allgeiueiue I>ar»tellniig der geologiscben Terhältnisse der Umgegend Ton liUgano. Yon C. Schmidt. Die geologische Lage yoü Lugano ist äusserst Orographie. charakteristisch: es berühren sich hier die südlichste der krystallinen Centralmassen, das Seegebirge und die Kalk- gebirge der südlichen Nebenzone der Alpen. — Diese südlichen Kalkalpen bilden weiter mi Osten, in den Bergamasker Alpen, eine über 10 Meilen breite Zone, die aber gegen Westen allmählig schmäler und niedriger wird. Am Ostufer des Sees von Lecco erhebt sich das Grigna - Gfebirge bis zu 2400 m. , zwischen Comer- und Luganer- See liegen die durch das Yal Intelvi von einander getrennten Bergmassen des Monte Galbiga und des Monte Generöse, deren Höhe nur noch 1600 — 1700 m. beträgt. Am Ostufer des Lage maggiore endlich hat sich der Gebirgszug fast ganz aufgelöst in vereinzelte Kalkmassen, die von quartären Ablagerungen ganz um- hüllt sind. Noch weiter gegen Westen, schon vor Biella, ist das Kalkgebirge verschwunden, und die krystallinen Gesteine der Centralalpen treten direkt an die Po- Ebene heran. Das Seegebirge stellt eine langgestreckte Zone Das krystal- gefalteter, meist steil gestellter krystalliner Schiefer dar, ''"e See- deren centrale Haupterhebung der Monte Cenere zwischen gebirge. Bellinzona und Lugano bildet. Am Südrand der Alpen sinken dieselben rasch in die Tiefe und werden discordant von den Jüngern Bildungen überlagert. Gegen Norden — 250 — grenzt das Seegebirge an die Masse der Tessineralpen. Die Grenze gegen dieselben ist gegeben durch eine von West nach Ost hinziehende muldenförmige Einlagerung jüngerer Gebilde, die bei Locarno als Hornblendeschiefer und grüne Schiefer, bei Dubino zwischen dem Lago di Mezzola und dem Lago di Como auch als Yerrucano und Triasdolomit entwickelt sind. Diese Mulde fällt nach Norden ein, das Tessinermassiv scheint also über das Seegebirge überschoben zu sein. Während in den Tessineralpen typisch entwickelte Zweiglimmergneisse und Glimmerschiefer herrschen, treten im Seegebirge weniger vollkrystalline, wahrscheinlich jüngere Gesteine auf. Studer charakterisirt dieselben als Uebergänge zwischen Chloritschiefern, Hornblendegesteinen, Glimmer- schiefern, Gneissen, aus welchen keine dieser Formen sich rein und bleibend herauszubilden vermag. Ganz charak- teristisch sind die Schiefer, welche in der Umgegend von Lugano in den Einschnitten der Gotthardbahn sich zeigen. Es sind phyllitartige Gesteine, welche aus einem innigen Gewebe von Chlorit und Sericit bestehen, in welchem dichter Quarz in Form von gewundenen Linsen und Streifen auftritt. Eigentliche Glimmerschiefer mit individualisirten elastisch biegsamen Glimm erblättchen erscheinen nur untergeordnet als Zwischenlagen. Linsen- förmige Einlagerungen von Hornblendeschiefern beobach- tet man sehr schön an der Uferstrasse von Cassarago nach Castagnola östlich von Lugano. Carbon. Als Bestandtheil des Seegebirges ist auch das älteste durch organische Ueberreste seinem Alter nach sicher zu bestimmende Sediment unserer Gegend zu betrach- ten, nämlich das carbonische Conglomérat von Manne, nördlich von Lugano (vgl. Prof. I). Am Berg- hang westlich oberhalb Manne finden sich concordant den circa 45^ nach N — NW einfallenden glimmerigen Phyl- — 251 — liten, Bänke eines groben Conglomérâtes eingelagert, dessen Mächtigkeit circa 100 Meter beträgt. Das vor- herrschende Gestein des Conglomérâtes ist weisser Quar- zit, daneben finden sich zweiglimmerige Gneisse und Granite. Porphyrgerölle fehlen vollständig. Wenig mäch- tige Schichten feinkörniger glimmeriger Sandsteine und Schiefer treten vereinzelt zwischen den Bänken des groben Conglomérâtes auf. In grosser Menge enthält diese Ablagerung schlecht erhaltene Pflanzenreste, nicht selten sind Stämme, deren Länge über 1 Meter beträgt. Es gelang Heer unter den Pflanzenresten Sigillaria tes- tulata Brgn. und elongata Brgn., ferner Calamités Cisti Brgn. zu bestimmen (Flora fossilis Helvetise, p. 41, 42 und 47). Nach diesen Funden würde der Ablagerung ein mittelcarbonisches Alter zukommen. — Die Conglomerate von Manne stimmen in jeder Beziehung mit den bekannten Yalorcineconglomeraten überein, wel- che bei Yernayaz das Rhonethal durchqueren und die Basis der Dent de Morde bilden. In gleicher Weise wie dort sind die carbonischen Ablagerungen beinahe concordant den krystallinen Schiefern eingeschaltet und werden discordant von Jüngern Sedimenten überlagert. Wir treffen also auch hier, am Südrande der Alpen, die Spuren einer altern, postcarbonischen Faltung. Es mag hervorgehoben werden, dass in. dieser Hinsicht das See- gebirge nicht übereinstimmt mit den übrigen südlichen Centralmassen, bei welchen wir in der Regel, wie besonders Lory betonte, die archaeischen und palaeozoischen mit den darüberliegenden mesozoischen Ablagerungen in voll- ständiger Concordanz finden. In der Umgebung der westlichen Arme des Luganer- Die Porphyre. Sees bis zum Lage Maggiore sind als Liegendes der triadischen resp. dyadischen Sedimente Porphyrmas- sen ausgebreitet. Da PorphyrgeröUe in den Conglo- — 252 — meraten von Manno fehlen, da forner die Porphyrdecken horizontal den steilstehenden krystallinen Schiefern auf- liegen und da eine im Liegenden des Muschelkalkes auf- tretende Sandstein- und Conglomeratbildung Porphyr- gerölle in grosser Menge enthält, muss die Eruption des Porphyrs nach der postcarbonischen Faltung, vor Ab- lagerung des Buntsandstems stattgefunden haben. Nach Analogie mit andern, ähnlichen Porphyren in den süd- lichen Alpenländern, kann der Porphyr von Lugano wohl als dyadisch betrachtet werden. Die Porphyre von Lugano haben seit alter Zeit die Aufmerksamkeit der Geologen auf sich gezogen. Seit den ersten Arbeiten von Leopold von Buch im Jahre 1827 sind bis in die neueste Zeit eine grosse Zahl von Abhandlungen erschienen, welche sich mit den Lagerungs- verhältnissen und der petrographischen Natur dieser Gresteine beschäftigen. Wir finden eine ganze Reihe verschiedenartig ge- färbter und struirter Gesteine, deren Classification nach mineralogischer Zusammensetzung und geologischem Auf- treten keine ganz leichte Aufgabe ist. Lediglich nach der Farbe unterschied man zwei Unterabtheilungen : Rothe und Schwarze Porphyre. Die geologischen und chemischen Untersuchungen Studer's und von Fellenberg's legten zuerst die wichtige Thatsache fest, dass der rothe Porphyr gangförmig den schwarzen durchsetzt, also jünger ist, ferner, dass der rothe Porphyr circa 15^0 mehr Kieselsäure enthalt als der schwarze. Michel-Levy unterzog die Luganer -Porphyre zuerst einer mikroskopischen Prüfung. Er unterschied drei Typen, schwarze, rothe und braune Porphyre, die er alle mit französischen Vorkommnissen in Parallele stellte. Wichtige Beiträge zur Kenntniss der Porphyre von Lu- gano lieferte Gümbel im Jahre 1880 und zwei Jahre — 253 — später erschien eine Monographie des Luganer Eruptiv- gebietes Yon T. Ha r a da. Die Porphyre sind einerseits den Quarzpor- phyren, anderseits den Porphyriten zuzurechnen. Die Porphyrite oder schwarzen Porphyre sind die altern; deckenförmig breiteten sie sich über den ab- rasirten Falten der Glimmerschiefer aus. Die Quarz- porphyre oder rothen Porphyre bilden einerseits Gänge in den krystallinen Schiefern und in den Porphyriten, anderseits treten sie als ausgedehnte Decke auf. Das Hauptverbreitungsgebiet der Porphyrite ist die nächste Umgebung der südlichen Arme des Luganer- See's, v^o sie, meist mit Wald bedeckt, jene rundlichen Berg- formen bilden, welche so scharf mit den Steilabstürzen des sie bedeckenden Kalkgebirges contrastieren. Weiter west- lich in der Gegend von Yalgana sind die Porphyrite meist von rothen Porphyren bedeckt und treten nur gelegent- lich, so bei Brinzio und am Monte Pianbello zu Tage. Die Farbe der Porphyrite ist graugrün, blaugrau bis schwarz, bei beginnender Zersetzung wird das Gestein röthlich- braun. Grobkörnige Yarietäten sind sehr selten. Unter dem Mikroskop macht sich in Form von Ein- sprenglingen vor allem der Oligoklas geltend. Er ist ausgezeichnet durch typischen zonaren Aufbau, die rand- lichen Zonen sind meist noch frisch, während der Kern der Krystalle zersetzt ist. Die Hornblende ist immer in grüne Zersetzungsprodukte umgewandelt, Biotit tritt nicht so häufig auf, ist aber meist weniger zersetzt als die Hornblende, gelegentlich findet sich auch Quarz als Einsprenglipg. Die Grundmasse besteht in einigen Varietäten aus einem mikrokrystallinen körnigen Gemenge von Feldspath und Quarz, in anderen Fällen treten in derselben scharfbegrenzte, fluidal angeordnete Oligoklas- leistchen und schlier enförmig sich anhäufende Magnetit- — 254 — körnchen auf, welche in einer Grlasbasis eingebettet sind. Bei den Quarzporphyr en haben wir die Gang- facies und die Deckenfacies zu unterscheiden. — Bei Maroggia finden sich mehrere Gänge von rothem Porphyr, die Porphyrite durchsetzend. Dieses, von Fellenberg ana- lysirte Gestein, ist ziegelroth ; als Einsprenglinge erkennt man in demselben Feldspathleisten und grosse, durch magmatische Resorption gerundete Quarzindividuen. Die Grundmasse ist mikrokrystallin und enthält in grosser Menge Pseudosphaerolithe, welche sich kranzförmig um die Einsprenglinge herumlegen. — An der Uferstrasse Melide- Morcote tritt unter der Porphyritdecke des Monte Arbos- toro Glimmerschiefer zu Tage. Zahlreiche, ebenfalls seit langem bekannte und mehrfach beschriebene Quarzpor- phyrgänge, welche eine Mächtigkeit bis zu 20 m. erreichen, durchsetzen hier in allen Richtungen die krystallinen Schiefer, welche an den kuppenförmig abschliessenden Enden breiterer Gänge gestaut und gefältelt sind. Das Gestein dieser Gänge ist grau gefärbt und enthält gerun- dete Quarzkrystalle, grüne Glimmertafeln und bis 15 mm. lange wohlausgebildete Orthoklaszwillinge mit den Flä- chen: ooPoo,ooP, ooP3, OP, 2Poo,-[-2Pco und -\- P. Sehr schön lässt sich bei allen diesen Gängen die symmetrische Yerdichtung des Porphyrs von der Gangmitte gegen die Saalbänder hin beobachten. Der deckenförmig sich ausbreitende rothe Por- phyr stellt eine zusammenhängende 15 km. lange und beiläufig 5 km. breite Masse dar, welche bei Carona, südlich vom San Salvatore beginnend, den Nordwest- abhang des Monte Arbostoro bildet, dann westlich des Luganer-Sees die Berggruppen des Pianbello und Mar- tica zusammensetzt und schliesslich gegen Süden unter den mächtigen Kalkmassen des Campo dei Fiori und des Sasso della Corna verschwindet. (Vgl. Prof. 1 und IL) — 255 — Durch Erosion, namentlich aber in Folge von Ver- werfungen, welche zur Zeit der Alpenerhebung sich bildeten, sind von der erwähnten Hauptmasse des Quarz- porphyrs kleinere Stücke losgetrennt worden. Das aus- gedehnteste derselben finden wir am Monte Nave zwischen Marchirolo und Grantola. Dieser Porphyrcomplex, mit der Hauptmasse ungefähr parallel verlaufend, liegt auf steilstehenden krystallinen Schiefern und wird auf der Höhe des Monte Nave von einem aus Yerrucano und Muschelkalk bestehenden Erosionsrelict bedeckt. Eben- falls in Begleit der tiefsten Glieder der triadischen Se- dimente treffen wir den rothen Porphyr mit seinen Tuffen eingesenkt zwischen die krystallinen Schiefer am Nord- abhange der Tresaschlucht bei Yoldomino. Dass der rothe Porphyr einst ein weit grösseres Yerbreitungsgebiet hatte als heute, beweisen ferner die isolirten Yorkommnisse desselben oberhalb Manne südlich von Arosio und am Monte Bré. An letzterem Orte tritt der Porphyr ausserhalb des Dorfes Ru- viana in wenig mächtigen Lagen zwischen den krystal- linen Schiefern und den Sedimenten des Yerrucano und Muschelkalkes zu Tage. — Yon besonderem Interesse ist das Yorkommen von rothem Porphyr (Felsophyr) an der üferstrasse südlich von Melano. Diese wenig aus- gedehnte Porphyrmasse steht in keinerlei Zusammenhang mit den weiter nördlich von Melano bis Campione und den am rechten Ufer des Sees herrschenden Porphyren und wird anormal von rhätischen Schichten überlagert. In den centralen Theilen der grossen Porphyrdecke, bei Figino am Luganer-See und in der Gegend von Yalgana trifft man Gesteine, welche vollkrystallin ent- wickelt und als Granite zu bezeichnen sind. Diese rothen Granite, meist glimmerarm, sind durch zahlreiche kleine Drusenräume charakterisirt , in welche der Gesteins- Trias. — 256 — bildende Feldspath mit frei auskrystallisirten Enden hineinragt. Bei mikroskopischer Untersuchung fällt vor Allem in die Augen, dass der grösste Theil des Quarzes innig mit dem Feldspath (Orthoklas und Plagioklas) ver- wachsen ist, wodurch die Structur schriftgranitartig bis granophyrisch wird. — Diese vollkrystallinen Gesteine stehen überall in ununterbrochenem Zusammenhang mit porphyrisch sich entwickelnden Typen, welche die rand- lichen Partieen der Porphyrmasse bilden. Solche üeber- gänge werden von Harada [cit. 37, p, 26 u. f.] eingehend beschrieben. Dadurch, dass die Grundmasse sich immer mehr verdichtet, der Gegensatz zwischen Einsprenglingen und Grundmasse sich immer deutlicher ausprägt, bilden sich jene Yaritäten heraus, welche Michel-Levy als „por- phyres bruns" bezeichnete und die durch eine fluidal- struirte felsitische, an Sphaerolithen reiche Grundmasse, sowie durch sanidinartige F eldspatheinspr englinge cha- rakterisirt sind. In diese Serie von Gesteinen gehören auch die schwarzen Pechsteine ( Yitrophyre ) von Grantola, deren Grundmasse vollkommen glasig ist und die als Einsprenglinge Oligoklas, Sanidin, Olivin und Augit enthalten. Bemerkenswerth ist namentlich das Yorhandensein des Olivin, eines Gemengtheiles, den wir in der Kegel nur in basischeren Gesteinen finden. — An verschiedenen Orten, so bei Grantola, ferner in der Tresaschlucht lagert der rothe Porphyr auf einer Tuff- masse, deren Mächtigkeit gelegentlich über 100 m. beträgt. An der Basis des triadischen Schichtsyste- mes finden wir in unserm Gebiete an manchen Orten eine Conglomérat- und Sandsteinbildung, welche aus rothen Quarzconglomeraten und Breccien mit Porphyr- stücken, schiefrigen, glimmerreichen Sandsteinen und vereinzelten dolomitisch -sandigen Bänken besteht. Am Fusse des San Salvatore bei San Martine ist diese For- — 257 — mation prachtvoll aufgeschlossen. Es ist eine typische Strandbildung. Man mag zweifelhaft sein, ob diese Ab- lagerung als Yerrucano zu bezeichnen und der D y a s zuzurechnen ist, oder ob sie mit den Werfener-Schichten identificirt werden und als Aequivalent des Buntsand- steins angesehen werden kann, eventuell sind beide For- mationen in ihr vertreten. Jedenfalls ist sie von dem car- bonischen Conglomérat durchaus zu trennen und bildet die corcordante Unterlage der marinen Triasbildungen. Die eigentlichen Triasbildungen sind in dem west- lichsten Theile der südlichen Nebenzone, vom Comersee bis zum Lage maggiore, nur sehr unvollständig ent- wickelt und zudem lange nicht so sorgfältig untersucht, wie in den östlicheren Gegenden. Wie überall in der alpinen Trias zeigt es sich, dass die tiefsten, dem Muschelkalk angehörenden Grlieder noch einen ge- wissen Anklang an ausseralpine Verhältnisse zeigen, während die obern Abtheilungen durchaus eigenartige Entwicklung besitzen; erst die rhätischen Bildungen lassen sich wieder, zum Theil wenigstens, mit ausser- alpinen Yorkommnissen vergleichen. Charakteristisch für die Gfesteinsentwicklung der lom- bardischen Trias ist der mehrfache Wechsel von Dolo- mitmassen mit mergeligen und tuffartigen Bildungen. Sowohl die verschiedenalterigen mergeligen, als auch die dolomitischen Ablagerungen lassen sich petrogra- phisch nur schwer von einander unterscheiden, zumal auch Fossilien in denselben keineswegs allgemein ver- breitet sind. Die von Hauer im Jahre 1858 gegebene klare Gliederung der lombardischen Trias hat sich für eine normale Entwicklung derselben bewahrheitet. Bei Yergleichung einer grossen Zahl typischer Localitäten ergeben sich folgende Stufen der Trias und des Rhät in den südlichen Alpenländern, speciell in der Lombardei : 17 — 258 — Rhätische Stufe. Karnische Stufe. Norische Stufe. Muschel- kalk. Buntsand- stein. 2. Oberer Dachsteinkalk (Megalodus) 1. Kössener Schichten (Avicula con- torta) 2. Hauptdolomit (Gervillia exili8,Tur- bo solitarius) 1. Raiblersohichten ( Trachyceras aonoides , Gervillia bipartita) 3. Esinokalk (Chemnitzia Escheri, Natica monstrum etc.) . 3. Wengener Schichten (Daonella Lomraeli) 1. ßuchensteiner Schichten (Trachy- ceras Reitzi) . Alpiner Muschelkalk ( Ceratites trinodosus u. Cer. binodosus). Werfener Schichten (ïirolites Cas- sianus) Kalk. Mergel. Dolomit. Mergel. Tuffe. Sandsteine. Dolomit. Mergel. Tuffe. Kalke mit Kie- selknollen. Pietra verde. Kalke u.bitumi- nöse Schiefer. Sandstein. An keiner Stelle im Gebiet der südalpinen Trias treffen wir eine zusammenhängende Schichtreihe, welche obiger Tabelle genau entsprechen würde. Es kommt vor, dass eine kalkig- dolomitische Bildung, welche in ihren tiefsten Abtheilungen Muschelkalkversteinerungen enthält, sich ohne Unterbrechung durch mergelige Schichten bis zum Hauptdolomit fortsetzt, — ander- seits kann z. B. die dolomitische Bildung der norischen Stufe, der Esinokalk, vollständig fehlen: mergelige, bi- tuminöse Schiefer vom Alter des Muschelkalkes werden überlagert von Schiefern mit Daonella und Raibler- schichten; als erste zusammenhängende Kalk- und Dolo- mitmasse tritt der Hauptdolomit auf. Durch das ganze Triasgebiet treffen wir in annähernd gleichartiger Ent- wicklung als durchgehenden festen Horizont den karni- schen Hauptdolomit mit Gervillia exilis. Bis in dieses — 259 — Niveau zeigen die einzelnen Bildungen den manigfaltig- sten Wechsel ihrer Facies: gleiçhalterige Ablagerungen sind in yerschiedenen, oft ganz benachbarten Gebieten, bald als Dolomite, bald als Schiefer entwickelt. Die schiefrigen Kalke und Mergel sind normale marine Ab- lagerungen, während die Dolomite theils massig, theils geschichtet, als Riffbildungen aufgefasst werden, ent- standen durch die Thätigkeit von Korallen und anderer Kalkbildner, wie Kalkalgen, die zu der Gruppe der Siphoneen gerechnet werden. Dieser Facieswechsel der Triasablagerungen bis zum Hauptdolomit ist in den Umgebungen von Lugano mehr- fach sehr scharf ausgeprägt. So weit es nach unsern heutigen Kenntnissen möglich ist, werde ich im Folgenden versuchen, die Entwicklung der Trias vom Comer- bis zum Langensee zu skizziren. Die Ausbildung der Trias am Ostufer des Comersees, im Gebiete der Grigna, wurde eingehend von Gümbel (cit. 35), Mojsisovics (cit. 36) und Benecke (cit. 38) beschrie- ben. Es sind hier wohl beide Unterabtheilungen des Muschelkalkes (Binodosus- und Trinodosuszone) meist als dunkle, dünnplattige schiefrige Kalke mit Mergelein- lagerungen vertreten (Marmor von Yarenna, Fischschiefer von Perledoj ; ausserdem liess sich die Zone des Trachy- ceras Reitzi nachweisen, bestehend aus dünnbankigen schwarzen, mit Kieselknollen erfüllten Kalken (Buchen- steinerschichten) und einem eigenthümlichen tuffartigen Gestein der Pietra verde. ^) Ueber den dunkeln, plattigen Kalken des Muschelkalkes und der Buchensireinerschichten liegen meist massige, seltener geschichtete Kalke und Dolomite, die stellenweise sehr reich an Fossilien (Ar- cestes, Arpadites, Chemnitzia, Natica, Diplopora) sind und mit dem Namen Esinokalk bezeichnet wurden. 1) Vgl. Dölter. Neues Jahrb. f. Mineralog. etc. 1873, p. 572. — 260 — Die Mächtigkeit dieser Ablagerung beträgt bis zu 500 m. Da die thonigen Sedimente der Wengenerscliichten ^) fehlen, so haben wir die Riffbildung des Esinokalkes wohl als das Aequivalent des mittlem und obern Theiles der norischen Stufe zu betrachten. lieber dem Esinokalk liegen die Raiblerschich- ten, deren tieferer Horizont, graue plattige Kalke mit schwarzen Hornsteinlagen, in ziemlich gleichartiger Aus- bildung sich annähernd durch das ganze Gebiet ver- folgen lässt. Mergelige Einlagerungen in diesen Bänken enthalten in der I^ähe von Esino einzelne Zweischaler. Hier fand Escher das Leitfossil, die Gervillia bipartita. Die obere Abtheilung der Raiblerschichten besteht aus bunten Tuffsandsteinen und Mergeln, denen dünn ge- schichtete Kalke und zu ob erst Gyps mit Rauchwacken eingelagert sind. Die Raiblerschichten stellen einen sehr wichtigen Horizont der südalpinen Trias dar, ihr Auf- treten zwischen zwei mächtigen Dolomitbildungen, dem Esinokalk nach unten und dem Hauptdolomit nach oben, ist für eine richtige stratigraphische Gliederung der ganzen Trias von grösster Bedeutung. Die einförmigste Bildung der alpinen Trias ist der Hauptdolomit, welcher, wie bereits erwähnt wurde, in gleichartiger Ausbildung weit über die Grenzen unseres Gebietes hinaus entwickelt ist, und so eine Epoche grosser Ruhe und Gleichförmigkeit kennzeichnet. Das Gestein ist ein kurzklüftiger Dolomit, meist ohne deutliche Schich- tung. Die Fossilien, immer nur als Steinkerne erhalten, sind nicht allgemein verbreitet, sondern häufen sich nester- artig an gewissen Stellen. Als Leitfossilien gelten Ger- ^) Das Leitfossil der Wengenerschichten, üaonella Lommeli, kennt man zwar noch nicht aus dem Esinokalk, denn eine Daonella, welche am Nordwestabhang des Moncodeno häufig sich findet, ge- hört nach Mojsisovics einer neuen Art an (cf. cit. 38, p. 231), — 261 — villia exilis, Turbo solitarius, Megaloclon Guembeli und die Kalkalge Gyroporella vesiculifera. Die Triasbildungen der Grigna finden ihre westliche Fortsetzung in jenem Gebirgszuge, welcher sich nördlich der Linie Menaggio-Lugano von Ost nach .West erstreckt. Längs des Comersees Yon Menaggio bis San Abbondio ist ein vollständiges Querprofil zu beobachten. Yor allem fällt hier im Yergleich zu den in der Grigna herrschenden Yerhältnissen eine ganz bedeutende Ke- duction in der Mächtigkeit der Triasgebilde bis zum Hauptdolomit auf. lieber den Conglomeratbänken des Yerrucano liegt in grosser Mächtigkeit lichtgrauer, fein- körniger und klüftiger Dolomit, welcher in den tiefern Lagen dem Muschelkalk, in den höhern dem Esinokalk entspricht. Ablagerungen, die sich petrographisch mit den dünnbankigen, dunkeln Gesteinen von Yarenna und Periode vergleichen Hessen, fehlen vollständig: der ganze Muschelkalk und die norische Stufe sind hier durch eine untheilbare Riff bil düng vertreten. Darüber erreichen die Raiblerschichten eine Mächtigkeit von circa 150 m. Sie treten als gelblich - graue Kalk- und Mergelbänke auf und enthalten in ihrem obern Theile bei Nobiallo ein mächtiges Gypslager. Die rein dolomitische Entwicklung der untern und mittlem Trias lässt sich durch den ganzen Gebirgszug bis zum Sasso grande nordöstlich von Lugano verfolgen. Die wild zerklüfteten, zackigen Massen der Cima la Grona, des Monte Piantaggio und der Berge im Hinter- grund der Yalsolda gehören dieser Formation an. (Ygl. Prof. ni). Es ist schon mehrfach auf das Yorhandcn- sein der Raiblerschichten in diesem Gebirgszuge hingewiesen worden, doch wurden dieselben noch nie- mals in ihrem ganzen Yerlaufe verfolgt. — 262 — Am Sasso grande erreicht die besprochene unter- triadische Dolomitmasse plötzlich ihr Ende. Wir treffen Ablagerungen vom Alter des Muschelkalkes in mäch- tiger Entwicklung wieder am Monte Bré, aber mit Ausnahme einiger weniger dolomitischen Zwischenlagen herrscht hier durchaus die thonig - kalkige Entwicklung, ^) sehr verbreitet sind dünnbankige Kieselknollenkalke vom Charakter der Buchensteinerschichten. Wir begegnen also zum zweiten Male einem abrupten Facieswechsel im Muschelkalk. Der dem Monte Bré gegenüberliegende Monte San Salvatore besteht wiederum aus Dolomit. Nur die tiefsten Horizonte desselben, welche direct dem Yerrucano auflagern, sind geschichtet; die ganze Masse stellt eine rings denudirte Synclinale dar (Ygl. Prof. I). In dem wohlgeschichteten Dolomit an der Basis, welchem an einer Stelle (bei Carabbia) Kieselknollenkalke ein- gelagert sind, z. Th. auch in dem höher gelegenen, massigen, zuckerkörnigen Dolomit finden sich typische Muschelkalkfossilien. Ausserdem sind aus diesem Dolomit Gastropoden und Diploporen bekannt geworden, welche für den norischen Esinokalk charakteristisch sind. Ko- rallen vom Charakter der Lithodendren, welche sich in dem Dolomit auf der Höhe des Berges finden, weisen vielleicht auf noch höheres Niveau hin. — In ähnlicher Weise wie in der Gebirgskette im Hintergrund der Yal Solda haben wir am Salvatore wiederum eine rein do- lomitische Ausbildung der untern und mittlem Trias vor uns. — Der Südschenkel der Salvatore - Synclinale er- scheint als Nordschenkel einer Anticlinale, deren Süd- schenkel erhalten ist in den dem Porphyr aufliegenden ^) Durch diesen Umstand ist es wohl zu erklären, dass auf Blatt XXIV der Schweizerkarte die Hauptmasse des Monte Bré fälschlich als Contortaschichten und Dachsteinkalk bezeichnet wurde. — 263 — Triasschicliten des San Giorgio oberhalb Riva San "Vitale (Ygl. Prof. I). Es tritt hier in dem nach Süden geneigten Sedimentcomplex deutlich eine Dreitheilung der Trias hervor. Eine untere und eine obere Dolomit- masse, Muschelkalk und Esinokalk einerseits, Haupt- dolomit anderseits, werden durch kalkig thonige Bil- dungen der Raiblerschichten getrennt. Die Raibler- schichten, obwohl fossilleer, sind typisch entwickelt bei Meride; sie enthalten hier ein Gypslager^) und bestehen in ihrer Hauptmasse aus dünnbankigen, grauen Mergel- kalken, in welchen 2 — 3 mm. breite und circa 1 cm. lange Gypskrystalle eingestreut sind, welche sich häufig zu Büscheln vereinigen. — Auf der kurzen Strecke von Riva San Yitale bis Besano ändert sich der Charakter der tiefern Triasbildungen vollständig. Am Westabhang des Poncione d'Arzo werden Porphyr und Yerrucano überlagert durch ein mächtiges System bituminöser Dolo- mitplatten und schwarzer schiefriger Kalke, welche in ihren tiefern Theilen ein vollkommenes Analogen mit den Schiefern von Periode am Comersee darstellen. ^) In diesen Schiefern wurden Ceratites trinodosus und Luganensis nachgewiesen, wodurch die Zugehörigkeit derselben zum Muschelkalk erwiesen ist. Im Hangen- den des Muschelkalkes finden sich weiter ähnliche grau- blaue Bänderkalke und Schiefer bis zum Hauptdolomit, welcher einen schroffen Felsabsturz bildet. Aus diesen höhern Theilen des Schiefercomplexes sind eine grosse Zahl von Fossilien bekannt geworden, welche alle auf Wengener- und Raibler- (St. Cassianer) - Schichten hin- ^) Die Angabe von Deecke (cit. 41, p. 508), dass uämlicli westlich vom Comersee unter dem Hauptdolomit Gypslager fehlen, ist also zu berichtigen. ") Vgl. Cur ion i. Sui giacimenti metalliferi e bituminosi nei terreni triasici di Besano. (Memorie del R. Ist. Lomb. Bd. IX, 1863.) — 264 — weisen. Bassani^) beschrieb von hier eine Reihe von Sauriern und Fischen; im weitern erwähnt er neun Am- moniten, darunter Trachyceras Mandelslohi und Trachyc. Aon, ferner sind vorhanden die Zweischaler Daonella Lommeli und Daonella Moussoni. Aus den Lagerungs- verhältnissen geht in Uebereinstimmung mit den Fossil- funden mit vollster Sicherheit hervor, dass wir bei Besano eine schiefrige, kalkig - thonige Entwicklung der ganzen Trias bis zum Hauptdolomit vor uns haben. D ie Biffbildung des Muschelkalkes und Esino- kalkes fehlt hier vollständig. Die Fortsetzung der besprochenen Poncione d'Arzo- San Giorgio - Gruppe bilden die Berge des Sasso della Corna und des Campo dei Fiori. Die tiefe Schlucht der Margorabbia, in welcher eine prachtvolle Kunst- strasse von Induno nach Yalgana führt, durchquert diesen Gebirgszug und erschliesst ein vollständiges Profil vom Yerrucano bis zur Kreide. Wir treffen hier zwischen Lias und Yerrucano eine einzige sehr undeutlich ge- schichtete Dolomitmasse, welche in den tiefern Horizon- ten an zwei Stellen nur wenige Meter mächtige Ein- lagerungen von harten, dünnplattigen Kalken und in höherem Niveau gelbliche Mergelkalke enthält. Diese letztern gehören vielleicht schon zum Rhät. Das ganze System ist sehr arm an Fossilien. Muschelkalkpetrefacten sind in dem Dolomit der Margorabbia-Schlucht selbst noch nicht gefunden worden, wohl aber in dem benach- barten Olonathale bei La Rasa, dagegen sind die Esino- schichten durch das Yorhandensein von Diploporen und ^) Bassani. Sui Fossili e sulF Età degli scliisti bituminosi triasici di Besano in Lombardia. (Atti della Soc. Ital. di scienze naturali vol. XXIX 1886.) Ferner "W. D e e c k e. lieber Lariosaurus und einige andere Saurier der lombardischen Trias. (Zeitschrift d. deutsch, geol. Ges. 1886, p. 170.) — 265 — Gastropoden wohl sicher nachgewiesen. Wir erblicken in der Ausbildung der Trias in der Margorabbia-Schlucht ein vollkommenes Analogon zu den früher als abnorm geltenden Yerhältnissen am Monte Salvatore: sämmt- liche Glieder der Trias vom Muschelkalk bis zum Khät treten in der Rifffacies auf. Rhät. Etwas weiter nach Osten scheint sich dies Yerhält- niss insofern wieder etwas zu ändern, als am Ostabhang der Yal Cuvio, z. B. zwischen Cunardo und Ferrera, die Raibler-Plattenkalke wieder in mächtiger Ent- wicklung auftreten. Am Ostufer des Lage maggiore bei Laveno erreichen die triadischen Ablagerungen ihr Ende. Den Hauptdolomit, welcher im Grigna-Gebirge die jüngste Triasbildung repräsentirt, treffen wir in ganz gleicher Ausbildung wieder am westlichen Seeufer von Malgrate bis zur Punta di Bellagio, ferner am westlichen Ufer des Comersees, die schroff abfallende, kahle Fels- masse des Buco della Rotello zwischen Menaggio und Tremezzo bildend. Hier wird derselbe aber überlagert von den mächtig entwickelten rhätischen Schichten. Als ein zusammenhängendes Band lassen sich dieselben längs des Sees von Lecco und von der Tremezzina aus längs des Ost- und Nordabhanges des Monte Crocione und Monte Galbiga verfolgen ; wir treffen sie wieder am Nordufer des Sees von Porlezza bis zum Monte Boglia und Monte Bré ; die Mächtigkeit der ganzen Abtheilung beträgt 200 — 400 Meter. In der rhätischen Stufe ver- treten sich und wechseln vielfach mit einander ab thonige und kalkige Sedimente. Eine vollständige Schichtreihe ist an den Abhängen des Monte Crocione oberhalb der Tremezzina entblösst. Ueber dem Hauptdolomit mit Megalodonten treffen wir ein System schwarzer Mergel- schiefer, welche erfüllt sind mit kleinen Zweischalcrn und Bactryllium (Schwäbische Facies); dunkle Kalke, — 266 — Terebratula gregaria enthaltend und mit Schiefern wech- sellagernd (Karpathische Facies) folgen darüber. Das Hangende dieser Schichten bilden mächtige Bänke von grauen Kalken, deren Masse oft grösstentheils aus ästi- gen Riffkorallen (Lithodendren) besteht und die stellen- weise zu Hunderten grosse Megalodonten (Conchodon infraliasicus St0])p.) enthalten. Während Stoppani (cit. 22, p. 236) glaubt, dass auf den Conchoden - Schichten der Lias direct auflagert, weist Curioni (cit. 31, Bd. I, p. 239) nach, dass über denselben noch einmal eine Serie von Kalk- und Mergelbänken auftritt, in welchen Avicula contorta und Terebratula gregaria sich finden. — Ein zweites schönes Rhätprofil ist am Nordabhang des Monte Galbiga in dem sogenannten Benetobel aufgeschlossen, wo die Gesteinsfolge des genauesten von A. Escher stu- dirt wurde. Es erlangt hier namentlich die Pelecypoden- facies eine grosse Mächtigkeit. Ungefähr in der Mitte des Profiles treten über einem System von Mergeln mit Avicula Escheri, Gervillia inflata, Bactryllien etc., zwei ca. 30 Meter mächtige, wiederum durch Mergel von ein- ander getrennte Bänke von Lithodendronkalk auf, die ebenfalls Megalodonten enthalten. Darüber folgen von Neuem dünnbankige Kalke und schwarze Mergelschiefer reich an den bezeichnenden Zweischalern, auch eine Bank mit Terebratula gregaria findet sich hier. Die grauen, Hornstein-führenden Kalke des Lias sind dunkel- grauen Mergeln mit Cardita crenata direct aufgelagert. In der Yalsolda, wo die rhätischen Ablagerungen wohl ebenso mächtig auftreten, wie am Comersee, macht sich eine Aenderung der Facies geltend, insofern, als hier das kalkige Element viel grössere Ausdehnung er- langt; immerhin lassen sich Mergelschiefer mit Bactryl- lien und Zweischalern noch mehrorts nachweisen. Ge- nauere Angaben fehlen hier leider vollständig. — Unsere — 267 — kurze Betrachtung der rhätischen Formation im Gebiete vom Comersee bis nach Lugano zeigt, dass die Litho- dendronkalke mit Megalodonten in beliebigen Horizonten und mit wechselnder Mächtigkeit zwischen den fossil- reichen Mergeln auftreten können, dass also die Riff- bildung des Hauptdolomites in die rhätische Zeit sich fortsetzte. Am östlichen Ufer des Luganersee's finden sich im Liegenden des Lias vom Monte Generoso rhätische Schichten, welche denjenigen der Yalsoda ent- sprechen, auf der Westseite des See 's hingegen, am Südabhang des San Giorgio fehlen dieselben voll- ständig : der Lias lagert transgredirend auf einer untheil- baren Dolomitmasse, welche den Raiblerschichten von Meride aufliegt. Diese Erscheinung weist" vielleicht darauf hin, dass die Bildung des Hauptdolomites ohne irgend- welche Modification bis in die rhätische Zeit fortdauerte. Das Yorherrschen der Kalk- und Dolomit-Facies im Rhät ist in gleicher "Weise charakteristisch für die Ge- gend zwischen Luganer See und Lago maggiore. In dem bereits erwähnten Profil der Margorabbia- Schlucht bei Induno trifft man im Liegenden des Lias circa 20 Meter mächtige grauschwarze Kalke, welche durchaus an die rhätischen Conchodon-Kalke vom Comer- See erinnern. In der That erwähnt Stoppani (cit. 22, p. 238) von dem benachbarten Santa Maria del Monte das Yorkommen von Conchodon infraliasicus. Unter diesen dunkeln Kalken liegt eine Masse von gelblichem Dolomit mit Megalodon (Dachsteinkalk), welche von dem tiefern, zusammenhängenden Dolomitcomplex des Hauptdolomites und der Esinoschichten nur durch einige gelbliche Mer- gellagen getrennt ist. Diese Mergel enthalten Kalk- knollen, die nach Steinmann (vgl. unten p. 306) aus Litho- thamnien und Brachiopodenbruchstücken bestehen. — Das Profil der Margorabbia- Schlucht ist desshalb von — 268 — besonderem Interesse, weil wir hier, am westlichen Ende des Gebietes der ostalpinen Trias, sämmtliche Glieder der- selben vom Muschelkalk bis zum Rhät zu einer einzigen, fast untheilbaren Riffmasse verschmolzen sehen. Da sich in dem besprochenen Triasgebiet mancher- orts, namentlich in den westlichen Theilen, der Mangel an genügenden Detailuntersuchungen unliebsam fühlbar macht, so mag der vorliegenden Schilderung manche Unvollkommenheit anhaften. Es tritt jedoch deutlich hervor, dass von der Grigna bis zum Langensee ein mehrfacher Facieswechsel in der Ausbildung der ver- schiedenen Triasglieder statt hat. Je weiter wir ge- gen Westen vorrücken, desto mehr verringert sich die Mächtigkeit der Bildungen, aber trotzdem lassen sich, sei es in der normalen Ausbildung, sei es in der Riff- facies, überall noch Anzeichen des Yorhandenseins sämmt- licher für die Lombardei charakteristischen Abtheilungen der Trias nachweisen. Wie mehrfach betont wurde, ist der karnische Hauptdolomit der am wenigsten sich ver- ändernde Horizont. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass seine stratigraphische Bedeutung nicht immer die- selbe ist; nach unten mag er oft als Rifffacies zeitliches Aequivalent eines Theiles der Raiblerschichten sein und ebenso nach oben die Koessener-Schichten vertreten, in welch letzterem Falle er sich dann mit dem rhätischen Dachsteinkalk vereinigt. Jura. In Beziehung auf die ältesten j urassi sehen Ab- lagerungen unseres Gebietes können wir zwei gesonderte Bezirke unterscheiden, deren Grenze bezeichnet wird durch eine in der Richtung Lugano-Mendrisio von Nord nach Süd verlaufende Linie. Aus Lias bestehen jene zusammenhängenden Berg- massen, welche zu beiden Seiten des Sees von Como gegen Westen und Norden bis an den Luganersee, gegen — 269 — Osten bis zur Yal Assina und gegen Süden bis an den Rand der Ebene sieb ausdehnen und die Gipfel des Monte Greneroso, des Monte Galbiga, Crocione, S. Primo und Palanzolo tragen. — In vollkommener Concordanz lagert hier über den rhätiscben Bildungen ein System dünn- bankiger, grauer Kalke mit Hornsteinlagen, dessen Mäch- tigkeit circa 800 Meter beträgt. Diese höchst einförmige Ablagerung ist fast fossilfrei, Escher führt Terebratula variabilis und Lima succincta an; wir haben eine typische Tiefseebildung vor uns. Mit den liegenden, rhätischen Ablagerungen ist der Lias eng verbunden, eine scharfe Trennung ist oft kaum möglich. Die Natur des Rhät deutet auf Oscillationen des Meeresgrundes hin, Korallen- bildungen des seichten Meeres wechseln mit Sedimenten aus tieferem "Wasser ab, doch ist unverkennbar eine posi- tive Bewegung der Strandlinie, welche hinüberleitet zu der Tiefseeablagerung des uatern Lias. Ganz anders liegen die Yerhältnisse im Westen des Luganersee's. Hier treffen wir die jurassischen Schichten als ein schmales Band den nach Süden unter die Ebene einsinkenden Triaskalken angelagert, selbstständige Berggruppen bilden sie hier nicht mehr. — Gleich westlich von Mendrisio stossen wir auf die berühmten fossilreichen Liasbildungen von Arzo, Saltrio und Yiggiù. Innerhalb der kaum 4 Km. betragenden Strecke von Mendrisio bis nach Arzo und Saltrio hat sich der petrographische und faunistische Charakter des untern Lias vollständig geändert. Die fossilleeren, grauen Kalke mit Hornsteinen sind entweder ganz verschwunden oder bilden, nur wenige Meter mächtig, an einzelnen Stellen die Basis des Lias. Der Lias von Saltrio und Viggiù besteht aus grauen und gelblichen, feinkörnigen oder oolithischen Kalken, welche in regelmässige etwa 40^ nach S — SW — 270 — einfallende Bänke abgetheilt sind. Die in grossen Stein- brüchen abgebauten Kalke sind an einzelnen Stellen reich an Fossilien, welche alle für untern und mittlem Lias bezeichnend sind. Es lassen sich drei Horizonte unterscheiden : zu unterst treffen wir eine Ammonitenfauna (Nautilus striatus, Arietites bisulcatus, stellaris etc.) da- rüber folgen Bivalven ■ und Gastropoden (Gryphaea ar- cuata, Cardinia hybrida, Pleurotomaria expansa und araneosa etc.), den Schluss bilden Bänke, die eine grosse Zahl von Brachiopoden enthalten, welche von C. F. Parona bearbeitet worden sind. Die Liasbildung von Saltrio erstreckt sich gegen Osten nur wenig über die italienisch- schweizerische Grenze hinaus, bei Arzo erscheint eine ganz andere Facies, welche nach ihren Fossilien, vor- herrschend Brachiopoden, den obern Saltrioschichten, also dem mittlem Lias angehört. Es sind undeutlich geschichtete rothe, weissgefleckte, marmorartige Kalke, welche stellenweise von Terebrateln, Pecten und Lima ganz erfüllt sind, ferner treten dunkel-braunrothe, san- dige Kalke auf, die von grossen Crinoidenwurzeln durch- zogen werden. Nicht selten ist das Gestein eine förm- liche Breccie, bestehend aus rothem, compactem und sandigem Liaskalk, welcher graue Dolomitstücke von ganz verschiedenen Grössen verkittet. Der liegende Hauptdolomit (Dachsteinkalk) besitzt eine sehr unregel- mässige Oberfläche, die Furchen und Taschen desselben sind ausgefüllt von den meist roth gefärbten Liassedi- menten. In Beziehung auf die Fauna sowohl als auch auf die Art des Auftretens ist der Lias von Arzo als ein vollkommenes Analogen zu den Hierlatz-Schichten des Dachsteingebirges und der Salzburger Alpen aufzu- fassen. Es fällt nicht schwer eine Erklärung für die Entstehung der ganzen Ablagerung zu geben. Das Biff des Hauptdolomites ragte zu Ende der rhätischen Zeit — 271 — und zu Anfang des Lias aus dem Meere empor, die ursprünglichen Unregelmässigkeiten seiner Oberfläclie wurden in Folge der Erosion noch verschärft, Terra rossa sammelte sich zwischen den Felsklippen an. Als nun zur Zeit des mittlem Lias das Kiff allmählig wieder unter das Meer versank, entstanden auf seiner schrun- digen Oberfläche in Folge der Brandung die erwähnten Breccien. Die ersten Liassedimente, durch die abge- spülte Terra rossa roth gefärbt, mussten naturgemäss erst alle die Unregelmässigkeiten des Untergrundes aus- gleichen, d. h. sie bildeten häufig taschenförmige Ein- lagerungen im Hauptdolomit. Nach Westen zu lassen sich die Saltrio-Schichten weiter verfolgen als nach Osten; ähnliche graulich- grüne Kalke, freilich in bedeutend geringerer Mächtig- keit finden wir an den Bergabhängen nördlich von Induno über den Triasdolomiten. Am Ausgange der Margorabbia-Schlucht, wo dieselben Kalke viele Ammo- niten enthalten, liegen sie in vollkommenster Concordanz auf den oben beschriebenen rhätischen Schichten, eine Unterbrechung in der Sedimentbildung zwischen Rhät und Lias hat hier nicht stattgefunden. Während der untere und mittlere Lias zwischen * Comer- und Langensee in sehr verschiedenen Meeres- tiefen sich ablagerte, also in nahe bei einander liegenden Gebieten total verschiedene Facies zeigt, stellt der obere Lias eine über das ganze Gebiet in durchaus gleichartiger Ausbildung sich verbreitende Ablagerung dar: in den östlichen Theilen hatten die mächtigen Sedimente des untern Lias den Meeresboden allmählig erhöht und im Westen waren die Kiffe immer tiefer unter den Meeresspiegel versunken. Fossilreichthum und charakteristische petrographische Beschaffenheit zeichnen diesen Horizont aus; von Alters her wurde derselbe von — 272 — den Italienern als Calcare rosso ammonitico be- zeichnet, in den Adneth er- Schichten der Salz- burger-Alpen erkennen wir eine durchaus analoge Ab- lagerung, auch in den Central- Apenninen erlangt der Ammonitico rosso eine grosse Yerbreitung. Der rothe Ammonitenkalk, immer concordant den tiefern Lias- schichten auflagernd, erreicht in unserm Gebiete eine Mächtigkeit bis zu 80 m. Er besteht aus regelmässig-, meist dünngeschichteten, oft thonigen oder sandigen Kalken. Neben Harpoceras bifrons, serpentinum, Aalense etc. finden sich darin Phylloceras, Lytoceras, und weniger häufig auch Terebrateln. Die fossilreichste Localität dieses Horizontes ist Erba, östlich von Como, ferner trifft man denselben in der Gebirgsmasse des Monte Generöse bei der Alpe di Salorino und Ealdovana. In schönster Ausbildung findet sich dieselbe Ablagerung am Südabhang des Poncione d'Arzo bei Arzo, Besazio und Clivio, von wo aus sie sich über Induno längs des Campo dei Fiori bis in die Yal Cuvio verfolgen lässt. Ablagerungen, welche vielleicht dem Dogger zu- gerechnet werden können, finden wir in dem zu be- sprechenden Gebiete nur in geringer Ausdehnung (vgl. unten p. 310), dagegen sind dem Malm zugehörige Schichten sicher zu erkennen. Sowohl am Südabhang des Poncione d'Arzo (zwischen Ligornetto und Clivio), als auch bei Erba lagert auf dem rothen Ammoniten- kalk des obern Lias ein System rother, dünnbankiger Kalke und Hornsteine, welche in Folge des Yorkommens zahlreicher Aptychen als „Aptychenschiefer" bezeichnet worden sind. Aequivalente dieser Bildung fehlen in den östlichen Alpen, dagegen besitzen solche eine be- trächtliche Yerbreitung in den centralen Apenninen.^) ^) Ygl. Zittel, Geologische Beobachtungen aus den Central - Apenninen (Benecke, Greognost.-palaeontolog. Beiträge. Bd. II, p. 140). — 273 — — Oberhalb Ligornetto beträgt die Mächtigkeit der Aptychenschiefer wohl über 30 m. Aptychen sind hier nicht selten; die Hornsteinschichten, ebenso wie der damit wechselnde rothe Kalk sind erfüllt von Eadio- larien. Die ganze Ablagerung zeigt die typischen Charaktere einer Tiefseebildung. — In höherm Niveau werden die Hornsteinlagen und damit auch die Radio- larien seltener, die rothbraune Farbe verschwindet, es treten röthliche und weisse, compacte Kalke auf, die, Biancone auch Majolica genannt, wohl das Tithon und die untere Kreide repräsentiren. Eine scharfe Trennung von Jura und Kreide ist in unserem Gebiete kaum möglich. Die Kr ei deb il düng en treffen wir in reicher Ent- Kreide. Wicklung in dem Hügelland der Brianza, südöstlich von Lecco, sowie in der Umgebung des Sees von Varese. Das vorherrschende Gestein ist die „Scaglia", graue, gelbliche Mergelschiefer, welche an der Luft in eckige Stücke zerfallen. Diese Ablagerung erinnert in ihrem Habitus wohl an den nordalpinen Flysch. Allgemein sind in der Scaglia jene Algenreste verbreitet, welche man als Fucoiden bezeichnet; andere Fossilien, wie Ammo- niten, Inoceramen, Seeigel etc., die Anhaltspunkte zu genauerer Altersbestimmung liefern könnten, sind im All- gemeinen selten. Wichtig ist das Yorhandensein einer auf die Brianza beschränkten Conglomeratbildung inner- halb dieses Mergelcomplexes. Da dieselbe bei Sirone Hippurites cornu vaccinum und Actaeonella gigantea etc. enthält, entspricht sie den Gosauschichten der östlichen Nordalpen, gehört also der 'obern Kreide, dem Turon an. Durch dieses Conglomérat wird die ganze Masse der Scaglia in zwei Hälften getheilt: in eine untere, welche zugleich mit den harten Biancone -Kalken die untere Kreide vertritt und in eine obere, bedeutend mächtigere Abtheilung, deren Analogon wir in den ober- 18 — 274 — cretacischen Seewenschicliten der Nordalpen erkennen. — In der Gegend von Induno und Yarese fehlt in der Scaglia das Conglomérat mit Hippuriten; Steinmann (vgl. unten p. 311) erblickt hier in dem Auftreten von gröbern Sedimenten, wie allothigenen Kieselknollen und Kalkstücken, innerhalb der homogenen Scaglia die An- zeichen einer Transgression, somit die Grenzschicht zwi- schen unterer und oberer Kreide, der Neocom- Scaglia einerseits, der Turon- und Senon- Scaglia anderseits. — Gut bestimmbare Leitfossilien sind in der untern Sca- glia kaum gefunden worden, Hauer erwähnt einen an Am. heliacus d'Orb. erinnernden Ammoniten aus der Gegend von Mombello am Langensee, Steinmann (vgl. unten p. 311) führt von Induno ein Ammonitenbruchstück an, welches vielleicht auf Barrême - Stufe schliessen lässt. Die obere Scaglia hingegen ist in der Brianza an ein- zelnen Stellen reich an Fossilien, aus der Gegend von Brenne und Merone werden Inoceramen und Acantho- ceras Rhotomagense angeführt. — Die von Hauer mehr- fach geäusserte Ansicht, dass die Scaglia der Südalpen mit den Seewenschichten der Nordalpen zu parallelisiren sei, erhält ihre Bestätigung durch den Nachweis einer ent- sprechenden Foraminiferenfauna. Steinmann (vgl. unten p. 312) fand in den flyschartigen Mergeln, die sehr schön längs der Olona, südwestlich von Induno aufgeschlossen sind, manche Bänke ganz erfüllt von einkammerigen Lagenen, daneben treten auf Textillaria globosa und Globigerina cretacea. Alle diese Formen hat Kaufmann aus den nordalpinen Seewerschichten nachgewiesen. Tertiär. Eocäne Ablagerungen finden wir ebenfalls in der Brianza, ferner westlich von Yarese um den Lage di Comabbio ^), wo sie eine zusammenhängende Hügel- ^) Ygl. T. Z Olli ko ff er. Géologie des environs de Sesto Calende. Bull. soc. Yaud. d. Sc. nat. T. IV. 1853—1855. p. 72. — 275 — gruppe bilden. Die untere Abtheilung besteht aus Nummulitenkalken, darüber lagert eine Conglomerat- und Sandsteinbildung. Unter den Geschieben, welche letztere zusammensetzen, herrschen körnige und schief- rige Amphibolgesteine, seltener sind Granite, Gneisse, Quarzite und Dolomit. Aequivalente der am Nordrand der Alpen so weit verbreiteten miocänen Nagelfluh und Molasse er- langen auf der Südseite nur geringe Verbreitung. Der kaum 10 Km. lange und etwa 350 m. hohe Bergrücken des Monte Olimpino bei Como ist ein schwaches Nach- bild der Bergmassen vom Rigi, Rossberg und Speer Die Nagelfluhbänke, mit Molassesandsteinen Wechsel - lagernd, sind bis zu 60^ steil aufgerichtet und fallen nach Südwesten ein. Das Material derselben besteht vor- zugsweise aus krystallinen Gesteinen, Gerolle des dun- keln Liaskalkes sind vereinzelt. Es mag hervorgehoben werden, dass die als Miocän gedeuteten Cohglomerate und Sandsteine grosse Aehnlichkeit zeigen mit jenen eocänen Schichten, welche sowohl in der Brianza als auch bei Yarese concordant die Nummulitenkalke über- lagern. Das gegenseitige Lagerungsverhältniss von Eocän und Miocän ist nirgends zu beobachten, da der Monte Olimpino fast allseitig von Diluvium umgeben ist. Auf der Strecke von Chiasso nach Como, sowie bei Stabbio treten die steil aufgerichteten Nagelfluhbänke längs einer Verwerfung in Berührung mit den Kalken des untern Lias. Während die bis jetzt besprochenen eruptiven und sedimentären Bildungen bei der Entstehung des Alpen- gebirges alle in hohem Maasse dislocirt worden sind, haben die Ablagerungen aus der Zeit des jüngsten Ter- tiärs und des Diluviums weit mehr ihre ursprüngliche Lagerung beibehalten, wenn auch Dislocationen des — 276 — Pliocäns nocli mancherorts nachzuweisen sind; die da- malige Configaration des Landes war bereits von der heutigen nur wenig verschieden. In dem Auftreten von marinen Ablagerungen des Pliocäns am Südfuss der Alpen erblicken wir einen charakterischen Zug gegenüber der Nordseite; als gleichzeitige Bildungen sind dort wohl die mancherorts weit verbreiteten Gferöllablagerungen zu deuten, welche die Basis des eigentlichen Moränenterrains bilden. Die durch Erosion leicht zu zerstörenden Mergel des Pli- ocäns finden sich in unserem Gebiete nur an verein- zelten Punkten (Folla d'Induno bei Yarese, Pontegana bei Chiasso und Paradiso bei Lugano), weiter westlich bei Masserano in der Nähe von Biella treten sie hin- gegen in zusammenhängenden Massen auf. Die geogra- phische Yerbreitung dieser Erosionsrelicte zeigt uns, dass das pliocäne Meer die ganze lombardische Ebene einnahm und auch den vorhandenen Thaleinschnitten folgend nach Norden fjordähnlich vordrang. Der höchste Pliocänpunkt unseres Gebietes liegt circa 380 m. über dem Spiegel des Mittelmeeres, weiter westlich am Ober- laufe des Po in den Meeralpen finden sich Pliocänab- lagerungen in der Höhe von 500 Meter. ^) Ueberall wo die pliocänen Ablagerungen einigermassen gut entblösst sind, beobachten wir in den tiefern Horizonten das Yor- herrschen von graublauen, fetten Mergeln (argille az- zurre). Darüber lagern dünngeschichtete, gelbe oder braune Mergel (sabbie gialle), welche durchweg etwas sandig und sehr glimmerreich sind. Diese Mergel, namentlich die argille azzurre sind fast überall reich an marinen Conchylien; ïaramelli führt 33 Species, Gastro- ^) Sac CO. Suir Origine delle Vallate e dei Laghi Alpini etc. Atti d. Eeal. Acad. di sc. nat. di Torino 1885. Vol. XX. — 277 — poden und Lamellibrancliiaten an, wovon 21 im Mittel- meer und im atlantischen Ocean noch lebend vorkommen. Die Sabbie gialle enthalten eingeschwemmte Kohlen- stücke und auf den Schichtfiächen trifft man häufig Pflanzenab drücke. Nach den Angaben von Sordelli fanden sich bis jetzt 26 Species (Pinus, Séquoia, Laurus, Cinnamomum, Populus, Platanus etc.), welche alle in ihrem Gesammthabitus eine nahe Beziehung zu ober- miocänen Floren erkennen lassen, also auf tropisches oder subtropisches Klima hinweisen. — Als zeitliches Aequivalent des marinen Pliocäns finden wir mancher- orts in Italien terrestrische, respective Süsswasser- Ab- lagerungen, die reich an Ueberresten von Säugethieren sind. Am Rande der Alpen sind solche Bildungen sehr vereinzelt, namentlich bekannt sind die Lignite von Leffe bei Gandino, in einem Seitenthale der Yal Seriana nörd- lich von Bergamo, wo die mit Seekreide und Mergeln wechsellagernden Kohlenschichten Säugethiere enthalten, die theils der Fauna von Yal d'Arno, theils derjenigen der Yal di Chiana, d. h. sowohl der ältesten als auch der jüngsten Stufe des subapenninischen Pliocäns ent- sprechen. Während sowohl in Piémont, als auch in Yenetien Diluvium, und in Friaul die eigentlichen Moränenbildungen von dem jüngsten Tertiär durch mächtige Oeröllmassen, fluviatilen Ursprunges geschieden sind, lagern die Mo- ränen unseres Gebietes direct auf den Pliocänmergeln, aber immer ist eine scharfe Trennung beider vorhanden. Mehrere Geologen glaubten an einigen Stellen eine Yer- mengung von pliocänen und glacialen Ablagerungen zu sehen, und machten in Folge dessen die Annahme, dass die Gletscher bis an die Küste des pliocänen Meeres herabgestiegen seien. Wenn auch jene Beobachtungen sich als irrthümlich erwiesen haben, so erscheint es uns — 278 — doch nicht unwahrscheinlich, dass zur Zeit, als in den obern Theilen des Yeltlin, des Tessin- und Dora-Baltea- Thales Gletscher lagen, das Ufer des Pliocänmeeres nicht allzu weit vom Rande des G-ebirges entfernt ge- wesen sein mag; hat doch Sordelli in den quartären Ablagerungen von Leffe und von Pianico in der Provinz Bergamo eine Flora nachgewiesen, welche zur Hälfte aus Pflanzen besteht, die heute in Nordamerika, in Klein- und Mittelasien sich finden, also ein wärmeres Klima erfordern. Die von Hochstetter eingehend geschilderten Verhältnisse auf Neu-Seeland geben uns vielleicht ein Bild des damaligen Zustandes der Südseite der Alpen. Die Moränen am Südfuss der Alpen zeichnen sich mehr durch locale, mächtige Entwicklung, als durch weite horizontale Yerbreitung aus. Yor den Ausgang eines jeden, grösseren Thaies legt sich eine Reihe scharf umgrenzter, mächtiger Moränen, welche dicht gedrängt die Orographie der betreffenden Gegend bedingen. Es entstehen jene Moränenamphitheater, welche auf einen engen Raum begrenzt, gewaltige Zeugen der Thätigkeit der alten Gletscher sind. — Die hauptsächlichsten gla- cialen Transportlinien sind bezeichnet durch den Lago maggiore, den westlichen Arm des Luganersees mit dem Thal von Arcisate, ferner durch das Thal von Mendrisio und die beiden Arme des Comersees. Südlich von Como sind die Endmoränen wohl am schönsten entwickelt, es folgen sich hier in nahezu concentrischen Kreisbogen drei Moränenzüge, welche jeweilen eine Höhe von 60 bis 80 Meter erreichen. Die östlich daran sich anschlies- senden Moränen der Brianza sind weit weniger zusam- menhängend. Nach Süden zu finden sich Anzeichen alter Gletscher bis in die Nähe von Monza. — An mehre- ren Orten, wo die Gletscher grössere Mächtigkeit er- reichen konnten, waren die einzelnen Gebiete durch — 279 — Seitenarme mit einander verbunden. An den Abhängen des Monte Crocione und ebenso an dem gegenüber- liegenden Monte San Primo finden sich glaciale Ab- lagerungen bis in die Höhe von 600 — 700 Meter über dem Niveau des Sees von Como. Ein dem entsprechend Äiächtiger (Grletscher konnte desshalb mit seinen Seiten- zweigen sowohl das Thal von Menaggio bis Lugano, als auch die Senke zwischen Monte Galbiga und Monte Ge- neröse, die Yal Intelvi, erfüllen. Bei Lugano treffen wir eine grosse Moräne auf der Höhe des Monte Bré, un- gefähr 600 Meter über dem Seespiegel; der Nordabbang des Monte San Salvatore besteht in seinem untern Dritt- theil ebenfalls aus zum Theil erodirten Moränen.- An letzterem Orte kann man eine untere und eine obere Moräne unterscheiden, welche verschieden zusammen- gesetzt sind und durch eine ca. 2 Meter mächtige Bank von Seekreide von einander getrennt werden (vgl. unten p. 294). Da die meist schön gekritzten Gerolle dieser Moränen alle auf östlichen Ursprung hinweisen, central- alpine Gesteine hingegen gänzlich zu fehlen scheinen, so darf wohl die Annahme als erwiesen gelten, dass einst vom Comersee her ein Eisstrom sich über Porlezza bis nach Lugano erstreckte und hier den im Agnothale von Norden heranrückenden Gletscher staute. Nachdem in obigen Zeilen der Versuch gemacht Geotektonik. worden ist, die im Excursionsgebiet entwickelten Forma- tionen gemäss unseren heutigen Kenntnissen in chrono- logischer Reihenfolge kurz zu charakterisiren, bleibt noch die Aufgabe, die wesentlichsten Züge der Geotektonik zu skizziren. Es wurde bereits Eingangs darauf hingewiesen, dass die gefalteten, steil gestellten krystallinen Schiefer und — 280 — carbonischen Conglomerate des Seegebirges gegen Süden immer tiefer sinken und discordant von den Jün- gern Bildungen bedeckt werden. Wir finden also auch auf der Südseite der Alpen, allerdings ausnahmsweise, gerade so wie im Gebiet der nördlichen Centralmassive die Spuren eines postcarbonischen Gebirges. Die Sedimente von Trias, Jura, Kreide und Eocän bilden ein im Grossen und Ganzen concordantes Schicht- system; geotekionisch sind damit zu vereinigen jene Por- phyrdecken, welche in der Gegend der südlichen Arme des Luganersees und weiter nach Westen hin die Basis derselben bilden. Es mag schwer zu entscheiden sein, ob die mehr- fach erwähnten positiven und negativen Bewegungen der Strandlinie, namentlich zur Zeit der Trias und des untern Lias und dann wieder zwischen älterer und jün- gerer Kreidezeit, von Dislocationen der festen Erdrinde begleitet waren, durch welche Discordanzen innerhalb der mesozoischen Schichten bedingt wurden. Die erste in unserem Gebiete allerdings nicht sehr deutlich her- vortretende Discordanz besteht zwischen Eocän und Miocän. Die Hebung der Alpen hatte schon vor der Miocänzeit begonnen und am Fusse des werdenden Ge- birges häuften sich jene Conglomerate, welche den Monte Olimpino zusammensetzen. Die heutige orographische Gestaltung unseres Gebietes ist das Resultat der nach- miocänen alpinen Gebirgsbildung und der fortgesetzt, thätigen Erosion. Die Sedimente am Südrand der Schweizeralpen zei- gen im Grossen und Ganzen, namentlich im Vergleich zu den Yerhältnissen auf der Nordseite keine grossen Lagerungsßtörungen. Der ganze Complex derselben bil- det eine gegenüber dem Centralmassiv des Seegebirges tiefer gesunkene von Nord nach Süd geneigte Tafel, — 281 — deren einfacher Bau gelegentlich durch das Auftreten von Anticlinalen, Yerwerfungen, auch wohl Ueberschieb- ungen und Blattverschiebungen sich complicirt. — In Beziehung auf die Art der Anlagerung der sedimentären Zone an das gefaltete Grundgebirge lassen sich deutlich zwei Typen erkennen. Westlich von Lugano, längs der Linie Paradiso-Laveno-Monte Nave-Grantola bis San Pietro am Lago maggiore, beobachten wir die Auf- lagerung der Sedimente auf die meist steil gestellten, krystallinen Schiefer; noch südlich dieser Linie tauchen jedoch in tiefen Thaleinschnitten oder längs Verwerfun- gen die Glimmerschiefer mehrfach unter der Porphyr- decke und den Triaskalken wieder hervor (vgl. Prof. I u. II). Gegen Osten, von Lugano bis San Abbondio am Comersee, hingegen sind die Sedimente an der Grenze gegen die krystallinen Schiefer steil aufgerichtet, sie erscheinen denselben angelagert und bilden eine nach Süden abbiegende Flexur, in welcher der östliche Arm des Luganersees, sowie der Lago del Piano liegen. Ein erneutes Auftauchen der krystallinen Schiefer süd- lich der Contactlinie findet hier nicht mehr statt. (Ygl. Prof. III.) Den Bau des Gebietes westlich des Meridians von Lugano erläutern die Profile I und IL Am Nordabhang des Salvatore treffen wir zuerst die Sedimente in zu- sammenhängender Masse auftretend. Dass aber die- selben sich einst weiter gegen Norden erstreckt haben, beweist eine kleine Scholle von Buntsandstein und Felsit- porphyr, welche oberhalb Manne discordant den krystal- linen Schiefern aufliegt. Der Buntsandstein (Yerrucano) am Fuss des San Salvatore ist gegen dieselbe um den Betrag von ungefähr 500m. gesunken. Der Salvatore selbst stellt eine steile Synclinale dar; daran schliesst sich ein flaches SW — NO streichendes Gewölbe. Als - 282 — dessen entblössten Kern erkennen wir die Porphyre der Yorgebirge von Morcote und Brusin Arsizio, als dessen Südschenkel sind die Trias- und Juraschichten des San Giorgio und Poncione d'Arzo zu betrachten. In dem Süd- schenkel tritt bei Clivio eine kleine Secundärfalte auf und dann verschwinden die jurassischen Schichten unter der Decke quartärer Ablagerungen. Doch sehr bald er- hebt sich aus der Ebene von Neuem ein Felsriff. Auf der kurzen Strecke von Stabbio bis Gaggiolo taucht nämlich, den äussersten Südrand des alpinen Gebirges darstellend, eine steilstehende Scholle von Hauptdolomit und Lias empor, an welche sich dann die nach Süden geneigten Conglomeratbänke der Molasse anlehnen. So- wohl gegen Norden als auch gegen Süden ist also das Felsenriff von Stabbio von den anliegenden Gebirgs- gliedern durch Yerwerfungen getrennt. (Ygl. cit. 35, Taf. lY, Prof. 5.) — Auf einem Querschnitt, welcher etwas weiter im Westen, dem beschriebenen Profile parallel verlaufend durch das Gebirge gelegt ist, treffen wir bis zu einem gewissen Grade analoge Yerhältnisse. (Ygl. Prof. II.) Auch hier bildet die Porphyrdecke von Yalgana 'mit den gelegentlich darunter empor- tauchenden krystallinen Schiefern den Kern einer flachen Anticlinale, deren Südschenkel von den aus der Ebene emporsteigenden Sedimenten des Sano della Corna und des Campo dei Fiori gebildet wird. Der Nordflügel der Anticlinale aber ist abgesunken längs einer Yerwerfungsspalte, die der Anticlinalenaxe parallel, von Cabgaglio über Bedero nach Brusimpiano und Figino am Luganersee verläuft. ^) Der versenkte Porphyr mit ^) Oümbel (cit. 36, p. 578) nimmt an, dass diese Verwerfung sich noch weiter nach Osten fortsetzt und auch die Dolomite des Salvatore in zwei Hälften theilt. — 283 — den concordant darauf liegenden Sedimenten steigt nun nach Norden wieder empor und bildet auf der Höhe des Monte Selva und Monte la Nave eine schwach nach Süden geneigte Decke über den krystallinen Schiefern. — Noch weiter nördlich treffen wir auch hier Ueber- reste der einst eine grössere Yerbreitung besitzenden Porphyre und Sedimente. Allein dieselben liegen nicht wie oberhalb Manno normal auf dem gefalteten Grund- gebirge, sondern bilden eine an mehreren Stellen steil- stehende Scholle, welche beiderseits von krystallinen Schiefern eingefasst ist und sich vom Nordabhang der Tresa-Schlucht bis an den Lago maggiore hinzieht. — Aus den beiden beschriebenen Profilen ersehen wir, dass innerhalb der südlichen Sedimentzone der Alpen SW — NO verlaufende Yerwerfungen häufig zu constatiren sind, bei der Alpenerhebung müssen hier die in schwache Falten gelegten Gesteinsmassen häufig in annähernd verti- caler Richtung an einander verschoben worden sein. In der Gegend östlich von Lugano erreichen die Sedimente eine viel mächtigere Entwicklung ; es fehlen die Porphyre. Der geologische Bau ist bedeutend ein- facher. Die im Hintergrund der Yalsolda nach Süden steil einfallenden, Ost -West streichenden, Schichten der untern Trias verschwinden unter der Thalsohle des Sees von Porlezza. Die Berge am südlichen Ufer werden aufgebaut von schwach nach Süden geneigten Lias- kalken, an deren Basis noch rhätische Schichten zu Tage treten, welche zweifellos in der Tiefe concordant auf altern Triasbildungen auflagern. (Ygl. Prof. HI.) Die Gesteinsschichten der Yalsolda einerseits, des Monte Cap- rino und Monte Galbiga anderseits sind im mittlem Theil des Sees von Porlezza durch eine nicht vsehr bedeutende Ost -West verlaufende Yerwerfung von einander ge- trennt, weiter östlich jedoch, in der Gegend des Lago — 284 — del Piano verflachen sich einfach in der Thalsohle die am Abhang der (Jima la Grrona steilstehenden Schichten und fallen unter den Monte Galbiga ein. Die ganze Berggruppe des Monte Galbiga und Monte Crocione bildet eine flache Synclinale, in deren Mitte eine kleine Anticlinale sich bemerkbar macht, (Ygl. Prof. III und lY.) Bei Dizasco in der Val Intelvi tauchen die rhätischen Schichten unter der mächtigen Liasdecke wieder empor. Durch die Yal Intelvi läuft eine Yer- werfung und südlich derselben erheben sich die Lias- kalke von Neuem und bilden in flachen Wellen die einheitliche Gebirgsmasse des Monte Generoso, Palanzolo und S. Primo. (Ygl. cit. 35, Taf. lY, Prof. YI, YII, IX, X, XII.) Nördlich und östlich der beiden letzt- genannten Berge gelangen die rhätischen Schichten bis zum See von Como und Lecco zu mächtiger Entwick- lung. Die nach Süden einsinkenden Liaskalke des Monte Palanzolo bilden, bevor sie unter der Ebene verschwin- den westlich von Erba noch eine kleine Synclinale, in welcher die fossilreichen Schichten des obern Lias, so- wie Jura und Kreide liegen. Die dritte geognostische Einheit unseres Gebietes bildet die Grigna, deren geologischer Bau durch die Untersuchungen von Benecke klargelegt worden ist. (Ygl. cit. 39.) Das Gebirge zerfällt in zwei Hälften: die nördliche besteht aus muldenförmig gelagerten Muschel- kalk-, Esino- und Paiblerschichten, die südliche aus einer regelmässig aufeinander liegenden, nach Nord-en ge- neigten Schichtserie vom Muschelkalk bis zum Haupt- dolomit. Yon den beiden Gipfeln der Grigna besteht demgemäss der nördliche, Moncodeno, aus Esinokalk, der südliche, Monte Campione, aus Hauptdolomit. Die Grigna méridionale ist gegenüber der nördlichen Grigna abgesunken und wird von letzterer längs einer Ost -West — 285 — verlaufenden Yerwerfungslinie überschoben, so dass von Norden her Muschelkalk und Bundtsandstein an den Hauptdolomit der Südhälfte anstossen. Ausser dieser Ost -West verlaufenden Störung beobachten wir noch eine Nord- Süd gerichtete Dislocationslinie : die dem See von Lecco benachbarten Gebirgstheile sind gegen- über der Hauptmasse in horizontaler Richtung nach Süden verschoben. Das Gebirge südlich von Lecco ist nach Untersuchungen von Gümbel durch eine Verwer- fung von der südlichen Grigna geschieden. (Ygl. Gümbel cit. 36, p. 566, und Geologie von Bayern, I. Theil, p. 711.) Wir begegnen hier einem in vollständig überkippter Lagerung nach Norden einfallenden Schichtsystem, in welchem die Rauchwacke der Raiblerschichten zu oberst und die Neocomschichten zu unterst liegen. Interessant ist es nun den gegenseitigen Bezie- hungen der drei gesondert betrachteten Systeme nach- zugehen. Die hauptsächlich aus Lias bestehenden Ge- birge zwischen Comer- und Luganersee stellen die am meisten versenkte Scholle dar, worauf schon das steile Einfallen der Trias in der Yalsolda hinweist. Der See von Lecco im Osten erscheint als eine Spalte, längs welcher nach der Annahme von Benecke nicht nur ein Absinken der westlichen Theile, sondern auch eine Hori- zontalverschiebung in der Nordsüdrichtung stattgefunden hat. — Da längs einer Nord -Süd verlaufenden Linie von Mendrisio bis etwas östlich von Campione Rhät und Lias theils an den permischen Porphyr anstossen, theils in gleichem Niveau mit Muschelkalk liegen, ist auch hier eine Absenkung der grossen Liastafel gegenüber dem westlichen Gebirge anzunehmen. Auch hier ist ausserdem eine meridiane Blattverschiebung zu consta- tiren, welche sich besonders schön in dem plötzlichen Aufhören des steilstehenden Muschelkalkes am Sasso — 286 — grande nördlich von Lugano zu erkennen gibt. Als die Folge einer mit dieser Horizontalverschiebung verbun- denen Schleppung mögen die complicirten Lagerungs- verhältnisse des am Monte Bré im Allgemeinen Nord- Süd streichenden Muschelkalkes, sowie die nach Süd gerichtete Umbiegung der rhätischen Schichten in den westlichen Theilen der Yalsolda gelten. — Eine analoge meridiane Yerschiebung aber ohne' nachweisbare Ab- senkung scheint auch weiter im Westen längs der Yal Cuvio stattgefunden zuhaben. Der nordwestlich von Cuvio sich hinziehende Bergzug, welcher die Gipfel des Sasso del Ferro, Monte Nudo und Monte San Martine trägt, bricht gegen Osten plötzlich ab und entspricht der südöstlich von Cuvio sich erhebenden Bergkette des Campo dei Fiori, welche ihrerseits gegen "Westen plötzlich aufhört. ]Nach den gegebenen Auseinandersetzungen lässt si<îh der geologische Bau der lombardischen Alpen von der Grigna bis zum Lage maggiore in kurzen Worten folgender Maassen charakterisiren : Die im Grossen und Ganzen flach nach Süden sich senkende, etwas gefaltete Sedimenttafel wird durch Sprünge, welche einerseits der alpinen Streichrichtung parallel, anderseits senkrecht da- zu verlaufen, in einzelne Schollen zerlegt, welche sowohl in verticaler, als auch in horizontaler Richtung an einan- der verschoben, in seltenen Fällen sogar überkippt sind. Thal- u. See- Das besprochene Bergland ist von Thälern durch- bildung. zogen, deren Richtung vorherrschend eine nord - südliche, seltener eine ost- westliche ist. Innerhalb dieser Thal- systeme liegen die grossen, alpinen Randseeen, der Lago maggiore, der Luganer - und Comersee u. a. , deren — 287 — Entstehung enge verknüpft ist mit der Bildung der Thäler, welchen sie angehören. Einige Bemerkungen über Thal- und Seebildung auf der Südseite der Schweizer- alpen mögen den Schluss der vorliegenden Darstellung bilden. Leider macht sich gerade hier, trotz der grossen Literatur über diesen Gegenstand, der Mangel an Special- studien besonders fühlbar. Die Entstehungsgeschichte der alpinen Thalsysteme können wir zu verfolgen versuchen bis über die Mio- cänenzeit hinaus. Yon den Rinnsaalen der Ströme, welche aus den miocänen Alpen jene Geröllmassen hinausführten, die uns heute als bunte Nagelfluh entgegen treten, sind wohl bis auf die heutige Zeit noch Spuren erhalten geblieben. Alle Versuche, die Entwicklungsgeschichte unserer Fluss- läufe zu erklären, müssen naturgemäss mit der Reconstruc- tion solcher alter „ Stammthäler " in dem Gebiete der Alpen und des Yorlandes beginnen. ^ Da die miocäne Nagelfluh auf der Südseite der Alpen viel weniger dis- locirt ist, als auf der Nordseite, war wohl die nach- miocäne Gebirgsbildung jenseits der Alpen weniger ener- gisch als diesseits, und in Folge dessen werden die Stammthäler im Süden eher erhalten geblieben sein als im Norden. Eine Eigenthümlichkeit vieler Thäler des Südabhanges, welche vielleicht als solche Stammthäler gelten können, ist es, dass sie am Rande der Ebene in tiefe Seen ausmünden, von denen einige keinen ober- irdischen Abfluss besitzen wie Lago d'Orta, Lago di Como und Luganersee, während aus dem Lago di Lecco und dem Lago maggiore Adda und Ticino ausfliessen. Es ist von Bedeutung die Tiefe dieser Seen sich zu vergegenwärtigen : ^) Ygl. Rütimeyer. Thal - und Seebildung (Ktfrte). — 288 — Lago Lago di Lago di maggiore Lugano Como Tiefe 375 m. 279 m. 414 m. Höhenlage des Spiegels . 197 „ 271 „ 213 „ Tiefe unter Meeresniveau 178 „ 8 „ 201 „ Die geringere Tiefe des Luganersees gegenüber den beiden andern Seeen erklärt sich, wenn wir bedenken, dass derselbe kleinern, weniger tief erodirten Thälern angehört, während letztere in grossen, stark vertieften Thalsystemen liegen. Gehen wir von der Anschauung aus, dass die heuti- gen Flussläufe mit ihren Seebecken in Beziehung zu miocänen Stammthälern zu bringen sind, so können wir einer Reihenfolge von Vorgängen nachspüren, welche successive den Stand der Dinge änderten und uns zur Jetztzeit hinüberleiten. ^) Die erste Modification erlitten die alten Thäler durch die nachmiocäne Gebirgsbildung ; quer zu ihrer Richtung bauten sich Riegel auf, welche die Wasser zu Seeen stauten. Der Monte Olimpino bei Como ist das typische Beispiel eines solchen Felsriegels. — Zur Pliocänzeit wurde das Land zwischen Alpen und Apennin vom Meere überfluthet. Durch die in die Ebene ausmündenden grossen Thäler mit ihren Seebecken waren demselben die Pfade vorgezeichnet, auf welchen es fjord- artig nach Norden vordringen konnte. Das Yorkommen von pliocänen Mergeln am Nordrande des Luganersee, 90 m. über dessen Spiegel, ist der sicherste Beweis da- für, dass das Pliocänmeer die Becken der oberitalieni- schen Seaen einst erfüllt hat.^) Am Ende der Pliocän- zeit trat eine Periode negativer Strandverschiebung ein ^) Vgl. s a c c , Suir Origine delle Vallate e Laghi alpine etc. (Atti K. Acc. Sc. di Torino, vol. XX, 1885), p. 26: Quadro rias- suntivo. *) Durch diese Thatsache werden naturgemäss die betreffenden — 289 — das Land erhob sich bis zu 400 m. über den einstigen Meeresspiegel, der Südfuss der Alpen wurde trocken gelegt. In wie weit die oft erwähnten Ueberreste von marinen Faunen unserer Seeen für die Relictennatur der- selben beweisend sind oder nicht, ist für uns ohne Be- lang, da die geologischen Yerhältnisse zur Genüge be- weisen, dass die drei grossen oberitalienischen Seeen in der That einstmalige beckenförmige Vertiefungen des Meeresbodens darstellen, aus welchen das Meer infolge negativer Verschiebung der Strandlinie zurückwich.^) Nach der erneuten Hebung des Landes begann die Erosion wieder mächtig zu wirken, die alten Stamm- thäler, theilweise von den jüngsten Meeresabsätzen er- füllt, wurden weiter vertieft, theilweise änderten sie wohl auch ihre Richtung, immer mehr den heutigen Yerhält- nissen sich nähernd. Einen mächtigen Einfluss auf die Thal- und See- bildung in unserem Grebiete muss der Thätigkeit der grossen Gletscher zugeschrieben werden. In Beziehung auf die Entstehung der Seeen ist diese Einwirkung nach zwei Richtungen in Betracht zu ziehen. Einer- seits wurden aus den alten Flussthälern und pliocänen Fjorden die pliocänen Mergel und Sande, sowie die altglacialen Schotter ausgeschürft, es fand eine Re- excavation statt, erloschene Becken wurden wieder von neuem ins Leben gerufen, — anderseits häuften sich im Yorlande die glacialen Trümmermassen am Rande der Gletscher an und bildeten so eine Schwelle, durch welche die Wasser in den dahinter liegenden, ausgekolkten Thal- streeken noch mehr gestaut wurden. Ausführungen von R. Credner hinfällig. (Vgl. R. Credner. Die Re- lictenseeen. Peterm. Mitth. Ergänzungsband XIX, II. Th. p. 14 u. f.) 1) Ygl. R. Credner ibid. I. Th. p. 51, II. Th. p. 35. 19 290 — 9 fl O 86 a u e a 66 .fi m d c 9C U d -«« .fi •IN fa pfi 9 9C •« fa C6 mm m* .fi es H o ■^ O ce Ol bß a 3 tS3 ego g ûs o crj o JS 0> -a & V ce '5 S) « > ^ > CO •S e ni Ö r=3 ce 1 — I cS c c «tf :-S Mqf/2 I— I a (D 0^ ri4 OQ !^ Ö O) (D ï^ 6n 03 O) s pi o rpl -l-s ^H o rh rC3 « ta CO 12 'S t. o cq O s 6 o o c .2 m TS •*" Zi — o .s c t. è O o o w TS OD ,M 1—1 ^ d ■+* _ö .s ^ OD - ^ &o • Ö !=> -0.2 O) I — I P^ P^ ■I « Ü O) ^ ce â. Cd o s '"S 'o o TIS 03 ce Ö P bjD pq Ci o O o ^ o M *« ^ û:i •S s (O . 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(O ^S i-*û ^ 0" ?1 s oï nâ ^ a 03 à "> 03 bß 03 s ;h 00 r--i 03 .S :a r-H !2ï •S 02 o3 OB OS a S *03 a a -M "^ ^5 .1-1 a .S 03 03 ^ -»J 1—1 03 >-> 00 03 "rS %, '^ 00 03 a 03 r— 1 ,£5 03 a a a a ^ ^ •;::3 O O •uoq — 294 — IT. I>ie pliocäneu' und glacialeii Bildungen am Nordabhang des Monte Nan Salvatore. Yon C. Schmidt. Der Abhang des Monte San Salvatore, welcher Lu- gano zugekehrt ist, besteht aus zwei verschiedenen oro- graphischen Elementen. Im untern Dritttheil ist die Böschung verhältnissmässig wenig steil, circa 8^, der Boden ist grösstentheils bebaut, es liegen hier die Ortschaften Calprino und Pazzallo. Oberhalb Pazzallo wird der Bergabhang plötzlich bedeutend steiler, die Böschung beträgt nun bis zum Gipfel circa 21^. Wo nicht der nackte Fels zu Tage tritt, verbreitet sich niederes Strauch- werk. In dem sockelartig vorspringenden, weniger steilen Theil finden wir als Untergrund steil stehende krystalline Schiefer, auf welchen Pliocän, sowie diluviale Fluss- ablagerungen und Moränen lagern. Am Steilabsturz des Berges tritt überall der Triasdolomit zu Tage, aus welchem die Hauptmasse des San Salvatore besteht. Durch den Bau der neuen Drahtseilbahn wurden diese Jüngern Bildungen an der Basis des Berges z. Th. in tiefen Einschnitten durchquert. Das beistehende Profil gibt ein Bild der Verhältnisse, wie sie längs der Bahn- linie beobachtet werden konnten. Gleich oberhalb des Stationsgebäudes Paradiso ist ein ziemlich tiefer Einschnitt in den steilen Abhang gegraben. Hier ist eine fiuviatile Geröllablagerung entblösst, welche in typischer Weise Deltastructur zeigt. Unter den Gerollen bemerkt man sehr bald zahlreiche bis Hühnerei-grosse eckige oder kantengerundete Kalk- — 295 a> «t-i • M <© H TJI o 1— H O) O -5 p ü (D • 03 V4 O) 1— ^ O Ö &D -t-J 03 :fTl h ^ © >• o 03 ^ 1— 1 C/J '=*< lO o GQ lO •9j[o:^'eAj'Bg -u S8jV^ S» tM=3 o o o c :o3 O O o — 296 — stücke, welche in ausgezeichneter Weise Glacialkritze besitzen; wir haben offenbar das Abschwemmungsproduct einer benachbarten Moräne vor uns. Hinter der besprochenen ersten Böschung liegt die Grotthardbahnlinie, welche, häufig den Abhang anschnei- dend, horizontal um die Südostecke des Salvatore herum- läuft. An vielen Punkten treten längs derselben die krystallinen Schiefer, welche das eigentliche Fundament des Berges bilden, zu Tage. Die erst besprochene Pluss- ablagerung muss als eine locale Bedeckung dersel- ben gelten. Die abrasirten Palten des Grundgebirges werden überlagert von Pliocän, braungelben, sandigen, glimmer- reichen Mergeln, welche dünngeschichtete Lagen bilden. Das ganze System erreicht eine Mächtigkeit von circa 40 m. und liegt fast vollkommen horizontal Die absolute petrographische Identität mit den typischen pliocänen Sabbie gialle der Polla d'Induno bei Yarese lässt uns kaum im Zweifel über die Natur dieser Ablagerung. Auf der Excursion der Soc. géol. helv. wurden in den Mergeln Blattabdrücke gefunden, das besterhaltene Stück, welches Herr Collot aus Dijon auffand, dürfte, nach freundlicher Mittheilung, den Abdruck eines Buchen- blattes darstellen. Herr Professor Steinmann, welcher zuerst diese Mergeln als Pliocän erkannt hat, konnte in denselben Poraminiferen nachweisen. Das beschriebene Pliocän ist das am weitesten nach Norden vorgeschobene, es liegt circa 360 m. über Meer, also 90 m. über dem Spiegel des Luganersees. Die benachbarten südlichen Pliocänablagerungen liegen bei Pontegana nördlich von Chiasso circa 300 m. und bei der Polla d'Induno, nördlich von Varese circa 380 m. über Meer. Weiter im Westen in den Meeralpen finden sich, wie Sacco angibt, Pliocänschichten bis in die Höhe — 297 — von 500 m. — Diese Verhältnisse weisen auf eine gross- artige negative Strandverschiebung seit der Pliocän- zeit hin, die wohl verursacht wurde durch weiter fort- schreitende Hebung der xilpen. Die Differenzen im Niveau des Pliocäns erklären sich durch örtlich wech- selnde Intensität dieser Hebung. Am Salvatore treten die Pliocänmergel oberflächlich selten zu Tage, da sie sehr leicht zerfallen und mit dichter Vegetation sich bedecken. Am schönsten auf- geschlossen treffen wir sie in einem Thälchen, welches südlich von der Drahtseilbahnlinie in den Bergabhang einschneidet. Durch die Bahnarbeiten wurde der Contact des Pliocäns mit der hangenden Moräne aufgeschlossen. Wie an allen Stellen, wo dieser Contact direct zu beob- achten ist (Pontegana, Folla), treffen wir auch hier eine scharfe Trennung und keineswegs eine Yermengung von Pliocän und Glacial. Die glacialen Bildungen bestehen aus einer untern Moräne, einer Bank Seekreide und aus einer obern, mäch- tigeren Moräne, lieber den sandigen, wohl geschichteten Mergeln des Pliocäns lagert die 30 m. mächtige untere Moräne. Die Hauptmasse derselben besteht aus einem blauschwarzen, fetten Thon, in welchem zerstreut recht reichlich GeröUe von schwarzen, seltener hellen Kalken liegen, die alle schön gekritzt sind, ganz vereinzelt finden sich krystalline Gesteine. Die schwarzen Kalke entstam- men wohl theils dem untern Lias, theils den Eaibler Plattenkalken. Ueber dieser Moräne liegt, am obern Ende des Yiaductes aufgeschlossen, eine deutlich geschichtete, sehr wenig gegen den Berg hin einfallende, circa 2 m. mäch- tige Ablagerung einer graugelben, sandigen Masse, in welcher zahlreiche Kohlenstücke und viele kleine Muschel- schalen liegen. Gegen die liegende Moräne ist diese — 298 — Bildung scharf abgegrenzt. Bei näherer Untersuchung erwies sie sich als Seekreide, deren Lage 100 m. über dem Spiegel des Luganersees allerdings sehr bemerkens- werth ist. Eine Probe enthielt 84,41 7o in Salzsäure lösliche Substanzen (Carbonate). Der unlösliche Theil bestand aus 11,05% anorganischer und 4,09^/0 organischer Substanz. Der in Salzsäure unlösliche braune Rück- stand wird durch Glühen entfärbt; unter dem Mikros- kop lassen sich in demselben Quarzkörner, Glimmer- blättchen, sowie Kieselnadeln von Spongillen und Schalen von Diatomeen nachweisen. In Beziehung auf ihre Mikrofauna zeigt die See- kreide am Salvatore die grösste Aehnlichkeit mit einer entsprechenden, pliocänen oder altglacialen Ablagerung von Leffe in der Val Gandino, aus welcher Bonardi und Parona ebenfalls eine grosse Zahl von Diatomeen und Spongillen beschrieben haben.^) In den vorliegenden Proben vom Salvatore sind die Diatomeen häufiger als die Schwammnadeln; es finden sich besonders reichlich die von Ehrenberg aufgestellten Arten Epithemia, Eunotia, Gallionella; etwas seltener sind vorhanden Navicula und Pinnularia, Alle diese Arten ge- hören vorzugsweise dem süssen oder brackischen Wasser an und zwar finden sie sich sowohl lebend als auch fossil in Jüngern Ablagerungen; Gallionella ist in Gewässern der höchsten Alpenregionen nachgewiesen. — Die Schwamm- nadeln sind glatt und dürften zu Spongolithis aci- cularis Ehr gehören. Ein analoges Yorkommen von Schwammnadeln in diluvialen Süsswasserablagerungen wurde von J. H. Carter beschrieben.'^) ^) Bonardi e Parona, Ricerche micropaleontologiche sulle argille del Bacino lignitico di Leffe in Yal Gandino. (Atti d. Soc. it. di Sc. Nat. Yol. XXYI.) ^) Ygl. J. H. Carter, Spicules in the Diluvium of the Alt- — 299 — Die in der Seekreide reicMich vorhandenen Muschel- schalen sind alle sehr zerbrechlich, die grössern gehören Unionen an, die kleinern wurden durch Schlemmen isolirt. Nach einer freundlichen Mittheilung von Herrn Prof. Dr. Andrese in Heidelberg Hessen sich darunter er- kennen: l.BythiniatentaculataL. s p., nur Deckel, alle von kleinen Individuen stammend. 2. Yalvata (Tropidina) cf. macrostoma Steen. sp. , alles sehr kleine Exemplare. Ausserdem fanden sich noch ganz unbestimmbare Embryonalenden von Yalvaten und andern Gastropoden. Die qualitative und quantitative Dürftigkeit dieser Molluskenfauna findet wohl ihre Er- klärung in der interglacialen Lage der Seekreide. ^) lieber der Seekreide lagert eine zweite 70 m. mäch- tige Moräne. Als die Wände des Bahneinschnittes noch nicht vermauert waren, zeigte es sich, dass hier im Gre- gensatz zu der untern Moräne, Gerolle vorherrschen. Es sind, theilweise in grossen Blöcken, helle und dunkle Kalke, sowie rothes Yerrucano- Conglomérat und krystal- line Gesteine vertreten. Grosse Findlinge von Granit, Diorit und Gneiss sind in demselben Niveau links und rechts der Bahnlinie am Bergabhang verbreitet. — Da mühl Valley. Bavaria. (Ann. and Mg. Nat. Hist. Ser. 5, t, 15, f. 18. 1883, p. 329—333. — Ref. Neues Jahrb. 1886, II, p. 207.) ^) Nach Mittheilungen von Sordelli (Atti della Soc. It. di Sc. Nat. Yol. XXI, p. 228 und p. 894) fand Taramelli bei Calprino in einer lacustren Ablagerung, die allmählig in reine Moräne übergehen soll, folgende Pflanzen : Abi es excelsa, Fagus silvatica, Buxus sempervirens, Carpinus betulus, Acer pseudoplatanus. Bei dem Mangel an genauerer Ortsangabe und petrographischer Be- schreibung des Gesteins mag man im Zweifel sein, ob diese Bil- dung mit den von uns als Pliocän gedeuteten Mergeln identisch ist, oder in Beziehung zu der interglacialen Seekreide gebracht werden muss. Es scheint mir das Erstere der Fall zu sein. — 300 — wo der Weg nach dem Salvatore die Bahnlinie kreuzt, 500 m. über Meer, erreichen die glacialen Ablagerungen ihr Ende, es tritt der Dolomit zu Tage und damit be- ginnt der Steilabsturz des Berges. — Unter den Gre- röllen, welche in den beschriebenen Moränen sich finden, fehlen durchaus ächte alpine Gresteine, wie Tessiner- gneisse oder Gotthardprotogine. Die vorherrschenden Kalke entstammen, soweit sich etwas über ihre Natur aussagen lässt, der Trias und dem Lias und haben eben- so wie die rothen Verrucano-Conglomerate ihre Heimat auf der Südseite der Alpen. Aequivalente der vorhan- denen krystallinen Gesteine finden wir am Nordende des Comersees und im Yeltlin. Die von Taramelli ge- äusserte Ansicht, dass die Moränen am Monte Salva- tore, ebenso wie diejenige auf dem Monte Bré, von einem von Osten her in dem Thale von Porlezza heranrücken- den Gletscher abgelagert worden seien, findet also ihre Bestätigung. Die geschilderten Yerhältnisse lassen sich wohl fol- gender Massen genetisch erklären: Nachdem die in einem weit nach Norden vorgedrängten Arme des Pli- ocänmeeres abgelagerten Mergel längere Zeit trocken gelegen und sich verfestigt hatten, rückte von Osten her der Gletscher heran und bildete die untere Moräne, deren vorherrschend thoniges Material wohl als Aufar- beitungsproduct der liegenden Mergel betrachtet werden kann. Durch diese Moräne wurden die Wasser am Bergabhange gestaut: ein kleiner See entstand mitten in der Gletscherlandschaft, auf dessen Grunde lagerte sich die Seekreide mit den Ueberresten einer spärlichen Fauna ab. — Bei einem erneuten Yorstoss der Eis- massen wurde die Seekreide von einer zweiten, mäch- tigeren Moräne eingedeckt. — Alle diese an dem Berg- abhang angelehnten Gebilde fielen theilweise der Erosion — 301 — anheim und in der zuerst erwähnten Flussablagerung erkennen wir die Abschwemmungsproducte der höher liegenden Moränen. ¥. Bemerkungen über Trias, Jura und Kreide in der Umgebung des liUganer Sees. Yon G. Steinmann. 1. Trias. Die faciellen Yerschiedenheiten der alpinen Trias sind schon in der nächsten Umgebung von Lugano in ausgezeichneter Weise zu beobachten. Der in der Lite- ratur vielfach behandelte Monte Salvatore tritt uns als ein typischer Dolomitberg entgegen. Nur die tiefsten Schichten der Trias, die untersten Lagen des Muschel- kalks wohl mit umfassend, sind geschichtet;^) alles Höhere bis zur Spitze ist ungeschichteter Dolomit. Die gefundenen Fossilien deuten auf Muschelkalk, Esino- Schichten und Hauptdolomit hin. Korallen vom Charakter der Lithodendren trifft man am Wege, der von Lugano zur Spitze führt, dicht ehe man das Hochplateau er- reicht. Die Yermuthung, dass hier Dolomite verschie- denen Alters durch eine Verwerfung neben einander gebracht seien, findet in der deutlich muldenartigen Lagerung der älteren Triasschichten keine Bestätigung; ^) Bei Carabbia, an der W.-S. -W. -Seite des Monte Salvatore fand Herr Dr. Schmidt Kieselknollenkalke, nicht hoch über der kry- stallinen Unterlage der Trias. Ich selbst sah solche, aber nur als Gerolle am N.-Abhange des Berges zwischen Paradiso und Calprino. — 302 — wir können auch in einer durchgehends dolomitisclien Ausbildung der Trias vom untern Muschelkalk an bis zum Rhät um so weniger etwas Auffälliges sehen, als das später zu erwähnende, vollständig ungestörte Profil der Yalgana - Schlucht bei Induno die gleiche Art der Entwickelung zeigt, wie wir dieselbe hier annehmen. Der bis zu seiner Spitze cultivirte, den Monte Salvatore an Höhe noch überragende Monte Bré im 0. von Lugano steht im auffälligen Contraste zu seinem unwirthlichen Gegenüber. lieber den krystallinen Schiefern, welche an der Strasse nach Castagnola erschlossen sind, folgt, wie am oberen Ausgange des Dorfes Ruviano beobach- tet werden kann, nicht sofort der Yerrucano, sondern es schiebt sich dort noch eine, auf Bl. XXIY der schweizer geologischen Karte übersehene Lage von rothem Por- phyr ein. lieber dem schlecht sichtbaren Yerrucano folgt bis zur Spitze des Berges ein ziemlich mächtiger, aber wegen der mannigfachen Faltungen schwer in seiner richtigen Mächtigkeit zu schätzender Complex grauer, feingeschichteter Mergelkalke und schwarzer splittriger Hornstein-reicher Kalke, letztere in einem Steinbruche am südlichen Aufstiege entblösst. Fossilien sind keineswegs häufig, aber schon in den Wegmauern sieht man hier und dort Blöcke mit meist verkieselten Encrinus-Gliedern und Terebratula-Schalen, die auf Muschelkalk schliessen las- sen. Anstehend sind die Terebratelbänke in einem kleinen Anbruche, westlich der Spitze des Berges dicht unter der Höhe zu beobachten. Die Kieselknollenkalke be- sitzen den Charakter der Buchensteiner-Schichten, das ein- zige darin gefundene makroskopische Fossil, Pentacrinus dubius, ist zur Feststellung des Alters nicht brauchbar. Nach der schweizer Karte mussten wir beim Auf- ^) Auch von Taramelli (1. c, p. 137 ff.) erwähnt. — 303 — stieg zur Spitze des Monte Bré nur ein kleines Stück Muschelkalk, aber mäclitig entwickelte Contorta-Schicliten (K. K.),' und schliesslich auf der Höhe „Keuperdolomit" (= Dachsteinkalk) antreffen, was aber keineswegs der Fall ist. Denn nur wenige Meter unter der Spitze findet sich, wie oben erwähnt, Terebratula vulgaris im an- stehenden Gestein. Die Lagerungsverhältnisse der Trias am Monte Bré lassen sich ohne genauere Begehung nicht aufklären. Bemerkenswerth, weil in jener Gegend nur local anzutreffen, sind die Schichtenstauchungen, welche man am Südabhange des Berges am Wege zwi- schen den Dörfern Bré und E-uviano beobachtet. Der Kieselknollenkalk enthält ausser den nicht sel- tenen Stielgliedern von Pentacrinus dubius Gf. zahlreiche mikroskopische Fossilreste, die schon auf der grau ver- witterten Oberfläche unter der Lupe als rundliche oder lineare Aushöhlungen hervortreten. Unter dem Mikros- kop erweisen sich sowohl die Kalk- als auch die Horn- steinmasse überaus reich an Spongiennadeln, die in den Hornsteinen kieselig, in den Kalken kalkig sind. Das Gestein besteht etwa zur Hälfte aus Schwammnadeln, zur andern Hälfte aus kalkiger bezw. kieseliger Gesteins- masse. Die Axencanäle der Nadeln treten auf Quer- und Längsschliffen deutlich hervor. Im Schliff scheinen die Nadeln zwar zum grössten Theile einfach stab- förmig zu sein und Monactinelliden anzugehören; doch beweisen die gelegentlich sehr deutlich zu beobachten- den Zwei- oder Dreitheilungsstellen, dass auch Tetrac- tinelliden-Elemente darunter sind. Yielleicht stammen sogar alle Nadeln von Tetractinelliden ab. ^) ^) Die Knollenkalke von Buchenstein selbst zeigen u. d. M. nebst zahlreichen Durchschnitten einer dünnschaligen Muschel ähnliche Durchschnitte, wie die Knollenkalke des Monte Bré; doch — 304 — Der gleiche Unterschied, der in der Ausbildung der Muschelkalkschichten zwischen den beiden nahe benach- barten Bergen bei Lugano sich zu erkennen gibt, tritt auch gegen 0. zu deutlich hervor. In der Yalsolda zwischen Lugano und Porlezza folgen unter den mächtig entwick- elten rhätischen Schichten fast ausschliesslich Dolomite von bedeutender Mächtigkeit, die dem Salvatore-Dolomit dem Alter nach entsprechen. Mergelige Zwischenlagen, wohl als Raibler- Schichten anzusprechen, sind nur in ganz geringer Mächtigkeit der oberen Abtheilung der Dolomitmasse (vor der Alpa di Dasio) eingeschaltet. Die Dolomit-Facies des Muschelkalkes, wie sie im Norden der Yalsolda entwickelt ist, keilt sich aber gegen den Monte Bré zu aus; nur an dem nördlichen Aufstiege von Lugano zum Dorfe Bré treten noch wenig mächtige Dolomitlagen in den Mergelkalken auf. In ähnlicher Weise wie am Monte Salvatore sind die vorrhätischen Glieder der Trias in der durch die neue Strasse von Induno nach Yalgana erschlossenen Schlucht der Margorabbia entwickelt.^) Während es nach den am Monte Salvatore herrschenden Lagerungs- verhältnissen und nach den von dort bisher bekannt gewordenen Fossilien nur als wahrscheinlich gelten kann, dass daselbst die Riff facies continuirlich vom Muschelkalk bis in die karnische Stufe fortsetzt, so kann man sich hier ah einem bequem zugänglichen, vom Porphyr bis in die konnte ich keine deutliche Nadelform an denselben erkennen und es wäre nicht unmöglich, dass an Stelle von Kieselschwammnadeln Radiolarien vorhanden gewesen wären. Form und Grösse der Durchschnitte würde mit dieser Annahme nicht im Widerspruche stehen ; das vorliegende Material reicht zur Entscheidung der Frage aber nicht aus. 1) Taramelli 1. c. p. 150. — 305 — Kreide. erschlossenen Profile davon überzeugen. Yom Ge- birge herkommend treffen wir über dem Yerrucano bezw. den Werfener- Schichten eine sehr mächtige, ununter- brochen aufgeschlossene Masse von Dolomit, der fast durchgängig massig und leider auch fast fossilfrei er- scheint. Nur an zwei Stellen konnte ich deutlich plattige, harte, aber nur wenige handbreit mächtige Kalklagen beobachten, die auf kurze Unterbrechungen der Eiffbil- dung schliessen lassen. In der Dolomitmasse, welche von diesen beiden Lagen eingeschlossen ist, finden sich (unmittelbar vor dem Ausgange des ersten Tunnels) schlecht erhaltene, aber als solche erkennbare Diplo- poren und Gastropoden, die wohl auf Esino - Schichten hinweisen. Hiernach könnte man die oberen plattigen Kalke vielleicht als den Vertreter der Raibler-Schichten (Plattenkalke) betrachten, die weiter gegen Osten sich als gesonderter Horizont abheben. Auf die Dolomite folgen die rhätischen Schichten, aus welchen Taramelli (1. c. , p. 150) Korallen, Muscheln und Schnecken citirt. Wie am gleichen Orte angegeben, ist eine Zweiglie- derung der rhätischen Stufe bemerkbar : der Hauptdo- lomit wird vom Dachsteinkalk (in welchem Dr. Schmidt ein Megaladon fand) durch gelbliche, geschichtete Mergelkalke getrennt. Bemerkenswerth ist aber immer- hin das fast vollständige Zurücktreten des thonigen Elementes in der untern Abtheilung gegenüber den mächtigen Massen von Mergeln und Mergelkalken in den E-hätprofilen am Comer See. Schon in der Yal- solda im Norden vom Luganer See beginnt das merge- lige Element zurückzutreten, um gegçn S.-W. fast ganz zu verschwinden. Die untere, aus geschichteten Kalken und Mergelkalken bestehende Abtheilung der rhätischen Schichten in der Margorabbia-Schlucht enthält zwei, je kaum Im. an Mächtigkeit erreichende Mergellagen, 20 — 306 — welche voll von gerundeten oder unregelmässigen, zwischen Nuss- und Kindskopf- Grösse schwankenden Kalkknollen sitzen. Während der „Mergel", der diese Knollen ein- schliesst, in der einen Schicht aus Kalkkarbonat, Dolomit- und feinem Quarzsand mit ganz geringen Beimischungen von Thon besteht, in der andern Schicht ein grünlicher mit Kalkspathkrystallen erfüllter Thon ist, lösen sich die grauen Kalkknollen in Essigsäure auf, bis auf kleine Reste von Eisenkies. Ihrer knolligen Gestalt und der an Cystocarpien erinnernden, mit durchsichtigem Kalk- spath erfüllten Hohlräume wegen, denkt man in erster Linie an Lithothamnien. Die für dieselben charakteri- stische Zellstructur lässt sich in Schliffen auch noch nachweisen; ebenso treten die Cystocarpien auf der angewitterten Oberfläche als kreisrunde Löcher hervor. Bruchstücke anderer Fossilreste, insbesondere von Brachio- poden sind von den Kalkalgen umwachsen. Wir haben demnach hier das Auftreten einer Brachiopodenfacies der rhätischen Schichten unter dem Dachsteinkalk vor uns. Dass dieselbe nicht deutlicher zur Entwicklung gelangt ist, scheint mit dem Zurücktreten des rein mer- geligen Sediments zusammen zu hängen. Es muss zugegeben werden, dass das Triasprofil der Margorabbia- Schlucht eine doppelte Deutung zulässt. Eine durchweg riffartige Ausbildung der vorrhätischen Glieder tritt uns hier entgegen, aber wegen der Fossil- armuth derselben, insbesondere wegen des vollständigen Fehlens jeglicher Cephalopodenreste kann ein Zweifel daran aufkommen, ob auch alle Glieder bis zum Muschel- kalk hinunter in dieser Riffmasse vertreten sind. Es wäre ja denkbar, dass ein Theil der Schichtenfolge ganz fehlte und dann läge es am nächsten, an die Abwesen- heit des Muschelkalks, vielleicht auch eines Theiles der norischen Stufe zu denken. Befinden wir uns doch hier — 307 — in dem westliclisten Theile des südalpinen Triasgebietes, wo man an ein allmähliges Auskeilen dieser Formation denken könnte. Ich vermag aber einer derartigen Auf- fassung nur einen geringen Grad von Wahrscheinlichkeit zuzuerkennen, besonders in Hinblick auf die bemerkens- werthe Aehnlichkeit, welche zwischen dem Triasprofile der Margorabbia-Schlucht und dem des Monte Salva- tore besteht. Yom letztgenannten Punkte sind Fossilien des Muschelkalks, der norischen und karnischen Stufe bekannt geworden. Wie ferner Mojsisovics zutreffend hervorgehoben hat, liegen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme einer A^erwerfung am Monte Salvatore vor, man sieht vielmehr nur eine einfach muldenförmige Lagerung. Die Fossilfunde von Besano und La Resa (im obern Olona Thale), über welche Mojsisovics (1. c. p. 716) berichtet, beweisen ja auch, dass in nächster Nähe der Mar- gorabbia-Schlucht der Muschelkalk noch vertreten ist. Die Yerschmelzung des Muschelkalks, der norischen und kar- nischen Stufe zu einer beträchtlich reducirten, nur hier und dort durch geschichtete Einlagerungen unterbrochenen Riffmasse, zeichnet die Triasentwickelung zwischen Lu- ganer- und Langensee an vielen Punkten aus. Trotz seiner Fossilarmuth dürfte das Profil der Margorabbia- Schlucht dieses interessante Yerhalten am klarsten zum Ausdruck bringen. Nur die tieferen Theile des Muschel- kalks sind zum Theil verdeckt. Das Zurücktreten der Mächtigkeit, insbesondere die Réduction der Mergelmas- sen, erstreckt sich hier aber auch auf die rhätischen Schichten. 2. Jura und Kreide. Die Oberfläche des Dachsteinkalkes war in der Gre- gend zwischen dem Luganer- und dem Langensee auf keinen Fall eine gleichmässige, als die Kalke des untern — 308 — Lias sich darauf ablagerten. Während in dem Profile der Margorabbia-Schlucht am untersten Tunnel helle und dunkle Kalksteine, dem Saltrio-Kalk ähnlich, der Trias ganz normal aufzuliegen scheinen, ja man sogar im Zweifel sein kann, an welche Stelle man die Grenze zwischen beiden Formationen legen soll, beobachtet man in den Marmor-Brüchen östlich von Arzo eine sehr un- regelmässige, täschenförmige Einlagerung des Lias im Dachsteinkalk. Die eisenreichen Lias-Kalke heben sich scharf von der grauen Unterlage ab, und dadurch wird es möglich die Unebenheiten der letzteren auch auf wei- tere Entfernung hin zu verfolgen. In den Brüchen sowohl als im Bachbette tritt die tiefe Zerfurchung des Dachsteinkalkes zu Tage. Die ältesten Liassedimente bestehen an manchen Stellen aus einer gröberen oder feineren Breccie, die aus der Zer- störung des Dachsteinkalkes hervorgegangen ist. Die eckigen Dolomitstücke wurden durch geringe Mengen des rothen, zum Theil auch weissen Liaskalkes verkittet; sie erreichen zum Theil eine beträchtliche Grösse und verdienen den Namen Blöcke. Die Hauptmasse des hier sichtbaren Lias wird durch röthlichen Marmor gebildet, den man in grossen Mengen gewinnt. Er ist durch seinen Reichthum an Brachiopoden, Crinoiden und Pharetronen ausgezeichnet. Meist sind die Crinoiden zerfallen, aber gelegentlich finden sich in intensiv roth und (von Mangan) bräunhch gefärbten sandigen Lagen dicke Wurzelstücke und runde Stielglieder, die man bis zur Auffindung von Kronen zu Apiocrinus stellen muss. Die jungen Wur- zeln gleichen den Wurzeln des ausgewachsenen Encrinus liliiformis. Hier erscheint also zur altern Liaszeit Apio- crinus gesteinsbildend neben Pentacrinus. Wir glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir in diesen Lagerungsverhältnissen eine Analogie zu dem mehrfach — 309 — discutirten Auftreten des Lias in den Ostalpen erblicken. Hier wie dort müssen wir annehmen, dass die Dachstein- kalke, welche als Kalkriffe schon eine ursprünglich un- ebene, schrundige Oberfläche dargeboten haben werden, zeitweise an gewissen Stellen über den Meeresspiegel hervorragten, dass sie auch wohl erodirt wurden und mit terra rossa sich bedeckten. Als sie dann in Folge einer, zunächst wohl kaum beträchtlichen, positiven Strandver- schiebung zur Zeit des unteren Lias vom Meere allmäh- liger wieder bedeckt wurden, konnten sich gleichzeitig in geringer Entfernung von einander sehr verschieden- artige Sedimente bilden. Gröbere und feinere Dolomit- breccien entstanden am Fusse der Eiffe, reinere Kalke in einiger Entfernung davon. Die abgespülte terra rossa bedingte die intensiv rothe Farbe gewisser Kalke. Ooli- thische und kieselknollenreiche Kalke entstanden an Stellen, wo Riffe sich nicht in unmittelbarer Nähe be- fanden. Solche Sedimente zeigen eine viel regelmässigere Schichtung, als die Taschenausfüllungen. Erst der rothe Ammonitenkalk des mittleren und oberen Lias tritt uns als ein überall gleichförmig ausgebildetes Gestein ent- gegen: die Riffe waren in unserer Gegend zu dieser Zeit vollständig vom Meere bedeckt. Es liegt aber, meine ich, kein zwingender Grund vor, irgend einen dieser Absätze der älteren Liaszeit als eine Tiefseebil- dung aufzufassen. Das reichliche Vorkommen von man- ganhaltigen Eisenoxyd, welches hier wie an manchen Stellen der Ostalpen die Fossilien überrindet, kann in ungezwungener Weise auf die Einführung der terra rossa von den Koralleninseln erklärt werden. Auf das Yor- kommen der inhomogenen Kieselknollen im unteren und mittleren Lias werden wir später zu sprechen kommen. Während sich der mittlere und obere Lias in der Gegend zwischen Langen- und Comer-See durch eine — 310 — reiche und gut leitende Fauna, charakteristische Be- schaffenheit der im allgemeinen mächtigen Gesteins- massen und weite horizontale Yerbreitung auszeichnen, hat man bisher nur sehr dürftige Spuren des Doggers kennen gelernt. Als Vertreter des Doggers muss man die bunt gefärbten, an Keuperschichten erinnernden Mergel ansprechen, welche bei den obersten Häusern von Induno auf den rothen Kalken des obern Lias lagern und nicht mit den jüngeren Aptychusschichten verwech- selt werden dürfen. Weniger gut aufgeschlossen als an dieser Stelle sieht man sie auch am Ausgange der Mar- gorabbia - Schlucht unterhalb der Strassentheilung, dort wo die westliche Strasse zu steigen beginnt, ferner im Bachriss bei Clivio, an beiden Stellen über dem oberen Lias. Bei Induno enthalten die bunten Mergel dünne Zwischenlagen von festeren, grösstentheils kalkigen Bän- ken, welche die Fundstelle von unerkennbaren Pflanzen- schmitzen und einer Orbitoides-artigen Foraminifere sind. Eine derartige festere Bank hinterlässt beim Auflösen in Säure eckige Quarz- und Dolomitstückchen in grosser Menge. Die Beimischung gröberen Materials kenn- zeichnet die Doggerbildung hier wie auf der Nordseite der Alpen. Die Aptychus- oder Kieselknollenkalke haben mehr- fach zur Altersbestimmung brauchbare Reste geliefert: sie deuten sämtlich auf Malm. Die dünnplattigen, Apty- chus-führ enden Knollenkalke, welche zwischen Ligornetto und Clivio in Steinbrüchen gebrochen werden, sind über- aus reich an wohlerhaltenen Radiolarien. Wenn sich überhaupt ein Gestein früherer Perioden mit den Radio- larien-Absätzen der heutigen Tiefsee vergleichen lässt, so ist es dieses. Nicht allein die Kieselknollen, sondern auch die kalkigen Schichten sind durch und durch ge- spickt mit den Kieselpanzern; mechanisch zugeführtes — 311 — Sediment fehlt vollständig, wenn man von der Beimisch- ung des rothen Thones absieht. Nach oben zu wird die Farbe des Gesteins heller, die Radiolarien und Kiesel- knollen werden sparsamer, und so gelangen wir ohne scharfe Trennung durch das Tithon in die hier weissen Kalke der untern Kreide. Eine Abgrenzung der altern Schichten dieser Formation vom Jura, sowie eine Glie- derung der Kreide selbst, ist natürlich nur mit Hülfe der im Allgemeinen recht spärlichen Fossilien möglich. Chon- driten, vom Charakter der Flyschformen sind in den Kreideschichten weit verbreitet, aber Funde von Cephal- opoden oder Jnoceramen gehören zu den Seltenheiten. Herr Sayn aus Valence fand auf einer gemeinschaftlichen Excursion an der Strasse, welche von Induno nach der Margorabbia - Schlucht führt, und zwar schon innerhalb des Thaies selbst, ein schlecht erhaltenes Ammoniten- Bruchstück, welches auf ältere Kreide, vielleicht Bar- rême - Stufe schliessen lässt. Es kam dort auch in den tieferen Lagen der Scaglia zum Yorschein. Einen be- merkenswerthen Horizont bilden in den schönen Auf- schlüssen des Olona-Thals bei Induno solche Bänke der im Allgemeinen sehr homogenen Scaglia -Schichten, welche gröberes mechanisches Sediment eingelagert ent- halten. Man trifft derartige Bänke an der Einbiegung der Strasse von Induno in die Margorabbia- Schlucht, sowie am Westufer der Olona nahe des Wehres neben der Fabrik. Fragmente eines weissen Kalksteins, eckige Stücke eines grauen Feuersteins, sowie Quarzsand sind theils unregelmässig, theils schichtweise der Scaglia ein- gelagert. Da dieser Horizont ungefähr in der Mitte des gesammten Kreidecomplexes auftritt und die Beimisch- ung gröberen mechanischen Sedimentes zu dem hoch- marinen Sediment auf eine Verschiebung der Strand- linie schliessen lässt, so darf man diesen Horizont wohl — 312 — mit Recht an die Grenze zwischen unterer und oberer Kreide versetzen; denn die gleiche Erscheinung tritt ja bekanntlich zu dieser Zeit in den verschiedensten Ge- genden Mitteleuropas auf. Ebenso zeichnen sich aber auch die jüngsten Schichten der oberen Kreide durch abweichende petrographische Beschaffenheit aus. An dem Zusammenfluss der Olona und Margorabbia sind sie als bräunliche, sandige Mergelkalke, zum Theil auch wohl mit dolomitischen Beimischungen, aufgeschlossen. Fossilien scheinen hier nicht vorzukommen; der Lager- ung nach aber haben wir es hier mit den obersten Schichten der oberen Kreide zu thun, deren abweichen- der Gesteinscharakter durch den zu jener Zeit sich voll- ziehenden Rückgang des Meeresspiegels hinreichend er- klärt wird. Das normale Gestein der Kreide, insbesondere der oberen Abtheilung derselben, besitzt ganz und gar den Charakter der Seewer-Schichten der Nordalpen und der reinen Pläner - Schichten Norddeutschlands. Makrosko- pische Fossilien gehören im Allgemeinen zu den Selten- heiten, wenn man von den Chondriten absieht, aber die mikroskopischen Einschlüsse sind hier wie anderwärts für die Kreide ausserordentlich charakteristisch. Radiolarien wurden nur vereinzelt beobachtet, Spongienreste gar nicht und damit erklärt sich das Fehlen von authigenen Feuersteinen in diesen Schichten. Dagegen sind manche Schichten ausserordentlich reich an Foraminiferen, be- sonders an kleineren Formen. Unter diesen besitzen Textilaria globulosa Ehrb. und Globigerina cretacea d'Orb. eine ausserordentlich weite Verbreitung, treten aber an Häufigkeit doch sehr zurück gegen die ein- kammerigen Lagenen - Reste, welche manche Bänke in unzählbaren Mengen erfüllen. Die hier vorkommenden — 313 — Formen kann man mit den von Kaufmann ^) für die For- men des Seewerkalks gebrauehten Namen: L. sphaerica und ovalis bezeichnen, da sie nur durch geringere Grössen, dünnere Wandungen und stark erweiterte Oeff- nungen von den Seewer-Formen abweichen. Das massen- hafte Auftreten dieser Lagenen-Formen wurde von Kauf- mann in den S eewer- Bildungen der Nordschweiz und in der Kreide von Rügen nachgewiesen. Tl. Ueber die l^atur der Hornsteine in den meso- zoischen Schichten der lombardischen Alpen. Yon G. Steinmann. Das häufige Yorkommen von Hornsteinen in den besprochenen mesozoischen Gesteinen, und die Thatsache, dass sich dieselben in Ablagerungen von offenbar sehr verschiedenem Charakter finden, lassen eine zusammen- fassende Besprechung des Yorkommens und der Ent- stehung der Hörn- und Feuersteine wünschenswerth er- scheinen. Man kann die Hornsteine, welche in normalen, ma- rinen Sedimenten auftreten, bei deren Bildung also aussergewöhnliche Yerhältnisse, wie die Nähe kiesel- säurereicher Quellen, vulcanischer Ausbrüche oder lo- cale Concentration der im Wasser gelösten Kieselerde nicht mitgespielt haben, in zwei Gruppen sondern und ^) Heer, Urwelt der Schweiz, II. Aufl. 1879, p. 215 ff. — 314 - dieselben als Spongien-Hornsteine und als Ra- diolarien- Horns tein e bezeichnen. In den Spon- gien - Hornsteinen findet man in der Mehrzahl der Fälle Reste von Kieselschwämmen, sei es in der Form isolirter Nadeln von Tetractinelliden, Monactinelliden und lyssa- ciner Hexactinelliden, sei es in der Form vollständiger Gerüste von Lithistiden oder dictyoniner Hexactinelliden. Oft sind die Kieselnadeln vollständig erhalten, oft nur noch als Hohlräume vorhanden oder pseudomorph durch andere Minerale ersetzt. Sehr häufig fehlen aber auch Spongienreste gänzlich in den Hornsteinen und die Kie- selmasse umschliesst andere Fossilien, wie Mollusken, Echinodermenreste oder dergleichen, in manchen Fällen auch gröberes mechanisches Sediment. In beiden Fällen kann man aber doch meist in demselben Sedimentcom- plexe, z. B. in den Kalken oder Mergeln, in denen die Hornsteine vorkommen , Gerüste oder isolirte Nadeln von Kieselschwämmen nachweisen, die dann aber ganz oder zum Theil in Kalkspath, Limonit u. dergl. umge- wandelt oder durch Hohlräume ersetzt sind. Fast über- all, wo man solche Yorkommnisse genauer untersucht hat, — eine nicht geringe Anzahl wurden von mir selbs^ studiert — ist es möglich gewesen, in den Skeleten von Kieselschwämmen die Kieselsäure - Quelle zu finden, so in den carbonischen Chert-bets von Grossbritannien (Hinde), in den ähnlichen Yorkommnissen Spitzbergens, die dem Perm zugezählt werden (v. Dunikowski), in den Knollenkalken des Muschelkalks von Monte Bré (siehe oben), im unteren Lias des Schaf berges (v. Dunikowski), im untern Hornstein-führenden Lias des Balmberges bei Solothurn (Yerf.), im unteren und mittleren Lias des oben besprochenen Gebietes etc. Bekannt ist ja ferner das häufige Zusammenkommen von Hornsteinen und Feuer- steinen in verschiedenen Horizonten des mitteleuropäi- — 315 — sehen weissen Jura's, sowie der oberen Kreide. Diesen Spongien-Hornsteinen kommt zumeist eine geringe Homo- genität zu ; schon die gröberen Skeletelemente der Spon- gien, ebenso auch die Beimischung anderer Fossilreste und gröberen mechanischen Sedimentes verleihen ihnen jenen Charakter. Radiolarien lassen sich meist nur in geringer Menge in diesen Hornsteinen oder in dem sie einschliessenden Gestein nachweisen. Im Gegensatz hierzu kommen die ßadiolarien- Hornsteine vorwiegend in rein kalkigen und homo- genen Gesteinen vor, welche sich zudem durch die Ar- muth an anderen Fossilien auszeichnen. Als Steinkerne erhaltene Cephalopoden oder Aptychen, seltener nach dünnschalige Seeigel, charakterisiren zuweilen die Ab- lagerungen, in denen die Radiolarien - Hornsteine sich finden; häufig fehlen aber Fossilreste sowie gröberes mechanisches Sediment völlig. Nur äusserst feiner Thon- schlamm und authigene Kieselmasse bleibten beim Auflö- sen in Säure zurück. Daher unterschied Rüst solche „Jas- pisse" von den eigentlichen Hornsteinen, die verhältniss- mässig wenig Radiolarien, dafür aber meist Spongien- reste enthalten. Die Hornsteine, ebenso aber auch die umgebende Gesteinsmasse, sind gewöhnlich überreich an Radiolarien, deren Erhaltungszustand allerdings meist zu wünschen übrig lässt. In den Hornsteinen pflegen sie am besten erhalten geblieben zu sein und hier haben sie auch meist ihre ursprüngliche kieselige Beschaffenheit bewahrt. Es hält aber nicht schwer, in einem und dem- selben Hornstein- Schliffe alle Uebergangsstadien vom wohlerhaltenen Radiolar mit allem Detail bis zu den runden Durchschnitten zu verfolgen, welche nur noch durch kräftigere Polarisation der Kieselmasse und grös- sere Durchsichtigkeit derselben sich vom Gestein abheben. In der Kalkmasse sind die Kieselschalen oft durch Kalk- — 316 — spath ersetzt, in anderen Fällen sind sie mit krystalliner Kieselerde erfüllt und lassen sich durch Säure frei her- ausätzen. In dem Maasse, als der Kalkstein an Masse über die Hornsteine überwiegt, nimmt auch der Gehalt derselben an Radiolarienresten ab ; wo die Hornsteine in dichtgedrängten Lagen das Gestein füllen, sind beide durch und durch mit Radiolariengehäusen durchspickt. Hier, wie bei den Spongien - Hornsteinen, liegt der Zu- sammenhang zwischen dem Vorkommen der kieselscha- ligen Fossilien und dem Auftreten der Hornsteine klar zu Tage. Rüst hat uns zahlreiche Yorkommnisse der Radio- larien - Jaspisse aus verschiedenen Horizonten des Jura und des Miocäns der alpine -karpathischen Region kennen gelehrt; was den Reich thum an Radiolarien anbelangt, so stellen sich die Aptychus - Schichten von Ligornetto- Clivio den reichsten Yorkommnissen in den Nordalpen (Algäu) und Ungarn ebenbürtig an die Seite. Weitere Yeröffentlichungen Rüst's werden noch weiteres Licht über das Yorkommen der Radiolarien-Hornsteine in vorjurassi- schen Formationen werfen. Wir möchten hier nur noch da- rauf hinweisen, dass Radiolarien-Hornsteine auch in der oberen Kreide vorkommen. Die rothen Seewenschichten, welche an einigen Punkten der nordöstlichen Schweiz, z. B. auf der grossen Mythe und in der Gegend von Iberg verbreitet sind, enthalten rothe Jaspisse mit einer reichen Radiolarienfauna. Es ist nicht nur möglich,^ sondern sogar wahrscheinlich, dass die Jaspisse der Rigi-üsTagelfluh z.Th. aus zerstörten Kreideschichten und nicht, wie man bis- her angenommen hat, ausschliesslich aus dem alpinen Jura stammen. Echte Radiolarien-Hornsteine besitzen auch in der griechischen Kreide eine weitere Yerbrei- tung; mir liegen eine Anzahl von rothen, grünen und fast ungefärbten Hornsteinen aus der Gegend von Patras — 317 — vor, welche, wie die Yorkommnisse im Alpengebiete, fast ganz aus Radiolarien bestehen. Wenn man nun unter Zugrundlegung der heutigen Verbreitung kieselschaliger Organismen die Brauchbar- keit der Hornsteine zur Bestimmung der Meerestiefe, in welcher die betreffenden Schichten gebildet wurden, fest- zustellen versucht, so muss man zugestehen, dass Horn- stein -führende Schichten in jeder Tiefe sich haben bilden können. Erst wenn man die Organismen kennt, aus deren Skeleten die Hornsteine sei es ganz oder nur zum Theil entstanden, ist unter Anwendung der nöthigen Yorsicht ein Rückschluss auf die Meerestiefe gestattet. Dabei ergibt sich etwa nachstehende Reihenfolge : Horn- steine, die vorwiegend aus Monactinelliden, Lithistiden und Tetractinelliden entstanden sind, deuten auf Absatz in geringer Meerestiefe; solche, die aus Hexactinelliden sich bildeten, entstanden wohl in mittleren Tiefen (ca. 2000 Faden); die Radiolarien - Hornsteine können ihrer Entstehung nach nur mit dem Radiolarienschlamm der heutigen Tiefsee verglichen werden, der bis j etzt nur aus sehr bedeutenden Tiefen bekannt geworden ist. In allen Fällen dürfte sich aber eine gewisse Yorsicht bei der Yerwerthung dieser Scala empfehlen, da es noch keineswegs ausgemacht erscheint, ob die Meerestiefe allein oder auch die Entfernung vom Festlande, das Fehlen der Zufuhr von mechanischem Sediment und Meeresströmungen auf das Gedeihen bez. die Anhäufung der Schwämme und Radiolarien von Einfluss sind. Beide Thiergruppen sind auch insofern ungleichwerthig, als die Schwämme an den Boden gebunden, die Radiolarien aber Freischwimmer sind, letztere mithin auch in geringen Meerestiefen in grösserer Masse sich ansammlen können, wenn mechanisches Sediment und andere Thierreste sich nicht gleichzeitig mit ihnen ablagern. 318 TU. Bericht über die £xcur»ionen der schweizerischen geologischen Gesellschaft in der Umgebung von liUgano. ^) Yon C. Schmidt. Da für die Excursionen der schweizerischen geolo- gischen Gesellschaft in den Umgebungen von Lugano ein detaillirtes Programm, welches im Allgemeinen zur Ausführung gelangte, bereits in den Eclogae Geologicae Helvetiae N^ 5, p. 385—396, publicirt wurde und ausser- dem die hauptsächlichsten das Gebiet betreffenden wissen- schaftlichen Daten in den oben stehenden Aufsätzen ein- gehend besprochen worden sind, kann ich mich bei Ab- fassung des Excursionsb erlebtes auf wenige Angaben beschränken. Montag den 9. September. Die versammelten Geologen betheiligten sich an der allgemeinen Rundfahrt auf dem See bis Morcote, wo sie ausstiegen, um längs der Ufer- strasse nachMelide die prachtvoll aufgeschlossenen krystal- linen Schiefer, sowie die darin aufsetzenden Quarz- porphyrgänge und die darauf lagernde Porphyritdecke zu beobachten. (Ygl. Progr. p. 395.) Prof. Renevier brachte die schwierige Frage betreffs Schichtung und Schieferung in den stark gefalteten und veränderten Schiefern zur Diskussion. ^) An den Excursionen nahmen Theil die Herren: Baëff, Ber- trand, Bodmer, Collot, Duparc, Du Pasquier, Fischer-Siegwart, von Fellenberg, Gilliéron Yater und Sohn, Renevier, Sarasin, Sayn, Schmidt, Steinmann, Ulrich, de Yogdt. ' _ 319 — Dienstag den 10. September. Während die übrigen Theilnehmer an der Naturforscherversammlung nach Ligornetto fuhren, um dort das berühmte Atelier des Bildhauers Yela zu besuchen, benützten die Geologen den Nachmittag, um die krystallinen Schiefer von Manne mit der Carbonmulde zu besichtigen. (Ygl. Progr. p. 396.) Man bewunderte die riesigen Sigillarienstämme mit ihrer verkohlten Rinde und — fand ebenfalls keine Porphyr- gerölle in dem Conglomerate. Die Differenz im geolo- gischen Baue der beiden Thalseiten, das plötzliche Auf- hören des Kalkzuges der Yalsolda am Sasso grande liess sich von dem erhöhten Standpunkte aus prachtvoll über- sehen. Auf dem Wege von Manne nach dem Bahnhof Taverne constatirte man, wie bereits Gümbel (cit. 36, p. 575) hervorgehoben, dass die Hügel von Grumio und Lamone nicht aus Yerrucano, wie die schweizerische geologische Carte angibt, sondern aus dem hier überall herrschenden, quarzreichen Glimmerphyllit bestehen. Mittwoch den 11. September. Am Morgen übernahm Herr Prof. G. Steinmann die Führung einer im Programm nicht vorgesehenen Excursion nach dem Monte Bré. (Ygl. oben p. 304.) Bei Castagnola waren an der Strasse linsenförmige Einlagerungen von Hornblendeschiefern in den mannigfach gewundenen Glimmerschiefern sehr schön zu beobachten. Am Wege unmittelbar vor und nach Ruviana findet sich überall in Blöcken und auch an einzelnen Stellen anstehend rother Felsitporphyr und Yerrucano-Conglomerat. Darüber folgen bis zur Spitze des Berges graue, dünngeschichtete Mergelkalke mit Einlagerungen von Kieselknollenkalken, welche nach den spärlichen Fossilien dem Muschelkalk angehören. Die Lagerungsverhältnisse sind nicht leicht zu übersehen, doch scheint das allgemeine Streichen des ganzen Com- plexes Nord-Süd zu sein bei steilem Einfallen nach — 320 -^ Osten. — Yon der Spitze des Berges hat man einen schönen Ueberblick über die gewaltige Moräne, welche sich am Sasso rosso und am Monte Boglia hinaufzieht. Mittags, nach dem Schlussbanquet der allgememen Versammlung, wurden die geologischen Verhältnisse längs der Drahtseilbahn auf den Salvatore besichtigt. (Ygl. Progr., p. 392, und oben p. 294.) Leider war der un- mittelbare Contact des Pliocäns mit der untern Moräne, ebenso wie die Zusammensetzung der obern Moräne in Folge des vorgeschrittenen ßahnbaues nicht mehr gut sichtbar, während der Aufschluss in der Seekreide auf unsere Bitte von der Bahndirection mit grosser Zuvor- kommenheit erhalten worden war. Yon einem südlich der Bahnlinie, seitwärts im Walde liegenden Muschel- kalk-Bruche stiegen wir, einem kleinen Thälchen folgend, wieder nach der Seestrasse hinunter. In den tiefern Theilen des Thälchens sind an den steilen Seitenwänden die feingeschichteten Sabbie gialle des Pliocäns aufge- schlossen; es wurden auch Blattabdrücke darin gefun- den. — Man folgte nun der Uferstrasse über San Mar- tine nach Melide, um das prachtvolle Profil, welches man bereits am Montag vom Dampfboot aus bewundert hatte, im Einzelnen zu studiren. (Ygl. Progr., p. 393.) Donnerstag den 12. September. Das erste Dampfboot brachte die Gesellschaft nach Bissone. Bei Maroggia besichtigte man die berühmten Gänge von rothem Por- phyr in dem schwarzen Porphyrit. Besondere Aufmerk- samkeit erregte der in die Augen fallende Unterschied der beiden Thalseiten von Melano bis Mendrisio : Auf der Westseite die Porphyrite, normal überlagert von Yerrucano, dessen nach Süd einfallende Bänke über Riva San Yitale am Bergabhang schön hervortreten, darüber die untere, Muschelkalk und Esinoschichten — 321 — entsprechende Kalk- und Dolomitmasse ^) — gegen Osten am Westabhang des Monte Generöse die gewaltige Ent- wicklung des untern Lias mit den im Liegenden auf- tretenden Schichten des Rhät den Porphyr direct be- rührend. Die isolirte kleine Masse von blasigem, fluidal struirtem Felsophyr, welche südlich von Melano an der Strasse aufgeschlossen ist, wurde genau besichtigt. Mit dem naheliegenden Porphyr steht dieselbe in keinerlei Zusammenhang, ihr nächstes Aequivalent ist die Porphyr- decke von Carona. — Wenn auch die Yerhältnisse noch keineswegs bis ins Einzelne klar zu übersehen sind, so dürfte doch sowohl die geologische Differenz der beiden Thalseiten, als auch die anormale Anlagerung des Rhät und Lias an Porphyr als die Folge geotektonischer Processe zu betrachten sein. Am ehesten scheint die Annahme einer Blattverschiebung längs der Linie Lugano- Mendrisio, verbunden mit einer Senkung der östlichen Scholle berechtigt zu sein. — Da man auf den im Pro- gramm vorgesehenen Besuch des Moränenterrains und des Pliocäns von Baierna und Pontegana verzichtete, wandte sich die Gesellschaft von Mendrisio aus nach Ligornetto, wo Herr Prof. Pavesi aus Pavia uns in seinem Landsitze in liebenswürdiger Weise begrüsste und be- wirthete und nachher in das Atelier des Herrn Yela führte. — Längs der Strasse nach Clivio wurden in den ^) Herr Prof. Renevier machte darauf aufmerksam, dass man neulich auf der Höhe des Berges, direct nördlich unter dem Gipfel des San GTiorgio Saurier-Reste in schwarzen, schiefrigen Kalken gefunden haben soll, was darauf hinweisen würde, dass die thonigo Muschelkalkfacies von Besano (vgl. oben p. 2G3) sich recht weit nach Osten erstreckt. Eine genaue Untersuchung dieser Verhält- nisse Wcäre sehr zu wünschen. 21 — 322 — jurassischen Aptyclienschiefern Radiolarienhornsteine und Aptychen gesammelt; unter der Brücke von Clivio fand sich Gelegenheit, in prachtvollen, fossilreichen Auf^ Schlüssen den für die lombardischen Alpen bezeichnen- den Amraonitico rosso der obern Lias kennen zu lernen. Nachdem man hierauf die in obigen Zeilen (vgl. p. 269 und p. 307) eingehend geschilderten Liasschichten von Arzo und Saltrio, sowie deren interessanten Abbau in unterirdischen Steinbrüchen (cave) besichtigt hatte, er- reichte man gegen Abend Yiggiù, wo man die Wagen bestieg und bei tiefer Nacht durch die Moränenlandschaft nach Induno fuhr. — Nach dem Abendessen eröffnete unser Präsident eine Sitzung, in welcher er einen Ueber- blick über unsere bisherige Thätigkeit gab — allein man war müde und sehnte sich zur Ruhe nach dem heissen Tagewerke. Freitag den 13. September. Die frühe Morgenstunde des herrlich anbrechenden Tages galt der Besichtigung des Juraprofiles am Waldrande oberhalb der Häuser von Induno. Als mächtigstes Glied des ganzen Profiles er- kannte man die am vorigen Tage in identischer Aus- bildung bei Clivio beobachteten Schichten des Ammo- nitico rosso. Darüber lagern bunte Mergel mit dünneu Sandsteinbänken wechselnd, welche vielleicht zum Dogger gehören. (Ygl. oben p. 310.) Besonders fiel die geringe Mächtigkeit der dem Hauptdolomit auflagernden Saltrio- schichten auf. — Auf dem Wege nach der Margorabbia- Schlucht traf man die tiefern Schichten der fossilarmen „Scaglia", in welchen Herr Sayn ein Ammonitenbruch- stück fand. Am Eingange der Schlucht wurde das Yor- handensein des untern Lias in Gestalt grünlicher, dünn- schiefriger Kalke, die von schlecht erhaltenen platt- gedrückten Ammoniten erfüllt sind, constatirt. Hierauf besichtigte die Gesellschaft die Dolomite der Marge- — 323 — rabbia- Schlucht bis zum zweiten Tunnel, d. h. vom Dach- steinkalk bis zu den Esinoschichten, kehrte von da zu- rück, um noch die Pliocänschichten der Folla d'Induno zu besuchen. Man überzeugte sich von dem Petrefacten- reichthum dieser Ablagerung und namentlich von der Identität der hier in den obern Horizonten des Pliocäns auftretenden Sabbie gialle mit denjenigen am Nord- abhang des San Salvatore. Nach dem Frühstück standen die Wagen, welche uns über Yalgana nach Luino führen sollten, bereit (Pro- gramm p. 395). Nachdem man die Schlucht von Mar- gorabbia durchquert hatte, erweiterte sich das Thal. Die langgestreckten, abgerundeten Porphyrberge zu bei- den Seiten, mit niedrigem Gebüsch bewachsen, zwischen welchem hie und da das rothe Gestein zu Tage tritt, die von Süden her darüber gelagerten Kalkmassen mit ihren steilen, kahlen Felswänden, bedingen ähnlich wie am Luganersee die Physiognomie der Landschaft. Campo dei Fiori und Sasso della Corna sind die getreuen Nach- bilder des San Giorgio. Es fand sich mehrfach Gelegen- heit den drusigen, rothen Granit, welcher hier das Cen- trum der Porphyrmasse bildet, in frischen Stücken zu sammeln. Zwischen Yalgana und Bedero beobachtete man eine ganze Reihe verschiedenartig struirter Porphyr- varietäten und in geringer Entfernung von Bedero hatte man wieder das Gebiet der Sedimente betreten. Wir sahen, dass hier der Muschelkalk nicht in normaler Weise den Porphyr überlagert, sondern in gleichem Niveau an denselben anstösst, was auf das Yorhandensein einer Yer- werfung zwischen beiden hinweist (vgl. oben p. 282). Die von Harada an dieser Stelle zwischen Porphyr und Muschelkalk beobachteten, krystallinen Schiefer, deren Auftreten das Yorhandensein einer Yerwerfung am sicher- sten beweist, konnten nicht aufgefunden werden (vgl. — 324 — cit. 38, p. 2 und Taf. II). In der Meinung nach den An- gaben des Kutschers Zeit zu gewinnen, Hessen wir Cu- nardo rechts liegen, um über Ferrera nach Grantola zu gelangen. Zu beiden Seiten der steil in die Yal Cuvio hinunterführenden Strasse herrschen blaugraue, mergelige Kalke, die offenbar den Kaibier Plattenkalken angehören. Bei dem vergeblichen Versuche eine fahrbare, directe Strasse nach Grantola zu finden, gelangte man an einen Bach, durch welchen die Pferde mit den Wagen hin- durchgetrieben wurden und dann blieb nichts Anderes übrig, als auf der grossen Strasse möglichst rasch nach Voldomino zu gelangen. Bei Mesenzana erreichten wir das Gebiet der krystallinen Schiefer, in welchen etwa ein Kilometer vor Germignaga dicht an der Strasse eine steilstehende eingeklemmte Muschelkalkmasse sehr schön beobachtet werden konnte. Dieses auch auf Blatt XXIV der schweizerischen geologischen Karte verzeichnete Band bildet die Portsetzung der oberhalb Yoldomino beiderseits von krystallinen Schiefern eingefassten, steil aufgerichteten Platte von Muschelkalk und Porphyr (vgl. Prog. p. 395 und Prof. II). Es wäre vielleicht noch Zeit gewesen diesen interessanten Punkt zu besichtigen, allein man zog es vor, am Ufer des Lago maggiore in Luino den Abgang des Zuges nach Ponte Tresa zu erwarten. Samstag den 14. September. Die Zahl der Theilnehmer an dieser letzten Excursion, deren Ziel der Comersee war, hatte sich auf acht reducirt. (Ygl. Prog. p. 396). Im Bhät des Benetobels konnten die Leitfossilien der schwä- bischen Facies, sehr schön namentlich Bactryllien ge- sammelt werden. Längs der mächtigen Bänke von Litho- dendrenkalk, welche zweimal über einander in dem Profil auftreten, führte uns der Pfad am Berghang hin bis nach der Alpe Nave. Auf der Höhe des Buco della — 325 — Rotella genossen wir den Ueberblick über den im duf- tigen Glänze der Mittagssonne vor uns liegenden Comer- see. Wenn auch die Beleuchtung keine sehr günstige war, so liess sich doch der Bau des Grebirges am Ost- ufer des Sees, vom Monte Legnone über die zwei- gipfelige Grigna bis oberhalb Lecco in seinen Haupt- zügen klar erkennen. — Wir selbst standen auf Haupt- dolomit, der mit tief durchfurchten Felswänden steil in den See abfällt. In dieser Dolomitmasse finden sich Zerklüftungen, welche an die Dolinen des Karstes er- innern; die Tiefe eines solchen Schlotes liess sich er- messen an dem langandauernden, dumpfen Gepolter, welches hineingeworfene Felsstücke verursachten. An mehreren Stellen sind auf der kahlen, angewitterten Oberfläche des Dolomites Megalodontendurchschnitte dicht gedrängt zu beobachten. Die rhätischen Bildungen erreichen am Abhang des Monte Crocione, über der Alpe Nave eine bedeutende Mächtigkeit. Die schwarzen Mergel und Kalke fallen steil nach Südwesten ein, die Mergel sind erfüllt von kleinen, weissen Zweischalern. Auf den Schichtflächen derselben führte uns ein mühseliger Pfad nach Yiano hinunter. Yon da aus gelangte die Gesellschaft, beinahe das ganze rhätische System noch einmal durchquerend, nach Bonzanico. Dort wurden Lithodendronkalk und die berühmten Sassi degli Stampi besichtigt. JN'am ent- lich Prof. Renevier betonte, dass nach der orographi- schen Gestaltung eine Fortsetzung des Rhät über den Conchodon- Schichten vermuthet werden könnte, entge- gengesetzt den Angaben von Stoppani. Diese Annahme erweist sich gemäss der Darstellung von Curioni als berechtigt (vgl. oben p. 266). In Tremezzo, im „Garten der Lombardei", am Ufer des herrlichen Sees erfolgte der Schluss der offiziellen — 326 — Excursionen. — Die Herren Bertrand, Collot und Schmidt besuchten an den zwei folgenden Tagen unter der Füh- rung des Herrn Dr. Ulrich aus Strassburg noch die nörd- lichen Theile der Grigna. Anmerkung. Die auf der beigegebenen Tafel dargestellten Profile, welche bereits in den „Eclogae geolog. Helv. 1889, ^^ 5, PL 5" publicirt worden sind, wurden nach den Angaben von Stop- pani (cit. 22), Taramelli (cit. 35) und Harada (cit. 38), sowie nach eigenen Beobachtungen entworfen. Inbalt : Seite 1) Yerzeichniss der wichtigsten geologischen Literatur des Excursionsgebietes. Von C. Schmidt 245 2) Allgemeine Darstellung der geologischen Yerhältnisse der Umgegend von Lugano. Yon C. Schmidt 249 3) Tabellarische Uebersicht der im Excursionsgebiet auftreten- den Formationen. Yon C. Schmidt 290 4) Die pliocänen und glacialen Bildungen am Nordabhang des Monte San Salvatore. Yon C. Schmidt 294 5) Bemerkungen über Trias, Jura und Kreide in der Um- gebung des Luganer-See's. Yon G. Steinmann .... 301 6) Ueber die Natur der Hornsteine in den mesozoischen Schichten der lombardischen Alpen. Yon G. Steinmann . 313 7) Excursionsbericht. Yon C. Schmidt 318 Ueber ein zweites Vorkommen von dichtem Vesuvian in den Schweizeralpen. Yon C. Schmidt. Im neuen Jahrbucli für Mineralogie etc. 1889, Bd. I, pag. 103, beschreibt Edm. v. Fellenberg das Yorkommen eines dichten, grünen Gesteines, welches von Borge novo in Graubünden stammen sollte und von F. Berwerth in einer vorläufigen 'Mittheilung ^) als Jadeit bezeichnet worden war. Nach Fellenberg bildet die betreffende Felsart linsenförmige Einlagerungen und Trümer in den Serpentinen des Piz Longhin (nordwestlich ober- halb Maloja, Bergell). Diese Einlagerungen sind nicht gleichmässig durch die ganze Serpentinmasse vertheilt, sondern finden sich ausschliesslich am Contact mit den liegenden schwarzen Triaskalken. — In einer spätem Arbeit gab F. Berwerth^) eine eingehende Beschrei- bung des, wie sich zeigte, fälschlich für Jadeit gehal- tenen Gesteines; dasselbe erwies sich nach genauerer chemischer und mikroskopischer Untersuchung als ein Yesuvian-Pyroxen-Fels, und zwar tritt der Yesu- vian als ursprünglicher Gemengtheil, der Pyroxen (Salit) ^) Annalen des k. k. naturhist. Hofmuseums Wien, Bd. II, 1887. Notizen p. 94. 2) Annalen des k. k. naturhist. Hofmuseums Wien, Bd. IV., 1889, p. 87. — 328 — als Zersetzungsproduct auf. — Weitere Angaben über diesen Fund, sowie weitere quantitative Analysen des Gesteines, ausgeführt von v. Gümbel, Eammelsberg und ScMepp, publicirte Killias in dem XXXII. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graubündens (p. 65). Ygl. ferner Eammelsberg, N. Jahrb. f. Min. 1889, 1. Bd., p. 229. Nach mikroskopischer Untersuchung einer ganzen Reihe von Stücken des in Rede stehenden Gesteines, welche ich der Güte des Herrn von Fellenberg ver- danke, kann ich zu den Ausführungen von Berwerth nur wenig mehr hinzufügen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das relative Mengenverhältniss von kör- nigem Yesuvian und faserigem Salit in den verschie- denen Yarietäten ein sehr wechselndes ist. Die rein grün gefärbten Yarietäten bestehen fast vollständig aus feinkörnigem Yesuvian; Pyroxeniasern sind nur ganz vereinzelt zu beobachten. Es lassen sich nun alle Zwischenstadien nachweisen bis zu den weiss gefärbten Abarten, in welchen oft der Yesuvian vollständig ver- schwunden und durch faserigen Salit ersetzt ist. Solche Yarietäten zeigen naturgemäss eine vollständige Ueber- einstimmung des mikroskopischen Bildes mit demjenigen ächter Jadeite. Ferner möchte ich noch erwähnen, dass der Pyroxen sich gelegentlich in Form von Aggregaten grösserer, stengeliger Individuen als Ausfüllungsmasse von ca. 0,3 mm. breiten Klüften findet. — Alle diese Erscheinungen weisen darauf hin, dass ein Salit-artiger Pyroxen als Zersetzungsproduct von dichtem Yesuvian auftritt und dass der wechselnde Habitus der Stücke be- dingt ist durch die mehr oder weniger vorgeschrittene Umwandlung des primären Yesuvians. Am Schlüsse seiner Mittheilung weist Edm. von Felleüberg (das besprochene Gestein für Jadeit haltend) darauf hin, dass die prähistorischen Jadeitartefacte der — 329 — Schweiz in dem Grebiete des alten Rhonegletschers ge- funden wurden, dass also ein entsprechendes endemisches Yorkommen von Jadeit vor Allem in den Walliser- Alpen zu suchen sei, zumal da „der Jadeit" am Piz Longhin wohl erst vor Kurzem denudirt worden sein könne. Das Yorkommen einer ähnlichen Felsart in den westlichen Schweizer Alpen erscheint Fellenberg nicht unwahrscheinlich, da wir dort mancherorts ähnliche geologische Yerhältnisse finden, wie am Piz Longhin, d. h. Kalkmassen, welche in Berührung treten mit Gabbro oder aus solchem entstandenen Serpentin. Diese Yermuthung Fellenbergs hat nun in der ïhat ihre Bestätigung gefunden, indem mir kürzlich einer meiner Studenten ein Gresteinsstück übergab, welches er in der Nähe des Sees vonMattmarck im Saasthal (Wallis) unter Gerollen gefunden hatte und welches dem grünen, dichten Yesuvianfels vom Piz Longhin auf- fallend ähnlich ist. Eine nähere Untersuchung zeigte denn auch die vollständige Uebereinstimmung der beiden Yorkommnisse. Das spezifische Gewicht des Yesuvianes von Mattmarck beträgt nach pyknometrischer Bestim- mung 3,31. Splitter schmelzen vor dem Löthrohr sehr leicht unter Aufschäumen und werden nach dem Schmelzen unter Ausscheidung gallertiger Kieselsäure leicht zer- setzt. — hn Dünnschliff erscheint der Ye su vi an farb- los in gewöhnlichem Licht; matt gelblichgrün durch- scheinend bei gekreuzten Nicoîs. Körner von 0,05 — 0,1 mm. Durchmesser sind dicht gedrängt zu Aggregaten ver- einigt; seltener finden sich grössere, faserige Yesuvian- Complexe, welche einheitlich senkrecht und parallel zur Faserung auslöschen. Salitfasern beobachtet man vereinzelt, eingestreut zwischen den Körnern oder ge- legentlich sich anschmiegend an die grössern, fetzen- artig auftretenden Partieen des Yesuvians. — Zufolge — 330 — dieser Angaben untersclieidet sich also das grüne Gestein von Mattmarck in keiner Weise von den Salit-armen Yaritäten des Yesuvian-Pyroxenfelses vom Piz Longhin. Bei der grossen Aehnlichkeit, welche die verschie- denen Abarten der beschriebenen Yesuvian-Pyroxenfelse in ihrem ganzen Habitus mit Jadeit zeigen, erscheint es mir nicht als unwahrscheinlich, dass bei näherer Unter- suchung einer grossen Zahl prähistorischer „Jadeite" aus der Schweiz sich Repräsentanten finden würden, welche kein Natron enthalten und sich dann wohl als aus Yesu- vian entstandener Salit erweisen, dessen primäre Lager- stätte in den Alpen unzweifelhaft nachgewiesen ist. Meine diesbezüglichen Untersuchungen haben bis jetzt zu keinem sichern Resultat geführt. Die Jadeit-Proben aus der Schweiz, hauptsächlich vom Bieler-See stammend, welche im ethnographischen Museum der Universität Freiburg i. B. aufbewahrt werden,^) zeigen v. d. L. durchweg das Yerhalten des ächten Jadeites; dasselbe Resultat erhielt ich bei der Prüfung von Jadeiten aus den Museen von Bern und Basel. ^) Scliötensack. Die Nephritoide des mineralog. und ethno- graptiisch-prähistor. Museums der Universität Freiburg i. B. (Zeit- schrift f. Ethnologie 1885, p. 181.) Uebersicht der eocänen Fauna von Egerkingen nebst einer Erwiederung an Prof. E. D. Cope. Yon L. Rütimeyer. Schon seit längerer Zeit hat die fossile Säugethier- fauna der Bohnerze des schweizerischen Jura mit allem Recht die Aufmerksamkeit erst der Geologen, später die- jenige der Palaeontologen auf sich gezogen. Die Auf- findung Yon Palaeotherium- und Anoplotherium- Zähnen in Spalten des Südfusses des Jura, zunächst bei Ober- Grösgen und bei Ballstal durch den Pfarrer Strohmeier in Gösgen und A. Gressly, und in den Spalten der Solothurner Steinbrüche durch J. Hugi deckte zuerst die Anwesenheit von Festlandbildungen vom Alter des Parisergypses am Rand der grossen Sandsteinablagerun- gen aus der Miocänzeit zwischen Alpen und Jura auf. Ein fernerer Fundort in den Steinbrüchen zwischen Eger- kingen und Ober-Buchsiten wurde dann von 1844 an während Jahrzehnden durch Herrn Pfarrer Cartier in Ober-Buchsiten ausgebeutet, aber lange Zeit ohne dass — 332 — davon viel bekannt wurde. Eine kleine Probesendung war zwar auf Antrieb von L. Agassiz an Herrn, von Meyer in Frankfurt abgegangen, der darin ebenfalls Repräsentanten der Thierwelt des Parisergypses, haupt- säclilicli LopModonten nachwies. ^) Später kam dieselbe Fauna im berniscben Jura bei Moutiers zum Yorschein, wo zuerst Pagnard, nachber Ed. Greppin ähnliche Ueberreste sammelten. Eine erste einlässliche Unter- suchung wurde ihr dann bekanntlich zu Theil durch die zwei ausgezeichneten Monographien, welche F. J. Pictet der Ernte aus den seit 1852 von Ph. Dela- harpe, Gaudin und Morlot ausgebeuteten Stellen in der westlichen Schweiz, bei Mormont und St. Loup widmete.^) Die weit reicheren Yorräthe, die inzwischen Herr Pfarrer Cartier mit erstaunlichem Fleisse in einem sehr dunkeln Zimmer seines Pfarrhauses aufgehäuft hatte, waren dabei immer noch wenig beachtet geblieben. Nicht etwa weil sie unbekannt gewesen wären; aber Herr Cartier brachte seine Sammlungen, die sich auf die Yersteinerungen des gesammten Jura- und Sand- steingebietes seine]; Nachbarschaft bezogen, und die ihm selber in seinem Hause immer weniger freien Platz übrig liessen, nicht gern aus ihrer Ordnung, und in dem dunkeln Paum liess sich mit dem besten Willen nichts anfangen. Erst nach vielen Besuchen in Ober-Buchsiten gelang es, mindestens einen Theil der S äugethier Überreste an's Jjicht ^) H. V. Meyer. IST. Jahrb. für Mineral, etc. 1846, p. 470, 1849, p. 547. -) Pictet. Mém. sur les animaux vertébrés trouvés dans le terrain siderolith. du canton de Vaud. Matériaux pour la Paléonto- logie suisse. 1855 — 57 und 1869. — 333 — und nach. Basel zu bringen, wo sie den Gegenstand meiner Monographie vom Jahre 1862 bildeten. ^) Trotz vieler Uebereinstimmung mit den Ergebnissen von Pictet traten bekanntlich schon damals allerlei bemer- kenswerthe Abweichungen von der Fauna von Mormont an den Tag. Das Auftreten dieser oder jener Species am einen Orte, das Fehlen derselben an dem andern konnte zwar nicht von Bedeutung erscheinen, da an beiden Or- ten die Ausbeute grösstentheils aus vereinzelten Zähnen oder Zahnreihen bestand, und also der Grad der Yollstän- digkeit der Sammlung an beiden Orten sehr viel vom Zu- fall abhing; freilich mit dem wichtigen Vorbehalt, dass Herr Cartier seine Fundorte, die nahe an seiner Wohnung lagen, während Jahrzehnten mit der scrupulosesten Ge- nauigkeit überwacht hatte, während Mormont nicht so systematisch untersucht werden konnte. Yon vornherein war also von der Cartier'schen Sammlung ein zuver- lässigeres Bild der Fauna zu erwarten als von Mor- mont. Um so bemerkenswerther war, zumal mir Herr Cartier nur einen Theil seiner Ausbeute in Egerkingen anvertraut hatte , dass schon damals Egerkingen an Palaeotherien und Anoplotherien ärmer, dafür aber an Lophiodonten viel reicher erschien als Mormont. Wiederum schienen die Carnivoren in Egerkingen schwächer vertreten zu sein als in Mormont u. s. f. Noch auffallender war, dass Egerkingen einige wenige Säugethiertypen ausschliesslich aufwies, welche sich in der ganzen damals bekannten europäisch-eocänen Thier- welt wie Fremdlinge ausnahmen. ^) Rütimeyer. Eoccäne Säugethiere aus dem Gebiet des Schweizerischen Jura, 1862, mit 5 Tafeln. Neue Denkschriften der Allg. Schweiz. Gesellschaft für die gesaramten Naturwissenschaften. Band XIX. — 334 - Dahin gehörte einmal die Erscheinung eines schon damals von mir als Maki angesprochenen Thieres, die um so mehr Aufsehen erregen konnte, als zu jener Zeit der im Jahre 1822 von Cuvier nach Unterkieferzähnen aus dem Parisergyps beschriebene Adapis noch allgemein als Pachyderm beurtheilt wurde, und erst der im Jahre 1873 von Delfortrie in den Phosphoriten von Quercy gemachte Fund von vollständigen Schädeln mit ähnlichen Oberkiefer zahnen wie in Egerkingen auch für den Adapis den Gedanken an Maki's aufkommen liess. Gleichzeitig folgten dann bekanntlich zahlreiche ähnliche Funde in N.. Amerika. Zw^eitens ein Raubthier, das ich als eine Stammform der Yiverrenfamilie glaubte ansehen zu dürfen und daher Proviverra nannte, und wofür sich auch erst nach einem Jahrzehnt (1872) die nächsten Analogien in einer Peihe von Fossilien aus dem Eo- cän von Nordamerika vorfanden, wo ähnliche Gebisse aus Wyoming von C o p e unter dem Titel Stypolophus beschrieben und ähnlich beurtheilt wurden. Für beide Fälle erwies sich trotz vieler Anfechtungen mein an- fängliches Urtheil als richtig, indem noch in der neuesten Zeit zwei der berufensten Palaeontologen an der Hand eines ausserordentlichen Yergleichungsmaterials, an dem es mir in peinlichstem Maasse gefehlt hatte, demselben beistimmten. Yon Lydekker ist Proviverra zum Ty- pus einer Familie von primitiven Carnivoren gewählt worden, und auch bezüglich des Caenopithecus von Eger- kingen ist von M. Schlosser der Yerdacht, dass er — obwohl allerdings ein Maki — doch schlisslich mit Adapis zusammenfallen möchte, aufgegeben worden.^) ^) Lydekker. Catal. of fossil Mammalia. V. p. 307. M. Schlosser, d. Affen, Lemuren etc. des europäischen Tertiär's, III. p. 65. - 335 — Im Jahre 1885 wurde uns die Ueberraschung zu Theil, dass Herr Pfarrer Cartier seine gesammte Samm- lung Yon Egerkingen dem Basler Museum zum Geschenk machte. Dass ich, auch abgesehen von meinem per- sönlichen Interesse an der Sammlung, es als eine Pflicht der Dankbarkeit betrachtete, mich sofort mit der Bear- beitung des noch nicht untersuchten Theils derselben zu befassen, ist selbstverständlich. Wie zu erwarten war, erwies sich indes die Untersuchung als eine sehr schwie- rige, da auch dieser Nachtrag, der an Umfang das früher Untersuchte uniYieles übertraf, Zahnreihen von einiger Yollständigkeit nur selten enthielt, sondern zum weitaus grössten Theil aus ganz vereinzelten Zähnen bestand. Sehr bald sah ich mich auch bei dieser Arbeit ge- nöthigt, eine wenn auch kleine Anzahl von Stücken, die mir im Yergleich mit allem Uebrigen so fremdartig erschienen, wie früher der Maki und die Proviverra, bei Seite zu legen in der Hoffnung, dass eine Yervollstän- digung irgend welcher Art sich im weitern Yerlauf der Arbeit noch ergeben möchte. Immer und immer wurden sie zwar von Neuem geprüft, aber immer mit demselben Ergebniss, und ihre Erscheinung in Egerkingen blieb mir ein Räthsel. Erst nachdem die Sammlung soweit gesichtet war, dass die Hoffnung auf ferneren Aufschluss aufgegeben werden musste, entschloss ich mich, als ersten Nachtrag zu der Arbeit von 1862, vorläufig nur diesen Fremd- lingen eine kleine Monographie zu widmen.^) Auch unter den Hufthieren von Egerkingen waren nämlich Formen ^) Rütimeyer. Ueber einige Beziehungen zwischen den Säugethierstämmen Alter und Neuer Welt, mit Tafel. Abhandlungen der Schweiz, palaeontolog. Gesellsch. Vol. XV. 1P88. — 336 — zum Yorschein gekommen, deren nächste Parallelen ich nur in Erscheinungen glaubte erkennen zu können, die mittlerweile in Amerika aufgedeckt und von den dortigen Palaeontologen, vor allen durch Prof. E. D. Cope nicht nur als der Neuen Welt ausschliesslich angehörige Ge- schlechter, sondern sogar als Yertreter einer nach Gebiss und Locomotion von Allem, was die Alte Welt bisher an fossilen Hufthieren hatte kennen lehren, verschiedenen Thierordnung bezeichnet worden waren. Noch einige an- dere Fossilien aus Egerkingen, die ich ebenfalls nur mit angeblich ausschliesslich amerikanischen Parallelen zu- sammenzubringen wusste, wagte ich nur abzubilden in der Absicht, mir darüber die Meinung der Fachgenossen zu erbitten. ^) Das fremdartige Licht, das in dieser Weise von zwei Seiten auf manche Beziehungen zwischen alt- weltlicher und neuweltlicher Thierwelt überhaupt, ander- seits auf so schwerwiegende angebliche Eigenthümlich- keiten grosser Categorien amerikanischer Fossilien fiel, machte es dabei unausweichlich, bei diesem Anlass meine eigenen Anschauungen bezüglich der in Amerika allem Anschein nach zum Durchbruch gekommenen Werthung von Merkmalen von Gebiss und von Lokomotion an Säugethier-Fossilien im Allgemeinen auszusprechen. ^) Obwohl das Pfarrhaus von Ober-Buchsiten von Geologen und Palaeontologen viel besucht v^^orden ist, so konnten dieselben dort in der Regel nicht viel Belehrung finden, weil es an Raum und Licht gebrach. Die Säugethierüberreste sind daher von wenigen Fachleuten gesehen worden. Einlässlich nur von W. K o w a 1 e w s k i, der wiederholt dort war und Yieles auch bei mir in Basel gesehen und besprochen hatte. Auch A. Gaudry und Gr. Capellini konnte ich in Basel einiges zeigen und in neuerer Zeit Herrn W. B. Scott aus Princeton, aber lange nicht einlässlich genug, um mich ihres Rathes zu getrösten. 337 Die Durchsicht der Cartier'schen Sammlung ist end- lich der Hauptsache nach vollendet, und ich hoffe, das Neue in einem zweiten Nachtrag zu den Darstellungen von 1862 und 1888 mit der nöthigen Zuthat von Ab- bildungen zur Yeröffentlichung zu bringen. Da dies aus allerlei Gründen leider noch von vielen Schwie- rigkeiten umgeben ist, so scheint es mir am Platz, das Ergebniss meiner Untersuchung vor der Hand nur in der Form eines Eegister's mitzutheilen. Obschon ich nicht gewiss bin, dass ich nicht bei neuer Kevision in Bezug auf unwichtigere Punkte, wie etwa Werthung von Species-Merkmalen, meine Ansichten etwas modi- ficiren könnte, und vor allem etwa insofern, dass die Analyse, die bisher billiger Weise den Leitfaden abgeben musste, etwas weniger streng gehandhabt werden dürfte, — so denke ich doch nicht, dass ich in wichtigen Din- gen zu anderem Urtheil kommen werde. Es wird also ein solches Register doch schon jetzt insofern lehrreich sein können, als es die Beziehungen der Fauna von Egerkingen nicht etwa nur zu derjenigen von Mormont, sondern auch zu den so zahlreichen sonstigen eocänen Landfaunen Europa's in's Licht stellen wird. Zudem kann sich daraus ergeben, in welcher Art von Gesellschaft sich die nach bisheriger Anschauung dem Continent von Ame- rika — und was nicht unwichtig ist, vorwiegend seiner Westhälfte — ausschliesslich zugeschriebenen Säugethier- formen in Europa vorfinden. Es kann ja dies aufmuntern, einerseits in Europa auf derartige americoide Erscheinun- gen mehr als bisher aufmerksam zu sein, andererseits die 22 — 338 — weittragenden Schlussfolgerungen, welche in Amerika auf gewisse Merkmale dortiger eocäner Säugethiere ge- baut worden sind, einer neuen Abwägung zu unterwerfen. Yon allen Seiten ist zu wünschen, dass trotz des vielen Lichtes, das einstweilen hauptsächlich durch Lydekker und M. Schlosser auf die Parallelen zwischen ameri- kanischer und europäischer Tertiär-Fauna geworfen wor- den ist, in nicht zu ferner Zeit dies auch von Amerika. aus geschehen möge. Allem Anschein nach wird die Liste europäoider Thiere dort nicht spärlich ausfallen, und wird es gelingen, eine Menge von Namen trotz noch so guter provisorischer Dienste allmählig wieder entbehrlich zu machen. Wo ich, wie das ja bei solchen vorläufigen Aufzeich- nungen unvermeidlich ist, mich selber neuer Namen be- dienen musste, so bin ich natürlich gefasst, die Verant- wortung dafür zu übernehmen, und wünsche nichts sehn- licher, als mich dieser Verpflichtung sobald als möglich entledigen zu können. Mit Absicht wählte ich einst- weilen in Fällen, wo nur Grössenunterschiede den Aus- schlag für Unterscheidung gaben, Ausdrücke von blos relativem Sinn, die keinen Schaden hinterlassen werden, wenn sie sich bei besserer Einsicht als entbehrlich er- weisen sollten. Wie Filhol für Quercy, so bin ich auch für Egerkingen geneigt, recht grosse Schwankungen von Körpergrösse innerhalb einer und derselben Species an- zuerkennen, namentlich bei Hufthieren. Da zu dem vorliegenden Zweck scrupulose Syste- matik, die ja eine möglichst vollständige Kenntniss der betreffenden Thiere voraussetzt, nicht erforderlich ist, so benütze ich als Leitfaden in dieser Richtung den doch voraussichtlich für lange Zeit einen Stützpunkt versprech- enden Catalog des Britischen Museums von Lydekker. Immerhin mit allerlei Abweichungen, für welche ich — 339 — micli im Einverständniss mit den von Max Schlosser vertretenen Ansichten befinde.^) Die wenigen Abweichungen von den in der Arbeit von 1862 niedergelegten Ansichten (völlige Unterdrückung des Genus Chasmotherium und dgl.) glaube ich hier nicht besonders motiviren zu müssen ; es wird dies Auf- gabe der Schlussarbeit sein; die seit 1862 neu gefun- denen Formen sind daher den damals angemeldeten gleich gestellt worden. Nur die bis jetzt als ameri- coid zu betrachtenden, in Europa anscheinend zum ersten Mal aufgetretenen Formen sind mit gesperrter Schrift gedruckt. Als Fundorte ausserhalb Egerkingen sind nur die wichtigeren und bezeichnenderen angemerkt, und zwar für die Schweiz (in besonderer Colonne) nur Mormont mit Mm., für Frankreich hauptsächlich Quercy mit Q., Paris mit P., andere Fundorte in Frankreich mit Fr., England mit E. u. s. f. ^) M. Schlosser, Stammesgeschichte der Hufthiere, sowie dessen umfassende Arbeiten über Unguiculaten. — Eine treffliche Unterstützung ist dem Fachmann auch wohl bekannt in dem „ Yer- zeichniss der bisher bekannten fossilen Säugethiere," von 0. Roger, 1857. Auf directe Belehrung hin berichtige ich gerne den Irrthum, der in p. 5 meiner frühern Schrift über Egerkingen Ausdruck fand, dass diese so verdienstliche Arbeit zum Theil auf dem Lydekker'- schen Catalog fusse. 340 — Verzeichniss der bis jetzt bekannt gewordenen Glieder der eocänen Fauna von Egerkingen. Primates. Lemuroidea (Pseudolemuroiden Schlosser). Caenopitheus lemuroides Rütim. — pygmaeus ßütim. Adapis Duvernoyi Gerv. . Q. etc. Necrolemur antiquus Filh Mm. Q. — Cartieri Rütim. — minor Rütim. ?PelyCOduS spec. Wasatch-Eocän, Neu-Mexico. ? HyOpSOduS spec. Bridger-Eocän, Wyoming. Puerco-Eocän, Neu-Mexico. Chîroptera. Vespertiliavus Schlosser sp. . . . . . . . Mm. Q. Insectîvora. Neurogymnurus Cayluxi Schloss. (Cayiuxotherium Füll.) ... Q. Amphidozotherium Filh. sp Q. Dimylus? Cordylodon sp.? Carnivora. Creodonta. (Carnivora primigenia Lyd.) Proviverra typica Rütim. Genus Proviv. Wasatch-Eocän, Wyoming. ? Q. ? — 341 — ?CynohyaenOdon. (= Stypolophus ?) Bridger-Eocän. Quercytherium tenebrosum Filh. ..... Q. Cynodictis spec Q. Pterodon dasyuroides Gerv Q. E. — spec. — spec. Hyaenodon spec. White-River-Miocan, Wyoming. . Q. ?IVIiOClaenUS spec. Puerco-Eocän, Neu-Mexico. Cynodon helveticUS Pict. (Yiverra angustidens Filh. ?) .... Mm. Q. Prorhizaena Egerkingiae Rütim. Carnivora vera. Pseudaelurus Edwardsii Gerv. Q. Amphicyon spec Mm. Q. Bodentia* Plesiarctomys Schlössen Rütim. Sciurus spectabilis F. Major. Sciuroides siderolithicus F. Major .... Mm. Q. ? (Theridomys siderol. Pict.) ? — Fraasii F. Major Ulm. ? — Rütimeyeri F. Mayor . . . . . Mm. — spec. Unbekannter Sciuroid. Cricetodon incertum Schloss Q. Ungulata. Artiodactyla. Tragiilida. Bachitherium curtum Filh. (Geiocus) .... Q. Haplomeryx spec Q. — 342 - Dichodontida. Dichodon cuspidatus Cuv. E. — Cartieri Rütim. Tetraselenodon Kowalewskii Schloss. . . . Mm. Q. Lophiomeryx Glaudryi Filh Q. Anoplottaerida. Mixtotherium cuspidatum Filh Q. Xiphodon gracile Cuv Mm. Q.P. etc. Dacrytheriüm Filh. spec Q. E. Cainotherida. Dichobune leporinum Cuv. (= Dacryther. ?) . Mm. Q.P. etc. — - MüUeri Kûtim Mm. — Campichii Kowal Mm. . — Suillum. Gerv P. — Eobertianum Gerv. ...... Mm. P. — Langii Rütim. Plesiomeryx sp. Q. Anthracotherida. Hyopotamus crispus Gerv Mm. Fr. — Gresslyi Rütim. Mm. E. — minor Rütim. — Renevieri Pict Mm. — pygmaeus Rütim. Rhagatherium valdense Pict Mm. — majus Rütim. — minus Rütim. Suina. Acotherulum saturninum Gerv. Q. etc. Choeromorus helveticus Pict. . " Mm. — 343 — Cebochoerus minor Gerv. Q. Hemichoerps Schloss. spec Q, Sus spec. — spec. Ferissodactyla. liophiodontida. Lophiodon rhinocerodes Rütim. Genus Loph. Bridger-Eocän, Wyoming. IVIm. — tapiroides Cuv. . Mm. Fr. — parisiensis Cuv P. — buxoYÎllanus Cuv ...... Fr. — isselensis Blainv. ...... Fr. — médius Cuy Mm. Fr. — Cartieri Rütim. — annectens Rütim. (Verbindung zu Protapirus.) Lophiotherium cervulum Gerv. Genus Loph. Bridger-Eocän, "Wyoming Ff. ~ elegans Rütim Q. Pachynolophus (Hyracotherium) siderolithic. Pict. Mm. — minor Rütim. — minimus Rütim. (Lophiodon) Duvalü Gerv. . . P. — (Anchilophus Pict.) Gaudini Pict. P. Propalaeotherium isselanum Gerv Fr. — jurense Rütim. — minutum Rütim. — anceps Rütim. Palaeotherida. Palaeotherium magnum Cuv Mm. P.etc. — medium Cuv Mm. P.etc. — crassum Cuv Mm.. P.etc. — curtum Cuv Mm. P.etc. — 344 — Paloplotherium magnum Rütim. — codiciense Gaudry Fr. — annectens Cuv Fr. E. — minus Cuv Mm. P.etc. Anchilophus Desmaresti Gerv Q. Ungulata Trigonodonta. (Condyiarthia ?) Phenacodus europaeus Kütim. Genus Ph. Puerco-Eocän, Neu-Mexico. — minor Rütim. ? Protogonia sp. Genus P. Puerco-Eocän, Neu- Mexico. ? PeriptychuS sp. Genus P. Puerco-Eocän, Neu- Mexico. Meniscodonsp. Taeuiodoiita. Calamodon europaeus Rütim. Genus C. Wasatch-Eocän, Neu- Mexico. Ausser Säugethieren sind endlich in Egerkingen wie in Mormont etc. aucli eine Anzahl von Reptil- Ueberresten von geringer Grösse vertreten, Crocodile, Schildkröten, Eidechsen, worunter der auch in Quercy vertretene Placosaurus. Die von mir an der Hand der in Lausanne deponir- ten Ueberreste revidirte Liste von Mormont weist ausser den oben angemerkten Formen nur sehr Weniges — 345 — auf, was in Egerkingen nicht vertreten wäre, so das zu den Suiden gehörige Hyracotherium Quercyi Filhol, und zwei von Pictet zu Plagiolophus gestellte Palae- otheriden (PL siderolithicus und Valdensis Pict.), die wohl sehr wahrscheinlich sich mit dem wohlbekannten Plagioloph. minor werden vereinigen lassen, endlich ein Lophiotherium, das sich wohl ebenfalls an L. cervulum anschliessen wird. Die Fossilien aus dem Bohnerz von Mou tiers und Delsberg sind grösstentheils zerstreut worden. Was da- von in Basel liegt oder von Gr epp in mir seiner Zeit zur Untersuchung zugestellt worden ist, enthält nichts, was nicht in der Egerkingerliste aufgezählt wäre. Diese letztere repräsentirt also, wenn Hyracotherium Quercyi aus Mormont hinzugezählt wird, die Fauna aller andern schweizerischen Localitäten vollständig. Auf die Zusammensetzung dieser Liste noch be- sonders einzugehen, scheint überJ&üssig zu sein. Trotz der überaus schlimmen Erhaltung der Fossilien, die hinter derjenigen in Quercy und gar in der Mehrzahl der amerikanischen Fundorte so ausserordentlich zurücksteht, weist sie bei hundert unterscheidbare Formen auf. Davon ist etwa ein Yiertheil auch in Mormont, und die Hälfte auch in den Phosphoriten von Quercy und an allerlei andern Fundorten in Frankreich und England vertreten. Als Fremdlinge erscheinen amerikanische Pseudolemu- rinen, Creodonta, und unter den Hufthieren einige sogenannte Condylarthra, nebst der in ihrer Beziehung zu den übrigen Säugethieren noch so wenig bekannten Ordnung der Taeniodonta. Ob diese relativ starke, und besonders auch mannigfaltige Beimischung von bisher als nur amerikanisch angesehenen Formen trotz aller Yorsicht, zu welcher mich die sehr grossen Bedenken aufforderten, die ich lange Zeit diesen so unerwarteten - 346 — Erscheinungen entgegensetzte, docli noch auf Irrthum von meiner Seite beruhen möchte, mögen am besten die amerikanischen Palaeontologen selber beurtheilen. Sie sind dazu schon jetzt durch die in meinem ersten Nachtrag (1888) gegebenen Abbildungen in ähnlicher Weise in Stand gesetzt, wie ich es war für Orientirung in den Heerschaaren amerikanischer Funde. Nur für den seltsamsten aller dieser Fremdlinge, für Calamodon, füge ich hier nach dem vollständigst erhaltenen aus einer Anzahl von Zähnen noch eine Abbildung bei, welche die in .der Schrift von 1888 gegebene Tafel für den ameri- coiden Antheil der Egerkingerfauna vervollständigt. Frag- mentäre üeberreste ähnlicher Art werden sich der Schluss- arbeit beifügen lassen. Auf die amerikanischen Paral- lelen, in C op e Tert. Yert. p. 189, Tl. XXIY ^ und Extinct Yert. of New Mexico p. 162, PL XLI, brauche ich die Fachgenossen nicht aufmerksam zu machen. Calamodon europaeus Rütim. Nat. Grösse. 347 — Aussenkante. Innenkante. Calamodon europaeus Rütim. Nat. Grösse. Ohne auf die allem Anscheine nach so schwierige Parallelisirung der stratigraphischen Aequivalente in den eocänen Ablagerungen Alter und Neuer Welt einzu- gehen, ^) ergiebt sich also in erster Linie, dass die Fauna von Egerkingen mindestens einer ungewöhnlich langen Succession von Thierwelt entsprechen muss, indem sie neben Formen, welche bis in die obersten Lagen des Eo- cän's auszuhalten pflegen, auch solche enthält, welche bis in die untersten bis jetzt bekannt gewordenen Lagen dieser Periode reichen. Das unerwartetste Licht würde aber ohne allen Zweifel auf diese Thierwelt von Seite der Yer- ^) Siehe darüber von americanischer Seite Cope, Relations oi the Horizons of extinct Vertebrata of Europe and N. America. Bullet. TJ. S. Survey of tlie Territories, V. 1, 1879, Von europäischer Seite die Arbeit von F i 1 li o 1 , Relation des Horizons renfermant des Yertébrés fossiles en Europe et en Amérique. Ann. Sc. géolog., XIY, 1883. — 348 - treter der neu-mexikanischen Puerco-Fauna fallen. Yiel weniger, weil dieselbe bisher als ausschliesslich der Neuen Welt angehörig galt/) als deshalb, weil dieselbe nach den Mittheilungen von Cope (American Naturalist, XXII, 1888, p. 161) in der Neuen Welt selber so isolirt dazustehen und überdies an mesozoische Thierwelt so nahe anzustreifen scheint. Yon 93 Säugethieren dieser Fauna soll ja nach Cope keine einzige Species einer frü- heren oder späteren Epoche zugleich angehören, und ein einziges Genus, Didymictis, die Puerco-Bildung überleben. Anderntheils würden in ihr zwei ganze Familien von Hufthieren aussterben, die Periptychiden und Pantolamb- diden, von welchen beiden ich Spuren in Egerkingen vermuthe, sowie die in Egerkingen allerdings bisher durch Nichts angedeutete, wohl aber in Rh ei m s durch die Arbeiten von L e m o i n e aufgedeckte und der Puerco- Fauna eine mesozoische Physiognomie gebende Gruppe der neuerlich den Monotremen zugetheilten Multitu- berculata. Die nicht unwichtige Frage, ob in Egerkingen diese so sehr an die Puerco-Fauna anstreifenden Formen in einem andern Niveau als die übrigen Fossilien abgelagert waren, lässt leider durchaus keine Lösung erwarten, da alles in der Ausfüllungsmasse der Juraspalten zusammen- ^) Bei solchen sich immer mehrenden Andeutungen über sehr alte und von gegenwärtigen Thatsachen vielleicht nicht so ent- fernte Parallelen zAvischen alt- und neuweltlicher Thierwelt kann man sich kaum erwehren, der Analogie zu gedenken, welche zwischen solchen Yerhältnissen und den in neuester Zeit in so ausgezeich- neter Weise von Prof. J. Geikie (The Evolution of Climate, Adress R. Phys. Soc. 1889/90) zusammengestellten Schlüssen über die Stabilität der geographischen Beziehungen zwischen Alter und Neuer "Welt liegen würde. — 349 — geschwemmt oder olme irgendwelclie Sichtung in Haufen von Bohnerzhaltigem Bolus eingebettet ist, die dem Jura- kalk oberflächlich aufliegen oder zwischen dessen Lager eingedrungen sind. V Immerhin bleibt es bezeichnend genug, dass nach der wohl durchaus berechtigten An- nahme von Cope auch der placentale Antheil der Puerco- Fauna, dem die Paar parallelen Formen aus Egerkingen angehören, den Charakter von Stammformen für die Säugethierwelt der späteren Epochen an sich trägt. 1) In einer in neuester Zeit zu diesem Zweck eröffneten neuen Grube von geringem Umfang bestand die Ausbeute aus Ueberresten (allerdings gutentheils nur einzelne — aber gut erhaltene Zähne) von folgenden Formen : Primates : Adapis Duvernoyi, Necrolemur eine oder zwei Spe- cies, ? Hyopsodus sp. ? Pelycodus sp. Carnivoreii : Provi verra. Uugulata s Dîchodon sp. Dacrytherlum sp. Dichobune Mülleri. Plesiomeryx. Hyopotamus crispus und Gresslyi. Rhagatherium majus. Acotherulum saturninum. Choeromorus helveticus. Lophiodon rhinocerodes und tapiroides. Lophfotharium cer- vulum. Pachynolophus (Hyracotheriiim) siderolithicus, Gau- dini und minimus. Propalaeotherium isselanum und minu- tum. Paioplotherium codiciense und minus. Paîaeotherium curtum. Anchilophus spec. Also allerdings eine ebenso reiche als bunte Mischung von Dingen, die wohl trotz der nur auf wenige Meter anzuschlagenden Mächtigkeit des Fossilien haltenden Gesteins auf überaus lange Andauer des eocänen Thierlebens am Südfuss des Jura und vor allem in Egerkingen hinweist. 350 — Zu eigener Beruhigung sah ich mich bei der An- meldung so ganz americoider Säugethiere in Egerkingen im Jahre 1888 genöthigt, mir selber über die Haltbarkeit so befremdlicher Ergebnisse genaue Rechenschaft zu ge- ben. Meinerseits hatte ich ja nur eine kleine Anzahl von Zähnen vor mir, die allerdings Eigenthümlichkeiten an sich trugen, die mir an europäischen Fossilien sonst ähnlicher Art vollständig neu erschienen. Gerade diese Eigen- thümlichkeiten sollten aber nach den Angaben der ameri- kanischen Forscher, welchen ganze Skelete von seltener Yollständigkeit vorlagen, und vor allem nach den An- gaben von Prof. C p e , mit nicht minder eigenthümlichen Merkmalen im Bau von Hand- und Fusswurzel so combi- nirt sein, dass darauf völlig neue Categorien von Syste- matik, wie Condylarthrie, Amblypodie u. s. f. gegrün- det wurden. Dies nöthigte mich, einmal den angeb- lichen Verband der an europäischen Hufthieren so befremdlichen Gebissmerkmale mit den in Amerika am Fussskelet wahrgenommenen auf seine Stärke zu prü- fen, und führte des weitern zu der Frage, in wie weit der von Prof. C o p e vorgenommene Ersatz von Classificationsprincipien, die den Merkmalen des Gebisses entnommen waren, durch solche, welche sich auf Eigen- thümlichkeiten in dem Bewegungsapparat stützten, be- rechtigt oder gar unvermeidlich wäre, und welchen von diesen zwei Categorien von Classificationsprincipien grössere Stärke zukomme. Endlich konnte ich nicht vermeiden, den Werth der in Rede stehenden Merkmale am Gebiss von Hufthieren mit den Ergebnissen, welche — 351 — icli schon im Jalire 1863 in einer einlässlichen Arbeit über das Grebiss von Hufthieren^) gewonnen hatte, in Yergleich zu bringen. Für europäische Palaeontologen war es ja gutentheils geradezu eine Art von Lebens- frage, zu erfahren, ob sie mit Demjenigen, was ihnen in den meisten Fällen europäische Fossilien darboten, weiter arbeiten dürften, oder ob sie sich der von Seite ihrer viel günstiger gestellten .amerikanischen Mitarbeiter ausgegangenen neuen Legislatur zu unterwerfen hätten. Dieser Untersuchung war die erste Hälfte meiner Abhandlung vom Jahre 1888 gewidmet. Für den Lo- comotionsapparat musste ich mich nothgedrungen nur an europäische Thierwelt halten, da amerikanische Fos- silien bis auf den heutigen Tag in europäischen Museen so viel als ganz fehlen, und absichtlich wählte ich die zugänglichsten Formen, Die Schlussfolgerungen, zu wel- chen ich kam, wurden absichtlich so bestimmt als mög- lich formulirt und auf pag. 62 und 63 der genannten Schrift zusammengefasst. Diesen Schlussfolgerungen hat nun Prof. Cope seiner- seits im American Naturalist, September 1888, Ein- wendungen entgegengestellt, auf welche ich bei diesem Anlass einiges erwidern möchte. In erster Linie spreche ich gerne Herrn Cope meinen aufrichtigen Dank aus für die sehr freundliche Form seiner Entgegnung und nament- lich für die volle Anerkennung, dass die von mir im Jahre 1863 durchgeführte Darstellung der Homologien des Hufthiergebisses den zu gleichen Resultaten ge- langten Arbeiten von ihm selber und von Kowalewski ^) üütimeyer, Beiträge zur Kenntniss der fossilen Pferde und zur vergleichenden Odontograpliie der Hufthiere überhaupt. Yerhandl. d. Naturf. Ges. in Basel, III, 4, 1863. - 352 — um volle 10 Jahre zuvorgekommen sei. Dabei gebe ich unumwunden zu, dass ich, — in vollem Bewusstsein, dazu nicht über das nöthige Material zu verfügen, — es damals absichtlich vermied, die Uebersicht über andere Ordnungen der Säugethiere als über die Hufthiere so weit auszudehnen, dass ich damit an die Öffentlichkeit hätte treten dürfen. Einlässliche Yersuche, die mich theilweise nahe an die in neuster Zeit von Herrn Osborn gewon- nenen Greneralisationen führten,^) sind manuscript ge- blieben und jetzt vollständig entbehrlich geworden und in mancher Richtung überholt. Immerhin würde ich mir gegenüber den Darstellungen von Osborn heute noch allerlei Vorbehalte wahren, die namhaft zu machen überflüssig ist, da Niemand mehr als ich zu der Aner- kennung geneigt sein kann, dass gegenüber dem so ausserordentlich reich gedeckten Tisch, an welchem unsere amerikanischen Mitarbeiter sitzen, unsere Hülfs- mittel nur wie Brosamen erscheinen. Yon meinen Schlussfolgerungen bespricht Prof. C o p e a. a. 0. nur W^ 1 und 2, die sich auf den classificatori- schen Werth von carpalen und tarsalen Gelenkverbin- dungen und auf die Bedeutung von trigonodonter An- ordnung der Krongipfel von Backzähnen bei Hufthieren beziehen. Was den ersten Punkt betrifft, so musste ich mich allerdings für Beurtheilung von Carpal- und Tarsal- gelenk bei sogenannten Condylarthra ausschliesslich an die Abbildungen in den grossen Kupferwerken von Cope halten und auch heute bin ich nicht in besserer ^) Osborn, Evolution of Mammalian Molars to and from the trituberculate type. Amer. Natur. 1888. — 353 — Lage. Doch kann ich. bei der Trefflichkeit dieser Ab- bildungen kaum annehmen, dass mich dieselben zu so grossen Missverständnissen führten, wie Herr Cope a. a. 0., p. 833, vermuthet. Was ich bestritt, war die An- wendung nicht etwa der Modificationen von Bewegungs- Mechanik im Grossen, wohl aber der Articulationsgrenzen, — ich will sagen der Yarianten in dem Détail von Mosaik in Carpus und Tarsus — zu Zwecken von Classification an fossilen Thieren. Nicht nur wegen der seltenen prakti- schen Anwendbarkeit solcher Yerhältnisse in so ausser- ordentlich vielen Fällen, sondern weil mir die von Herrn Cope aufgestellten Categorien im Détail keinerlei aus- reichende Greifbarkeit zu besitzen schienen. Noch mehr endlich, was ja sehr bestimmt ausgesprochen wurde, weil ja überhaupt bei allen terrestrischen Thieren Hand und Fuss von vornherein so verschieden ausfallen, dass unter allen Umständen ein und derselbe Titel niemals Merkmale von Hand und Fuss gleichzeitig enthalten kann. Schon hierin lag also doch von vornherein ein grosser logischer Uebelstand, der Categorien von solchem Rang nicht anhaften sollte. Aber noch mehr. Je mehr ich die von Herrn Cope mir gemachten Einwendungen erwäge, desto mehr fange ich an, mich selber zu fragen, ob ich wirklich den Sinn von Begriffen wie Taxeopodie, Condylarthrie, Diplarthrie u. s. f. nicht zu packen vermochte. Wenn ich die Dia- gnosen von Cope richtig gelesen habe, so handelte es sich ja dabei absolut nicht um die geometrische Gestalt von Carpal- und Tarsalknochen , sondern ausschliesslich um ihre gegenseitigen Gelenkberührungen. Und da sehe ich noch jetzt unter Hufthieren so wenig Schwankungen, dass mir die Diagnosen von Cope immer neu an den Ob- jecten, die ich vor mich stelle, jeden sichern Griff zu versagen scheinen. Wie ich a. a. 0. einlässlich durch- 23 — B54 - geführt habe, sehe ich unter noch lebenden Thieren, vom Eléphant bis zum Pferd (es war ja nur yon Mesaxo- nia die Rede), also von relativ isopoden und isodactylen bis zu den heteropodesten (d. h. heterocarpalen und hetero- tarsalen) Hufthieren Carpus und Tarsus ihrer verschie- denen Function gemäss so verschieden angelegt und so verschieden ausgeführt, dass ich kein Wort zu er- finden wüsste, das die Merkmale beider zugleich an- deuten könnte. Beides sind eben, — in weit höherem Grrade als etwa bei den wenigen noch fast isopod ge- bliebenen Batrachia caudata und Reptilien, — wenn schon aus ideal und vielleicht bei wenigen allerprimitivsten For- men ursprünglich wirklich gleichartigen Bausteinen auf- gebaut, doch ihrer Function nach vollkommen verschie- dene Structuren. Brauchbare Classificationstitel lassen sich dabei höchstens noch dem viel einfacher und varia- tionsfähiger, insofern also primitiver gebliebenen Carpus entnehmen, während der Tarsus durch seine einförmige Function an viel einförmigeren Bau gebunden ist und einige Yariation seiner Architektur höchstens noch bei weitgehender Iso- und Poly- dactylie erlaubt, die dann äusserlich den Eindruck von Plantigradie zu erzeugen pflegt. Mit Aufstellung des Fusses und Réduction der Zahl der functionir enden Finger wird aber der Spielraum für Yariation in den Gelenkberührungen sofort so knapp, dass letztere für Classificationsbegriffe irgend höhern Ranges keinen Griff mehr bieten. Wozu gar noch kömmt, wo- rauf ich auch schon früher hingewiesen habe, dass diese Yerschiebungen zwischen den Bestandtheilen der Ge- lenkmosaik an Carpus und Tarsus so leise sind, dass sie • unter allen Umständen erst im erwachsenen Alter Flächen von so scharfer Begrenzung schaffen, dass sie sich in ein oder wenige Worte fassen lassen. Ich kann also immer noch, was übrigens auch schon — 355 — M. Schlosser hie und da angedeutet hat (Stammesge- schichte der Hufthiere, p. 5—10), Condylarthrie nur als etwas Relatives ansehen, dessen Gradationen sogar an lebenden Thieren kaum zu fixiren wären. Einerseits wird sich voraussichtlich bei sorgfältiger Untersuchung ein Uebergang von Condylarthrie zu Diplarthrie sowohl in der geologischen Reihenfolge der Greschöpfe, als in der ontogenetischen Reihenfolge der Altersstadien nach- weisen lassen. Andererseits lässt sich die Structur des Elephantenfusses als condylarthrisch im Superlativ be- zeichnen. Bei Phenacodus und Hyrax hört Taxeopodie auf, und beginnt das Cuboid zum Zwecke festerer Füg- ung eine Facette am Astragalus, oder auch das Navicu- lare eine solche am Calcaneus zu gewinnen, wie im er- wachsenen, aber noch nicht im jugendlichen Tapir. Ueberall handelt es sich nur um progressiv festere Füg- ung der Bausteine der Fusswurzel für Hufthiere, im Gegensatz zu der losen und daher oft innerhalb eines und desselben Genus schwankenden Fügung derselben bei Raubthieren oder Unguiculaten im Allgemeinen. Für Condylarthrie des Tarsus, wie sie von Cope definirt wird, in p. 377 seines grossen Werkes, finde ich keinen Platz. ^) Condylarthrie wird von Cope selber in seiner Ent- gegnung (Americ. Naturalist, Septb. 1888, p. 833) be- zeichnet als Yerbleiben eines Unguiculaten-Fussgelenkes innerhalb des Hufthiertypus. Dies ist meines Erachtens einfach Ausdruck von Fünffingrigkeit an einem relativ noch indifferenten Fussgelenk. Das geringe Ueberwiegen ^) Der Druckfehler, der doch sicherlich der von S c h 1 o s s e r (p. 5 der Stammesgeschichte der Hufthiere) gegebenen Definition von tar- saler Condylarthrie anhaftet, ist recht geeignet, die durch dieses unglückliche Wort angestellte Verwirrung ins Licht zu setzen. — 356 — von Finger III erzeugt ein schmales Naviculare und einen schmalen Astragaluskopf, und lässt gleichzeitig, ähnlich wie bei dem lockern Unguiculaten-Fuss, eine convexe Fläche des Astragaluskopf es und eine concave Ober- fläche des Naviculare bestehen. Der Astragalus steht daher wie bei Ilnguiculaten in Yerbindung mit dem Cu- boid, wie dies gelegentlich auch bei Hyrax und bei dem Tapir zu finden ist, und auch bei Proboscidea eintreten würde, wenn sich nicht das breite Naviculare dazwischen schöbe. Nach den Abbildungen scheint mir Phenacodus auf der Stufe von Hyrax zu stehen. Für den Hinter- fuss steht also unter den noch lebenden Hufthieren der Eléphant (wenn der Name Hufthier ihm gebührt, wofür ich auf p. 11 meiner Schrift verweise) allein, in Betracht seines ausserordentlich breiten JSTaviculare. Unter den übrigen Hufthieren steht das Cuboideum mit dem Astra- galus in Yerbindung : a) reichlich bei Breitfüsslern (Amblypoda); h) kaum bei relativ isodactylen Schmalfüsslern mit schmalem Astragaluskopf (Phenacodus, Hyrax, und auch bei Ilnguiculaten) und bei Imparidigitata mit dominirendem Mittelfinger, — sehr stark dagegen bei Paridigitata mit dominirendem Doppelfinger III+IY. Wie denn auch die zwei Categorien, die Cope (Yertebr. of the Tert. Form, of the West, p. 378) factisch für die Gelenkweise des Carpus aufstellt: a) Naviculare getragen vom Trapezoid (Taxeopoda, Proboscidea, Amblypoda), mit der Unter-Categorie für letztere, dass hier das Unciforme mit dem Magnum das Lunare trägt, h) Naviculare getragen vom Magnum (Diplarthra), in hohem Grade anfechtbar sind; insofern als bei Probos- -- 357 — cidea und Hyrax — und Wer weiss, ob nicht noch in man- chen andern Fällen — das Naviculare getragen ist vom Centrale und nicht vom Trapezoideum, und bei Dip- larthra Yon Magnum plus Trapezoideum, seltener nur vom Trapezoideum. Und auch insofern, als der zweite Ge- sichtspunkt, der in diese Categorien hineingelegt ist: a) Os Magnum nur in Yerbindung mit Lunatum (Taxeopoda, Proboscidea), ß) Os Magnum plus ünciforme das Lunatum tragend (Amblypoda, Diplarthra), anfechtbar ist für Tapir und Rhinocéros, wo Lunatum nur auf Uncinatum ruht, aber auch für andere Fälle unter Diplarthra, wo Ünciforme ausser aller Yerbindung mit Lunatum steht (Anchitherium, Hipparion) u. s. f.^) Meinerseits muss ich daher nochmals, ganz abgesehen von der fatalen praktischen Unbrauchbarkeit der Cope'- schen Classifikationsbegriffe auch deren theoretische Yer- wendung zu Fundamenten der Systematik ablehnen und mich mit dem schon früher gemachten Zugeständniss begnügen, dass ja im Allgemeinen diese Reihenfolge von Begriffen von Taxeopodie bis Diplarthrie uns eine in der Schöpfung verwirklichte Reihenfolge von Modifi- cationen des Bewegungsmechanismus vor Augen führt; dass sich diese Reihenfolge aber innerhalb eines viel zu engen Rahmens bewegt und viel zu undeutliche Spuren schafft, als dass sie für Classification der Heerschaaren von *) Eine Zusammenstellung einer Anzahl zuverlässiger Abbil- dungen, welche auf diese Yerhältnisse zum Theil Bezug haben, findet sich in der vor kurzem von meinem langjährigen Assistenten, Dr. Leuthard t, veröffentlichten Schrift über Réduction der Fin- gerzahl bei Ungulaten. Spengel's Jahrbücher für Zoolog. Abtheilung für Systematik. Y. 1, 1890. — 358 — Geschöpfen, mit welchen die Palaeontologie zu thun hat, praktische Dienste leisten könnte. Ein Uebelstand fernerer Art, der den Cope'schen Bewegungs-Categorien anhaftet, erwächst aus der noch offenen Frage, ob und in wie weit Yeränderungen in der Bewegungsmechanik mit solchen in der Kau-Mechanik Schritt halten, oder ob je zu erwarten ist, dass uns ein Zahn ~ doch unter allen Umständen ein zugänglicheres, lesbareres und inhaltreicheres Document, als die für die Cope'sche Systematik nöthige Zahl von Fussgelenk- flächen — in Stand setzen kann, über Gelenkmechanis- mus eines fossilen Thieres zu urtheilen. Dass in einer schliesslichen Uebersicht über die Ge- schichte der Thierwelt den von Cope so stark in den Yordergrund gestellten Gesichtspunkten, sobald dieselben an den einzelnen Geschöpfen vollständig genug eruirt sein werden, eine nicht unwichtige physiologische, ich möchte fast lieber sagen malerische Rolle einzuräumen sein werde, wird Niemand bestreiten können. Nur möge man uns nicht zumuthen, palaeontologische Arbeiten mit der Feststellung solcher Yerhältnisse zu beginnen. Wir werden froh genug sein müssen, wenn sich am Schluss derselben in dieser Richtung etwas Greifbares ergeben wird. Ob endlich wirklich gewisse Bewegungsformen nur in der Neuen Welt zur Yerwirklichung kamen, ist eine Frage zoogeographischer Art, die natürlich nur auf em- pirischem Wege zur Beantwortung kommen kann. Dass eine derartige Isolirung für grosse terrestrische Hufthiere nicht gerade wahrscheinlich erscheint, schliesst die Mög- lichkeit derselben für organisch so isolirte Typen, wie vielleicht Toxodontia und dergleichen, noch keineswegs aus. Immerhin scheint aber das Genus Coryphodon Amblypodie auch für Europa anzumelden, und ist auch ~ 359 - altweltliche Condylartlirie durch den Phenacodus von Egerldngen sehr wahrscheinlich geworden. Ich muss also von den auf pag. 62 meiner Schrift von 1888 zusammengestellten Schlussfolgerungen auch Punkt 1 immer noch festhalten. Yon den übrigen Punkten ist von Hrn. C o p e nur noch N^ 2 angefochten worden, und nur insofern, als der Aus- druck „Trigonodontie", den ich für einen an europäischen Hufthieren mir neu erschienenen Bauplan oberer Mo- laren verwendete, ihm entbehrlich erschien. Ich bin ganz darauf gefasst, dass sich derselbe mit der Zeit als entbehr- lich erweisen werde, und werde ihn dann gerne preisgeben. Einstweilen aber darf ich Herrn Cope, der uns eine so grosse Anzahl von neuen Begriffen viel weniger un- schuldiger Art anempfohlen hat, wohl bitten, diesen harm- losen Ausdruck so lange gelten zu lassen, bis wir eben in Europa über den morphologischen und phylogenetischen Werth dieser für uns an Hufthieren so neuen Zahnform in's Reine gekommen sein werden. Obwohl ich nicht zweifle, dass schliesslich der Begriff „Trituberkulie" den Sieg gewinnen werde, schien mir einstweilen der Titel Trigonodontie für „Trituberkulie an Zygodonten" doch sehr Gutes zu leisten. In Bezug auf zwei von Cope hervorgehobene Miss- verständnisse in meiner Schrift halte ich es für möglich, dass ich irgendwo unrichtig las, wenn ich Diplarthrismus von Cope als ein primitives Merkmal bezeichnet glaubte. Weniger kann ich an ein Missverständniss glauben, wenn ich aus pag. 378 (unten) des grossen Cope'schen Werkes schloss, dass Cope Hyracoidea und Condylarthra als gleichwerthige Subordines der Taxeopoda betrachte, während das Tableau auf pag. 382 die Hyracoidea als eine Modification der Condylarthra hinzustellen schien. Die Palaeontologie hat ihre Kinderjahre in der — 360 — Alten Welt durchlebt. Unter allen Gebieten der Natur- geschichte ist kein einziges, das mit so yiel Zutrauen auf lange Jugend zählen darf und Sättigung und deren Folgen noch lange nicht zu fürchten hat, wie die Palaeon- tologie. Seit einigen Jahrzehnten ist der Schauplatz palaeontologischer Entdeckungen, und also das Schwer- gewicht palaeontologischer Arbeit auf den Boden der Neuen Welt verlegt worden. Amerika steht in dem Zeit- alter seiner palaeontologischen Conquista. Wir altwelt- liche Palaeontologen könnten nichts besseres thun, als ge- meinsam für einige Zeit nach der Neuen Welt überzu- siedeln und uns dort von Neuem an die Arbeit zu setzen. Ich muss fürchten, dass mir eine solche Ver- jüngung nicht mehr zu Theil werden könne. Um so mehr habe ich Grund zu der Hoffnung, dass unsere Mitarbeiter drüben es sich angelegen sein lassen möch- ten, ihre an so überaus vollkommenerem Material gewon- nenen Ergebnisse mit den bis jetzt für die Alte Welt bewährten in Uebereinstimmung zu bringen. Sie haben lange Zeit von uns gelernt. Nichts kann uns erwünsch- ter sein, als von ihnen zu lernen. Nur mögen sie nicht eine neue Sprache von uns verlangen. Keine Erwar- tung ist berechtigter als die, dass die bisherige palaeon- tologische Sprache so gut wie die Alltagssprache sich mit der Zeit auch den neuen Bedürfnissen gewachsen zeigen werde. Naelisehrift. Unmittelbar nach Abschluss des Obigen erhalte ich die freundliche Zusendung der Herren W. B. Scott und H. F. Osborn in Princeton über die Säugethiere der — 361 — Uinta-Formation.^) In dem Capitel lY dieser überaus wiclitigen Abhandlung wird von Herrn Osborn unter dem Titel „The Evolution of the Ungulate Foot" mit Hülfe eines Materiales, wie es eben nur in Amerika zu finden ist, und unterstützt durch vorzügliche Zeich- nungen wesentlich dasselbe Thema besprochen, das ich in der ersten Hälfte meiner Arbeit über die Säugethierstämme Alter und 'Neuev Welt zur Anregung brachte und in dem Obigen noch mehr befestigt zu haben glaube. Es ist also unerlässlich, mich auch über diesen Aufsatz von Herrn Osborn auszusprechen. Es kann dies um so kürzer geschehen, als Herr Osborn unter Yerwendung eines Reichthums von Hülfsmitteln, gegen welchen die raeinigen fast verschwinden, meinen Einwendungen gegen die Anwendung der von Herrn C p e vorgeschlagenen Classification im Grossen und Ganzen beitritt. Er kommt dabei zu dem Ergebniss, dass trotz aller Widersprüche in der von Cope vorgeschla- genen Classification doch bestimmte Linien von Modi- fication der Fussstructur in den verschiedenen Reihen von Plantigradie bis Digitigradie erkennbar seien und dass in dem Auftreten von Zwischengelenken kein Zufall walte. Dass immerhin eine Unterscheidung zwischen Constantem und Yariablem, wovon allerlei mitgetheilt wird, zu treffen sei, und dass also scharfe Grenzlinien nicht erwartet werden dürften. Das sind nun allerdings wohl erwogene Aussprüche, welchen jeder Anatom beitreten muss, und ich gestehe gern, dass ich meinerseits jedem Wort von Herrn Osborn auf pag. 557 — 558 beistimme. (Nur mit Ablehnung der Kowalewski'schen Begriffe von Adaptivität und Inadap- ^) Scott und Osborn, The MammaUa of the Uinta-Forme^- tion. 1889. — 362 - tivität, gegen welche ich die von mir a. a. 0. Note zu pag. 16 gemachten Einwendungen festhalte.) Auf diesem Fuss kann also die von mir angehobene Controverse als geschlichtet angesehen werden, da ja Herr Osborn selber gewiss^ nicht die Absicht hat, die von ihm auf pag. 559 gegebene Modification des Cope'schen Tableau's als ein Classificationsgerüst zu empfehlen, sondern dieselbe wohl vielmehr als ein vermuthlich mit der Zeit noch allerlei weiterer spezieller Eintragungen bedürftiges Corollarium über diesen Gegenstand, — als ein physiologisches Schluss- capitel, und nicht als einen Leitfaden für palaeontologische Museumsarbeit einführt. Im nämlichen Sinn begrüsse ich auch das ebenfalls im Wesentlichen physiologische Schlusscapitel Y. der nämlichen Abhandlung „The principles of displacement", das eine Menge von Erwägungen behandelt, die den Pa- laeontologen so gut wie den Anatomen ja fort und fort beschäftigen müssen, und das allerlei Probleme aufstellt, die einer speziellen Untersuchung in hohem Grade be- dürfen. Obschon ich annehme, dass diese letztere wohl am besten vorerst an lebenden Geschöpfen und vor allem unter Berücksichtigung ihrer verschiedenen Altersstadien durchzuführen wäre und hieran zu erstarken hätte, be- vor sie sich auf palaeontologischen Boden wagte, so scheinen mir doch auch hier die auf pag. 568 zusammen- gestellten Gesichtspunkte die grösste Aufmerksamkeit zu verdienen und sehr nützliche Prospecte für eine solche Untersuchung abgeben zu können. Ein Bohrversuch auf Steinsalz bei Bettingen Yon Dr. V. Gilliéron. Im Anfang des Jahres 1887 wurde im Grossen Käthe Basels von der Budgetcommission die Frage aufgeworfen, ob es nicht der Mühe und Kosten werth wäre, bei der Eisenbahn -Yerbindungsbrücke, an der Birs oder im Ge- meindebann von Riehen Bohrversuche auf Salz anzu- stellen. Aus geologischen und ökonomischen Gründen Yorstehende Arbeit fand sich im schriftlichen Nachlass von Dr. Y. Gilliéron. Er hatte dieselbe zum Drucke in unsern Yerhand- lungen bestimmt. Leider ereilte ihn der Tod bevor das Manuscript vollendet war. Ein letzter Abschnitt betitelt: „Geologische Be- merkungen" war nur mit wenigen Zeilen begonnen. Dessenunge- achtet bildet das Yorhandene sammt einer Profiltafel und einem ge- schriebenen Bohrprofil ein Ganzes, das der Publikation werth ist. Die Herren Prof. Dr. C. Schmidt und A. Gutzwiller haben die Ar- beit durchgesehen und nur wenige unwesentliche Yeränderungen vorgenommen. Die Redaktion. — 364 - fand diese Anregung im Grossen Rathe keinen Anklang. Nichtsdestoweniger hörte man bald nachher, eine Gre- sellschaft beabsichtige die vorgeschlagenen Bohrversuche zu machen, sobald sie günstige Concessionsbedingungen seitens der Regierung erlangen könne. Dieses Ausein- andergehen der Ansichten über die geologischen Yer- hältnisse unserer nächsten Umgebung bewog mich die bessern jetzigen topographischen Karten zu einer neuen geologischen Aufnahme zu benützen, um, wenn möglich, mehr Licht in die Sache zu bringen. Die erhaltenen Resultate will ich jetzt mittheilen, und hoffe dadurch den Beweis zu leisten, es sei einerseits gerechtfertigt gewesen, einen ßohrversuch vorzunehmen, aber das Miss- lingen desselben mache anderseits die Hoffnung, auf stadtbaslerischem Grebiet Salz zu gewinnen, so verschwin- dend klein, dass es nicht angezeigt ist, w^eitere Bohrun- gen anzustellen. Daneben hoffe ich einen Beitrag zu der geologischen Kenntniss unserer Umgebung zu liefern. Das kleine Gebiet des Kantons Basel- Stadt besteht aus zwei Theilen, von denen der eine der Rheinebene, der andere der südwestlichen Ecke des Dinkelbergs an- gehört. Die Bodengestaltung dieser Gegend ist am besten auf vier Blättern des topographischen Atlas der Schweiz dargestellt: Basel -Allschwil, Therwil, Basel- Riehen und Muttenz, die auch zu einer einzigen Karte vereinigt wurden; zum Yerständniss gegenwärtiger Ar- beit genügen die zwei letztern Blätter. So viel als möglich werde ich nur die darauf angegebenen Ort- und Flurnamen verwenden. Die Rheinebene. Wie bekannt, besteht überall der Boden der terras- senförmig abgestuften Ebene aus alluvialem und diluvi- alem Rhein-, Birs- oder Wiesenkies, welcher von einer - 365 — mehr oder weniger sandigen oder sclilammigen Schiclit bedeckt ist. An den tiefern Theilen der Ufer des Rhei- nes und des Birsig, sowie überall da, wo man die Kies- schicht tief genug abteuft, trifft man auf blauen Mergel (gewöhnlich blauer Lett genannt), auf molassenartigen Sandstein, seltener auf Süsswasserkalk. Diese Schichten gehören in ihrem obern Theile zum Untermiocän und in ihrem untern zum Oligocän. Sie sind horizontal, oder nur wenig und yerschiedenartig geneigt. Auskunft über ihre Mächtigkeit hat man nur durch drei Bohrungen erhalten. Im Jahre 1770 wurde bei Binningen mit einem Bohrloch von ungefähr 58 m. Tiefe (192') diese Formation nicht durchsenkt, ^) In Klein -Basel hat man im Jahre 1852 unter 6 m. Kies 61 m. Letten durchbohrt.^) Im St. Albanthal ist im Jahre 1888 ein Bohrloch bis 57 m. in Letten und Sand- stein getrieben worden. î^ach den anderswo im Rhein- thal gemachten Erfahrungen dürfen wir nicht glauben, man sei bei diesen Bohrungen nahe daran gewesen, die Unterlage des Tertiärs anzutreffen. Um Wasser, Kohle, Petroleum aufzufinden, hat man im Rheinthal viele Boh- rungen ausgeführt, von denen ich die tiefsten hier an- führen will. In Nieder-Sept, westlich von Basel, nur 5 Kilometer vom jurassischen Rande der Ebene entfernt ^) 270 m. ^) P. M e r i a n. Notizen im Bericht über die Yerh. der Naturf. Ges. in Basel, Bd. 10, S. 158. 2) A. Müller. lieber das Grundwasser und die Bodenverhält- nisse der Stadt Basel. S. 101. ^) Andreae. Beitrag zur Kenntniss des Elsässer Tertiärs. Abhandl. zur geolog. Spezialkarte von Elsass - Lothringen. Bd. II, S. 100 und 102. — 366 - Umgebungen von Mülhausen; Maximum Yon vielen Bohrversuchen ^) . 240 m. Müllenbach bei Bühl (Grossherzogthum Baden) nur ungefähr 1300 m. von anstehendem Granit entfernt 2) 246 m. Oos bei Baden, ungefähr 1600 m. von an- stehendem Lias und Buntsandstein entfernt.^) . 257 m. Hag|enau, mitten in der Ebene ^) . . . 297 m. Sulz -un ter -Wald, zahlreiche Bohrlöcher in einigen Kilometer Entfernung vom anstehen- den Yogesen - Sandstein, Maximum ^) .... 300 m. Keined dieser Bohrlöcher hat die dortigen Tertiär- schichten durchsenkt, obgleich mehrere nicht weit von dem Bande des Gebirges angelegt waren. Die Annahme, man werde in Basel auf andere Yer- hältnisse stossen, müsste also begründet werden. Wenn man Bohrversuche auf Salz in der Ebene anstellen will, stellt man sich wahrscheinlich vor, ent- weder der Muschelkalk der Salinen Schweizerhalle- Wyhlen setze nach Westen zu unmittelbar unter dem Tertiär fort, oder derselbe finde sich, wenn durch eine Spalte abgebrochen, wieder in ungefähr horizontaler Lage unter dem Tertiär. Um die Begründung dieser Annahmen zu prüfen. 1) a) Zündel et Mieg. Notice sur quelques sondages aux environs de Mulhouse. Bull, de la soc. industr. vol. 47, p. 635. h) Mieg. Note sur un sondage exécuté à Dornach. Bull, de la soc. géol. de France, ser. 3, vol. 16, p. 256. ^) Sandberge r. Geolog. Beschr. der Gegend von Baden, S. 11. ^) Daubrée. Descr. géol. et miner, du dép. du Bas -Rhin, p. 337. ^) Andreae. Elsäss. Tertiär, S. 100. — S67 — müssen wir das Yerhalten der altern und Jüngern Bil- dungen gegen einander am Rande der Ebene unter- suchen. Südlich und südwestlich Yon Basel, von Aesch bis Pfirt, auf eine Länge von 20 Kilometer, wird die Rhein- ebene von oberjurassischen Schichten begrenzt.^) Die gleiche Formation bildet mit einer kleinen Unterbrech- ung den östlichen Rand der Ebene von Angenstein bis Mönchenstein. In grösserer Entfernung von Basel, bei Istein und Efringen, taucht, der obere Jura aus dem Tertiär wieder hervor. Diese Daten scheinen anzudeu- ten, dass die Juraformation in voroligocäner Zeit als Tafel gesunken sei; sie erlauben ebenfalls zu behaupten, dass man bei einem Bohrversuch westlich einer von MÖn- chenstein bis Efringen gezogenen Linie eher oberjuras- sische Schichten als Grundlage der Tertiärformation an- treffen würde, als irgend ein anderes Gebilde. Nördlich von Mönchenstein, der Birs entlang, schei- nen die Yerhältnisse günstiger zu sein, weil der Ober- Jura nicht mehr zum Vorschein kommt. Die Mönchen- ßteinerbrücke ist auf einem kleinen Riffe von Haupt- rogenstein gebaut, dessen Schichten dem östlichen Rande der Ebene nicht parallel laufen; sie fallen 64° W.S.W. ein. Wenn wir diesen Aufschluss als Ausgangspunkt und Grundlage für ein muthmassliches Profil nehmen wollten, so würde dasselbe ausserhalb des stadtbasleri- schen Gebietes durchstreichen. Erst in der Neuen Welt finden wir günstige Aufschlüsse um die muthmasslichen Yerhältnisse im südlichen Theile des städtischen Gebietes zu ermitteln. Die Birs hat dort ihr Bett im Keuper gegraben, welcher im Mittel mit 25° westlich einfällt. *) Siehe die geolog. Karten von Prof. Albr. Müller, — 368 — Man könnte erwarten, der östliche Hügel bestehe aus Muschelkalk; das ist jedoch nicht der Fall: man trifft da Lias an. Es ist eine Yerwerfung vorhanden und der Muschelkalk ist hier nur in der Tiefe, vielleicht 100 m. direct unter dem anstehenden Keuper zu finden. Er wird wohl*gleich einfallen wie dieser. Wenn die ziem- lich geringe Neigung der Schichten bis zum stadtbasleri- schen Grebiete in 1300 m. Entfernung anhält, so würde da der Muschelkalk 600 m. tiefer liegen, als bei der Neuen Welt, wozu wir noch 40 — 70 m. hinzufügen müssen, weil dort die Meereshöhe um eben so viel grösser ist als an der Birs. Demnach würde ein Bohr- versuch in dieser Gegend den Muschelkalk erst bei 740 m. Tiefe erreichen. Wir haben keinen Grund an- zunehmen, das Fallen des Muschelkalkes sei geringer als 25 Grad; wir dürfen vielmehr vermuthen, das Ge- fälle sei noch grösser, weil wir in diesem Theil des Stadtgebietes, zwischen Mönchenstein und Efringen das Yorhandensein aller jurassischen Formationen voraus- setzen dürfen. Yon der Neuen Welt aus erstreckt sich die Ebene weiter nach Osten, es tritt Quaternär-Kies überall zu Tage. Nur bei dem St. Jakobs - Schänzli kommt ein E-iff von Hauptrogenstein vor; durch den Betrieb eines Steinbruches ist ein kesselartiges Becken entstanden, welches auf der Karte verzeichnet ist. E|ie Schichten fallen steil, ungefähr 80^ westlich ein. Demnach hat sich der Muschelkalk von Schweizerhalle schon vor der Birs in die Tiefe gesenkt; westlicher, gegen Basel hin, kann man also unter dem Tertiär nichts anderes als das Yorkommen des obern Doggers und des Malms ver- muthen. Südöstlich vom badischen Dorf Hörnli, beim Aus- tritt aus dem Trias -Gebiet des Tafellandes zwischen — 369 — Jura und Schwarzwald, finden sich am Rlieinufer Auf- schlüsse, die man nur nach lang anhaltendem trockenem Wetter begehen kann, wenn die Höhe des Stromes we- niger als 0,^60 am Basler Pegel beträgt. Bis jetzt sind diese Stellen ohne Beachtung geblieben (vgl. Taf. 4, Fig. 3). Muschelkalk, Keuper und Lias folgen aufein- ander in verticaler oder überkippter Stellung und dann, nach einer Unterbrechung von 18 m. kommt Tertiär, und zwar zuerst blaue Mergel, die man nur im Wasser sehen kann, sodass die Lagerung nicht direct ermittelt werden konnte. Darauf folgt, mit vielen Unterbrech- ungen, Sandstein immer in verticaler oder überkippter Stellung, concordant den secundären Bildungen. Am linken Ufer nehmen diese aufgerichteten Bänke einen Raum ein, der eine Mächtigkeit derselben von mehr als 150 m. voraussetzt. Wie dieselben in ihrer Fort- setzung sich flacher legen, sieht man dort nicht. Am rechten Ufer sind die entsprechenden Schichten des Ter- tiärs auf einer viel kürzeren Strecke aufgeschlossen. Erst in einer Entfernung von 210 m. von den zuletzt anstehenden Schichten trifft man wieder beim Hörnli (bei einer Salmenfischerei) Sandstein, der noch ziemlich stark einfällt, aber in einer etwas veränderten Richtung. Nach einer neuen Unterbrechung von beinahe 100 m. kommt Süsswasserkalkstein zum Yorschein, dessen La- gerung ungefähr die gleiche ist. Westlich vom Hörnli endlich zeigen sich Mergel und Süsswasserkalk, die schwach und nach verschiedenen Richtungen fallen. Die Mächtigkeit der wenig geneigten Schichten kann nicht genau geschätzt werden, weil man nicht weiss, wo die- selben ihren Anfang nehmen; sie mag wohl 100 m. be- tragen, was die Gesammtmächtigkeit der Tertiärforma- tion am Rande des eigentlichen Rheinthaies auf 250 m. bringt. 24 - 370 — Südlich vom Wenkenhof am Abhang des Ausser- berges sind Aufschlüsse, die auf Taf. 4, Fig. 2, verzeich- net sind. Der obere Dolomit des Muschelkalkes fällt da zwischen 60^ und 70^. Der Keuper ist nur in einem Hohlweg a^ufgeschlossen, aber die überkippte Lagerung ist deutlich zu beobachten. Der Dogger besteht aus Unterrogenstein, wovon man nur Trümmer im Wein- berge sieht, und aus Hauptrogenstein, der in einem kleinen Steinbruche gut aufgeschlossen, aber so zer- klüftet ist, dass ich glaubte, die Lagerung könne nicht sicher bestimmt werden. Herr Professor Steinmann hat mir gezeigt, dass der Yerlauf von Lumachell- Zonen ein steiles, östliches Fallen sicher andeutet. Dieses Profil zeigt uns, dass die Yerhältnisse am Rhein sich gegen I^orden fortsetzen und dass die Trias- und Juraschichten nicht abgebrochen, sondern umgebogen sind. Aus dieser Reihe von Beobachtungen an der Grenze der Ebene gegen das Gebirge kann man über die Yer- hältnisse in der Tiefe derselben begründete Annahmen aufstellen. Die erwähnte Lücke von 18 m. zwischen den Ter- tiärschichten und dem obern Lias, am linken Ufer des Rheines, kann ausgefüllt sein durch Tertiär selbst, durch Dogger oder durch Lias. Ohne Gefahr zu laufen sich eines namhaften Irrthums schuldig zu machen, darf man annehmen, die Tertiärformation ruhe hier auf Lias. Aus den bisherigen Erörterungen lässt sich mit Sicherheit schliessen, dass in der Ebene von Basel das Tertiär allen Stufen des Jura, vom Lias aufwärts, aber nicht direct der Trias aufliegen kann. Wenn diese Auseinandersetzungen einen zu Bohr- versuchen geneigten Unternehmer veranlassen würden, die Hoffnung aufzugeben, das triasische Steinsalz in ~ 371 — einer nicJit zu grossen Tiefe in der Ebene zu erschliessen, so möchte er vielleicht fragen, ob es nicht möglich wäre, dass sein Bohrloch in der Tertiärformation selbst auf Steinsalz stossen könnte. Diese Möglichkeit kann nicht absolut verneint werden, aber die Aussicht auf Erfolg ist überaus klein. Süsswasser- und brackische Schichten spielen nämlich eine grosse Rolle im Tertiär unserer Gegend. Im ganzen Becken zwischen den Yogesen, dem Jura und dem Schwarzwald, wo verhältnissmässig viele Bohrversuche stattgefunden haben, ist Steinsalz nur bei Mülhausen in schwachen Schnüren zugleich mit Gryps angetroffen worden.^) Bei Sulz im Unter -Elsass wurde früher eine schwache Soole benützt, die wahr- scheinlich dem Tertiär entstammt.^) Auf so schwache Andeutungen kann man keine Hoffnung gründen. Ein Bohrversuch auf Petroleum hätte schon mehr Berech- tigung, weil ein ausgedehntes Asphalt- und Petrolgebiet sich im Unter-Elsass findet, und bei Altkirch auch Spu- ren von bituminösen Substanzen vorkommen. Das Plateau von Bettingen. Mit diesem Namen kann man hier den kleinen Theil des Dinkelberges bezeichnen, welcher zum Kan- ton Basel -Stadt gehört. Aus einer einlässlichen geolo- gischen Aufnahme, ergibt es sich, dass eine fast un- unterbrochene Decke von Hauptmuschelkalk, welche stellenweise Keuper trägt, den Hauptantheil an dem geologischen Aufbau hat. Wie Fig. 3 auf Taf. 4 zeigt, ^) Zündel et Mieg. Bulletin de la soc. industr. de Mul- house, vol. 47, pag. 635. — Mieg. Bulletin de la soc. géol. de France, sér. 3, vol. 16, p. 25G. ^) Daubrée. Descr. géol. et miner, du département du Bas- Rhin, p. 208. — 372 - sinken am westlichen Rande die Scliichten stark ein. Nördlich vom Wenkenberg, ebenso unterhalb Inzlingen ist die Fortsetzung dieser Tafelabbiegung fast ganz ero- dirt. Die Anhydritgruppe erscheint unter dem Haupt- muschelkalk an dem östlichen Abhang der Tafel. Südlich hat der Rhein ziemlich steile Abstürze ge- schaffen, wodurch er den Hauptmuschelkalk und die Anhydritgruppe bioslegt. Im Innern des Plateau's bemerkt man zwei kurze Thäler, welche man Längsthäler nennen könnte, weil sie dem westlichen Rande der Tafel parallel laufen. Sie sind nicht etwa durch muldenförmige Biegung des Haupt- muschelkalkes entstanden, sondern durch merkwürdige Senkungen mit Bruch und Schleppung der Schichten. Beide sind somit Grabenversenkungen. Das eine, das Thal von Grenzach, beginnt an der deutsch -schweizeri- schen Grenze, wo der Keuper oder die Lettenkohle regelmässig auf dem Hauptmuschelkalk liegt. Die öst- lich und westlich den Thalrändern annähernd parallel Nord - Süd laufenden Yerwerfungslinien sind ungefähr 500 m. von einander entfernt. Im obern Theile, im Len- zen, ist die Sprunghöhe der Yerwerfung beiderseits eine geringe, indem der gesunkene Keuper in gleicher Höhe mit den obern Horizonten des stehengebliebenen Muschel^ kalkes liegt. (YgL Taf. 4, Fig. 2.) Nach dem Ausgange des Thaies zu wird der Betrag der Yerwerfung bedeu- tender. Der Keuper findet sich hier im Niveau des Wellenkalkes, welch' letzterer durch den Schacht des Emilienbades, westlich von Grenzach, aufgeschlossen wurde. (Yergl. Fig. 3, Taf. 4.) Die Structur des Längethaies von Bettingen ist nicht so sicher zu ermitteln, weil die Lössdecke fast ununterbrochen ist. Nördlich vom Dorfe sind die bun- ten Keuper-Mergel in einer solchen Lage aufgeschlossen *i^ H Ol '»-^ :0//;: F^' -^ 575 to J O î:/^ ilii sk. ,-i^ rS <^ :-^ C s^-3 • ce: ; o ^ — 373 — (Fig. 1), dass man annehmen muss, sie seien yom Hanpt- muschelkalk durch eine Yerwerfnng getrennt. Südlich vom Dorfe konnte ich ein solches Yorkommen unter dem Löss gelegentlich constatiren, an einer Stelle, wo man eine Baumwurzel ausgegraben hatte. An beiden Orten ist aber der Abbruch des Hauptmuschelkalkes deutlich zu beobachten. Bettingen liegt in der grössten Senkung dieses geo- tektonischen Thaies und zugleich in einem Erosionsthal, welches das erstere kreuzt. Für die Aufsuchung Yon Steinsalz erwies sich gleich der grösste Theil des Plateau's als sehr ungünstig, weil man nicht voraussetzen durfte, dass eine allfällige Ab- lagerung gegen Auswaschungen geschützt worden sei. Nur zwei Orte schienen mir für Bohrversuche geeignet. Im Jahre 1888 wurde durch Yermittlung eines Freundes eine von mir verfasste „ Untersuchung über die Möglich- keit auf stadtbaslerischem Gebiete Steinsalz zu erbohren " dem Finanzdepartement des Kantons und von diesem der Kegierung vorgelegt. Diese Eingabe enthielt Ausführun- gen und Zeichnungen, die hier nicht wiedergegeben wer- den, weil sie blos dazu dienten die Sache auch für Mcht- Geologen verständlich zu machen. Ich will das wieder- holen, was auf die Stelle, wo gebohrt wurde, Bezug hat: „ Oberhalb Bettingen schneidet das Thal in den im grossen Ganzen horizontal scheinenden Muschelkalk ein ; in den Steinbrüchen bemerkt man nur sanfle, wellen- förmige Biegungen. Es ist sicher, dass ein in der Thal- sohle angesetztes Bohrloch, gleich unter den Trümmern der Oberfläche, oder etwas tiefer, die Anhydritgruppe antreffen wird. Nach den Angaben über die Bohrungen in der Rheinebene hat man das Steinsalz in einer Tiefe erreicht, die zwischen 40 und 80 m. unter dem Muschel- kalk schwankt. Man darf also annehmen, ein Bohrloch — 374 — von 100 m. werde darüber Gewissheit verschaffen, ob bier Steinsalz vorhanden ist oder nicht. Wenn die An- hydritgruppe wenig mächtig ist, so wird diese Grewiss- heit vor 100 m. erlangt werden: man wird nämlich auf Wellenkalk stossen; das ist eine petrefactenreiche Stufe, die ziemlich leicht zu erkennen sein würde, wenn die Art der Bohrung es erlaubt, Stücke davon zu bekommen. Wir müssen aber jetzt zwei Fragen prüfen: Ist da Steinsalz abgelagert worden, und in bejahendem Falle, ist dasselbe immer vor Auswaschung geschützt gewesen? Eine bestimmte Antwort auf die erste Frage kann man nicht geben. Ein Bohrversuch wird sicher diejeni- gen Schichten durchsetzen, die am Rheine Salz ent- halten ; es ist zwar unwahrscheinlich, dass das Steinsalz- lager Wyhlen- Schweizerhalle sich bis dorthin erstreckt; aber eine andere Ablagerung kann daneben stattgefunden haben; die Salinen von Schweiz erhalle und Rheinfelden gehören ja zwei verschiedenen Becken an;^) ein drittes kann bei Bettingen vorhanden sein. Wenn man eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Gelingens dieses Bohrversuchs nach all' den geglückten und den miss- glückten Bohrungen im Muschelkalk in unserer Nähe anstellen wollte, so würde diese Wahrscheinlichkeit eine kleine sein. Sie würde eine grosse werden, wenn man alle Unternehmungen ausschliessen würde, denen man zum voraus ein schlechtes Prognostiken hätte stellen können, weil sie in sehr gestörtem Gebirge stattfanden. Es muss aber anderseits zugegeben werden, dass nach dieser Ausschliessung die Anzahl der Bohrlöcher so klein wird, "dass man keine Wahrscheinlichkeitsberechnung ^) 1867. Güntert. Eröffnungsrede bei der Jaliresversamml, der Schweiz, naturf. Ges. in Rheinfelden. Yerli. der Ges. S. 8. - 375 — darauf gründen kann. Wir dürfen also nur von einer Möglichkeit des Yorkommens eines Steinsalzlagers in Bettingen reden. Was die zweite Frage betrifft, so kann man als ziemlich sicher annehmen, ein allfälliges Steinsalzlager sei nicht den Auswaschungen ausgesetzt gewesen. Im jetzigen Zustand der Gregend ist es nicht wahrscheinlich, dass Wasser durch thonige Schichten in die Tiefe drin- gen und unterhalb Bettingen einen Abfluss finden könne. In der Kreidezeit ist der Schutz ein noch grösserer ge- wesen, als er es jetzt ist: die Gegend war nämlich nicht nur mit Muschelkalk und Keuper bedeckt, sondern auch mit, wenigstens einem bedeutenden Theile der Juraforma- tion, was Ueberreste derselben beweisen. Hauptrogen- stein ist schon lang in St. Chrischona bekannt. In bei- liegender Karte sind zwei neue Yorkommen dieser Formation aufgezeichnet, nämlich in den Reben beim Wenkenhof und am Niederberg, nordwestlich von Gren- zach. Das Gestein dieser Aufschlüsse ist mit demjenigen des Hauptrogensteins im Jura identisch; seiner Natur nach muss es in einem offenen Meer abgelagert worden sein, und die drei erwähnten Yorkommen sind nur übrig gebliebene Fetzen einer früher continuirlichen Decke, die in der Kreidezeit wohl noch vorhanden war. Aus diesen Auseinandersetzungen folgt, dass man mit etw elcher Aussicht auf Erfolg einen Bohrversuch oberhalb Bettingen wagen darf. Ich finde im stadtbaslerischen Gebiete keinen Ort, der für eine solche Unternehmung günstigere Yerhält- nisse bieten würde." Diese Eingabe und eine begleitende kleine geolo- gische Karte wurden von einer Kommission in Basel und von den Herren Professoren 0. Fraas in Stuttg-art und G. Steinmann in Freiburg i. B. geprüft. Der letztere — 376 — Fachmann beging mit mir das Ufer des Rheines und das Plateau von Bettingen. Nachdem beide Experten sich Yöllig zustimmend geäussert hatten, beschloss der Ee- gierungsrath die Bohrung vornehmen zu lassen. Die Arbeit begann am 1. Februar 1889 mit dem Bau der Hütte und gleichzeitigem Treiben eines Schachtes. In 16^^70 Tiefe konnte man das Wasser, das in der Grundlage des Hauptmuschelkalkes erwartet wurde, durch Schöpfen mit dem Kübel nicht mehr bemeistern. Sechs Tage später war der "Wasserstand nur wenig höher. Da die Dampfmaschine aufgestellt war, probirte man den Schacht durch Pumpen zu leeren. In mehreren Stunden konnte man das Wasser kaum merklich ver- mindern und man musste darauf verzichten es auszu- pumpen. Am 15. März wurde mit dem Meisselbohrer das eigentliche Bohren angefangen und mit grosser Schnellig- keit gefördert. Weil die andern Bohrwerkzeuge sehr langsam ausgebessert wurden, wurde erst in 30^^33 Tiefe mit dem Zapfenbohrer die Arbeit fortgesetzt und damit die völlige Grewissheit erlangt, man befinde sich in der Anhydritgruppe. Oft musste man das Abteufen aus- stellen um Yerröhrung vorzunehmen; der Zähigkeit des Thones und des Mergels wegen war es fast immer un- möglich schon eingesetzte Röhren weiter hinunter zu treiben, man musste mit der Yerwendung von kleineren Yorlieb nehmen. Bei dem xlufhören der Arbeit konnte man kein Rohr herausziehen, ein Umstand, der die Kosten namhaft vermehrt hat. In 70 m. Tiefe schien das Gestein Wellenkalk zu sein; da die weitere Bohrung diese An- nahme bestätigte, w^urde die Arbeit definitiv eingestellt, ohne dass man im Wasser namhafte Spuren von Stein- salz gefunden hätte. Das genaue Profil des Bohrloches lautet : 377 Profil des Bohrloches bei Bettingen. Mächtigkeit in Metern. Tiefe in Metern von bis 1,34 ) 2,37 5,90 7,75 10,25 23,95 1,34 Dammerde mit Muschelkalktrümmern 1,03 LÖSS mit kleinen Kalkbrocken ver- mischt 3,53 Muschelkalk in Trümmern . . 1,85 Anfang des untern Encrinitenkalkes Schichtung nicht erkennbar . 2,50 Encrinitenkalk geschichtet . 7,95 Fortsetzung des untern Theiles des Muschelkalkes. Schichtung meist verwischt 18,20 5,75 Muthmasslicher Anfang des weissen Mergels der Anhydritgruppe . . 6,83 Das Durchbohren des weissen Mergels wird durch Brocken und am Ende durch einen erweichten Klumpen immer sicherer 30,78 4,27 Yerschiedenfarbiger Thon und Mergel mit zwei dünnen Schichten von Gyps und unten Dolomit 35,05 3,42 Dolomit oder dolom. Kalkstein U.Mergel 38,47 6,53 Bald grünlicher Thon vorherrschend, bald dolomitischer Kalkstein mit Kieselparthien . 45 3,60 Schwärzlicher u. grauer Mergel mit Ein- lagerungen V. Gyps u. Gypscrystallen 48,60 0,65 Weisser Gyps 49,25 3,10 Mergel verschieden gefärbt, oben mit Einlagerung von Gyps 52,35 1,85 Mergel mit Gypscrystallen und einer Einlagerung von Gyps 54,20 1,50 Grünlicher Mergel, weisser und hell- gelber Dolomit mit Kiesel . . . 55,70 2,60 Yerschiedenfarbiger Mergel mit Ein- . lagerungen von Gyps 58,30 2,10 Mergel mit Einlagerungen von blauem Thon und Gyps (0,30^) .... 60,40 1,60 Dolomitischer Mergel und Dolomit . 62 5,40 Schwärzlicher grauer schiefriger Kalk und Mergel 67,40 2,60 Oben blauer und gelber Mergel, nach- / her dolom. Mergel wie N» 19 . . 70 ' 5,40 Bläulichgrauer mehr od. weniger schief- / riger Kalk und Mergel 75,40 j Jüngere ildungc 2,37m Bildungen Muschel- kalk 15,83m beziehungs- weise 21,58m Anhydrit- gruppe 51,80m beziehungs- weise 46,05m "Wellenkalk 5,40m_[-? 378 Die Oberfläche des in der Grundlage des Haupt- muschelkalkes erwarteten und gefundenen Grundwassers blieb zieralicb constant in 15 m. Tiefe. Es scheint ein gutes Trinkwasser zu sein und könnte vielleicht bei Bedarf durch eine Syphonvorrichtung benützt werden. In der Umgebung Bettingens sind noch einige Lo- calitäten, wo Steinsalz vorhanden sein könnte, aber die gewonnene Erfahrung vermindert so sehr die Wahr- scheinlichkeit dieses Yorkommens und im Falle des Ge- lingens einer Bohrung wäre das Ausbeutungsfeld ver- muthlich so klein, dass ein neuer Yersuch nicht mehr empfohlen werden kann. Zur ersten Entstehung der Nervenzellen und Nerven- fasern bei dem Vogelembryo. Yon Mich. V. Lenhossék. Unter obigem Titel hielt ich den 6. August 1890 in der anatomischen Section des Berliner internat, mediz. Congresses einen durch Abbildungen erläuterten Vor- trag. Da die Yeröffentlichung der Congressverhand- lungen unerwartete Yerzögerung erfährt, andererseits aber derselbe Gegenstand den Yorwurf einer unlängst erschienenen verdienstvollen Arbeit von Ramon y CayaP) bildet, deren Ergebnisse mit meinen Befun- den z. Th. in erfreulicher Uebereinstimmung stehen, so halte ich es für angezeigt, den wesentlichen Inhalt meines Aufsatzes nebst genauer Reproduction der damals vorge- legten Zeichnungen unverändert zu veröffentlichen. Die Fussnoten sind neu hinzugefügt worden. ^) S. Ramon y Gay al. A quelle époque apparaissent les expansions des cellules nerveuses de la moelle épinière du poulet. Anat. Anzeiger. Jalirg. Y. 1890, pag. 609 u. 631. — 380 — Die Unter sTicliung wurde mit Hülfe der von Ramon y Cayal modificirten raschen Golgi'sclien Methode an sehr jungen Hühner - und Entenembryonen angestellt. „Schon am 3. — 4. Tage der Bebrütung gelingt die Gol- gi'sche Reaction, allerdings nicht so leicht wie später, und es sind hauptsächlich diese Stadien — bis zum 6. Tage — die berücksichtigt wurden. " „Den Ausgangspunkt der histologischen DifFeren- zirung bildet jenes bekannte Stadium, wo sich das eben zur Abschnürung gelangte Medullarrohr an gewöhnlichen Karmin- oder Haematoxylinpräparaten unter dem Bilde eines mehrschichtigen Epithels darstellt. Thatsächlich aber liegt ein einfaches Epithel vor, indem die centralen und peripheren Theile sämmtlicher Zellen unter sehr starker Yer dünnung bis zu dem Centralkanal resp. der Oberfläche des Markes heranreichen, um hier wie dort mit kleinen Yerdickungen zu endigen. Es steht ausser allem Zweifel, dass diese Elemente mit den späteren Nervenzellen nichts zu thun haben; sie stellen vielmehr die ersten Stützzellen dar. In dem Maasse als das Rückenmark an Breite zunimmt, verlängern sich auch diese Zellen mehr und mehr nach der Peripherie hin- Berücksichtigen wir ein Stadium, wo sich der von ihren kernhaltigen Abschnitten gebildeten Kernzone („ In- nenplatte " His) eine Lage grauer Substanz („Mantel- schicht" His) aufschichtet, so sorgen diese Slützzellen dafür, dass die sich aus der Kernzone ablösenden !N euro- blasten nicht aus dem Yerbande des Rückenmarkes heraustreten, indem sie Hand in Hand mit deren Ab- lösung ihre peripheren Theile nach aussen hin vorschie- ben und so die Grenzen des Rückenmarkes allmählig erweitern. Dann stehen wir einem System langer, vom Centralkanal ausstrahlender „Radiärfasern" ge- genüber, einem primitiven Stützsysteme, wie es nach — 381 — E h d e ' s ^) und Nansen's^) Unter sucliung en im Rückenmarke des Ampliioxus als zeitlebens bestehend uns entgegentritt und die gesammte, definitive ISTeuroglia dieses Thieres darstellt.^) Das Aussehen dieser Fasern, die sich beim Hühnchen schon am 3. Tage imprägniren lassen, ist ein sehr charakteristisches und ermöglicht bei einiger Uebung leicht eine Unterscheidung von den Aus- läufern der iSlervenz eilen. Sie erscheinen gewöhnlich etwas dicker und steiler als letztere und sind von An- fang an mit zahlreichen ganz minimalen, unter rechtem Winkel abgehenden Fädchen und Unregelmässigkeiten besetzt, die in einer späteren Phase grössere Entfaltung gewinnen, indess nur an deren innerem, der grauen Substanz angehörendem Abschnitt vorhanden sind. Thei- lungen treten früh auf, und zwar erfolgen sie aussen, im Bereich der weissen Belegschicht, oder nahe zu der- selben, erscheinen zuerst in Form einfacher dichotomi- scher Spaltungen, um sich allmählig complicirter zu ge- stalten. Die centralen Fortsätze sind stets ungetheilt. Ein von dem geschilderten abweichendes Yerhalten zei- ^) Rhode, Histologische Untersuchungen über das Central- nervensystem des Amphioxus. Schneider's Zoologische Beiträge. Bd. II, 1888, p. 169. ^) Fridtjof K an 8 en, The Structure and Combination of the Histological Elements of the Central Nervous System. Bergens Museums Aarsberetning. Bergen 1887, p. 152. ^) Imprägnationen, die ich vor einiger Zeit am Bückenmarke vorgeschrittener Salamanderlarven ausgeführt habe, ergeben auch bei Amphibien ähnliche Yerhältnisse, indem, wie dies zuerst von R. Burckhardt (Histologische Untersuchungen am Bückenmarke der Tritonen, Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. 34, 1889, p. 142) er- kannt wurde, die gesammte Stützsubstanz hier von einer einfachen Schichte ausserordentlich verzweigter, mit ihrem kernhaltigen Kör- per stets am Centralkanal stehender Zellen gebildet wird. - 382 — gen anfangs die Zellen der Bodenplatte, deren periphe- rische Abschnitte am 3. — 4. Tage nicht yerdünnt, sondern im Gegentheile ansehnlich verbreitert erscheinen; am 5. Tage nehmen diese Verdickungen das Aussehen un- regelmässiger, häufig durchlöcherter protoplasmatischer Massen an, schrumpfen aber mit der zunehmenden Breite der Bodenplatte allmählig zusammen, um sich vom 8. Tage an dem Typus der übrigen Radiärfasern anzu- schliessen. Eine Complication dieses einfachen Stützsystems lei- tet sich^am 6. Tage durch'Jdas Auftreten derJDeiters'schen Zellen ein,] die zunächst — dem bei Cy:clostomen zeit- lebens [bestehenden [Verhalten entsprechend — in der Umgebung des|"Centralkanales auftauchen and nichts anderes'l als^ herausgerückte, ihres centralen] Ausläufers verlustig^gewordene, mit ihren peripheren Theilen hin- gegen bis zur 'Oberfläche des Markes vordringende Radiärzellenfdarstellen (Ramon yjCayal, Kölliker). Am 12. Tage findet man bereits zahlreiche freie Neuroglia- zellen, doch erscheinen sie nun schon zum grossen Theile von etwas abweichender, charakteristischer Form und erreichen mit ihrem äusserenlfAusläufer nicht mehr immer die Peripherie. Diese später entstandene Sorte vonfNeurogliazellenl geht wohl nicht mehr aus einer Umwandlung und Herausrückung der primitiven Radiär- zellen, sondern direct aus den Mitosen der Keimschichte hervor. Die Entstehung der Nervenzellen gehört einer sehr frühen Periode an und lässt sich vermittelst der Golgi'schen Methode in allen ihren]Phasen mit grosser Gfenauigkeit verfolgen. Ich möchte meiner Darstellung den wichtigen, zu- erst von His nachgewiesenen Satz^vorausschicken, dass die Nervenzellen des Medullarrohres nicht aus Umge- — 383 — staltung bereits angelegter Elemente (Radiärzellen), son- dern direct aus den Mitosen der Keimschichte hervor- gehen und zu dem primitiven Stützsysteme als etwas Neues hinzutreten. Am schönsten lässt sich die Art und Weise ihrer Bil- dung an den motorischen Neuroblasten der Yorder- hörner (am 4. — 5. Tag) beobachten. Als erstes Stadium bemerkt man (Fig. 1) an gelungenen Golgi'schen Präpa- raten in der Nähe des Centralkanales mitten in der dicht gefügten Kernzone eine schwarz imprägnirte, mit hellerem Kernfleck versehene Zelle, die die übrigen hier gelegenen an Grösse übertrifft, von länglicher Birnform ist, und deren auf der gelblichen Grundlage scharf her- vortretender peripherer Fortsatz die Grenzen des Medul- larrohres überschreitet und in der Bahn der Yorder- wurzeln schon jetzt weit in den embryonalen Körper hinein zu verfolgen ist. Der Fortsatz erscheint an seinem Ursprünge dicker, wird dann allmählig zarter und ist von glatter Beschaffenheit und massig welligem Yerlauf. Fig. 1. Aus dem Rückenraarke eines Stägigen Hühnerembryo. a — c. Bil- dung der motorischen Nervenzellen der Yorderhörner. ■ — 384 — Auf einem zweiten Stadium sehen wir den Neuro- blasten auf der Wanderung begriffen nach aussen; es ist, als ob der sich mächtig entfaltende Ausläufer einen Zug auf seine Zelle ausübte. Diese Herauswanderung erfolgt nicht einzeln; zahlreiche Neuroblasten verlassen gleichzeitig die Keimschichte. An gewöhnlichen Karmin- serien treten mitunter die Kerne dieser Zellen durch ihre lebhafte Färbung deutlich hervor und man findet an solchen Präparaten den ventralen Abschnitt der Kern- zone wie infiltrirt mit lebhaft tingirten, zerstreut liegen- den Kernen. Das Medullarrohr erscheint schon sehr früh von einer feinen Haut: Membrana prima (Hensen) oder M. limitans externa (His) umgeben. Sie entsteht aus der mosaikartigen Vereinigung der Endplatten der Eadiär- zellen und gewährt daher der aus dem Marke hervor- wachsenden Nervenfaser durch Auseinanderweichung zweier Zellen leicht Durchlass. Der wichtigste Moment für die innere Umgestaltung des Markes ist unstreitig derjenige, • wo der Neuroblast aus der geschlossenen Gruppe der Kernzone frei hervor- tritt. Noch an deren Grenze finden wir ihn unipolar, blos mit dem Nervenfortsatz ausgerüstet, sobald er sich indess aus der Zone vollständig ablöst und nun Raum zu freier Bewegung gewinnt, streckt er sogleich seine protoplasmatischen Ausläufer aus: der Neuroblast wird zur Nervenzelle. Die Entstehung dieser Fortsätze gehört einer viel früheren Phase an, als man es bisher angenommen hat; die Dünne der gewöhnlichen Mikrotomschnitte, die Un- fähigkeit der gangbaren Färbungen, derartige zarte Aus- breitungen zur Anschauung zu bringen, verhinderten bis dahin einen Einblick in diese Yerhältnisse. Die Golgi'sche Eeaction enthüllt schon am 3. — 4. — 385 - Tage der Bebrütiing eine Anzahl solcher Ausläufer, allerdings noch bei Weitem nicht in der Complication einer spätem Periode. Betrachten wir dieselben etwas genauer, so gewahren wir zunächst, dass sie hauptsäch- lich nach zwei Richtungen hin die Zelle verlassen: nach der ventralen Seite hin, etwas gegen die Bodenplatte geneigt und mehr dorsalwärts nach der Gegend des späteren Seitenstranges hin. Durch das Vorherrschen dieser beiden Richtungen sehen wir sehr oft die Ge- stalt der Zelle in entsprechendem Sinne beeinflusst, sie erscheint nun länglich, mit der Axe beinahe sagittal ge- stellt, mit dem ventralen Ende etwas gegen die Boden- platte hin gewendet. Immerhin ist hinzuzufügen, dass man mitunter schon in den ersten Stadien Nervenzellen von mehr rundlicher Beschaifenheit begegnet, die sich also mehr an die definitive Form dieser Elemente an- schliessen; denn offenbar stellt die Spindelform blos ein Uebergangsstadium dar und wird sich ändern, sobald die w^eitere Ausbildung des Rückenmarkes den Dendritenfort- sätzen Raum zu mehr gleichmässiger Ausbreitung gewährt. Das Aussehen der verzweigten Ausläufer ist von An- fang an ein sehr charakteristisches. Am 3.-4. Tage sind ihre Theilungen noch sehr einfach, allein schon am 5. Tage gelingt es, Zellen mit schönen, reiserförmigen Verästelun- gen zur Anschauung zu bringen. Diese Verästelungen ragen zumeist in die weisse Belegschicht hinein und wir sehen sie häufig bis an die Peripherie herantreten. Die embryonale weisse Substanz besitzt in den frühesten Sta- dien an diesen Ausbreitungen ihren wesentlichsten Be- standtheil.^) Soweit ihre zarten Endästchen in der grauen ^) Bei Salamanderlarven gehören die Protoplasmafortsätze mit- saramt ihrer ausserordentlich reichen Verästelung ausschliesslich dem Gebiet der weissen Substanz an. 25 ^ -_ 386 - Substanz liegen, sind sie von gleiclimässiger, glatter Be- schaffenheit, innerhalb der weissen Substanz hingegen erscheinen sie mit rundlichen Knötchen besetzt, die ihnen wie Beeren aufsitzen und endigen auch mit einer ver- hältnissmässig starken terminalen Yerdickung. — Der Nervenfortsatz entspringt entweder direct — mit oder ohne Ansatzkegel — vom Zellkörper selbst, oder von einem dickeren Aste, der sich in einiger Entfernung von seinem Ausgangspunkte in einen protoplasmatischen und den Nervenfortsatz theilt. Mit der beginnenden Herauslösung der Neuroblasten ist auch die Gliederung des embryonalen Markes in seine bekannten Schichten eingeleitet. Indem sich auf der Oberfläche der Kernzone in der Gegend der vorderen Wurzeln mehr und mehr Zellen ansammeln, kommt es bald zur Bildung eines rundlichen, sich gegen die aus- tretende Wurzel etwas zuspitzenden Zellenhaufens, der ersten Anlage des Yorderhorns („primitives Yorderhorn"), aus der die feinen motorischen Axencylinder unter pin- selförmiger Convergenz entspringen. Sehr bald erscheint auch die Zellgruppe auf der Oberfläche von einer dün- nen Lage weisser Substanz überzogen, welch' letztere sich an Golgi'schen Präparaten sehr klar in ihre Be- standtheile: Radiärzellen, Längsfasern und Dendritenfort- sätze zerlegt. Das feine, continuirliche Netzwerk, das uns an gewöhnlichen Tinctionspräparaten entgegentritt, ergibt sich hierbei als ein Trugbild. Die motorischen Wurzeln beziehen beim Hühnchen ihre Fasern ausschliesslich aus den Yorderhornzellen der- selben Seite. lieber die Entwickelung jener von mir schon am 4. Tage nachgewiesenen^) Yorderhornzellen, die ihren ^) TJeber Nervenfasern in den hinteren Wurzeln, welche aus dem Yorderhorn entspringen. Anat. Anz. — 387 — Fortsatz in die hinteren Wurzeln senden, stehen mir keine Erfahrungen zur Yerfügung. In den von mir be- obachteten Fällen fand sich die Zelle stets schon inner- halb der Yorderwurzelgruppe, vollständig abgelöst aus der Kernzone. Hand in Hand mit der Anlage des primären Yorder- horns sehen wir ein System von Bogenfasern in die Er- scheinung treten, durch welches die Kernzone von der Deckplatte bis zur Bodenplatte herunter halbkreisförmig eingefasst und gegen jene Zellgruppe hin sehr scharf abge- grenzt wird. Die Gruppe dieser Commissu renfasern — sie kreuzen sich alle in der Bodenplatte — ist be- reits von Remak beobachtet, von H en s en als halb- kreisförmiges Stratum, von His als Bogenschicht, for- matio arcuata eingeführt worden. Sie erscheinen schon am Ende des 3. Tages und umsäumen anfangs in ganz oberflächlicher Lage das Medullarrohr. Die Neuroblasten, denen diese Elemente als Nervenfortsätze angehören, schliessen sich am 3. — 5. Tage genau dem Rande der Kernzone an und sind über die ganze Tiefe des Medul- larrohres von vorn nach hinten vertheilt. Treten wir näher auf deren Entstehung ein (s. Fig. 2), so erkennen wir als erste Entwickelungsstufe ein ähn- liches Bild, wie es vorhin für die motorischen Zellen Jahrg. Y, 1890, p. 360. — Die Geschichte der Auffindung dieser Fasern ist folgende: Ramon y Cayal entdeckte im vorigen Jahre, dass die hinteren Wurzeln des Hühnchens Fasern führen, die in das Rückenmark eingetreten weder einer Theilung unterliegen, noch in die Längsrichtung umbiegen nach Art der übrigen, sondern unge- theilt die Richtung der Vorderhörner einschlagen. Mir gelang der Nachweis, dass diese Fasern, die ich mit den „ durchtretenden Fasern " der Spinalganglien als identisch erkannte, Fortsätze moto- rischer Yorderhornzellen darstellen, eine Angabe, die zu meiner Freude unlängst auch von Ramon y Cayal bestätigt wurde. geschildert wurde. Inmitten der Kernscliichte, in der Nähe des Centralkanales, gewahren wir einen Neuro- blasten von der für diese Gebilde charakteristischen Birnform, eingezwängt zwischen die übrigen Elemente, häufig mit einem kurzen centralen Ausläufer versehen. Der schwarz imprägnirte Nervenfortsatz geht quer aus der Zone heraus, setzt aber, an deren Grenze angelangt, diesen Verlauf nicht fort, sondern wendet sich plötzlich ventralwärts um, um in stetem Anschluss an die Kern- zone bis zur Bodenplatte herunterzulaufen und selbe als Brücke für den Uebertritt auf die andere Seite zu be- nützen. Diese Lage des Neuroblasten ist natürlich keine definitive, gleich seinem motorischen Kollegen wandert er in der Eolge aus der Kernzone heraus, wobei der innerhalb dieser Zone liegende Abschnitt des Ausläufers allmählig kürzer wird. Schon auf diesem Stadium zwei- gen sich ab und zu von dem freien Stück des Nerven- fortsatzes einige protoplasmatische Ausläufer ab. — Er- scheint die Zelle bis zur Peripherie der Kernzone heraus- gerückt, so sehen wir oft den Fortsatz unter rechtem Winkel von dem Zellkörper abgehen. Darauf erfolgt nun der Austritt. Begegnet man auch diesen Commissurenneuroblasten wie erwähnt in allen Tiefen des Kückenmarks, so ge- hört doch die Mehrzahl derselben ihrer Entstehung nach den mittleren und dorsalen Abschnitten des Querschnittes an. Selbst die Deckplatte lässt in ihren seitlichen Theilen solche Neuroblasten aus sich hervorgehen und es ge- währt ein überraschendes Bild, wenn eine ganz oben befindliche, noch in die Decke des Markes eingeschaltete Zelle unter rechtem Winkel eine Nervenfaser entsendet, die von einer räthselhaften Kraft geleitet, den langen Weg von der Deckplatte zur Bodenplatte herunter und — 389 — darüber hinweg nicht scheut, um sich an der Kreuzung zu betheiligen. Fig. 2. Rückenmark eines Hühncliens vom 6. Tage der Bebrütung. a — e. Commissurenzellen, in der Bildung begriffen. f= Yorderhornzelle, die ihren Nervenfort- satz in die hintere "Wurzel sendet. Nach vollständiger Ablösung aus der Kernzone nimmt der Neuroblast zunächst eine ausgesprochene Spindel- form an mit sagittaler Lage und directem Auslaufen in den Nervenfortsatz, dann wiederholt sich das bei den motorischen Neuroblasten geschilderte Phänomen: die Bildung verzweigter Ausläufer leitet sich ein, allerdings in weniger energischer Weise als dort. Betrachten wir diese Fortsätze, wie sie sich in der ersten Phase ihrer Entwickelung darstellen, so werden wir je nach den Lo- calitäten ein verschiedenes Yerhalten erkennen. An den spindelförmigen Neuroblasten der Deckplatte und ihrer nächsten Umgebung ist ein hinterer Ausläufer am con- — 390 — stantesten, sehr oft erreicht derselbe die Peripherie des Rückenmarkes, ein Verhalten, welches mitunter für die Zelle selbst zutrifft, die mit ihrem dorsalen, dem Nerven- pol entgegengesetzten Ende bis zur Oberfläche herauf- rücken kann. Die etwas weiter vorn, in der Gegend des Hinterwurzeleintrittes gelegenen Zellen weisen schon sehr früh ausser dem hinteren, oft sehr langen, eine An- zahl kurzer, seitlicher Dendritenfortsätze auf, die sich von dem Zellkörper gewöhnlich unter rechtem Winkel abzweigen ; die medialen drängen sich zwischen die peri- pheren Lagen der Kernschichte hinein, die lateralen streben gegen die Oberfläche des Markes hin, wobei sie oft das Grebiet des „ primären Hinterstranges " (His) be- treten, ja die ganze Zelle kann gelegentlich mitsammt ihren Yerästelungen in den ovalen Umriss dieses Bündels hineingerathen. Auch den weiter ventralwärts befindlichen Commis- surenzellen kommt zumeist die charakteristische Spin- delform zu, doch sind sie hier oft von mehr rundlicher Gestalt. Ihre zahlreichen Dendritenfortsätze ragen mit ihrem Endgeweih in Seiten- und Yorderstrang hinein, z. Th. senden sie ihre Yerästelung zur vorderen Com- missur. Auch hier begegnet man an den Dendriten- ästchen den vorhin beschriebenen Knötchen. Anfangs schliessen sich, wie erwähnt, sämmtliche Commissurenzellen genau dem Contour der Kernzone an, indess schon auf früher Stufe unterliegt dieses Yer- halten einer Aenderung, indem sie sich durch den Nach- schub neuer analoger Zellgenerationen mehr und mehr nach aussen hin verlagern, wodurch sich allmählig eine Lage grauer Substanz (Seiten- und Hinterhornanlage) auf der Kernzone aufschichtet. Die ventralsten Com- missurenzellen rücken ebenfalls heraus und vermischen sich nun mit der bereits früher angelegten Anhäufung -^ 391 — motorischer Zellen zu einer einheitlichen Gruppe, dem definitiven Yorderhorn (das primäre Yorderhorn begreift nur die erster en). Mit der Lageveränderung der Zellen muss natürlich auch eine. Aenderung des Yerlaufs ihrer Nervenfortsätze einhergehen. Allmählig lösen sich die zierlichen con- zentrischen Bogen der formatio arcuata auf, indem durch das Herausrücken der Zellen die Ausläufer vom Rande dieser Zone abgetrennt werden, was zunächst nicht ihrer ganzen Ausdehnung nach, sondern nur in ihren Anfangs- stücken erfolgt, die dann mit den übrigen, den Anschluss noch behauptenden Abschnitten unter Bildung eines Win- kels zusammentreffen. Später verlässt der Fortsatz völlig die Kernzone und nun senden die fraglichen, über alle Grebiete der grauen Substanz vertheilten Nervenzellen ihren Fortsatz direct, auf dem kürzesten Wege der Com- missur zu. Eine Kategorie feiner, dieser Zellengruppe ange- hörenden protoplasmatischer Fortsätze betritt die Kern- zone, läuft eine Strecke zwischen deren Elementen in sagittaler Richtung nach vorn, um dann plötzlich umzu- biegen und an der Lichtung des Kanales zwischen den innersten Epithelzellen frei zu endigen. Am häufigsten begegnet man diesen sonderbaren Fädchen im Bereich der Bodenplatte. In Betreff des Yerlaufs und der weiteren Schicksale der Commissurenfasern glaube ich mich kurz fassen zu dürfen, da eine genaue Yerfolgung des Faserverlaufs nicht im Plane vorliegender Untersuchung steht. Die meisten betreten die vordere Commissur ohne vorher Seitenäste abzugeben oder einer Theilung zu unterliegen. Sie gesellen sich auf der anderen Seite einfach oder in zwei Aeste gespalten zu den Längsfasern der weissen Substanz, und zwar zumeist zu denjenigen der Yorder- — 392 — und Seitenstränge. Doch lassen sich manche unter lan- gem, die ganze Tiefe des Kückenmarkes durchkreuzenden Yerlauf bis in den Hinterstrang verfolgen. Seltener ist die Theilung des Neryenfortsatzes noch vor der Kreu- zung in zwei Aeste, von denen dann einer hinübergeht, der andere auf der Seite des Ausgangspunktes verbleibt und sich in die weisse Substanz einsenkt. Die ersten Yertreter jener ansehnlichen Kategorie von Nervenzellen, die die physiologische Yerknüpfung verschiedener Segmente derselben Markhälfte zur Auf- gabe haben, und die von Ramon y CayaP) und V. Kölliker^) als „Zellen der Stränge" bezeichnet worden sind, sehe ich am 6. Tage auftauchen, doch sind sie an den von diesem Tage stammenden Präparaten noch ausserordentlich spärlich, erst am nächstfolgenden erscheinen sie zahlreicher imprägnirt. Es handelt sich um sternförmige, nach allen Richtungen gleichmässig entfaltete Elemente, die sich durch sehr reiche proto- plasmatische Yerästelung auszeichnen. Sie entstehen zuerst im Yorderhorn, eingesprengt zwischen die moto- rischen Zellen und im mittleren Gebiet des Querschnittes ; ihre Dendritenfortsätze erstrecken sich in Yorder- und Seitenstrang. Der Nervenfortsatz lässt oft einen eigen- artigen Yerlauf erkennen, indem er erst eine kurze Strecke nach hinten zieht, um sich plötzlich schlingen- förmig nach vorn umzubiegen; gewöhnlich durchkreuzt er bogenförmig mit nach innen gewendeter Convexität ^) S. Ramön y Gayal, Sur l'origine et les ramifications des fibres nerveuses de la moelle embryonnaire. Anat. Anzeiger, Jahrg.Y, 1890, p. 111. 2) A. V. Kölliker, lieber den feineren Bau des Rücken- markes. Sitzungsberichte d. Würzburger Phys. -med. Gesellschaft, 1890, 8. März. — 393 — das Yorderhorn. Schon im Bereich der grauen Substanz sehen wir ihn fast immer einer Theilung in zwei oder drei Axencylinder unterliegen, wobei sich an der Thei- lungsstelle stets eine kleine Verdickung findet. Die Aeste gehen in den Yorder- und Seitenstrang ein. Wenn auch bezüglich der Entwickelung dieser Elemente keine directen Erfahrungen gesammelt werden konnten, so lässt es sich doch annehmen, dass sie sich in dieser Hinsicht an die Commissurenzellen anschliessen, mit abweichen- dem Yerlauf des vordringenden Nervenfortsatzes. Die hinteren Wurzeln entstehen nach der His'schen fundamentalen Entdeckung als centrale Ausläufer der Zellen der Spinalganglien, welch' letztere in der Embryo- nalperiode bipolare, spindelförmige Elemente darstellen, während sie im entwickelten Zustande bei allen Wirbel- thieren mit Ausnahme der Fische unipolar sind, aller- dings mit T - förmiger Spaltung des aus der Yerschmel- zung der beiden primitiven Fortsätze hervorgegangenen Ausläufers. Schon am Ende des 3. Tages gelang es mir, an einigen dieser Zellen sowohl den centifugalen wie den centipetalen Fortsatz zur Anschauung zu bringen, doch sind sie in diesem Stadium jedenfalls noch sehr spärlich. Insoweit es sich also um die Anlage der ersten Fasern handelt, scheinen die hinteren Wurzeln zeitlich nicht hinter den vorderen zurückzustehen, womit natür- lich ein ähnliches Yerhalten bezüglich ihres Auftretens in Form stärkerer Bündel nicht gesagt werden soll. Die gegen das Mark vordringenden Fasern sam- meln sich bekanntlich an letzterem zu einem zierlichen Längsbündel, das von Hi s, seinem Entdecker, als „ovales Bündel" oder „primärer Hinterstrang" bezeichnet wor- den ist. Dasselbe ist dem hinteren, ansehnlich verbrei- terten Theil der Kernzone seitlich angeheftet und be- sitzt anfangs auf dem Querschnitte die Form einer . _ 394 — biconvexen Linse mit vorderer und hinterer Zuspitzung. Mit der Zunahme der Bestandtheile geht eine aUmählige Abplattung der beiden Bündelchen einher, gleichzeitig vollzieht sich eine Ortsveränderung, indem sie sich mit ihren medialen, zugeschärften Rändern allmählig der Mittellinie nähern, zur Yereinigung gelangen, und sich sogar von dieser Stelle aus in Gestalt eines Vorsprunges in der Mitte etwas nach vorne zu entwickeln, ^o wird der ursprünglich einheitliche hintere Abschnitt der grauen Substanz in die beiden Hinterhörner getheilt, die schon jetzt aus zwei Theilen bestehen: aus eigentlicher, nervö- ser grauen Substanz und einer abgeschnürten Partie der Kernzone, in welcher wir die Anlage der Rolando'schen Substanz erkennen. — Die mediane Yereinigung der ovalen Bündel erfolgt, soviel ich sehe, am 7. Tage; das ist zugleich der Zeitpunkt, wo meiner Erfahrung nach die Collateralen der hinteren Wurzeln zuerst zur An- schauung gelangen." Ein Yergleich des vorstehenden Aufsatzes mit der Arbeit Ramon y Cayal's ergiebt, dass die Erfahrungen dieses letzteren Grelehrten in Bezug auf die Entwicke- lung der Nervenzellen weiter gehen als die meinigen. In den mir damals vorliegenden Präparaten fand ich die Neuroblasten nicht unmittelbar an dem Centralkanal liegend, sondern in der Umgebung desselben, in der Lage, wie es die beiden Figuren erkennen lassen; ein kleiner centraler Fortsatz war nur ab und zu ausge- prägt, die unipolare Zelle erschien gewöhnlich von läng- licher Birnform. R. y C.'s Befunde ergeben nun — und ich kann ihm darin auf Grund meiner seitdem fortge- setzten Untersuchungen vollkommen beistimmen — , dass diesem Stadium noch ein früheres vorausgeht, wo der — 395 — IS'euroblast eine ausgesprochene Spindelform aufweist und stets mit einem an die Lichtung des Centralkanales heranreichenden inneren Fortsatz versehen ist. Die Ent- wickelung der Neuroblasten liegt nun klar zu Tage. Aus den Mitosen der Keimschichte gehen in einer be- stimmten Phase der Entwicklung Zellen hervor, deren peripherer Fortsatz abweichend von dem Yerhalten der übrigen Zellen der Kernzone rasch in einer gegebenen Richtung zu einer Nervenfaser auswächst. Die Zelle liegt anfangs gleich den benachbarten Elementen am Centr alkanale, dem sie nach Art dieser letzteren einen kleinen Fortsatz zusendet. Doch nicht lange behält sie diese Lage ; in einer zweiten Phase erfolgt ein all- mähliges Herauswandern derselben aus der Kernzone, wobei der centrale Fortsatz eingezogen und zur Yer- grösserung der Zelle aufgebraucht wird und die Zelle selbst mehr und mehr die ihr durch die dicht gefügten Elemente der Kernzone aufgenöthigte Spindelform mit einer mehr rundlichen Birnform (His) vertauscht. Ist sie einmal aus dem Yerbande der Kernzone vollständig abgelöst, so leitet sich der dritte Yorgang, die Anlage der protoplasmatischen Ausläufer, ein: der Neuroblast wird hiermit zur Nervenzelle. R y C. bezeichnet die I. Phase als epitheliale und nennt die „Nervenzellen herausgerückte Epithelzellen". („La plupart des cellules nerveuses primitives sont des éléments épithéliaux déplacés.") Ich kann mich dieser Ausdrucksweise nicht anschliessen, da der Bezeichnung „Epithelzelle" schon früher von His eine besondere Be- deutung beigelegt worden ist, an der festzuhalten wir im Interesse eines klaren Yerständnisses allen Grund haben. His bezeichnet die Radiärzellen (Hensen) als Epithelzellen. Die Zelle, die eine Nervenfaser aus sich hervorgehen lässt, kann mit diesen Stützzellen, trotz — 396 - aller Aehnlichkeit der Form in den ersten Stadien, un- möglich als gleichwerthig betrachtet werden. Jener formelle Anschluss erscheint uns blos als die nothwendige Folge der mechanischen Bedingungen, unter denen sich der eben entstandene Neuroblast in der dicht gedrängten Kernzone befindet, die Spindelform ist vorübergehender Natur und weicht einer rundlichen oder birnförmigen Ge- stalt, sobald die Zelle in die äusseren, lockerer gefügten Schichten der Kernzone herausrückt. Das Interesse einer exacten Darstellung erheischt es, diese Zellen vom ersten Momente ihrer Entstehung an, sie seien geformt wie sie wollen, als Neuroblasten zu bezeichnen und die Be- zeichnung „Epithelzellen" nur für die epithelartig an- geordneten Elemente des radiären Stützsystems zu re- serviren. Bilden diese Bedenken blos eine Frage sprachlicher Yerständigung, so besteht zwischen den dargelegten Be- funden und denjenigen R. y C's. in einer anderen Hinsicht ein w^esentlicher Widerspruch. R. y C. spricht sich S. 612, im Gegensatze zu der von His aufgestellten principiellen Scheidung zwischen Neuroblasten und Epithelzellen, für die Möglichkeit einer Entstehung ersterer aus der Um- wandlung und Ortsveränderung letzterer aus, der Art, dass der periphere Ausläufer der Radiärzellen zu dem Nervenfortsatz, der centrale zu dem ersten Dendriten- lortsatz der Neuroblasten werden soll. Meine Unter- suchungen, die mit derselben Methode, an demselben Objekt angestellt wurden und wie es scheint ein glei- ches technisches Ergebniss lieferten (auch mir gelang die Imprägnation schon am 3. Tage der Bebrütung), er- gaben eine volle Bestätigung der His'schen Neuroblasten- lehre. Ich finde zwischen den beiden Fasersorten (Ner- venfortsatz und Radiärfasern) von Anfang an sehr bestimmte histologische Unterscheidungsmerkmale, die — 397 — meiner Ansicht nach eine solche Umwandlung geradezu ausschliessen. Die Radiärfasern lassen , wie erwähnt, schon sehr früh zahlreiche seitliche Unregelmässigkeiten erkennen, die man an den Axencylinderfortsätzen yer- misst, sie zeigen schon am 4. Tage häufig periphere Theilungen in gleichstarke Aeste, zumal diejenigen in der Gegend der primären Yorderhornanlage, die sich also bei der Cayal'schen Annahme wieder zu einer ein- zigen Faser yereinigen müssten, was doch unwahrschein- lich erscheint. Es ist allerdings zu betonen, dass diese histologischen Differentialkennzeichen nur an jenen Prä- paraten deutlich zur Anschauung kommen, die durch die einfache Golgi - Cayal'sche Imprägnation gewonnen wur- den, — wendet man die combinirte Methode R. y C.'s an (und bei sehr jungen Yogelembryonen wird man wohl in den meisten Fällen zu dieser greifen müssen), so werden sämmtliche Fasergebilde des Medullarrohres in derart energischer Weise imprägnirt, dass jene feinen Differenzen sich der Beobachtung völlig entziehen. Basel, den 29. November 1890. Bericht über das Naturhistorische Museum vom Jahre 1890. Yon L. Rütimeyer. Durch allerlei Yerhältnisse ist das Naturhistorische Museum im verflossenen Jahre vor einen Wendepunkt gestellt worden, der je nach seinen noch nicht absehbaren Folgen auf dessen fernere Gestaltung von grösserem Ein- fluss sein kann als irgend ein Ereigniss, von dem es seit seinem Bestände betroffen worden ist. Zunächst sind der leitenden Commission zwei Mit- glieder entrissen worden, welche beide, in der Schulung Peter Merian's aufgewachsen, dem Museum in dessen Tradition die treusten Dienste geleistet hatten. Am 26. Februar starb Herr Dr. Y. Grillieren, der seit seiner Ansiedlung in Basel, 1866, mit dem Museum in Beziehung getreten und seit 1884 Mitglied von dessen naturhistor. Commission gewesen war. Mit Anfang April trat in Folge von Demission aus Altersgründen Herr Prof. Albr. Müller aus der Commission, der er seit Eröffnung des Museums, 1849, angehört hatte. Bald darauf, am 3. Juli erfolgte sein Tod. Yon der Anhänglichkeit Beider an die ihnen anvertraute Anstalt bewahrt dieselbe bleiben- des Zeugniss in Form von Schenkungen, von welchen später die Rede sein soll. Die Ergänzung der Commis- — 399 — ' sion geschah zunächst durch die Nachfolge von Herrn Prof. C. Schmidt an die akadem. Lehrstelle von Prof. Albr. Müller und des Weitern durch die Wahl des Herrn Dr. Theod. Engelmann, Apotheker, und des Herrn A. Gutzwiller von Seiten E. E. Kegenz. Letzterem ist bald darauf von der philos. Facultät in Mit- Anerkennung seiner in frühern Berichten erwähnten Yerdienste um das Museum der Titel eines Dr. Phil, verliehen worden. Sowohl diese Yeränderungen, wie der Umstand, dass im Yerlauf der Zeit auch nach allen andern Richtungen in den Yerhältnissen des Museums vielfache Aenderun- gen stattgetunden hatten, veranlassten die Commission zu einer Revision ihres von der Regenz zuerst 1822 aufgestellten und seit 1837 unverändert gebliebenen Ré- glementes. Der E. E. Regenz vorgelegte und von ihr gutgeheissene Entwurf einer neuen Ordnung ist mit einer aus formeller Rücksicht von dem Erziehungs - Rath vor- genommenen Abänderung von diesem am 11. Dezember genehmigt worden. Ganz anderer Art als die Personalveränderung in der Commission ist die Unsicherheit, vor welche das Museum bezüglich seiner fernem Entwicklung in Folge des Projects des Neubaus einer Bibliothek gestellt ist. Mindestens für den Fall, dass es in Folge hievon für die ihm so dringlich nöthige Erweiterung auf Räum- lichkeiten angewiesen würde, die seinen Bedürfnissen noch schiechter angepasst sein könnten als ein Theil der bisherigen, oder dass es einem langjährigen Provi- sorium unter den von den Berichten fort und fort be- klagten Yerhältnissen entgegensehen müsste. Nicht wenig complicirt wird die Sache dadurch, dass bekanntlich die für eine rationelle Einrichtung auf längere Zeit unvermeidliche Yereinigung der umfang- reichen und ebenfalls raumbedürftigen zoologischen Un- — 400 — terriclitsanstalt mit dem Museum, sowie die in neuester Zeit ihrer billigen EoUe an unserer Universität entgegen- reifenden Einrichtungen für Mineralogie und Geologie, und noch allerhand andere Perspectiven von vornherein den Gresichtskreis für die Zukunft weit über den bis- herigen Umfang zu erweitern nöthigen. Nichtsdestoweniger glauben wir nicht, dass die über- aus grossen Uebelstände, unter welchen wir seit langer Zeit leiden, und die Schwierigkeiten, welche wir noch vor uns sehen, auch für den Fall von blos provisorischer Fürsorge unüberwindlich seien. Allein der einzige Weg dazu kann darin bestehen, dass man uns nicht nöthigt, uns vorübergehend oder bleibend in Räumlichkeiten einzuhausen, welche von vornherein die gegenwärtigen Zustände noch verschlimmern müssten, und zweitens darin, dass, was wir durchaus nicht für unmöglich hal- ten, das Mobiliar, ohne welches ja die Besetzung neuer Räume nicht denkbar wäre, der Art eingerichtet würde, dass es für alle weitern Eventualitäten Brauchbarkeit verspräche. Alle diese Fragen haben uns bereits durch einen guten Theil des abgelaufenen Jahres vielfach beschäf- tigt, und es ist darüber ein reichlicher Yerkehr mit der Baubehörde geführt worden. Dieselbe befindet sich im Besitz einer Anzahl von Gutachten und Ueb ersichten, die wir ihr von verschiedenen Gesichtspunkten aus ein- reichten, und wir getrösten uns der Hoffnung, dass die- selben bei der Erwägung der ferneren Gestaltung unserer Anstalt zur Orientirung dienen möchten. Ueber die naturhistorischen Sammlungen selber be- richten wir für das Jahr 1890 folgendes: _ 4Ö1 — A. Mineralogisch -Geologische Abtheilung. Durcli Yereinbarung in der naturliistorischen Com- mission ist die während vielen Jahren hauptsächlich von P. Merian und Prof. A. Müller besorgte Aufsicht über diese Abtheilungen, für Geologie und Palaeontologie mit Ein- schluss der Conchyliologie, sowie der dem Professor der Mineralogie und Geologie unterstellten speciellen Unter- richtssammlungen Hrn. Prof. Schmidt, für Mineralogie Herrn Dr. Engelmann, und für die fossilen Wirbel- thiere wie bisher dem Unterzeichneten zugewiesen worden. Das im abgelaufenen Jahre von der Baubehörde im Hinterhof des Museums eingerichtete und anfänglich für einen Hörsaal in Aussicht genommene Zimmer ist gleich nach Fertigstellung mit geologischem Arbeits -Material und Doubletten besetzt und als Arbeitszimmer verwendet worden. Für die Yorlesungen wurde aus triftigen Grün- den der schon bisher benützte Hörsaal im Universitäts- Gebäude beibehalten. Durch Zuschüsse von Seiten der naturhistorischen Commission, der Akademischen Gesellschaft und des Er- ziehungs- Departements, im Gesammtbetrag von circa Fr. 2200, — , ist laut beigelegter Special -Rechnung ein ansehnliches Unterrichtsmaterial angeschafft worden, das bisher fehlte, bestehend aus Crystallmodellen und Prä- paraten verschiedener Art, sowie von Tabellen, Wand- tafeln und Karten, und aus einer aus dem Büchernach- lass von Herrn Dr. Y. Gillieron erworbenen Auswahl von geologischen Schriften und Karten. — Yermehrt wurden diese Lehrmittel durch folgende Geschenke und weitere Anschaffungen. Aus dem Nachlass von Hrn. Prof. Alb, Müller sind von dessen Hinterlassenen dem naturhistorischen Museum geschenkt worden: 1) ein kleines Mikroskop, 2) eine An- 2G -^ 4Ô2 - zaM von einigen Hundert mineralogischen und geologi- schen Schriften, worunter ein beinahe vollständiges Exemplar der Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, mit 24 Kartenblättern. Neb'st den aus dem Nachlass von Hrn. Alfons M e r i a n stammenden und aus dem Nachlass von Hrn. Gilliéron angekauften Schriften bilden diese Lehrmittel einen willkommenen ersten An- fang zu einer Handbibliothek, über welche ein Katalog zu führen sein wird und welche unter Aufsicht der natur- historischen Commission stehen wird. Ebenfalls zu Lehrzwecken schenkte Herr Prof. Schmidt eine von ihm angelegte Sammlung von Ge- birgsarten von 2 — 3000 Stück, herstammend aus den östlichen Schweizer -Alpen, sowie aus der Bretagne und den Pyrenäen. Für Aufstellung derselben haben wir uns um das nöthige Mobiliar an die Museumscommission gewendet. Ein Betrag von 250 Fr. für Dünnschliffe an dieser Sammlung ist von der naturhistorischen Commis- sion vergütet worden. Ebenso ist von derselben der Ankauf von Gypsabgüssen von Meteoriten bewilligt worden. Ein ansehnliches Geschenk ist der geologischen Ab- theilung von den Hinterlassenen des Herrn Gilliéron zu- gefallen durch Uebergabe von dessen geologischen Samm- lungen. Dieselben enthalten Yersteinerungen und Ge- birgsarten aus Jura, Alpen und Molasse. Mit der Sichtung derselben haben sich bereits die Herren Dr. Greppin, Gutz- willer und Prof. Schmidt beschäftigt. Obschon sich bei Ausscheidung des Entbehrlichen der Umfang dieser Samm- lung sehr verkleinern wird, so wird doch daraus dem Mu- seum namentlich an Yersteinerungen aus der untern Kreide des Jura von Bern und Neuchatel so viel Werthvolles zufallen, dass mit den früher von Herrn Gilliéron dem Museum überlassenen Yersteinerungen aus den Alpen — 403 — von Freiburg und Bern, dessen sorgfältige Original- arbeiten eine ansehnliche Stelle in unseren wissenschaft- lichen Sammlungen einnehmen werden. Eine Serie von nahezu 100 Originalien zu den wichtigen Publicationen von de Loriol (Etage argovien de Landeron) und Mösch (Pholadomyen) sind dabei von besonderm Werth. Einzelne Geschenke sind dieser Abtheilung des Mu- seums noch zugekommen von Herrn Prof. Schmidt, von Herrn Alb. Hoffmann-Bur ckhar dt und von Herrn Dr. Theod. Schneider-Preiswerk. Eine tiefgreifende und noch in voller Bewegung befindliche Umräumung hat die unter die Obhut des Herrn Dr. Theod. Engelmann gestellte Mineralien -Samm- lung erlitten. Eine umfangreiche Vorarbeit hiezu be- stand schon in der Ausräumung des seit dem Tode von Herrn Schönbein von Prof. Albr. Müller benutzten und nunmehr an die Reptiliensammlung abgetretenen, sowie in der Einrichtung des für den Dienst der Mineraliensamm- lung nun einzig überbleibenden Zimmers von Peter Me- rlan, in welchen beiden sich seit dem Bestand des Mu- seumsgebäudes Alterthümer aller Art angesammelt hatten. Unter Leitung des Herrn Dr. Engelmann, der bei dem gänzlichen Mangel an Museumsbedienung das nöthige Dienstpersonal stellte und auch allerlei anderweitige Erfordernisse deckte, und unter dankenswerther Mithülfe der mit der Mineraliensammlung wohlvertrauten Herren Hans Sulger und Studiosus Lang wurde diese missliche Arbeit so durchgeführt, dass dieser einzige mit den Samm- lungen in directer Yerbindung stehende Arbeitsraum vor der Hand den allerlei Bedürfnissen, welchen er zu dienen haben wird, einigermassen wird entsprechen können. Weit umfangreicher war die von dem Gustos dieser Abtheilung unternommene Aufgabe, die Sammlung sel- ber, so weit es die gegenwärtigen Yerhältnisse gestatten. — 404 — gleichzeitig in die vor Staub am meisten geschützten und doch der Beschauung zugänglichen Theile unseres Mobiliars unterzubringen. Es hatte dies nothwendig Yerschiebungen anderer Sammlungs- Abtheilungen und Uebelstände zur Folge, welche sich erst heben lassen werden, wenn dem auch hier bestehenden schreienden Mangel an Raum und Mobiliar abgeholfen sein wird. Auch für diese, genaue Sachkenntniss erfordernde Ar- beit yerdanken wir dem langjährigen Gönner und ge- nauen Kenner unserer Mineraliensammlung, Herrn Hans Sulger, die ausdauerndste Beihülfe. Die definitive Auswahl der auszustellenden Minera- lien, die Etikettirung und Catalogisirung derselben sind die Arbeiten, die für das folgende Jahr in Aussicht ge- nommen sind. Die Untersuchung der fossilen Säugethiere aus der Cartier'schen Sammlung konnte endlich von dem Unter- zeichneten der Hauptsache nach vollendet und über das Ergebniss eine vorläufige Uebersicht veröffentlicht wer- den. Hiernach beträgt die Zahl der bisher daselbst aufgefundenen Arten von Säugethieren nicht weniger als etwa 100, wovon etwa ein Yiertheil in der Schweiz (Mauremont) bisher bekannt geworden war. Wie schon der letzte Bericht erwähnte, erhält aber die Egerkinger Fauna ein überaus merkwürdiges Gepräge durch das Vorkommen von allerlei Formen, welche bisher nur im Eocän von Nord- Amerika gefunden worden waren. Mit um so lebhafterer Freude ist es daher zu begrüssen, dass die Sammel-Arbeit von Herrn Cartier, Dank einem hiezu bestimmten Geschenke der treuen Gönner unseres Museums, der Herren S aras in, wieder ins Leben ge- rufen werden konnte. Ueber die in unserem Museum aufbewahrte Samm- lung fossiler Säugethiere aus Caylux wurde ein Catalog — 405 — angefertigt, der die Zahl von 105 Arten von diesem Fundort aufweist. Auf dem Tauschweg wurden den Gypsabgüssen von Fossilien einige werthvolle Modelle aus den Mu- seen von Bologna und von Lausanne beigefügt. ß. Zoologische Abtheilung. Yon den grossen Schwierigkeiten, mit welchen die Abtheilung der ausgestopften Vögel und Säugethiere stets- fort zu kämpfen hat, ist im letztjährigen Bericht so viel die Rede gewesen, dass wir diesmal auf eine Wie- derholung gern verzichten, obschon die Anstrengungen gegen die von dem schreienden Zustand unseres Mobi- liares herrührende Schädigung unablässige Arbeit koste- ten. Mit Absicht ist daher in den hievon am meisten betroffenen Partien nichts verändert worden. In den übrigen hat trotzdem eine nicht unbedeutende Bewegung stattgefunden. Zu der im letzten Bericht erwähnten Schenkung von japanischen Yögeln, welche erst in diesem Jahre aufgestellt werden konnten, ist in diesem Jahre eine weit ansehnlichere der Herren Dr. S ara s in gekom- men, von nicht weniger als 65 Arten (110 Stück) Yö- geln aus Ceylon, nebst einigen Säugethieren von eben- daselbst. Mit einem Mal hat hiermit die Yogelwelt dieser Gegenden, die uns bisher so viel als gänzlich fehlte, eine sehr ansehnliche Yertretung erhalten. Durch Ankauf erhielt die Familie der Paradisvögel Zuwachs und wurde die um Basel einheimische Yogelwelt theil- weise erneuert. Ein fernerer Ankauf von Yögeln aus dem Congogebiet vervollständigt unsere im Grossen zwar nicht schlecht vertretene afrikanische Fauna. Yon der Yerwaltung des Thiergartens sind uns eine Anzahl sehr schön erhaltene Thiere zum Geschenk gemacht — 406 — worden, ein Leopard von Malabar, zwei amerikanische Strausse, alt und jung, ein sehr schöner im Garten ge- borener und daselbst gross gewordener Steinbockbastard, und zwei werthvolle Arten yon Fasanen. In den zahlreichen von Herrn Dr. F. Müller be- sorgten Abtheilungen hat die Yereinigung der für Auf- stellung der Fische und Reptilien benützten Räume mit dem daran stossenden, bisher von Prof. A. Müller be- nutzten und für den neuen Zweck mit den nöthigen Schränken versehenen Zimmer zwar gestattet, unter Neu- ordnung von nicht weniger als etwa 2000 Gläsern, diese beiden Sammlungen besser als bisher getrennt zu halten. Immerhin erwies sich der Gewinn an Raum für die Fische als "unmerklich und ist auch für die Reptilien nur einzelnen Familien zu Gute gekommen. Eine grosse Abtheilung der letztern, der Familie der Scinke, wurde bei diesem Anlass an der Hand eines neuen Cataloges des Britischen Museums neu durchbestimmt. Eine ansehnliche Schenkung an Reptilien aus Mara- caibo ist dieser Abtheilung zugekommen von Herrn Dr. Th. Engelmann, schöne Präparate über die ceylonische Blindwühle von den Herren Dr. S ara sin, interessante Amphibien aus Birma durch ein Geschenk eines Freun- des. Im Ganzen beträgt der Zuwachs der Reptilien 107 Stück in 59 Arten, wovon 22 für uns neu (9 Schlan- gen, 7 Eidechsen, 6 Amphibien). Als Curiosität ist zu erwähnen eine Schlange (Leptodeira annulata), welche lebend in Campeche-Holz nach Basel gelangte und uns von Herrn Fei. Cornu übergeben worden ist. Der Fischsammlung wurden durch Hrn. Prof. Bunge einige aus Wladiwostock stammende Arten zugewendet. Die Crustaceen wurden durch 7 Arten, wovon 5 neue, die Myriapoden durch zwei Arten vermehrt. Die im letzten Bericht erwähnte, -von Herrn Dr. — 407 — Müller neu angelegte Sammlung einheimisclier Spinnen ist einstweilen in dessen Arbeitszimmer in einem neuen Schrank aufgestellt worden. Trotz den sehr grossen Schwierigkeiten, mit welchen die Bearbeitung des im- merfort sich mehrenden Materials verbunden ist, konnten etwa 60 wohlbestimmte Arten beigefügt werden, sowie einige exotische Arachniden. In der entomologischen Sammlung konnte laut einem einlässlichen Bericht ihres Yorstehers, Herrn E-iggen- bach-Stehlin, der Abtheilung der Coleoptern von ihrem Custos, Herrn Knecht, nur die nöthigste Aufsicht zugewendet werden; vermehrt wurde dieselbe durch Zu- wendungen aus Para in Brasilien von Herrn Leonhard Haag dahier, aus Ceylon von den Herren S aras in in Berlin. Dafür ist von Herrn Hans Sulger die grosse Aufgabe der Neuordnung der ihm unterstellten und unter seinen Händen namhaft angewachsenen Schmetter- lingssammlung der Hauptsache nach zu Ende geführt und ein Catalog über dieselbe angelegt worden, wel- cher einen grossen Fortschritt dieser Sammlung im Ver- gleich zu deren Inhalt beim Beginn der Mitwirkung von Herrn Sulger beurkundet. An Geschenken sind auch hier zu verzeichnen verschiedene seltene thibetanische und madagassische Schmetterlinge von Herrn Oberthür in Rennes, eine erhebliche Anzahl ceylonischer von Herrn Prof. C ourvoisi er, afrikanische von Hrn. Rogenhof er in Wien, brasilianische von Herrn L. Paravicini in Basel, Exoten verschiedener Herkunft von Herrn Sul- ger. — Yon den viel schwieriger zu bearbeitenden übri- gen Insecten - Ordnungen konnten durch Zusendung an Specialisten bisher nur eine Anzahl von Familien der Bienen, Wespen und Ameisen theilweise bearbeitet wer- den. Für eine Anzahl anderer Familien steht die Bearbei- tung noch aus, doch hofft der Yorsteher der Sammlung — 408 — aucli für diese nach und nach die nöthigen Fachmänner gewinnen zu können. Unsere Jahresrechnung verzeichnet an Activen,3unter welchen ausser den normalen ein Geschenk eines Freun- des von Fr. 30. — erscheint, Fr. 5960. 86; an Passiven Fr. 2971. 56, wovon Fr. 808. 62 für Naturalien, Fr. 542. 52 für Anschaffung von Lehrmitteln für die mineralogische Abtheilung, der Kest Fr. 1620. 42 für laufende Bedürf- nisse. Der ansehnliche Aetiv- Saldo auf 1891 mit Fr. 2989. 30 rührt her von der Beschränkung im [Ankauf von Naturalien und ist somit Ausdruck der uns aufer- legten Hemmnisse aller Art. Erinnerung an Professor Albrecht Müller. Yon L. RUtimeyer. Trotz einer Anzahl von warmen Dankes- und An- erkennungsworten, die bei dem am 3. Juli 1890 erfolgten Hinschied yon Prof. Albr. Müller in den Tagesblättern zur Publication gekommen sind, gehört ein Nachruf an diesen Mann in allererster Linie in die Yerhandlungen der Basler Naturforschenden Gesellschaft, der er während Jahrzehnden in verschiedenen Functionen, vornehmlich als Sekretär und als Yerwalter ihres Schriftenverkehrs, in vorragendem Maasse aber auch als wissenschaftlich thätiges Mitglied die ganze Fülle seiner Treue als Be- amteter und seiner Hingebung als Naturforscher zuge- wend.et hat. Yon Hause aus nichts weniger als auf den Gelehrten- Stand hingewiesen, sondern dem typischen Handelsstande von Basel entsprossen und lange Zeit in diesem thätig, ist Müller, ein prägnantes Yorbild, wie die mindestens in frühern Zeiten an den relativ kleinen Hochschulen der Schweiz — und an der Jahrhunderte alten Hochschule in Basel weit mehr als anderwärts verwirklichte innige — 410 — Yerschmelzung eines durch und durch bürgerlich ange- legten Gremeinwesens mit einer Universität es vermag, segensreiche Säfte aus scheinbar weit abgelegenen Krei- sen anzuziehen. Zeitlebens fühlte sich denn auch Müller ebenso sehr als Basler - Bürger wie als akademischer Lehrer und bildete wie so viele andere, selbst aus dem Ausland Eingewanderte unserer Universitätslehrer eines der starken Bindeglieder zwischen Bürgerschaft und Hochschule. Geboren ist Albr. Müller am 19. März 1819. Sein Bildungsgang war der in den baslerischen Bürgerkreisen übliche. Eine sehr bestimmte Yorliebe für Steine und für Expérimentation von allerlei Art auf physikalischem Gebiet soll ihm aber, wie wir hören, von früh an eigen- thümlich gewesen sein. Wohl ohne allen Zweifel eine Ueb erlief erung von seinem Gross- Onkel, dem in der Ge- schichte der Basler-Universität so vorragenden Physiker und Mathematiker, Prof. Daniel Huber. ïhatsache ist mindestens, dass dies Yerhältniss unsern Freund früher als dies sonst möglich gewesen wäre, in Yerkehr mit dem damals im Falkensteinerhof etablirten naturhisto- rischen Museum brachte, dessen Yorstand Prof. Huber von der Beziehung des Falkensteinerhofes an, 1821, bis zu seinem Tode, 1829, gewesen war, sowie mit der öffent- lichen Bibliothek, welcher Prof. Hub er sein astronomi- sches und physikalisches Cabinet, eine Sammlung von Mineralien, Gebirgsarten und Yersteinerungen , sowie namentlich seine sehr bedeutende Privatbibliothek, nebst einer Sammlung geographischer Karten zum Geschenk gemacht hatte. ^) Beichliche Nahrung fand überdies ^) In einem Beizeddel zu dem Testament von Prof. Huber (12. November 1829), findet sich folgender Passus: Sollte der Fall eintreffen, dass der Sohn eines meiner Neffen oder Niece sich in — 411 — sicherlicli diese Neigung durcli einen längern Aufent- halt MüUer's in dem kaiifmännisclien Gfeschäft seines Bruders in Görlitz, der ihm vielfache Wanderungen im Erzgebirg und in Böhmen erlaubte. Die& erklärt denn auch leicht, dass Peter Merian, Yorsteher des naturhistorischen Museums seit 1830, bei den Yorarbeiten zu dem im Jahre 1848 und 1849 be- werkstelligten Umzug des Museums aus dem Falken- steinerhof nach der Augustinergasse, an Albr. Müller die bereitwilligste und kundigste Aushülfe fand, was dann zu dessen bleibender Yerbindung mit dieser Anstalt, wie mit der Universität im allgemeinen führte. 1852 wurde ihm von der philosophischen Facultät der Doctortitel honoris causa ertheilt, 1854 wurde er zum Privatdocenten, 1861 zum ausserordentlichen und 1866 zum ordentlichen Professor für Mineralogie und Greologie ernannt. Schon viel früher, 1846, war er überdies der natur- forschenden Gresellschaft beigetreten und sofort mit dem Amte eines Secretärs betraut worden, das er denn auch nebst der damit verbundenen Aufgabe der Besorgung des Schriftenverkehrs mit auswärtigen wissenschaftlichen Gesellschaften bis Ende 1880 mit einer Ausdauer und Gewissenhaftigkeit besorgt hat, die den Handelsmann im besten Sinn des Wortes erkennen Hess. 1849 war er den Fächern der Physik, oder Mathematik oder Astronomie be- sonders umzusehen willens sein würde, und als ein fähiger Kopf sich darthun könnte, so sollten einem solchen Subjekt einige Yor- theile in Becug meiner Bücher gestattet werden, und zwar in der Anzahl der nach den gewöhnlichen Gesetzen der Bibliothek be- stimmten Bände, in Ansehung der Zeit, wie lange die Bücher können behalten werden, etc. etc. Die Vergünstigung auf noch einen Grad weiter auszudehnen, erlauben nun die sich mehrenden Schwierigkeiten nicht, jedoch wäre es mein sehnlichster Wunsch, dass davon so viel als möglich könnte fortgesetzt werden. — 412 — zudem durch Wahl der akademischen Regenz Mitglied der Commission des naturhistorischen Museums gewor- den, der er bis zu seinem freiwilligen Rücktritt ins Pri- vatleben, 1890, angehörte, und von welcher ihm die be- sondere Pflege der mineralogischen Sammlung anvertraut wurde. Kein Zweifel, dass von dem Moment seiner Ver- bindung mit dem naturhistorischen Museum der unwider- stehliche Einfluss von Peter Merlan, mit dem er von da an fast in täglichem Yerkehr lebte, vor allem bestim- mend auf seine wissenschaftliche Thätigkeit wirkte. Um so mehr tritt aber die Tüchtigkeit des Mannes darin ans Licht, dass Müller die Auswahl Merian's in so hohem Masse zu rechtfertigen wusste. Wie als Beamte- ter hat er sofort auch als Vertreter und Förderer seiner Wissenschaft in ehrenhaftester Weise seinen Mann zu stellen gewusst. Von 1854 bis 1884 erschien selten ein Heft der Verhandlungen der naturforschenden Gesell- schaft ohne Mittheilungen von ihm, und nicht selten Mit- theilungen von ansehnlichem Umfang, Früchte von durch Jahre fortgesetzten Studien, die ihm bald einen sehr ehrenwerthen Platz in der Grelehrtenwelt sicherten. We- sentlich concentrirten sich diese Studien auf zwei Ge- biete, ein geologisches und ein zunächst mineralogisches. Das erstere war die Detailuntersuchung des Basler- Jura. In den Fussstapfen Peter Merian's, der schon im Jahre 1820 als Ergebniss der Anwendung seiner inten- siven Petrefactenkenntniss auf die Stratigraphie des Jura eine kleine geologische Uebersichtskarte des Kantons Basel veröffentlicht hatte, lieferte Müller in den Ver- handlungen der Naturforschenden Gesellschaft von 1856 bis 1875 eine grössere Anzahl monographischer Abhand- lungen über einzelne Gebiete des Jura, welche die al- tern Beobachtungen Merian's auf die Höhe der durch - 413 - Thurmann, Gressly, Marcou, Greppin, Lang und Möscli erweiterten Jnra-Geologie brachten und einen tüclitigen Grundstock für alle künftigen Forschungen bilden. Zahl- reiche Durchschnitte begleiten als Beleg fast alle diese Abhandlungen, und eine Zusammenfassung erfuhren diese Arbeiten schon im Jahre 1860 durch Yorlegung einer geologischen Karte des Kantons Basel auf Grundlage der kurz vorher erschienenen Karte von A. Kündig im Massstab von 1:50,000. Dieser Karte, nebst zuge- hörigem Text und einlässlichem Yerzeichniss der haupt- sächlich im Basler Museum deponirten und von P. Me- rian bestimmten Yersteinerungen, wurde die Ehre zu Theil, als erste Lieferung der auf Kosten der Eidge- nossenschaft veröffentlichten und seither zu einer statt- lichen Reihe von Bänden angewachsenen Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz zu erscheinen (1862). Nachträge und Yervollständigungen dieser Arbeit er- folgten wie gesagt bis 1875. Das andere Thema, das Müller mit nicht weniger Beharrlichkeit eine Reihe von Jahren hindurch verfolgte, und in welchem er durchaus selbständig vorging, war zunächst mineralogischer, weiterhin freilich auch in hohem Masse geologischer Art, die Untersuchung der mineralo- gischen und mechanischen Structur der crystallinischen Gesteine des Gotthardgebirges. Yorbereitet war diese Aufgabe durch eine Reihe von Beobachtungen, welche Müller auch schon vom Beginn seiner Thätigkeit an der naturforschenden Gesellschaft über einzelne Pseudomor- phosen von Mineralien mitgetheilt hatte. Fast wie ein erster Flugversuch in solche für Müllers Constitution anscheinend nicht leicht zugängliche Gebiete sieht sich der hübsche im Jahrbuch des Alpenclub von 1865 ent- haltene Yersuch an, das Panorama der Alpenkette, wie es sich von Höhenschwand aus darbietet, geologisch zu — 414 — coloriren. Yon 1865 wendete er dann diese Beobach- tungen an erst im Gebiet des Maderaner-, Etzli- und Fellithals, später in der Umgebung des Crispait und nachher des Susten. Ueber die allerdings sehr frühen Yorgänger in diesen Grebieten, Lusser, Lardy etc., weit hinausgehend, und die Erfahrungen der neuern Minera- logie zu Eathe ziehend, kam er dabei, gleichzeitig mit einer ganzen Menge von Forschern auf solchem Boden, zu den wichtigen Schlussfolgerungen, dass ein guter Theil der crystallinischen Gesteine der Gotthardmasse sedimentären Ursprungs, hauptsächlich aus der devoni- schen und der altern Kohlenperiode sei und ihre jetzige Structur einer Pseudometamorphose, d. h. einem lang- samen Umwandlungsprocess und zwar wesentlich auf nassem Wege, verdanke. Als Belege dieser Alters- schätzung gelang es ihm auch, directe Spuren von An- thracit und von devonischen Yersteinerungen nachzu- weisen. Selbst die Granite, nach alter Anschauung Eruptivgesteine par excellence, versuchte er in eruptive und in solche von sedimentärem Ursprung einzutheilen. Dieser langsamen Crystallisirung in Folge der chemischen Umwandlung der Gesteine wurde ein starker Antheil an den Kräften, welche die Hebung der Alpen zu Stande brachten, zugeschrieben. Dagegen — ein vielsagender Beleg für Müllers Freiheit von Schulanschauungen — war er geneigt, die Gestaltung des jetzigen Reliefs des Gebirges, seiner Thäler, Gipfel und Gräte grossentheils der Wirkung der Gesteinsverwitterung und des Wassers zuzuschreiben, wobei er allerdings ursprüngliche Spalten und Einsenkungen als Wegweiser der Erosion nicht aus- schloss. Dass dabei auch den so wichtigen Contactver- hältnissen zwischen Kalk und Gneiss, die an mehrern Stellen des Gotthardgebietes, wie am Fuss der Wind- — 415 — gelle, im Meyenthal etc. zur Anschauung kommen, alle Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist selbstverständlich. Ohne andere Hülfsmittel, als die ausserordentliche Ausdauer und Genauigkeit, mit welcher Müller selbst in den Alpen mit ihren zahllosen und oft höchst un- merklichen Yeränderungen Yon Gesteinsstructur Stein um Stein untersuchte und auch jedes Körnchen prüfte, gelangte er dazu, yiele Eigenthümlichkeiten alpiner F eis- arten mit blosem Auge aufzufinden und in ihrer Erschei- nungsform richtig zu erfassen, deren vollständige Be- stätigung und genauere theoretische Deutung seither vielfach nur der mikroskopischen Methode gelungen ist. Fügen wir diesen zwei Hauptaufgaben von Mül- lers wissenschaftlicher Arbeit noch die anderweitigen Gebiete bei, welchen er seine Aufmerksamkeit zuwandte, so gehört dahin einmal die Erscheinung der erratischen Blöcke, welchen er, sei es auf den Höhen des Jura, sei es am Nordrand desselben, sorgfältige Beachtung schenkte. Und wie es von einem so typischen Altburger Basels zu erwarten war, galt er überall als erfahrener und sach- kundiger Berather für Private und Behörden, wo es sich um Aufschluss über locale Fragen des Untergrundes handelte. Seine Gutachten über Steinkohlenbohrungen, über Grundwasserverhältnisse u. dgl. sind Muster sorg- fältiger und besonnener wissenschaftlicher Berichterstat- tung. Endlich darf nicht vergessen werden, dass Albr. Müller, wie er überall zu finden war, wo es sich um Yerwendung seiner wissenschaftlichen Tüchtigkeit im Dienste seiner Vaterstadt handelte, auch den von dem grössten Theil des Publicums kaum in billigem Maasse gewertheten Anstrengungen zu Gunsten öffentlicher Yor- träge in ehrenhafter Weise seinen Dienst zuwandte, in Form einer Reihe von wohlerwogenen BernouUianums- — 416 - Vorlesungen, „über die ältesten Spuren des Menschen in Europa, über den Grebirgsbau des Gottbard, über Meteorsteine, über das Wachsen der Gesteine" u. s. f., die auch nachträglich ihren billigen Platz in der für die Schweiz publicirten Sammlung öffentlicher Vorträge ge- funden haben. Dass die nämliche Gewissenhaftigkeit und Treue, welche Müller in seiner wissenschaftlichen Arbeit, wie in den ihm anvertrauten Leistungen an das naturhisto- rische Museum und an die naturforschende Gesellschaft kennzeichnet, auch in seinem Lehramt, während einiger Zeit an der Realschule, während fast vier Jahrzehnden an der Hochschule geltend machte, braucht kaum her- vorgehoben zu werden. Wenn es seinem Unterricht theils in Folge der Natur des Gegenstandes, theils von Hause aus an rednerischen Yorzügen gebrach, so verstand er es dafür vortrefflich, durch sichere Beherrschung des Mitgetheilten und für den Zuhörer unmissverständliche Hingabe an seine Wissenschaft, demselben hohe Ach- tung sowohl für diese, wie für den Lehrer abzugewinnen. Auch in den öffentlichen Yorträgen gelang es ihm voll- ständig, den Anforderungen, welche das Yerständniss- vermögen des Publicums zu stellen berechtigt ist, ge- recht zu werden, ohne dass deshalb das Yorgetragene an wissenschaftlicher Bedeutung Einbusse erlitten hätte. Namentlich aber darf Müller die Hingabe nicht ver- gessen werden, mit welcher er während langen Jahren — hierin ein Yorbild ehrenwerthester Art — es sich nie verdriessen liess, die von ihm angebotenen Lectionen durchzuführen, auch wenn sich dafür nur ein Paar Zu- hörer meldeten. Die Treue gegen sein Amt und gegen seine Wissenschaft vermochten immer seine Zuhörer fest- zuhalten. Yon den Leistungen Müllers an das Gemeinwesen — 417 — soweit dieselben wissenschaftlicher Art waren, ist schon die Rede gewesen. Dass es bei einer so ächten Alt- Basler Natur auch an bürgerlichen nicht fehlte, bedarf kaum der Erwähnung. In jeder Richtung führen uns also die Leistungen des Yerstorbenen ein höchst ehrenvolles und tröstliches Beispiel vor Augen, wie weit es tüchtige persönliche An- lage und eingeborner Impuls ohne grosse Unterstützung von Aussen, nicht etwa nur in bürgerlichen Leistungen, sondern auch — mindestens für gewisse Gebiete — und sogar ohne den ganzen Apparat vonJSchule und von vieljähriger akademischer Dienstzeit, auf streng wissen- schaftlichem Boden zu bringen vermag. So himmelweit auch Müllers Art von englischer oder amerikanischer Denk- oder Handlungsweise entfernt war, so steht er doch vor uns als Repräsentant der auf dem alten Con- tinent im Yerschwinden begriffenen Race von self-made men, die sonst nur noch aus angelsächsischem Safte Blüthen treibt. Yor allem für Adepten auf irgendwelchem Wissensgebiet, die es so vielfach ohne unablässige Hand- reichung und Fingerzeig von Lehrern nicht mehr machen zu können vermeinen, ein ermunterndes Yorbild, und für die Bürgerschaft, aus deren Bereich irgendwie hinaus- zutreten er niemals begehrte, eine Aufforderung zu dank- barstem und achtungsvollstem Angedenken. Wissenschaflliclie Pablicationeu. (Niedergelegt, wo nicht andere Angaben gemacht sind , in den Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel.) 1849. Bemerkungen über das tesserale Crystallsystem. lieber eine Eisenkiesdruse von Bretzwyl. 1850. Ueber Coelestincrystalle. 1854. Eisen- und Manganerze im Jura. Chlorkalium am Yesuv. 27 — 418 — 1855. Pseudomorphosen vom Teufelsgrund im Münsterthal. 1856. Ueber die Kupferminen am Obern-See in Michigan. Geo- logische Beobachtungen über das mittlere Baselbiet. Mit Profilen. 1857. Ueber einige Pseudomorphosen und Umwandlungen. 1859. Anormale Lagerungs -Yerhältnisse im Basler-Jura. 1860. Vorlegung der geogn ostischen Karte des Kantons Basel und der angrenzenden Gebiete. Mit Profilen. 1862. Geognostische Skizze des Kantons Basel, 4^, mit Karte. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. 1863. Ueber die Wiesenberg-Kette im Basler-Jura, mit 6 Durch- schnitten. 1864. Ueber Saurierreste im bunten Sandstein von Riehen bei Basel. — Ueber neue Erwerbungen der Mineraliensamm- lung. 1865 und 1866. Ueber die crystallinen Gesteine der Umgebungen des Maderanerthales, mit Durchschnitten. — Alpen-Pano- rama von Höhenschwand, geologisch erläutert. Mit Pano- rama. Jahrbuch des S. A. C. 1866. Catalog der schweizerischen Baumaterialien an der Aus- stellung in Ölten. 1867. Eisensteinlager am Fuss der Windgelle. — Grundwasser und Bodenverhältnisse der Stadt Basel, mit Profilen. (Fest- schrift bei der Feier des 50jährigen Bestandes der natur- forschenden Gesellschaft in Basel.) 1869. Ueber die Umgebung des Crispait, mit Tafel. — Ueber einige erratische Blöcke im Kanton Basel. 1870. Die Cornbrash-Schichten im Basler-Jura. 1871. Die Gesteine des Gesehenen-, Gornern- und Maienthaies. — Aelteste Spuren des Menschen in Europa. (Oeffentliche Vorträge. ) 1873. Neue Erwerbungen der mineralogischen Sammlung. — Ueber Gesteinsmetamorphismus. 1874. Das Wachsen der Gesteine. (Sammlung öffentlicher Vor- träge.) 1875. Kleinere Mittheilungen über Granit von Fellithal, Gesteine der Vogesen, erratische Blöcke um Basel u. s. f. — Der Steinkohlenbohrversuch bei Rheinfelden. — Der Gebirgs- bau des Gotthard. (Oeffentliche Vorträge.) 1876. Ueber Meteorsteine. (Oeffentliche Vorträge.) — 419 — 1878. Anormale Lagerungsverhältnisse im westlichen Basler-Jura, mit 6 Profilen. 1880. Die Erzgänge. (Oeffentliche Yorträge.) 1884. Erwerbungen der mineralogischen Sammlung. Neuere Funde von fossilen Säugethieren in der Umgebung von Basel. Y on L. Rütimeyer. Da es am Platze scheint, von Zeit zu Zeit als Er- gänzung früherer Zusammenstellungen ^) von den Funden von fossilen Säugethieren in unserer Umgebung Notiz zu geben, so mögen hier folgende Erwähnung finden: I, Unter - Tertiär. lieber den reichen Zuwachs zu der eocänen Säuge- thierfauna der Schweiz im Yergleich zu meiner frühern Arbeit über die fossile Fauna von Egerkingen (JSTeue Denkschriften der Schweiz. Naturf. Ges. YoL XIX, 1867), gibt der vorstehende Aufsatz: „Uebersicht der eocänen Fauna von Egerkingen, " hinlänglichen Bericht. II. Mittel - Tertiär. 1886. Bei Court im Münsterthal, ein Astragalus von Dinotherium bavaricum aus den sogenannten Dino- ^) lieber die Herkunft unserer Thierwelt, eine zoogeographi- sche Skizze. Basel, Georg. Mit einem Yerzeichniss (pag. 52 u. f.) der fossilen und lebenden Säugethiere der Schweiz. 1867. Die Yeränderungen der Thierwelt in der Schweiz seit An- wesenheit des Menschen. Basel, Schweighauser. 1875. — 421 — therium - Sanden der Jura -Molasse, von Herrn L. E-ollier in St. Imier zugesandt. 1890. Aar au (Ochsen) und Erzgraben bei Küttigen (Kt. Aargau), Molasse. Palaeomeryx, mehrere Ar- ten, vorwiegend P. Scheuchzei'i. Cainotherium commune. Rhinocéros minutus. Hyotherium Meis- neri? Steneofiber (Chalicomys) minutus. Plesictis sp. Amphicyon etc. in Gesellschaft reichlicher Ueberreste von Schildkröten verschiedener Art, von Crocodil, Dracaenosaurus, etc. Zugesandt von Herrn Prof. Mühlberg in Aarau. III. Kiesablagerungeu nnd Stöhlen. 1886. Riehen. Ein guter Theil eines Skeletes von Bos primigenius. Im Thallehm;, etwa 3 Meter unter der Oberfläche. — Leopoldshöhe. Zähne von Rhinocéros ticho- rhinus, im Kies bei Anlass des Bahnbaues Leo- poldshöhe-Schopfheim wied^erholt gefunden von dem Grossherzoglich Badischen Ingenieur Herrn Kern. 1887. Basel. In der Kiesgrube vor dem Steinenthor (Erdbeerengraben) ein vollständig erhaltener Un- terkiefer eines jungen Mammuth, vom löblichen Bau-Collegium übergeben. 1889. Wiehlen. Aus Lehmschichten überhalb des Steinbruchs sind seit Jahren von Zeit zu Zeit Mammuthknochen gebracht worden, von welchen oft mehrere so zusammenpassten, dass man schlies- sen durfte, dass dort ganze Skelete begraben waren. Yon derselben Stelle ist 1889 ein ganzes Skelet eines Yorderfusses vom Rhinocéros ticho- rhinus, alle Knochen der Handwurzel noch in bester - 422 — Ordnung zusammenhängend, gebracht worden, was also für das Nashorn denselben Schluss ziehen lässt, wie für das Mammuth. 1890. In einer Höhle des Kaltenbrunnenthales sammelte Herr Stud. Phil. David Zähne von Renthier und Steinbock, wie sie bekanntlich in vielen Jurahöhlen vorkommen. — Kiesgruben bei Ölten -Hammer. Knochen von Renthier. Herr Dr. Christen in Ölten. — Kies am Rheinufer bei der Gasanstalt Basel in 8 Meter Tiefe. Ein Atlas von Rhinocéros ticho- rhinus. (Baucollegium Basel.) 1890. In einem keineswegs erheblichen Yorrath von grösstentheils zerschlagenen Knochen, die aus einer Spalte des Jura bei der Ruine von Thierstein bei Büsserach zu Tage gefördert wurden, fand sich die folgende nicht unansehnliche Thiergesell- schaft vor. Den Knochen lagen Feuersteine, wo- von etliche wohl ohne Zweifel künstlich zuge- schlagen, bei, und auch einzelne Knochen zeigten unzweifelhafte Spuren von Bearbeitung durch den Menschen. Die Knochen gehörten zum grössten Theil dem Steinbock an, wovon namentlich auch zwei Schädel, der eine von ungewöhnlicher Stärke vorhanden waren. Yon andern Thieren waren vertreten Renthier, Edelhirsch, Wildschwein, Bär, (brauner nicht Höhlenbär) Wolf, Fuchs, Luchs, Wildkatze, Fischotter, Marder, Wiesel, Hase, Zie- sel (Spermophilus superciliosus, ein in der Höhlen- fauna von Frankreich und Deutschland wohl be- kanntes, dagegen vielleicht in der Schweiz zum ersten Mal gefundenes Thier, von merklich be- deutenderer Grösse als der in Ost-Europa noch weit verbreitete Ziesel). Endlich eine Anzahl 423 von Yogelknochen, allem Anschein nach vornehm- lich von Raubvögeln, sowie einige wenige Knochen, wohl späterer Zuthat, von Hausthieren, Ziege, Schwein etc. Auch Menschenknochen fehlten nicht, und namentlich war eine Fibula von ungewöhn- licher Stärke zu einem Pfriem zugespitzt. Auffallend kann erscheinen, dass der Stein- bock an dieser Fundstelle am stärksten vertreten war, das Eenthier und allem Anschein nach nicht durch Zufall, in einem einzigen Stück. Ob hier- aus, wie aus der Anwesenheit des braunen statt des Höhlenbären auf eine spätere Periode dieser wohl hauptsächlich durch die Raubthiere besorg- ten Knochenablagerung als die der eigentlichen Höhlenfauna des Jura — in welcher sich sonst Höhlenbär, Renthier und Steinbock ungefähr das Gleichgewicht halten — sowie auf ein längeres Ausharren des Steinbocks im Yergleich zum Ren- thier geschlossen werden darf, mag dahin gestellt bleiben. ^) 1) Während der Steinbock in den Alpen mindestens noch in vielen Ortswappen eine Rolle spielt (Graubünden [Kantons- und eine Anzahl von Orts-Wappen, TJnter-Yatz, Yal Tasna, Zizers etc.], Interlaken und vielleicht von daher auch Iseltwald, Gsteig, Ober- hofen, ferner Entremont, Anniviers etc.), scheint im Jura trotz dessen einstiger starken Yertretung daselbst, die Erinnerung an ihn nicht bis in die Wappenzeit gereicht zu haben. In jurassischen Orts- wappen figurirt nur noch selten der Bär (Bärenfels, St. Ursanne etc.), das Wildschwein (Pruntrut), das Reh (Thierstein, Farnsburg etc.) Am ansehnlichsten wusste sich unter wilden Thieren durch die ganze Schweiz in der Wappenchronik der Bär Platz zu schaffen (Bern, Ober - Simmenthai. Orsières im Wallis etc., und vor allem reichlich im Appenzellerland, wo er in wenigen Ortswappen fehlt). Yiel spärlicher erscheint der Wolf (Wolfhalden, Kt. Appenzell, Wulf- — 424 — lingen, Kt. Zürich, Courgevaux [Gurwolf], Kt. Freiburg) ; der Biber (Männedorf, Kt. Zürich ?), dazu aber bekanntlich sehr häufig in vielen Orts- und Fluss-Namen ; die Gremse (Gambs, Kt. St. Gallen, "Wiesendangen, Kt. Zürich, obgleich der Dorfnamen vom Wisent oder Bison „Wisanteswangen" entlehnt ist) ; der Hirsch (Heiden, Keute, Anwyl, Kt. Appenzell, Glattfelden, Kt. Zürich) ; das "Wild- schwein (Ebersberg, Kt. Zürich, Berg am Irchel) u. s. f. Wie ver- dächtig die Heraldik als Thierchronik sein kann, beweist freilich vor allem der Steinbock, der selbst im Wappen von Interlaken je nach dem Zeichner wie ein zottiger Geissbock erscheint, obschon die im Stadthaus von Untersee'n prangenden Steinbockhörner ge- nügend Zeugniss ablegen, dass ersterem und nicht letzterem die Ehre zukömmt, Wappenthier zu sein. Zuverlässigere als diese heraldischen Documente 'über das Hinschwinden der einst in der Schweiz einheimischen Thierwelt suchte ich zusammenzustellen in der „ Untersuchung der Thier- reste aus den Pfahlbauten der Schweiz ". (Mittheilungen der anti- quar. Gesellschaft in Zürich, Yol. XIII. 1860. Seite 35 u. ff.) Die zweite zoologische Excursion an die Seen des Rhätikon. 23. Juli bis 15. August 1890. Yon F. Zschokke. Die Fortsetzung der im Sommer 1889 begonnenen faunistischen Studien führte uns im Juli und August 1890 wieder an die stillen Hochgebirgsseen des Rbätikon, der als gewaltige Felskette, bald zu stolzen Basteien sich aufthürmend, bald zu tief eingeschnittenen Scharten sich niedersenkend, das österreichische Montafun vom schwei- zerischen Trättigäu trennt. Meine Begleiter für die zoologische Ferienfahrt in die Alpen waren die Herren A. Bischoff, W. de Coulon, H. Karcher, W. Schiess, A. Staehelin, F. Suter und E. Yeillon, sämmtliche Stu- deuten der Medizin an der Universität Basel. Der erste Theil der Excursion war der wiederholten Untersuchung der drei kleinen Sulzfluhseen gewidmet, die schon im vergangenen Jahr unsern Besuch erhalten hatten; der zweite Theil galt dem hochgelegenen Wasserbecken des Lünersees, das am Nordhang der Scesaplana in einer Alpenlandschaft von wilder und ernster Schönheit sich ausdehnt. Yerhältnissmässig günstige Witterung förderte unsere Arbeit, so dass die Ausbeute diejenige des Yorjahres — 426 — quantitativ und qualitativ weit übertraf. Hatten wir 1889 etwa sechzig Thierformen als Bewohner der Rhätikon- seen kennen gelernt, so fiel uns diesmal die doppelte Artenzahl in die Hände. Der ungewöhnlich zeitig ein- tretende Frühling, der in jenem Gebirgsabschnitt nach einem relativ milden "Winter die Seen schon im April und Mai ihrer Eisdecke entledigte, mag auf die besonders auch an Individuen auffallend reiche Bevölkerung unserer "Wasserbecken nicht ohne Einfluss geblieben sein. Es liegt in der grossen Bereicherung der faunistischen Listen der E-hätikonseen ein neuer Hinweis darauf, dass es wiederholter und gründlicher Untersuchung bedarf, um die ïhierwelt einer auch noch so eng begrenzten Loka- lität erschöpfend kennen zu lernen. Ist so die rein faunistische Seite der Excursion sehr befriedigend aus- gefallen, so haben sich auch neue Ausgangspunkte für biologische Fragen ergeben. Alles ist geeignet, uns das ursprüngliche Programm aufrecht erhalten zu lassen und uns zu bestimmen, die Seen des Rhätikon zu zoologischen Zwecken in den nächsten Jahren zu verschiedener Zeit wiederholt aufzusuchen. Die am Schlüsse dieses Berichtes beigefügten Listen mögen unsere im Sommer 1890 er- worbenen Kenntnisse von der Zusammensetzung der Thier- welt der vier untersuchten Seen wiedergeben; für jeden einzelnen mögen die folgenden Zeilen ein gedrängtes faunistisch-biologisches Bild bieten. Das Nöthige über Lage und äussere Yerhältnisse der Sulzfluhseen findet sich in den früheren Publikationen (100, 101, 102). Den Herren Dr. A. Poppe in Yegesack und F. Könike in Bremen bin ich zu besonderem Dank verpflichtet, da von ihnen in zuvorkommendster Weise die gesammelten Copepoden und Hydrachniden bestimmt wurden. — 427 — Der in tiefen Felsschranken liegende See von Partnun verlor im Frühjahr 1890 die zusammenhängende Eis- decke ausnahmsweise schon Mitte April; gegen Ende desselben Monats war er vollkommen eisfrei, ein Zustand, der gewöhnlich erst Ende Mai oder Anfangs Juni ein- tritt. Es scheint sich der Wasserspiegel im November 1889 geschlossen zu haben; das Mveau des Sees sinkt zu dieser Jahreszeit in Folge des Gefrierens und Yer- siegens der Zuflüsse so tief, dass auch der Ausfluss während der ganzen kalten Jahreszeit unterbrochen bleibt. Schnee lag im Winter 1889/90 in Partnun sehr wenig. Alle günstigen Umstände — frühes Frühjahr, wenig Schmelzwasser — traten also zusammen, um den See rasch und ausgiebig zu durchwärmen. Dass die Entwicklung organischen Lebens dadurch gefördert wurde, bewies uns schon die reiche Vegetation grüner Algen, die viel üppiger als im Yorjahr besonders den seichten Nordabschnitt des Sees erfüllte. Yon höheren Wasser- pflanzen war häufig der Manunculus Droiietii, Schultz. Die Temperatur, im Mittel höher als 1889, schwankte immerhin in ziemlich weiten Grenzen. Als Minima wurden beobachtet im See selbst 7*^ und 8'^ C; im Maximum wurde erreicht 13^ C, am Abend des warmen gewitterigen ersten August. Die zahlreichen Aufzeichnungen ergeben einen Mittel- werth von IP C. (Maximum 1889 : 10,5« C, Mittel 9,75« C.) Im Allgemeinen waren die nördlichen Theile des Sees immer etwas kälter als die südlichen. Nach unten scheint die Temperatur ziemlich rasch abzunehmen, schon 3,5 Meter unter der Oberfläche sinkt sie um einen Grad. Sehr rasch erwärmen sich die beiden grösseren, west- lichen, von den Flanken der Sulzfluh herströmenden Zuflüsse. Für den einen lagen die Temperaturgrenzen bei 5 und 9,5« C, für den andern bei 5 und 13«. Der — 428 - am Grubenpass entspringende Bach, der sich am Nordende in den See ergiesst, versiegte wenige Tage nach unserer Ankunft, nachdem seine Temperatur von 8 auf IP gestiegen war. Der dem See entstammende Schanielenbach erreichte Minima von 9, Maxima von 12,5'^ C. Mit den Wassermessungen gleichzeitig aufge- nommene Bestimmungen der 'Lufttemperatur bewegten sich von 7 bis 17^ C. Mit Fischen erwies sich der See von Partnun relativ reich bevölkert; Cottus gohio, L., und Phoxinus laevis, Ag., fehlten nirgends. Yon ersterem wurden häufig auch Eier und kaum dem Ei entschlüpfte Junge gefangen. Das Wasserbecken soll nach Planta-Reichenau (77) zwei- mal mit Forellen besetzt worden sein und der zweite Yer- such ein günstiges Resultat ergeben haben. In der That beobachteten wir wiederholt schöne Exemplare von Trutta fario, L., die bis nahe an die von der Sonne bestrahlte Oberfläche emporstiegen. Wenige ausgewachsene Frösche (Bana temporaria, L.,) vertraten die Amphibien. Yiel reicher und mannigfaltiger als im nasskalten August 1889 war diesmal das Gestade belebt. Besonders stellten sich zahlreiche Insekten ein, die wir früher nicht gefunden. Immerhin übertrifPt die Insektenwelt des hoch, aber offen und sonnig gelegenen Sees von Gar- schina an Arten — und vorzüglich an Individuenreich- thum — Partnun noch bedeutend. Auf dem Wasserspiegel liefen vereinzelt Hydrometra paludum, Fab., und Hydrometra thoracica, Schml, erster e nach Herrich-Schäffer (36) und Burmeister (14) eine weitverbreitete und gemeine Art, letztere nach den- selben Autoren und Fieber (24) vereinzelter vorkom- mend. Es steigen die behenden und räuberischen Wasser- läufer überhaupt hoch in's Gebirge. Frey-Gessner — 429 — (26) bemerkt speziell in Bezug auf bündnerisclie Yer- hältnisse : „Wo nur immer in den Alpen ein Tümpelchen sich findet, gleiten gewiss solche Hydrometren darauf herum." Bei Sedrun fand unser Gewährsmann die Hydro- metra Costae, H. S., im Juli und August bis zu 2100 m. Höhe. Unter den Steinen des Ufers, besonders da, wo Zu- flüsse in den See sich ergiessen, wohnen zahlreiche In- sektenlarven. Da haust mehr vereinzelt die schöne Larve von Hepiagenia longicauda, Yayss., mit deren Entwicklung uns Ya y s s i è r e (89) bekannt gemacht hat, neben zahlreichen Jugendstadien von Nermira nitida, Pictet, N, variegata, Oliv., und Capnia nigra, Pict. Häufig ist auch die weitverbreitete Gebirgsbewohnerin Perla alplna, Pict., die nach Pictet (75) in den Alpen von den tiefsten Thälern bis zum ewigen Schnee emporsteigt. Das aus- gewachsene Thier fliegt im Juli und August. Eine sehr bewegliche Eintagsfliegenlarve, die im klaren Wasser des Ufers sich lebhaft tummelte und bei Yerfolgung als- bald unter dem Geröll schützende Yerstecke aufsuchte, scheint der nach Pictet (76) w^ohl in ganz Europa ver- breiteten Chloë BJwdani, Pict., nicht ferne zu stehen. Auch Bhyacophila vulgaris, Pict., zeigte sich wieder in massiger Yerbreitung hauptsächlich in den Zuflüssen. Es ist diese Art im Allgemeinen den Hochthälern nicht fremd (72). Ausser den Larven, die in Zeichnung von Kopf und Prothorax von den typischen Exemplaren etwas abwichen, fielen uns wiederholt die leeren Nymphen- gehäuse in die Hände. Yon eigentlichen Köcherfliegen ist hauptsächlich verbreitet die Phryganea pilosa, Oliv. Anfangs August beherbergte der Partnunersee ihre Larven und zum Ausschlüpfen bereiten Nymphen, während in der Ebene das geflügelte Insekt schon Mitte Juli sich — 430 — an den Ufern von Bächen und Teichen tummelt. Seltener waren Ghaetopteryx villosa, Fab., die erst im September fliegt, also für Hochgebirgsverhältnisse geeignet ist, und G-oniotaiilms flavus, Klti. Alle diese Phryganiden bauen ihre Grehäuse vorzugsweise aus mineralischen Bestand- theilen auf. Der Untergrund des Sees von Partnun bietet ihnen erwünschtes Baumaterial in Hülle und Fülle, während rein auf Pflanzenbestandtheile angewiesene Arten hier schwerer befriedigt werden könnten. Fhryganea pilosa, Oliv., scheint sich speziell im Hochgebirge wohl zu fühlen. Sie wurde von uns auch erbeutet in Brunnen am Schollberg (1962 m.) und am Plasseckenpass (2250 m.) in rasch fliessenden Bächen, begleitet von Heptagenia longicauda, Vayss., Nemura variegata, Oliv., und nicht näher bestimmbaren Käferlarven. Y on Wasserkäfern Hessen sich nur sehr vereinzelte Exemplare eines Hydroporus, der vielleicht mit dem nach Heer (34) im Lac de Joux sehr selten vorkommenden H. castaneus, Heer, zu ver- einigen ist, fangen. Diese verhältnissmässig reiche In- sektenwelt des Partnunersees wird noch vermehrt durch ein stattliches Contingent von jungen Dipteren. Yom Ufer bis in die grösseren, nur der Dredge zugänglichen Tiefen tummeln sich wenigstens drei Arten von Chiro- nomuslarven. Die beweglichen, oft bunt roth gefärbten Thierchen leben frei oder in selbst gefertigten Köhren; einzelne hatten sich bereits zu Nymphen umgewandelt. Mehr littoral scheinen zwei Formen von Tanypus ver- breitet zu sein; auch die letztes Jahr schon sporadisch gefundene grosse Tipulalarve war diesmal unter den vom Wasser gerade noch bespülten Steinen des Ufers recht häufig. Endlich seien noch erwähnt verschiedene ganz unbestimmbare Larven und Puppen von Dipteren. Ein recht interessanter Fund ist die Entdeckung von Sperchon glandulosus, Könike, jener eigenthümlichen Hydra- — 431 — chnide, in den Seen von Partnun und Tilisuna. Kö- nike (55) fand das Thierchen zuerst in wenigen Exem- plaren in der grossen und kleinen Iser, kalten Berg- flüssen des Riesengebirges. Später traf Bar roi s (7) dieselbe Form wiederholt in schäumenden, steinigen Bergbächen der Azoren, deren Temperatur 14,5 bis 15,5° C. betrug. In den wärmeren Kraterseen fehlte die Wassermilbe vollkommen. Sie steigt auf den Azoren vom Meeresspiegel an bis zu 800 m. Höhe. Wie das zarte, gegen jede Temperaturerhöhung so empfindliche Thier auf die Azoren gelangt ist, bleibt einstweilen eine offene Frage, die auch von Jules de Guerne in einer note additionnelle zu seiner schönen Schrift über die niedere Thierwelt jener Inselgruppe nicht beant- wortet wird (27). Das Material von Partnun und Tilisuna enthielt nun nach der gütigen Mittheilung von Könike, einzelne Exemplare von Spercho7i, so dass die kalten Hochgebirgs- seen des Rhätikon als dritter Fundort der wenig be- kannten Hydrachnide zu verzeichnen sind. Lehertia tau-insigniius, Lebert, belebt besonders häufig den sandigen Seegrund des Südendes, in der Tiefe von einigen Metern. Als regelmässige Uferbewohner müssen noch genannt werden die Limnaea truncatula, Müll., und die seltener sich findende Yarietät L. ventricosa, Moq. Tand. L. tnmcakila ist bekanntlich die einzige richtige Hochgebirgsform unter den Limnaeiden. Am Stein (1) kennt für sie eine ganze Reihe bündnerischer Standorte ; in der Nähe unseres Gebietes speziell die Umgebung von Klosters und einen Brunntrog des Sprecherischen Gutes zu Luzein. Die zwei Pisidien des letzten Jahres wurden diesmal etwas häufiger gesammelt, Pisidmm fos- sarinum, Cless., längs des Ufers, P. Foreli, Cless., gewöhn- lich etwas tiefer. Letztere Form zeigte in einzelnen In- — 432 — dividuen leichte Anklänge an P. nitidum, Jenyns. Die freilebenden Nematoden sind in Partnun durch Trilobus pellucidus, Bast., und durch die von Bütschli be- schriebene Monhystera crassa (15) vertreten. Erstere Form ist ein gewöhnlicher, sich lebhaft bewe- gender Bewohner des süssen Wassers (15, 19). Yon den halbparasitischen Fadenwürmern fanden wir ein schönes Exemplar von G-ordius aquaticiis, Buj., der nach Y i 1 1 1 in ganz Europa und wohl auch in Nord- amerika zu Hause ist (91). Die verschiedensten Tiefen des Sees bewohnt Mermis aquatilis, Diij., die einzige "Wasserform dieser Gattung. Im Genfersee kennt sie Bug ni on (13) aus Tiefen von 2 bis 80 m. An Dip- terenlarven, die sehr wahrscheinlich eine Rolle als Wirthe der jungen Mermis spielen, ist bekanntlich in Partnun kein Mangel. Einer schriftlichen Mittheilung von Za- charias entnehme ich, dass M. aquatilis auch in den Seen des Riesengebirges vorkommt, deren Fauna mit der Thierwelt der Rhätikongewässer überhaupt mehr als eine' Aehnlichkeit aufweist. Wie dort findet sich, auch in Partnun sehr häufig die dunkle Planaria alpina, Dana, (PL abscissa Jjima), und beide weit von einander abliegenden Lokalitäten haben den eigenthümlichen Monotus lacustris. Zach., ge- meinsam. Ueber faunistische und biologische Eigen- thümlichkeiten beider Turbellarien soll weiter unten ge- handelt werden. Planaria alpina sucht Schutz unter den Steinen des Ufers, wo sie oft massenhaft vorkommt, hin und wieder begleitet von der Planaria subtentaculata, Dug., während Monotus hauptsächlich die grüne Algenwiese des nördlichen Seeabschnittes aufsucht. Er findet dort die Gesellschaft verschiedener anderer rhabdocoeler Tur- bellarien, die leider noch nicht definitiv bestimmt werden konnten. Häufig ist besonders ein grünlich gefärbtes — 433 — Mesostoma, Dug. Aber auch zaUreiclien Yertretern anderer Thiergruppen, die uns im Sommer 1889 voll- kommen entgangen waren, begegnet man in den Algen- massen. Neben Macrobiotus macroni/x, Duj., nach Plate (78) der einzigen Süsswasserform unter den Tardigraden, finden dort hauptsächlich Rotatorien zusagenden Auf- enthalt. Es sind speziell die Formen Euchlanis düatata, Ehrb., Eospliaera elongata, Ehrb., Notommata aurita, Elirb. und Monocerca bicornis, Ehrb., die sich in jenem See- ende wohl befinden. In dem Werk von Ehrenberg (22), wie auch in der schönen Arbeit von Hudson und Gr s s e (40) werden diese vier Arten als weitverbreitet und nicht selten bezeichnet. Sie scheinen recht resistenz- fähig zu sein und sich so als Gebirgsbewohner gut zu eignen. Eosphaera digitata, Ehrb., die wir in Tilisuna fanden, geht in Sibirien bis nach Tobolsk, Euchlanis di- latata fand Ehrenberg (22) bei Danzig und Berlin zu allen Jahreszeiten, auch im Winter unter dem Eise zwischen Conferven und Lemna. Notommata aurita kennt derselbe Forscher als sehr gemein in England, bei Kopen- hagen und Berlin, zwischen Conferven und Meerlinsen, besonders häufig im März und April, auch im Februar unter dem Eise. Dieselbe Art bewohnt übrigens auch den sehr kalten Brunnen vor dem Gasthaus zur Sulzfluh auf der Partnuneralp. Doch damit ist der Reichthum des Sees von Partnun an Rotatorien noch nicht erschöpft. Seine Oberfläche ist besonders Nachts belebt von zahlreichen Individuen der weit verbreiteten, eigenthümlich gestalteten Arten Anurea eochlearis, Gosse, und Notholca longispina, Kellicott. In ihrer Gesellschaft tummeln sich nächtlich unzählbare Schaaren der Daphnia longispina, Leydig , des Cyclops strenuus, Fisch., und des Diaptomus baccilUfer, Kölbel. Alle diese pelagischen Crustaceen waren nur theilweise ge- 28 — 434 — schlechtsreif; \om. Diaptoimis, der sich durch schöne rothe Färbung auszeichnete, zeigten sich besonders wenig voll- kommen reife Weibchen und Männchen und auch die Cyclopiden waren, nach der gütigen Mittheilung von Poppe fast nur jugendliche, vor der letzten Häutung stehende Exemplare. Baphnia longispina machte die Gross- zahl der pelagischen Heerschaaren aus, ihre Weibchen trugen zum Theil bereits Wintereier. Auch Dinohryon sertularia, Ehrb., stellt sich in dieser schwimmenden und schwebenden Thierwelt von Partnun ein, die so nach Arten ziemlich mannigfaltig, nach Individuen ausser- ordentlich reich ausfällt. Nach wenigen Zügen bildete sich im Grunde des feinen Netzes eine gelatinöse, nur aus pelagischen Organismen bestehende Masse. Nach der übereinstimmenden Ansicht von Poppe und Richard, die die Güte hatten das Copepoden- material aus den Rhätikonseen anzusehen, ist der Part- nuner Diaptomus, den wir auch im Lünersee wiederfinden werden, D. baccüUfer, Kölbel. Der Fortsatz am dritt- letzten Glied der weiblichen ersten Antenne sei, so schreibt Poppe, bei den E-hätikonexemplaren etwas kürzer, als bei den typischen Individuen von D. baccillifer. Doch variirt dieser Fortsatz nach der Mittheilung von Richard. An einem männlichen Exemplar von Diap- tomus fand Poppe eine interessante androgyne Miss- bildung. Auf seinen Wunsch erhielt auch 0. E. Imhof Cope- poden aus dem Rhätikon zugesandt. Er hält die soeben besprochene Form für seinen Biaptomus alpinus. Ufer- und grundbewohnend sind in Partnun zwei Ostracoden: die lebhafte und räuberische Cypris com- pressa, Lilljeh., und in geringerer Zahl die Cypris Candida, Zenker, ausgezeichnet durch den schönen Perlmutterglanz der trockenen Schalen. Zenker (99) führt sie als weit- — 435 — verbreitete Schlammbewolinerin an. In grösster Menge vom Ufer bis in die tieferen Gründe sich wagend, treibt sich der Kosmopolit Chydorus spJiaericus, 0. F. Müll., herum, häufig begleitet vom verwandten Lynceus rostratus, Lilljeh. Letztere Art ist 1889 unrichtig als Lynceus qiiadr angularis, 0. F. Müll, bezeichnet worden. Als Dritten im Bunde muss man den hübschen nur in wenigen Exemplaren erbeuteten Acroperus leucocephalus, Koch, anführen. An anderen Lokalitäten ist letztere Form durchaus nicht selten. Fischer fand ihn sehr häufig in Russland, Leydig (58) massenhaft im Bodensee. In der Nor- mandie gehört Acroperus leucocephalus nach M o n i e z (62) mit Cypris Candida, C. compressa, Anurea cochlearis, Baph- nia pulex, D. longispina und Chydorus sphaericus zu den gemeinsten Bewohnern des süssen Wassers. Dieselbe Thiergesellschaft ungefähr, vermehrt durch die Gegen- wart von Niphargus puteanus, Koch, belebt auch die Ge- wässer der Umgebung von Lille (61). In Deutschland wurde Acroperus z. B. von Zacharias (94) in den Seen des Riesengebirges gefunden. Die Anneliden sind im See von Partnun nicht selten. Die beiden weithin bekannten Schlammbewohner (38) Lumbriculus variegatus, 0. F. Müll., und Saenuris variegata, Hoffm., beleben Ufer und Grund des Wasserbeckens. Eine seltener hier wie in Tilisuna vorkommende Lum- briculus3Lrt konnte nicht näher bestimmt werden. Yer- einzelte Exemplare von Bythonomus Lemani, Grübe, scheinen alle Tiefen des Sees zu bewohnen. Besonders bezeich- nend aber ist der Umstand, dass in Partnun, wie in allen untersuchten Rhätikonseen, Saenuris velutina, Grube, ein typischer Bewohner der tiefen und tiefsten Schichten der subalpinen Seen, in grosser Zahl das Ufer bevölkert. Yon Infusorien wurden wiederum nur festsitzende Arten bestimmt. Yorticella microstoma, Ehrb., überzog — 436 — häufig die verschiedenen Chironomuslarven ; Opercularia miians, Ehrb., war ausserdem auch auf Hydrachniden angesiedelt, während Cothurniopsis vaga, Schrh, sich mehr vereinzelt von Lynceus rostratus umhertragen Hess und einzelne Exemplare von Gyclops strenuus mit einer nicht näher bestimmbaren Art von Cothurnia behaftet waren. Die Zahl der im Sommer 1890 im Partnunersee auf- gefundenen Thierarten beträgt 65, während im Vorjahr kaum die Hälfte, nämlich 32 Formen erbeutet wurden. Yon diesen 32 wurden 1890 neun mit Sicherheit nicht mehr nachgewiesen. Für das kleine im Felskessel zwi- schen Sulzfluh und Scheienfluh liegende Wasserbecken sind also über 70 Arten thierischer Bewohner bekannt. Und noch dürfte die Liste nicht erschöpft sein; Unter- suchungen zu verschiedenen Jahreszeiten werden wohl auch kleine Abweichungen in der Zusammensetzung der Fauna ergeben. Yon Seite der Protozoen, Rotatorien und rhabdocoelen Turbellarien ist noch manche Bereiche- rung zu erwarten. Die Individuenzahl vieler vorkommender Arten ist eine sehr bedeutende. Yon grösseren Gruppen, die in anderen Rhätikonseen vertreten sind, fehlen in Partnun vorläufig ganz: Amoebina, Helioza, Archhydrae, Hiru- dinei, Amphipoda, Neuroptera, Bryozoa. Nur schwach angedeutet sind die Käfer, während die übrigen Insekten, sämmtliche Wurmgruppen, die Entomostraken und In- fusorien sich einer verhältnissmässig reichen Vertretung erfreuen. Die genaue Höhenlage des Sees von Tilisuna beträgt 2102 m., seine Länge etwas über 300, die Breite circa 150 m. Das Seebecken hat sich, wie dasjenige von Part- nun, im Herbst 1889 Ende Oktober oder spätestens in — 437 - den ersten Tagen November geschlossen und im Früh- jahr 1890 ganz ausnahmsweise früh, nämlich schon Ende Mai, wieder geöffnet. Meist wird der Seespiegel erst Ende Juni von seiner Eisdecke befreit und noch im Juli schwimmen oft Eisstücke auf ihm herum. Das späte Auffrieren gegenüber dem Partnunersee erklärt sich durch den Umstand, dass auf dem gefrorenen See von Tilisuna gewaltige Schneemassen zusammengeweht wer- den. Nach der Mächtigkeit dieser Schneemassen richtet sich die Epoche des Auffrierens, die nach dem schnee- armen Winter von 1889/90 verhältnissmässig früh ein- trat. Am 24. Juli betrug die Temperatur des Sees an verschiedenen Stellen 10 bis 12° C, während sie am 31. Juli und 1. August bereits auf 13 bis 15° ange- stiegen war. Die Zuflüsse, deren der See besonders von Süden her drei stärkere erhält, zeigten 14 und 15° C, die Luft- temperatur gieng von 14 bis 17,5° C. Die Wärme des Wassers übertraf also wiederum die im Partnunersee constatirte und war viel bedeutender als letztes Jahr. Der See von Tilisuna durchwärmt sich rasch und leicht, ein Umstand, der wie die Wärmedifferenz zwischen Partnun und Tilisuna seine Erklärung in der im letzten Bericht (100) geschilderten topographischen Lage beider Lokalitäten findet. Diesem Bericht wäre etwa noch bei- zufügen, dass ein grosser Theil des Südufers, dort wo die Zuflüsse sich in den See ergiessen, wegen sumpfiger Beschaffenheit unzugänglich ist. Im nördlichen Theil ist das Wasser reichlich mit Characeen durchwachsen. Die Bevölkerung des Sees setzt sich aus ziemlich zahl- reichen Arten zusammen, von denen aber nur wenige in bedeutender Individuenfülle auftreten. Eine starke Uebereinstimmung mit der Fauna von Partnun lässt sich nicht leugnen, indem nicht weniger als vierzig Formen — 438 — beiden Lokalitäten gemeinsam sind. Im Gegensatz zum relativ thierarmen See bieten seine sonnigen Zuflüsse zahlreichen Planarien und einem Heer von Insekten- larven, die rasch fliessendes Wasser lieben, passende Unterkunft. Die Wirbelthiere finden in Tilisuna eine an Indivi- duen reiche Vertretung in Bana temporaria, L., Cottus gohio^ L.y und Phoxinus laevis, Ag. Mit der vielfach im- portirten Forelle gehen die beiden ebengenannten Fische in der Schweiz am höchsten ins Gebirge. Nach Fatio (23) kommen sie zwischen 2200 und 2500 m. noch allein vor. Von Fredericella suUana, Gerv., die wir in der zweiten Hälfte August 1889 in so üppiger Entwicklung den See durchwachsen sahen und bei der damals die Statoblasten- bildung in vollem Gange war, trafen wir bei unserem Besuche im Juli 1890 nur die ersten schwachen Anlagen der Stöckchen. Am ersten August war die Kolonien- bildung schon wesentlich weiter geschritten. Offenbar geht die Bryozoenentwicklung im Hochgebirgssee sehr rasch vor sich. Spät baut sich aus den Statoblasten der Thierstock auf, der sehr bald die definitive Form an- nimmt, um früh wieder die Dauerstadien zu bilden, die nun ein langes latentes Leben führen. Am häufigsten leben unter dem Ufergeröll des Sees noch gewisse Anne- liden ; es sind Saenuris velutina, Grube, Bythonomus Lemani, Grube, Lumbriculus variegatus, 0. F. Müll., und selten der auch in Partnun gefundene, unbestimmbare Lumbriculus. JPlanaria subtentaculata, Bug., und Fl. alpina Bana ver- treten auch hier die dendrocoelen Turbellarien. Be-- sonders letztere ist im See und den Zuflüssen massenhaft verbreitet. Wir fanden sie überhaupt in allen Bächen, Tümpeln und Seen des Rhätikon, je nach der Färbung des Untergrunds in weisser, brauner, grauer, schwarzerYarietät. Die jungen Thiere zeichneten sich im Allgemeinen durch — 439 - hellere Farbe und schwache Entwicklung der Augen- flecke aus. Yon rhabdocoelen Formen erkannten wir nur ein Mesostoma, spec, ^ug. Es dürfte ihre Zahl übri- gens bedeutender sein, haben doch diese Thiere nach Zacharias (95) gerade in Hochseen eine reiche Yer- tretung. Mermis aquatiUs, Dicj., kommt massig häufig vor; neben ihr lebt vereinzelt im Sand Trilohus gracilis, BtscliU., eine Form, die nach den Kennern freilebender Nematoden, Bastian, De Man undBütschli (9,15, 19) im Schlamm fliessender und stehender, süsser und brakischer Ge- wässer nicht selten ist. Schwach vertreten sind in Tili- suna die Rotatorien; neben der Euchlanis düatata, Wirb., konnte einzig noch Eosphaera digitata, Ehrb., nachgewiesen werden. Auch in Tilisuna lebt vereinzelt der seltene Sperchon glandulosus, Könike, begleitet von der für unsere Hoch- seen geradezu typischen Lebertia tau-insignüus, Lebert. Besonderes Interesse verdienen, nach einer gütigen Mit- theilung von Könike, sechsfüssige Hydrachnidenlarven, die in Tilisuna und am Lünersee an einer Phryganiden- larve schmarotzend aufgefunden wurden. Junge Wasser- milben sind bis jetzt als Parasiten nur an Wasserkäfern^ Hemipteren und Mückenlarven (CJiironomus) nachgewiesen worden. Leider können nach dem heutigen Stand un- serer Kenntniss der Hydrachnidenentwicklungsgeschichte die sechsfüssigen Larven nicht bestimmt werden. Ein Exemplar von Trombidium plancum, C. L. Koch, das sich mit unter dem Material vom Tilisunasee befand, ist wohl nur zufällig ins "Wasser und nahe dem Ufer in's Netz gerathen. Als Fundort werden für diese Form feuchte Bergwiesen angegeben. Solche Funde sind übrigens nicht vereinzelt. Meniez (66) traf zwei Arten von Land- — 440 — acariden in sicilianischen Gewässern und Trombidium fus- cum in Brunnen von Helgoland und England. Die pelagische Thierwelt isè in Tilisuna nur schwach entwickelt. Ihre Arten- und Individuenzahl scheint ge- ring zu sein. Nach dem Ergebniss unserer nächtlichen Netzzüge war sie im Juli und August nur zusammengesetzt aus Binohryon sertubaria, Ehrb., wenigen ganz jungen Exem- plaren von DapJinia longispina, Leyd., und zahlreicheren ebenfalls noch unreifen Cyclops strenuus, Fisch. Aus dem vielgestaltigen Heer der Entomostraken bewohnen Ufer und Grund des Sees von Tilisuna die wohlbekannten Lynceus rostratus, Lilljeb., êhydorus sphaericus, 0. F. Müll., und Cypris compressa, Lilljeb., alle nur in massiger Zahl. Dazu kommt in der Tiefe des Sees verhältnissmässig häufig die sonst seltene MacrotJirix laticornis, Lilljeb. Poppe (79) kennt diese Form als ziemlich seltene Be- wohnerin des Grundes klarer Gewässer im nordwestlichen Deutschland; auch in Frankreich kommt sie nach Mo- ni ez (62) und Richard (81) nur in spärlicher Zahl an vereinzelten Lokalitäten vor. Eine verwandte Art, M. hirsuticornis, bewohnt den Silsersee im Oberengadin. J urine citirt unsere Form aus der Umgebung von Genf, Fischer von Zarskoje- S elo, Lilljeborg (59) aus Skandinavien, während Leydig (58) sie nicht aus eigener Anschauung kennt. Macrobiotus macronyx, Duj.t ist in den Charamassen von Tilisuna nicht selten. Genau dieselben Orthopteren wie in Partnun beleben auch die Bäche und theilweise den See von Tilisuna. Es sind Nemura variegata. Oliv., N. nitida, Pictet, Perla alpina, Pictet, Capnia nigra,' Pictet, Heptagenia longicauda, Vayss., und Chloë Bhodani, Pictet (?). Mit Partnun ge- meinsam ist auch RhyacopMla vulgaris, Pictet, die Kole- nati (54) als „arctica et alpina" bezeichnet und die in — 441 — fast ganz Europa sehr häufig sein soll. Die Hochthäler scheint sie mit Vorliebe aufzusuchen (72). Zwei Phry- ganeenlarven mit Steingehäusen, P. pilosa, Oliv., und P. mixta, Fictet, finden in den klaren, raschfliessenden Bächen von Tilisuna, und wohl auch am Seeufer, pas- sendes Material zum Röhrenbau. Da sie erst im Juli auszuschlüpfen pflegen, ist eine weitere Bedingung zu ihrem Gedeihen im Hochgebirge erfüllt (72). Ausser Chironomus plumosus , L. , fanden sich im Tilisunersee noch fünf andere Larvenarten desselben Grenus, die zusammen mit zwei Larven von Tanypus, einer von Tipula und einer unbestimmbaren Puppe, die sehr starke Ver- tretung der Dipteren ausmachen. Eine der Chironomus- larven ist bemerkenswerth durch ihre pelagische Lebens- weise und ihre pelagischen Eigenschaften. Neben dem Pisidium fossarimun, Cless., beherbergt der See von Tili- suna P. nitidum in der Yarietät lacustris^ Cless., sowie P. ovatum, Cless., das letztes Jahr von uns, zum ersten Mal für die Schweiz, wie Suter-Naef mittheilt, im See von Garschina gefunden wurde. Aus der Klasse der Schnecken fanden wir nur Limnaea trmicatula, Müll., und auch diese selten. Yom nicht gewöhnlichen Hydroporus piceus, Heer, (34) wurden nur wenige Exemplare erbeutet. Endlich seien noch erwähnt die auf anderen Wasser- thieren festsitzenden Infusorien : Opercularia nutans, Ehrh., Yorticella microstoma, Ehrh., CotJmrniopsis vaga, Schrh. Während wir uns im Jahre 1889 für den See von Tilisuna mit dem Nachweis von nur 17 Thierarten be- gnügen mussten, hat uns die zweite Excursion an diesen österreichischen Alpensee mit nicht weniger als 54 Arten bekannt gemacht. Nur drei der früher aufgefundenen Arten fielen diesmal nicht mehr in unsere Hände. Trotz des relativen Artenreichthums hat doch das Wasser- becken von Tilisuna den Charakter eines wenig belebten — 442 — Sees. Die Individuenzahl ist meist gering, das pelagische Leben nur dürftig entwickelt. Stattlicli an Arten und Individuen treten einzig die Insekten auf; die anderen Gruppen stellen allerdings zum Theil noch eine beträcht- liche Artenzahl, ohne dass indessen die einzelne Species reich vertreten wäre. Gar nicht nachgewiesen wurden bis jetzt: Amoebina, Heliozoa, Archhydrae, Hirudinei, Amphipoda, Neuroptera, Ehynchota, d. h. mit einer ein- zigen Ausnahme diejenigen Gruppen, die auch in Part- nun fehlen. Die näheren Beziehungen der Thierwelt von Tilisuna zu der vom Lünersee und von Partnun sollen weiter unten besprochen werden. lieber das Zu- und Auffrieren des hochgelegenen Sees von Garschina konnten keine zuverlässigen An- gaben gesammelt werden, doch soll auch er im Frühjahr 1890 viel früher als gewöhnlich von seiner Eisdecke be- freit worden sein. Bei unserem Besuche waren die Quellen und kleinen Bäche, die den See speisen, zum grössten Theil versiegt; auch die Wasseradern der nahe liegenden Berghänge waren meist ausgetrocknet. Trotz tiefer Lufttemperaturen — 8 bis 13^ C. — sank die Wasserwärme nie unter 15 bis 16*^ hinab. Auf den ersten Blick zeigte sich das Wasserbecken wieder von einer nach Arten vielgestaltigen, nach Indi- viduen überaus reichen Thierwelt belebt. Es entwickelt sich in diesem seichten, schlammigen, sich rasch durch- wärmenden Hochalp enteich, der sonnig inmitten grüner Alpweiden liegt, eine eigentliche Teichfauna, die wesent- lich von der Thierwelt der Felsenseen von Partnun und Tilisuna abweicht. Füglich stellen wir als einen der wichtigsten Be- — 443 — standtheile der Thierwelt von Garschina die Insekten voraus, da sie in nicht weniger als 26 Arten jenen See beleben. Während in den andern untersuchten Wasseransamm- lungen die Käfer zu den grössten Seltenheiten gehören, schwimmen hier munter eine ganze Anzahl von Yer- tretern der Genera Colymhetes und Hydroporus. Es wur- den von diesen gewandt in grosser Zahl sich tummelnden Insekten gefangen: Colymhetes congener, Heer, Hydroporus erythrocepJialus, Heer, H. nivalis, Heer, H palustris, Heer, H. nigrita, Heer, und H planus, Heer. Golymbetes congener ist ein richtiger Bewohner des Hochgebirges, den Heer im Berglisee, auf der Frug- matt, aus dem Wiedersteinerloch, auf der Alp Prunella im Oberengadin und im Eheinwald kennt (34). A u b é (6) be- zeichnet ihn als eine ziemlich gewöhnliche nordeuropäische Art. Hydroporus palustris ist in der Schweiz, wie in ganz Europa, gemein; ebenso gehört H. erythrocephalus nicht zu den Seltenheiten (6, 34). H. planus scheint nach Heer (34) ziemlich hoch in den Jura und die Alpen hinaufzusteigen, während H nigrita nicht gerade häufig die Gräben und Teiche der Ebene bevölkert. lieber die Yerbreitung von H nivalis ist schon im letzten Bericht gesprochen worden. Wir fanden dieselbe Art in einem Brunnen im Gafienthal bei 1742 m. Höhe. Imhof (47) traf H nivalis noch in kleinen Seen am Piz Corvatsch (2500—2600 m.), begleitet von Phryga- nidenlarven und einer Notonecta. Als höchsten Fundort für Schwimmkäfer bezeichnet derselbe Autor den^'2680 m. hoch gelegenen See Furtschellas, wo er Helochares lioidus konstatirte. Alle die angeführten Käfer . nähren sich räuberisch von andern Insekten; ihr Tisch ist in Gar- schina ein reich besetzter. Sie theilen ihn mit den ge- wandten ebenfalls vom Raube lebenden Hemipteren. — 444 — Ziemlich häufig läuft auf dem Wasser die uns von Partnun her bekannte Hydrometra thoracica^ Schml.; viel häufiger war in den verschiedensten, besonders jungen Entwicklungsstadien die flinke Gorixa cognata, Fieb., die Fieber geradezu als typisch für die Schweizeralpen anführt. Das Grenus Gorixa bevorzugt überhaupt gebirgige Gregenden (24). Eine nur in jungen Exemplaren seltener auftretende Notonecta bin ich geneigt, nicht der N. lutea, Müll, zuzutheilen, wie das letztes Jahr geschehen ist, son- dern als unausgefärbte N. glauca zu betrachten. Nach einer brieflichen Mittheilung von Killias findet sich dieses Thier auch im Tarasper See und in demjenigen der Lenzer Haide (über 1500 m.) Zahlreiche gewandt schwimmende Larven von Sialis lutaria, L., vertreten in Garschina die Neuropteren, wäh- rend die Orthopteren in weit grösserer Formenfülle und ebenso reicher Individuenzahl den See und seine Zu- flüsse bewohnen. Hier sind zunächst anzuführen die weithin im Gebirge vorkommenden Nemura variegata, Oliv., Nemura nitida, Pictet, Perla alpina, Pictet, und Hep- tagenia longicauda, Vayss. Auch die Cliloë Bhodani, Pictet, fehlt nicht. In der Ebene pflegt sie sich (76) im ersten Frühjahr zum geflügelten Insekt zu entwickeln; im Hochgebirge ist offenbar die Umwandlungszeit bedeutend nach rückwärts verschoben. Yon anderen Eintagsfliegen wurden zwei sehr jugendliche Larvenformen gefangen. Die nahe dem Uferrand im Wasser liegenden Schiefer- platten bieten all' diesen Ephemeriden schützende Yer- stecke, von denen aus sie das klare Wasser durch- schwärmen können, um auf Raub auszugehen. Der See von Garschina giebt Köcherfliegen, die mineralische oder vegetabilische Bestandtheile zum Ge- häusebau verwenden, passende Herberge. Erstere sind — 445 — durch den G-oniotaulius flavus, Klti, repräsentirt, der in stillem, wenig tiefem Wasser sich wohl befindet und von Pictet (72) auch auf dem Gipfel des Salève gesammelt wurde. Die Yerwandlung erfolgt für diese Art im Juni. Treffliche Existenzbedingungen findet in Garschina die Trichostegia variegata, Klti. (Phryganea varia, Fielet. ) Die Pflanzentrümmer des Ufers bieten ihr reichen Stoff zum Aufbau ihrer regelmässigen, schönen Gehäuse ; die späte Flugzeit — im August — sichert ihr Fort- kommen auch im Hochalpensee. Ende Juli und Anfangs August war der See von Garschina von ihren ausge- wachsenen Larven und in die Röhren eingeschlossenen Nymphen zum Theil förmlich erfüllt; Mitte August 1889 fanden wir vereinzelt ihre leeren Köcher, häufiger ihren Laich und ihre mit dem ersten Gehäusebau beschäftigten ganz jungen Larven. Selbstverständlich fehlen auch nicht zahlreiche, ver- schieden lebende Dipterenlarven. Chironomus plumosus, L., nebst zwei anderen Arten desselben Genus und je einer Form von Tanypiis und von Corethra besiedeln Ufer und Grund des Sees, während eine weitere Chironomusgivt^ die auch in Tilisuna und im Lünersee vorkommt, mit den Nymphen von Corethra plumicomis, Fahr., sich pelagisch herumtreibt. Das übrige pelagische Leben setzte sich zusammen aus zahlreichen Kolonien von Dinobryon sertiilaria, Ehrh., nicht gerade häufigen, meist jugendlichen Exemplaren von Daphnia longispina, Leyd., vielen, ebenfalls zum grössten Theil unreifen Cyclops strenuus, Fisch., und einer schönen Art von Diaptomus, die sich in ganzen Schwärmen an der Oberfläche tummelte, nach dem übereinstimmenden Urtheil von Poppe, Richard undimhof aber leider nicht bestimmt werden kann, da geschlechtsreife Exem- plare durchaus fehlten. Dazu kommt noch in grosser - 446 — Menge, meist reife Eier tragend, das pelagische Räder- thierchen Anurea cochlearis, Gosse. So erschien das kleine Wasserbecken von Grarschina, das kaum mehr als den Namen Teich verdient, von einer relativ reichen freischwimmenden Thierwelt belebt. Der Diaptomus von Garschina, wie auch D. haccilUfer, Koelbel, von Partnun und vom Lünersee, wies die schöne lebhaft rothe Farbe auf, die die Copepoden des Hoch- gebirges und der tiefen Süss wasserschichten oft aus- zeichnet. Blanchard (10) fand in Alpenseen von 1800 — 2500 m. Höhe, in der Nähe von Briançon, im seichten Uferwasser so zahlreiche rothe Diaptomiden, dass sie einen vollkommenen Carmingürtel um den Wasserspiegel bildeten. D. haccilUfer spielte dabei eine Hauptrolle. Das Pigment ist nach dem eben angeführten Forscher eine Art von Carotin, d. h. eine Substanz, die in den Phanerogamen und Farrenkräutern regelmässig vorkommt. Wie es Yernet (90) für Gebirgsformen schon fest- gestellt hat, erschien mir der Cyclops sirenuus, Fisch., des Rhätikon etwas kleiner und schmächtiger als die Indi- viduen der Ebene. Yernet schreibt diese Thatsache dem Nahrungsmangel in den kleinen, raschfliessenden und wenig organische Substanz enthaltenden Bergbächen zu. Als richtige Teichbewohner sind von Garschina Clep- sinen und Gammariden anzuführen. Erstere gehören den Arten GL hioculata, Sav., und besonders Gl. complanata, Sav., an, nicht der Gl. marginata, Sav., wie letztes Jahr aus Versehen geschrieben wurde. Sie halten sich in grosser Menge unter den wenigen Schieferplatten des Ufers auf. Mit ihrem Leibe überdeckten sie Eimassen oder eine zahlreiche Brut. Der Gammarm unseres Alpensees ist sicher zu G. pulex, Begeer, zu zählen, wenn auch Hosius (39) als — 447 — ausschliessliclien Aufenthaltsort dieser Art starkfliessende, nicht sehr tiefe, oft nur einen Zoll haltende Bäche an- führt. Er ist begleitet von der CallicUna parasitica, Gigl, die nach den Angaben von Hudson und Grosse (40) übrigens auch an Asellus aqiiaticus parasitirt. Als weiterer Vertreter der Rotatorien fand sich Notommata aurita, Ehrh. Längs des Ufers konnten als Schlammbewohner meist in grosser Individuenzahl gesammelt werden : Saenuris velu- tina, G-rube, S. variegata, Hoffm., Lumbriculus varlegahts, 0. F. Müll., Mermis aquaUUs, Duj., Dorylaimus stagnalis^ Duj. und Trilobus pelhicidus, Bast. Häufiger in den nahe- liegenden Bächen, unter dem Geröll versteckt, als im See, der weniger gute Wohnung bietet, hält sich Pla- naria alpina, Dan., gemäss der dunkeln Schieferunterlage in fast schwarzer Yarietät. Auf den See selbst be- schränkt ist dagegen das auch an den andern Lokalitäten von uns angetroffene Mesostoma. Ebenso weit im Rhätikon verbreitet sind die in Garschina nicht seltenen Macrobiotus macronyx, Duj., die Lebertia taii-insignitus, Lebert, und von den Entomostraken Cypris compressa, Lilljeb., und Lynceus rostratiis, Lilljeb. Die Molluskenvertretung weicht nicht wesentlich von der der übrigen Rhätikonseen ab : Limnaea truncakila, Müll., und L. ventricosa, Moq. Tand., für die Schnecken, und Pisidium nitidum, Jenyns, in seiner reinen Form und in der Yarietät lacustris, Cless., für die Muscheln. Auch hier stossen wir wieder auf die beiden hoch in's Gebirge steigenden Fische, Fhoxinus laevis, Ag., und Cottus gobio, L., beide in bedeutender Individuenzahl. Die Kaulquappen von Bana temporaria, L., belebten in verschiedenen Entwicklungsstadien schwarmweise den See. Triton alpestris, Laiir., in jungen und jüngsten Exemplaren, war keine seltene Erscheinung. Yon Protozoen fand sich im Schlamme des Grundes — 448 — Bifflugia pyriformis, Perty, auf anderen Wasserbewohnern — Krebsen, Insekten, Hydrachniden — festgewachsen Epi- stylis pUcatilis, Ehrb., Opercularia nutans, Ehrb., Yorücella microstoma, Ehrb., und. Cothurniopsis vaga, Schrk. Die Fauna von Garschina ist ausgezeichnet durch reiche Arten- und besonders Individuenvertretung. Der charakteristische Stempel wird ihr aufgedrückt durch das blühende Insektenleben, das alle wasserbewohnenden Abtheilungen jenes Thierstammes in sich begreift, und durch das Hinzutreten zahlreicher teichbewohnender Amoeben, Hirudineen, Amphipoden, Neuropteren und Coleopteren. Der schlammige Untergrund des Sees wird günstig auf reiche Individuenentwicklung von Nematoden und Anneliden wirken, während er gleichzeitig die fest- sitzenden Hydren und Bryozoen ausschliesst. Die Gesammtzahl der 1890 in Garschina gefundenen Arten beträgt 61 — 1889 : 39. Sie bleibt um etwas hinter derjenigen von Partnun — 65 — zurück. Doch ist zu bemerken, dass auf die Durchsuchung des Partnunersees viel mehr Zeit als auf die Studien in Garschina ver- wendet worden ist. Etwa acht 1889 gefundene Formen wurden im Sommer 1890 nicht angetroffen. Hält man alles zusammen, so ergiebt sich für den hochgelegenen See von Garschina ungefähr derselbe Artenreichthum und eine reichere Individuenvertretung, als für den viel tieferliegenden See von Partnun. Im Gebiete der Sulzfluh wurde im Sommer 1890 auch damit begonnen, den thierischen Bewohnern klei- nerer stehender Wasseransammlungen, Tümpel, Brunn- tröge etc., und speciell der zahlreichen schäumenden und rasch fliessenden Bergbäche nachzuspüren. Es durfte — 449 — gehofft werden, so nach und nach ein richtigeres Bild von der Yerbreitung und speciell auch der oberen Grenze mancher seebewohnender Arten zu gewinnen und viel- leicht auch über die Herkunft gewisser Elemente der Bevölkerung der Rhätikonseen Aufschluss zu erhalten. In der That scheinen manche in den Seen lebende Thiere, speciell Insektenlarven, vielleicht auch gewisse Hydra- chniden und Planarien, ihre wirkliche Heimath in den Wasseradern zu haben, die die Abhänge der Berge durch- furchen. Sie würden den Seen nur passiv und zufällig zugeführt. Yielleicht lassen sich auch Arten feststellen, die wohl im schäumenden Bergbach ihr Leben fristen können — wie der Sperchon glandulosus, Könike, der Azoren — , in den See geschwemmt aber nicht im Stande sind, sich den neuen Lebensbedingungen anzupassen. Die Nachforschungen über den Zusammenhang und die Yerbreitung der Fauna der verschiedenartigen Ge- wässer des Rhätikon, der stehenden und der fliessenden, hat erst begonnen; die wenigen Resultate aber, die ge- wonnen worden sind, muntern unbedingt zu einer syste- matischen Fortsetzung der Arbeit auch in dieser Hin- sicht auf. Auf einiges ist schon hingewiesen worden: auf den Reichthum der meisten Seezuflüsse an verschiedenartigen Insektenlarven, auf die weite Yerbreitung der Planaria alpina, Dana, auch im fliessenden Wasser. In Brunnen im Gafienthal (1742 m.) lebte Phri/ganea pilosa, Oliv., neben Hydroporus nivalis, Heer, in ähnlicher Lokalität am Scholl- berg (1962 m.) Fhryganea pilosa, Oliv., und Fhryganea mixta, Pictei. Die kalten Bäche am Plasseckenpass (2250 m.) be- herbergten Planaria alpina, Dana, Nemura variegata, Oliv., Heptagenia longicauda, Vayss., Phryganea pilosa, Oliv., und eine unbestimmbare Käferlarve. 29 — 450 — Die reicliste Fundgrube aber bot der kleine Brunnen vor dem Gasthaus zur Sulzfluh auf der Partnuneralp, dessen Wasser die Temperatur von 6^ C. nicht übersteigt. Diese kalte Quelle beherbergte wie 1889 die Planaria suUentaculata, Bug., von der eine Anzahl Exemplare isolirt wurden und sich ungeschlechtlich durch Quer- theilung vermehrten. In ihrer Gesellschaft waren Notom- mata aurita, Ehrb., Macrobiotus macronyx, Duj., nicht näher bestimmbare Dipterenlarven und als interessantester Fund der blinde Amphipode Nipliargus puteanus, Koch., in ganz pigmentlosen, durchscheinenden Exemplaren. Dieses eigen- thümliche Geschöpf bewohnt lichtlose oder lichtarme Ge- wässer : tiefe Brunnen und Wasserleitungen, Höhlen und endlich die tieferen Schichten der Süsswasserseen. An solchen Lokalitäten vorkommend, ist es sporadisch. über ganz Europa zerstreut. Wir kennen es aus den Höhlen und Grotten von Kärnthen, Schwaben (Falkensteinhöhle), Hessen, Hilgershausen etc., aus Brunnen in der Schweiz (Genf, Neuenburg, Basel), Savoyen, Frankreich, Deutsch- land, Belgien, England, Helgoland, Sylt, Italien. Forel (25) fand eine Varietät davon in den Tiefen des Genfersees von 30 — 40 Metern an abwärts. Sie wurde von A. Hum- bert besehrieben und mit dem Namen Nipliargus puteanus Koch, var. Forelü, AI. H., belegt. (Siehe auch Dup- lessis, 20). Nach H u m b e r t wäre dieser Tiefsee-Niphargus nicht sowohl von den littoral lebenden Gammariden als viel- mehr vom gewöhnlichen Niphargus puteanus, Koch, der unterirdischen Gewässer abzuleiten. Die Tiefseeform ist unter ähnlichen Yerhältnissen wie im Genfersee seither gefangen worden im Neuenburger-, Yierwaldstätter-, Walen-, Zürcher-, Comer-, Starnberger- und Zirknitzer- see, sowie in einigen permanent Wasser führenden Höhlen Kärnthens. — 451 — Der Amphipodenkatalog des britischen Museums führt vier Arten von Nipliargus an (86). De Rougemont (83) sucht zu beweisen, dass sechs bisher beschriebene Formen nur verschiedene Entwicklungsstadien ein und derselben Art seien. Die geographische Verbreitung von Nipliargus scheint ihm nicht mit derjenigen von G-ammarus pulex und Cr. fluviatilis zusammen zu fallen ; ein genetischer Zusam- menhang zwischen den gewöhnlichen Flohkrebsen und dem Nipliargus sei also unwahrscheinlich. Meniez (69) dagegen hält für seine unterirdischen Grammariden Nord- frankreichs an einem genetischen Band mit den ober- irdischen fest. Für uns erhebt sich die Frage: wie kommt der Ni- pliargus puteanus in den Brunnen von Partnun? Der Ab- schnitt des Rhätikon vom Cavelljoch bis zum Plasseken- pass besteht nach M o j s i s o v i c s (70) der Hauptmasse nach aus Kreidekalk ; Theobald allerdings (100) nimmt ihn als triasitische und liasitische Bildung in Anspruch. Dieses ganze Kalkgebirge ist reichlich von Höhlen und Gängen durchsetzt, die sich bald zu schmalen Stollen verengern, bald zu hohen Hallen erweitern. Yiele da- von sind wasserführend. Bache und Quellen versinken oben, hoch am Berge, in trichterförmige Oeffnungen, wie das an der Plassecken sehr schön beobachtet werden kann, um am Fusse der Felsen wieder hervorzusprudeln. Eine grosse wasserhaltende Höhle liegt im Westtheil der mächtigen Drusenfluh (siehe Ed. Imhof, 41); die Höhlen der Sulzfluh bilden ein ganzes System. Sie sind zum Theil schon längst touristisch bekannt worden (77). Im Allgemeinen sind sie als Yerwitterungs- und Auswasch- ungsarbeit früherer Gletscherbäche anzusehen ; sie liegen in einer Höhe von 2200 bis 2300 m. Eine derselben, die Seehöhle, umschliesst eine kleine Wasseransammlung, deren Niveau nicht unbedeutenden Schwankungen unter- — 452 — worfen ist. Die Wassertemperatur soll dort ziemlich konstant 2*^ E,. betragen. Aucli die benachbarte Scheien- fluh, an deren Abhang eben die Partnunerquelle liegt, ist durchzogen von Höhlen und Gängen, die zum guten Theil noch heute von Wasser durchrieselt werden. So liegt denn die Yermufchung nahe, dass jene unterirdischen Lokalitäten eine specielle Thierwelt beherbergen, von der einzelne Yertreter, wie die im Partnunerbrunnen, durch die Quellen zufällig zu Tage gefördert werden. Dass die Brunnenplanarien von Partnun ebenfalls zum Theil blind sind, lässt die Annahme von der Existenz einer specifischen Thierwelt der Hochgebirgshöhlen imRhätikon nur noch gerechtfertigter erscheinen. Die nächste Ex- cursion soll auch über diesen Punkt mehr Licht ver- breiten. G-ammarus pulex oder fluviatiUs, von denen der Ni- pliargus abstammen könnte, wurde in jener Gegend nicht gefunden. Der nächste Fundort für G. pulex ist der See von Garschina, der hoch oben am Kühnihorn ganz auf der anderen Thalseite liegt. Am ]N"ordhang der Scesaplana, in einer Gegend von wilder und ernster Schönheit, baar des Baumschmuckes, liegt in einer Höhe von 1943 m. die Perle des vorarl- bergischen Landes, der Lünersee. ' Der Wanderer, der von Bludenz südwärts durch das an landschaftlichen Reizen reiche Branderthal hinansteigt, gelangt nach mehrstündigem Marsche, der ihn mitten in die Hochge- birgswelt versetzt hat, vor eine etwa 500 m. hohe Fels- schwelle, den „bösen Tritt". Ist auch diese erklommen und ihr oberster Rand, der passend den Namen Seebord erhalten hat, erreicht, so bietet sich ein unerwartetes Bild dar. — 453 — Zu den Füssen dehnt sich ein weites Wasserbecken von in solcher Höhe ungewohnten Dimensionen aus. Hat doch der Lünersee etwa einen Quadratkilometer Oberfläche. In seinen blauen Fluthen spiegelt sich die Schneekuppe der Scesaplana wieder. Im Norden und Nordosten fallen ungemein steil hohe Dolomitfelsen zum Wasserspiegel nieder, der westlich und südwestlich Trüm- mer- und Greröllhalden bespült. Südlich reicht die grüne, sanft gewellte Fläche der Lüneralp bis zum Seespiegel. Im Hintergrund ragen empor blasse Kreidekalkklippen, in phantastisch verwitterter Form, die die Hauptkette des Rhätikon zwischen Cavelljoch und Schweizerthor bilden. Seiner geologischen Lage nach gehört der Lünersee vollkommen der Trias an, die hier vom Yorarlberg aus weit hineingreift bis gegen die Hauptkette des Rhätikon Das Seebord ist grauer, klüftiger Dolomit; ebenso bildet Dolomit das Nordostufer, während mehr nach Süden Arlb ergkalk auftritt. Ist der Lünersee horizontal ungewöhnlich ausge- dehnt, so überschreitet auch seine Tiefe bei weitem das für Alpenseen gewöhnliche Mass. Er wird von Süden nach Norden schreitend allmählig aber stetig tiefer, um das Tiefenmaximum unweit des Seebordes mit 102 m. zu erreichen. Der Entstehung nach soll der Lünersee, nach der Arbeit von L ö w 1 (60), der wir hier folgen, aus zwei grundverschiedenen Theilen, einem nördlichen und einem südlichen bestehen. Aeusserlich ist die Grenze zwischen beiden gekennzeichnet durch den Kreuzbichel, einen am Westufer in den See vorspringenden Sporn, hinter dem die Douglashütte, während mehreren Tagen unser gastliches Obdach, liegt. Der Nordtheil verdankte seinen Ursprung einem Einsturz, bedingt durch die Auflösung und Auswaschung — 454 — eines tiefliegenden Gypslagers, das hoch oben am Rells- thalsattel senkrecht ansteht, um westwärts unter den Dolomit einzufallen. Die Südost- und Südwestbucht des Sees dagegen muss aller Wahrscheinlichkeit nach in An- spruch genommen werden als das Eesultat glacialer Ar- beit. Diese Theile wurden gebildet durch die entspre- chenden Zuflüsse des ehemaligen Lünergletschers, von denen der eine herabströmte von der Scesaplana, der andere aus der Gegend des Cavellj ochs. Im und am Südabschnitt des Sees lässt sich die Gletscherarbeit überall erkennen. Das Felseneiland selbst, das dort dem Wasser- spiegel entsteigt, ist nichts als ein plumper Rundhöcker. Für unsere zoologischen Betrachtungen von höchster Bedeutung sind die eigenthümlichen Abfluss Verhältnisse und die dadurch bedingten starken Wasserstandsschwan- kungen des Sees. Es besitzt derselbe keinen oberirdischen Abfluss ; die tiefste Kerbe des Seebords liegt immer noch zwölf Meter über dem höchsten Wasserstand. Gegen Norden aber, etwa 50 Meter unterhalb des Seebords, springt der Alvierbach in mächtigem Strahl aus der Wand des bösen Tritts, um in schäumenden Fällen zum Branderthal niederzueilen. Das ist der Abfluss des Lü- nersees. Je nachdem nun der unterirdische Weg des Wassers mehr oder weniger geöflPnet oder geschlossen ist, füllt sich auch das Seebecken in verschiedenem Masse. Im Sommer 1879 konnte man im Kahn über die Insel hin- wegfahren, die im Juli 1887 5,5 m, über das Wasser emporragte. Damals Hess sich ein sehr deutlich abge- setzter Strandgürtel von mehr als sieben Metern Höhe nachweisen; zur Zeit unseres letzten Besuches betrug seine Höhe etwa vier Meter. Nicht weniger als elf Uferlinien können am Strand gezählt werden) von unten nach oben gerechnet ist die -^ 455 — 2., 7., 8. und 9. am stärksten ausgeprägt. An den Felsen des IN'ord- und Nordostufers verwandelt sicli die neunte Uferlinie zu einer förmliclien, ein bis zwei Meter breiten Eandleiste; offenbar stand also der See längere Zeit in dieser Höhe. Neben den unregelmässig sich folgenden, durch Oeffnung und Yerstopfung des Abflusses zu er- klärenden Niveauschwankungen ist die Höhe des See- spiegels übrigens auch bedeutenden Saisonveränderungen unterworfen. Im Frühjahr und der ersten Sommerhälfte füllt sich das Wasserbecken mit gewaltigen Mengen von Schmelzwasser, zu dessen Wegleitung der sich gleich- bleibende Abflusskanal nicht genügt. Ein Steigen des Wasserspiegels wird die Folge sein. Im August und September versiegen die Zuflüsse mehr und mehr, es wird mehr Wasser abgeleitet als zugeführt ; der nahende Winter, der die Quellbäche des Sees zudem noch er- starren macht, trifft einen tiefen Wasserstand an. Während unseres Aufenthaltes im August wurde der See, abgesehen von kleineren Quellen und Bächen, die übrigens zum Theil fast versiegt waren, von zwei Haupt- zuflüssen, einem südwestlichen und einem südöstlichen gespeist. Der südwestliche stammt von der Scesaplana her und führt sehr bedeutende, grobe Geröll- und Ge- schiebemassen, während der andere, am Cavelljoch 'und den Kirchlispitzen entspringende, nur kleinere Steinstücke und sehr viel Sand in den See schwemmt. Zwischen der Insel und dem Einfluss des südöstlichen Baches besteht denn der Seegrund auch zu gutem Theil aus Schlamm, untermischt mit feinem Geröll, während er sonst überall von groben Geschiebemassen bedeckt ist, oder von anstehendem Fels gebildet wird. Nur allzuoft kehrte die Dredge leer, oder nur mit wenigen Stein- stücken beschwert an die Oberfläche zurück. Sehr spär- lich ist der Pflanzenwuchs im See. Ausser grösseren — 456 — Massen von Characeen und Ansammlungen von braunen Algen existiren nur geringe Mengen grüner Algen. Diesem Pflanzenmangel muss vielleicht das Misslingen des Yersuches zugeschrieben werden, den sonst an Nah- rung reichen See mit Saiblingen zu besetzen. Auch die Flora des Ufers ist arm und wenig entwickelt ; auf weite Strecken wird sie durch Geröllhalden und Felsen ganz verdrängt. Zudem schiebt sich zwischen den Seespiegel und den mehr oder weniger stark ausfallenden Pflanzen- teppich der breite, durchaus nackte Strandgürtel. Die Temperatur in diesem grossen und tiefen alpinen Wasserbecken scheint, nach den zahlreichen vorgenom- menen Messungen, viel weniger zu schwanken als in den kleinen, seichten Wasseransammlungen des Hoch- gebirges, die sich rasch erwärmen, um sich ebenso rasch wieder abzukühlen. Das Temperaturmaximum betrug 11,75, das Minimum 10^ C, während die Luft gleich- zeitig 8 bis 14^ mass und die Temperaturen der Zuflüsse zwischen 5 bis IP schwankten. Der Lünersee schliesst sich selten vor Mitte Oktober; doch kann dieses Ereigniss auch noch viel später ein- treten. So fror im Winter 1889 und 1890 der Wasser- spiegel erst im December zu. Ende Mai oder Anfangs Juni verschwindet gewöhnlich das Eis, in ungünstigen Jahrgängen kann dieses Datum sehr hinausgeschoben werden. Der Process des Auffrierens geht rasch vor sich und ist in der Kegel nach acht Tagen vollkommen vollendet. Yon Lawinen und Steinschlägen wird der Lünersee nur wenig heimgesucht. Die Farbe seines Wassers ist, besonders in den tiefen nördlichen Theilen, ein prachtvolles Tiefblau. Es Hess sich in diesem verhältnissmässig offen und sonnig liegenden Wasserbecken, mit seiner bedeutenden horizontalen und vertikalen Ausdehnung und reichen — 457 — Gliederung der Küsten eine nicht eben dürftige thie- rische Lebewelt zum vornherein vermuthen, entgegen einer alten Yolkssage, die den Lünersee als todt und thierlos verruft. Die starken Niveauschwankungen aller- dings, sowie die ungünstige Grundbeschaffenheit und die ärmliche Flora des Sees und seiner Ufer werden thie- risches Leben nicht gerade begünstigen. Unerwartet spärlich entwickelt ist die rein littorale Thierwelt. Häufig war unter den Steinen des Ufers nur die Planaria alpina, Dana, und auch sie nur an gewissen Stellen des Sees. Dafür trat sie in den mannigfaltigsten Farbenvarietäten, fast weiss, grau, braun, röthlich, gelb, schwarz auf. Die Exemplare des Sees waren im allge- meinen heller als die sehr zahlreich in den Zuflüssen sich aufhaltenden. Junge und jüngste Thiere fanden sich in Menge. Eine lebhafte, ungeschlechtliche Vermehrung durch Quertheilung schien stattzufinden. Zählen wir zu dieser Uferbevölkerung noch sehr vereinzelte Exemplare von Limnaea tnmcatula, Müll., und Limnaea ventricosa, Moq. Tand., vom Ufer und der Insel, seltene Insektenlarven und den sich überall einstellenden Cottus gobio, L., so ist ihr Reichthum bereits erschöpft. In der Nähe des Ge- stades trieb sich ein Laubfrosch herum, der seine erste Jugend wohl auch in den Fluthen des Sees verlebt haben wird. Die Armuth der uferbewohnenden Thierwelt erklärt sich wohl am besten durch die bedeutenden Niveau- schwankungen des Seespiegels, die die littorale Bevöl- kerung stets mit Austrocknung bedrohen. Darum finden sich auch die festsitzenden Hydren und Bryozoen, die dem sinkenden Wasserspiegel nicht zu folgen vermögen, hier ausnahmsweise in einer bedeutend tieferen Zone des Sees. Dasselbe gilt von den schwach beweglichen litto- ralen Würmern. — 458 — Nur an einer Stelle des Ufers, wo immer neue Zu- fuhr von Thieren stattfindet, entwickelt sich reges thie- risches Leben: an der Mündung des grossen südöstlichen Quellbaches, in dem im Gegensatz zum südwestlichen Zufluss zahlreiche und verschiedenartige Insektenlarven ihr Leben fristen. Yon da aus haben sie sich theilweise auch in den benachbarten Abschnitten des Sees angesie- delt. Wir stossen auf viele alte Bekannte, meist in bedeu- tender, oft in sehr grosser Individuenzahl. Die Haupt- masse machen aus: Phryganea mixta, Pictet, Chlo'è Bhodani, Pictet, (?), Nemura nitida, Pictet, N. variegata, Oliv., zwei Larven von Tanypus, Puppen und Larven verschiedener ChironomiissiTten. Seltener sinà Capnia nigra, Pictet, die auch in Partnun gefundenen TipulalsLVYen und verschie- dene nicht näher zu bestimmende Dipterenpuppen. Die littorale Insektenwelt ist also nur in einem Winkel des Sees nach Individuen gut vertreten, da wo sich der Sand und feines Geschiebe führende Bach, der zudem die grüne und blühende Lüneralpe durchströmt, in das Wasserbecken ergiesst. Hier finden Insektenlarven und ausgewachsene Insekten günstige Nahrungs- und Woh- nungsbedingungen ; vom Bach aus gelangen sie leicht in den See. Die übrigen Zuflüsse, die grosse Mengen groben und schweren Gerölls herabführen und an ihren Ufern keine Yegetation besitzen, werden den Insekten keine passenden Existenzverhältnisse bieten. An einer Phryganidenlarve parasitirten die eigen- thümlichen, schon früher erwähnten jungen Hydrachniden. Als nur zufällige Bewohner des flüssigen Elements haben wir wohl auch hier die Trombidinen : Damaeus getiicii- latus, C. L. Koch, und Trombidium, spec, 0. F. Müll, zU betrachten. * Mit der Armuth des Ufers an thierischen Wesen kontrastirt scharf der Reichthum einer etwas tieferen. — 459 — Wasserschiclit. Sobald wir in Tiefen gelangen, die von den I>[iveauscliwankungen des Wasserspiegels nicht mehr beeinflusst werden, deren Boden nie blossgelegt wird, stellt sich auch reiches thierisches Leben ein, zusammen- gesetzt zum guten Theil aus Formen, die sonst unmittel- bar am Ufer wohnen. Die littorale Fauna ist zu einer sublittoralen geworden, sie hat sich nach unten geflüchtet, ist durch die Schwankungen des Wasserspiegels sozu- sagen um ein Stockwerk nach unten verrückt worden. Dieser grössere Thierreichthum begann etwa fünf Meter unter dem damaligen Wasserspiegel und verbreitete sich über eine Schicht von etwa zwanzig Metern Tiefe. Hier erschienen festsitzende Littoralformen, Kolonien Yon Fredericella sultana^ Gerv., die man in Tilisuna am Ufer sammeln kann, besonders aber eine prachtvoll rothe Hydra in bedeutender Zahl, die Bydra rhaetica, Äspers., wol eine Varietät der bekannten Hydra fusca, L. Wie in den Engadinerseen, wo er von Asper (4) am Ufer entdeckt wurde, lebt der Polyp auch im Wasser- becken der Scesaplana nur an der Unterfläche der Steine. Das egelartige Kriechen, das Asper auffiel, konnten wir auch beobachten, ebenso das durch Knospung be- dingte Entstehen kleiner Thierstöcke. Hydra rJiaeiica, Äsp., wurde von Imhof (48) auch im Lago d'Emet (2100 m, am Madesimopass) in Gresellschaft des intensiv ziegelroth oder rothbraun gefärbten Diapiomus baccillifer, Koelhel, gefunden. Sie scheint ein richtiger Hochgebirgs- bewohner zu sein, der auch in pflanzenarmen Wasser- becken sich wohl befindet. Yon anderen Uferbewohnern sind im Lünersee tiefer hinabgezogen Limnaeus truncahilus, Müll., Pisiditim nüi- dum, var. lacustris, Cless., Dorylaimiis stagnalis, Duj., Sae- nuris variegata, Hoffm., und Lumbriculus variegatus, 0. F. Müll, während die Tiefenbewohner Saenuris velutina, Grübe, — 460 — und Bytlionomus Lemani, G-ruhe, von unten bis in die sub- littorale Schicht emporsteigen. Letztere von Gr r u b e (33) beschriebene, der marinen Gattung CUtellio nahe- stehende Form ist übrigens schon von For el als Be- wohner der Uferregion aufgefunden worden (25). In einer Tiefe von zehn Metern sind im Lünersee auch Hydrachniden nicht selten. Es handelt sich um die in den Rhätikonseen überhaupt häufige Lebertia taii-insignitus, Lehert, und den Ärrenurus maculator, 0. F. Müll., den Könike (55) auch aus dem Harz und Thüringen kennt. Lebertia tau-insignitus ist übrigens auch in den grössten Tiefen des Sees heimisch; sie ist ja geradezu eine Tief- seebewohnerin. Wie in den übrigen Rhätikonseen leben auch hier Geschöpfe, die sonst nur in tiefen Schichten vorkommen, nahe dem Ufer. Die Tiefseefauna ist im Lünersee nach oben, die littorale nach unten gerückt. Als alle Schichten belebend sind für den Lünersee zu verzeichnen die Entomostraken : Lynceus rostratus, Lüljeb., Chydorus sphaericus, 0. F. Müll., Cypris compressa, Lilljeb., und Cypris Candida, Zenker. Die ufer- und grund- bewohnenden Rotatorien sind vertreten durch EucJilanis dilatata, Ehrb., E. triquetra, Ehrb., und Eosphaera digitata, Ehrb. E. triquetra ist nach Ehrenberg (22) und Hud- son und Gosse (40) eine nicht ungemeine Form. In die sublittorale Zone gehört auch Macrobiotus macronyx, Duj., und Actinophrys soi, Ehrb., während die festsitzenden Infusorien Vorticella microstoma, Ehrb., Cothurniopsis vaga, SchrJc. und Lagenophrys vaginicola, St., mit den sie tragenden Thieren verschiedene Wasserschichten erreichen werden. Yereinzelt wurden gefunden jüngste Larvenstadien von Ephemeren (Chlöe) und Käferlarven. Chironomus stellt sich auch hier wieder in zahlreichen Arten und Individuen ein. Eine Form speciell ist cha- rakteristisch für die grössten Tiefen von 80 bis 100 — 461 — Metern. Dort hinab steigen auch viele der eben aufge- zählten sublittoralen Thiere. Es treten dazu Pisidium Foreli, Cless., und verschiedene rhabdocoele Turbellarien, besonders eine häufige Art von Mesostoma. So beherbergt denn die Tiefe des Lünersees eine ziemlich individuen- reiche und durch verschiedene specielle Formen charak- terisirte Thierwelt, im Gegensatz zu den übrigen weniger tiefen Alpenseen. Immerhin lässt sich diese alpine Tief- seefauna lange nicht so scharf umschreiben und abgrenzen, wie diejenige der grossen Seen der Ebene, da ja im Hochgebirgssee zahlreiche Tiefenbewohner des Flach- landes die nöthigen Existenzbedingungen schon am Ufer verwirklicht finden, und so eine starke Yermischung von littoraler und profunder Fauna stattfinden muss. Ob die Turbellarien der tieferen Wasserschichten im Lünersee dieselben Yeränderungen durchmachen, wie sie von Duplessis (21) im Genfersee für die von littoralen Formen abstammenden Strudelwürmer beobachtet wur- den, konnte einstweilen nicht entschieden werden. Der Lünersee mit seiner weiten Oberfläche wird der Ent- wicklung einer pelagischen Thierwelt günstige Beding- ungen bieten; die freischwimmenden Geschöpfe können zudem während des Tages in bedeutende Tiefen hinab- sinken. So ist denn auch das pelagische Leben nach Arten und Individuen sehr reich entwickelt. Während des Tages war die Oberfläche des Sees unbevölkert, doch schon in einer Tiefe von fünf bis fünf- zehn Metern tummelten sich zahlreiche, meist junge Exemplare von Diaptomus baccüUfer, Kölbel, und Cyclops strenuus, Fisch, beide Arten durch intensiv rothe Fär- bung ausgezeichnet. Nachts steigen diese Copepoden an die Oberfläche, die sie nun in gewaltigen Schaaren be- leben, begleitet von der Daphnia longispma, Leyd., und besonders zahlreichen Individuen von B. pulex. Leyd. — 462 — Letztere Art ist weit verbreitet. Leydig (58) fand sie im südlichen Baiern, nicht aber um Tübingen und am Bodensee. Die Männchen sollen in der Ebene im Ok- tober und November erscheinen. Siehe auchLillje- borg (59). Auch in Frankreich fehlt sie nicht; wenig- stens führt sie Richard (81) mit folgenden Entomo- strakenformen als gemein an: Cyclops strenuus, Fisch., J). longispina, Leyd., Äcroperus leucocephalus, Koch, Alona rostraia, Lilljeh., Chydorus sphaericus, 0. F. Müll. Jules de Guerne (27) citirt B, pulex, Leyd., von den Azoren, Poppe (79) aus Helgoland und endlich A s p e r als Bewohnerin des hochalpinen Grimselsees (3). Auch an pelagischen Eotatorien ist der Lünersee reich. Häufig sind die so weitverbreiteten Anurea coch- learis, Gosse, und Notholca longispina, KellicoU, [siehe Hudson und Gosse (46) ]; viel seltener Anurea testudo, Fhrb., die schon ihr Entdecker nicht häufig antraf. Alle drei tummeln sich Nachts an der Oberfläche des Wassers. Endlich sind als freie Schwimmer noch zu erwähnen: Dinobryon sertularia, Ehrb., in massiger Zahl, und Jugend- stadien einer Corethra- und emev- Chironomusart — Nach dem vorläufigen Stande unserer Kenntniss setzt sich die Fauna des Lünersees aus 58 Thierformen zusammen. Im Gegensatz zu den anderen Rhätikonseen sind hier vertreten die Heliozoa und Archhydrae, während die Amoebina, Hirudinei, Amphipoda und von den Insekten die Neuroptera, Rhynchota und Coleoptera einstweilen keine Vertreter stellen. Der Individuenreichthum kann nur theilweise als ein bedeutender bezeichnet werden. Yergleichen wir nun die Fauna der vier untersuchten Rhätikonseen nach ihrer Zusammensetzung, so ergiebt sich^ dass von 120 im Sommer 1890 gesammelten Thier- — 463 — species nur 21 allen Lokalitäten gemeinsam sind. Es betrifft dies: Binohryon sertularia, Yorticella microstoma, Cothurniopsis vaga, Flanaria alpina, Saenuris velutina, Meso- stoma, spec.j Lumbriculus variegatus, Daphnia longispina, Lynceus rostratiis, Cypris compressa, Cyclops strenuus, Lebertia tau-insignitus , Macrobiotus macronyx , Nemura variegata, Nemura nitida, Chloë Bhodani, Chironomus 2 spec, Tanypus spec, Limnaea truncatula und Cottus gobio. Diese Zahl wird natürlicli noch ansteigen ; schon jetzt kennen wir nach dem Resultate von 1890 17 Arten, die je in drei, 23 die je in zwei der Seen vorkommen; doch stehen diesen immerhin 55 Formen gegenüber, für die wir nur einen Fundort verzeichnen können. Die grösste Zahl selbständiger sonst nicht vorkommender Arten weist auch diesmal Garschina auf. Es sind folgende 21: Difflugia pyriformis, JEpistylis plicatilis, Callidina parasitica, Clepsine bioculata, Cl. complanata, Diaptomus spec, Gammarus pulex, Ephemerenlarve II, Sialis kitaria, Trichostegia variegata, Corixa cognata, Notonecta glauca, Corethra plumicornis, Colym- betes congener, Hydroporus erythrocephahis, H. palustris, H. nivalis, H. nigrita, H. planus, Fisidium nitidum, Triton alpestris. Diese specifische Vertretung entspricht nach ihrer Zusammensetzung genau den früher ausführlich geschilderten Yerhältnissen des offen liegenden, warmen und seichten Hochalpenteichs (100, 101, 102). Der Lünersee beherbergt 14 für ihn charakteristische Formen, nämlich ÄctinopJirys soi, Lagenophrys vaginieola, Hydra rhaetica, Euchlanis triqiietra, Anurea testudo, Daplmia pulex, Arrenurus maculator, Trombidium spec, Damaeus geniciilatus, Ephemerenlarve I, Dipterenpuppe II und III, Käferlarve II, Hyla arborea. Unter ihnen scheinen für die gegebenen Yerhältnisse besonders günstig organisirt mehrere rein pelagische Thiere und die Hydra, die im geröllreichen See passende Wohnstätten findet. — 464 — Gemäss den ziemlich mannigfaltigen äusseren Be- dingungen ist auch die specifische Fauna des Partnuner- sees aus verschiedenen Typen zusammengesetzt. Immer- hin sind hauptsächlich die Bewohner der Algenmassen, die im Sommer 1890 im See so üppig wucherten, nach Arten reich vertreten. Für Partnun waren charakte- ristisch 14 Formen: Cothurnia, spec, Monotus lacustris, Monhystera er as sa, G-orâius aquaticus, Monocerca bicornis, JEosphaera elongata, Acroperus leucocephahis , Chaetopteryx villosa, Hydrometra paludum, Dipterenpuppe I, Dipterenlarve I und II, Hydroporus castaneus, Trutta fario. Tilisuna endlich zählt nur 6 typische Arten : Trilobus gracilis, Macrothrix laticornis, Trombidium plancum, Dipteren- puppe IV, Hydroporus piceus, Fisidium ovatum. Yon den 21 in allen Seen vorkommenden Formen sind die meisten als weitverbreitete in Anspruch zu nehmen; kosmopolitische pelagische Geschöpfe, überall gemeine, aktiv oder passiv leicht verschleppbare Ento- mostraken, Tardigraden und Insekten spielen die Haupt- rolle. Sie bequemen sich den verschiedenen Beding- ungen aller vier Wasserbecken an. Dazu kommen einige, zum Theil wenigstens in den Alpen häufige, schlamm- bewohnende Würmer und zwei nicht seltene Tiefsee- thiere der Ebene, die ebenfalls in allen vier Seen ihr Fortkommen finden. Folgende Zahlen mögen eine weitere Vergleichung der vier Lokalfaunen gestatten: Nur in Lün und Tilisuna finden sich 5 Arten, •n 1)^1) 4 ■ 7 Q « „ » „ Garschina 1) „ Partnun Tilisuna λ » Partnun „ Garschina Tilisuna « w — 465 — AusscMiesslich in Garschina, Partnun, Tilisuna leben 6 Arten, „ „ Partnun, Tilisuna und Lün leben 6, „ „ Garscbina, Tilisuna und Lün leben 2 Arten, „ „ Garschina, Partnun und Lün leben 3 Arten. Endlich baben im Ganzen gemeinsam: Tilisuna und Lün 34 Arten, „ „ Partnun 40 „ Lün „ „ 34 „ „ „ Garscbina 29 „ Partnun „ „ 33 „ Tilisuna „ „ 29 „ Aus diesen Zahlen, sowie aus der vorangehenden Schilderung und den dieser Arbeit beigegebenen Ta- bellen ergiebt sich, dass von den vier untersuchten Rhätikonseen derjenige von Garschina in faunistischer Hinsicht eine Sonderstellung einnimmt, die sich durch die in ihm gebotenen Lebensbedingungen zwanglos er- klären lässt. Yiel näher stehen sich im Gegensatz zum Alpenteich von Garschina in ihrer Bevölkerung die drei Felsenseen der Hauptkette des Rhätikon. Besonders haben die vielfach analogen Yerhältnisse von Tilisuna und Partnun in einer sehr ähnlichen thierischen Bevöl- kerung Ausdruck gefunden. Der Lünersee dagegen zeigt manche neue Elemente, deren Auftreten aus den eigenthümlichen Yerhältnissen erklärt werden kann, die dieses weit ausgedehnte und tiefe hochalpine Wasser- becken bietet. Der Arten- und Individuenreichthum ist auch in höher gelegenen Bergseen ein bedeutender, sofern nur eine Reihe für das Thierleben günstiger Faktoren, wie in Garschina, zusammentreten. 30 — 466 — Allerdings muss zugegeben werden, wie dies spe- ciell Imhof (50) in richtiger Weise betont, „dass die Lebenszähigkeit der niedern Süsswasserorganismen unter sehr verschiedenen Existenzbedingungen eine ganz an- sehnliche ist" und dass in Folge dessen ein und dieselbe Thierform in Seen, die ganz verschiedene physikalische Yerhältnisse darbieten, leben kann. Neben diesen überall und unter jeder Bedingung vorkommenden Thieren, die ja auch in den Rhätikonseen nicht fehlen, giebt es aber andere, die nur unter ganz bestimmten Umständen ihr Leben zu fristen vermögen. Sie gehören zum guten Theil allerdings auch weitverbreiteten Arten und Gat- tungen an, doch treten sie von Ort zu Ort, eben nach den herrschenden Verhältnissen, in verschiedener Grup- pirung auf und verleihen so den kleinen Lokalfaunen ihr specifisches Colorit. Die Aehnlichkeit der äusseren Bedingungen bringt es mit sich, dass der See von Partnun faunistisch den entlegenen Wasserbecken des Riesengebirges näher steht, als dem nahen Teich von Garschina. Dieser zeigt un- bedingt die deutlichsten Anklänge an entfernte, viel tiefer liegende Wasseransammlungen der Ebene von ähn- lichem physikalischem Charakter. Der Lünersee steht nicht nur nach seinen äusseren Yerhältnissen, sondern auch nach seiner Thierwelt, den fernen Seen des Ober- engadins nahe. Ein schönes Beispiel davon, dass in ganz nahe liegenden Wasserbehältern eine wesentlich verschiedene Fauna sich entwickeln kann, führt Kennel (53) an. Er kennt bei Würzburg zwei Tümpel, die unmittelbar nebeneinander liegen. Sie trocknen jeden Sommer aus; trotzdem aber ihr Bodensatz künstlich und natürlich vermischt wurde beherbergt der eine immer nur Daph- niden und Asplanchna, der andere Cypris, CuUciden und — 467 — Fliegenlarven. Aelmliclies weiss derselbe Autor von sich naheliegenden aber verschiedene Bedingungen bie- tenden Pfützen und Wassergräben der Rheinebene zu melden. Die zwei nebeneinander liegenden Flüelaseen sind nach Imhof (49) von zwei verschiedenen Diaptomus- arten bewohnt. Heuscher (37) fand, dass ganz ähnlich wie in unseren Rhätikonseen auch in der Seengruppe der Grauen Hörner die Fauna von Wasserbecken zu Wasserbecken in ihrer Zusammensetzung nach den verschiedenen äus- seren Bedingungen variirt. Auch hier sind Wasseran- sammlungen vom Charakter des Sees von Garschina am reichsten belebt. Ihre Thierwelt weist fast genau die- selben Formen auf wie die des entfernten Garschina, die unter ähnlichen Yerhältnissen steht, während ganz in der Nähe liegende, anderen Bedingungen ausgesetzte Wasser- becken eine andere Thierwelt beherbergen. In seinen sehr lesenswerthen hydrobiologischen Unter- suchungen an 92 Seen Westpreussens betont S eligo (85) stark die Beeinflussung der Entwicklung thierischen Lebens durch äussere, physikalische Yerhältnisse. Yon Wichtigkeit für das Gedeihen der Thierwelt ist zunächst die Gegenwart von Pflanzen im See. Sie bereiten die Nahrung für niedere Thiere vor, die selbst wieder den Fischen zum Opfer fallen. Die Uferpflanzen gewähren zudem den Thieren Schutz vor dem Wellenschlag. Auf die Pflanzenentwicklung selbst ist von Einfluss die Durch- sichtigkeit des Wassers, die Art und Menge der im Wasser gelösten mineralischen Stoffe, sowie Wärme und Witterungsverhältnisse. Flächeninhalt der Wasserbecken, Tiefe, Uferentwicklung, Wasserhärte, sind nach S e 1 i g o die Elemente, die in letzter Linie die Fruchtbarkeit der Seen bedingen und bei hydrobiologischen Studien zu- nächst zu berücksichtigen sind. — 468 — Dass die Fauna der Hochgebirgsseen unter gleichen Umständen eine gleichartige sei, ist schon im letzten Bericht hervorgehoben worden. Die Aehnlichkeit der Thierwelt der Rhätikonseen mit derjenigen der Ober- engadiner Wasserbecken wird durch die Gegenwart von Hydra rhaetica, Asp., im Lünersee noch erhöht. Die äusseren Bedingungen scheinen an beiden Orten ähn- liche zu sein. Silvaplaner- und Silsersee erreichen mit 77,4, resp. 83 m. Tiefe annähernd den Lünersee (102 m.). Gammarus, Neuropterenlarven, Hydroporus, Hydra, Limnaeen, Fhryganiden, Ferliden, Lumbricitlus, Fredericellen, Pisidien, rothe Cyclopiden, Daphniden, JEpistylis kommen an beiden Lokalitäten vor. Bei einer JS'achtfahrt auf dem Silsersee fand Asp er (4) bei 7^ und bewegtem Wasser massen- haft eine rothe Cyclopide und eine kleine DapJmia, Specielle Anklänge scheint die Thierwelt der Rhä- tikonseen an diejenige der Seengruppe der Grrauen Hörner bei Ragaz zu haben. Heuscher (37), der diese 1902 bis 2436 m. hoch gelegenen Wasserbecken im Auf- trage der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft in St. Gal- len untersucht, fand dort im August u. A. Larven von Bana temporaria, Hydroporus nivalis, Chironomus phimosus, JPisidien, Anurea cochlearis, A. longispina, Gammarus pulex, Fhryganiden, Clepsinen, Planarien, Cyclopiden, Difflugia, Hydro- porus- und Chironomussirtejï ^ Anguilhiliden , Daphnia lon- gispina etc. Einer weiteren Bearbeitung dieser Seen darf mit Interesse entgegengesehen werden. Auch die von Asp er und Heuscher (5) schon früher unter- suchten Gebirgsseen St. Gallens und Appenzells beher- bergen viele dem Rhätikon nicht fremde Thiere. Die U eher eins timmung der Rhätikonfauna mit der der Wasserbecken des Riesengebirgs ist schon wieder- holt betont worden. Zacharias (97) hat neuerdings darauf aufmerksam gemacht. Yon den dortigen Wasser- ~ 469 — ansammlungen liegt der grosse Teich 1218, der kleine 1168 m. hoch; ihre Temperatur beträgt 10 — 12 ° R., Mitte Mai sind sie vollkommen frei von Eis. Ausser den schon als gemeinschaftlich genannten Thierformen gehören dem Riesengebirge wie dem Rhätikon an Cyclops stremms, Cliydorus sphaericus, Lehertia tmi-msicjnitus, Mesostoma und Planaria alpina, über deren Yorkommen weiter unten noch einiges folgt. Am bemerkenswerthesten bleibt aber das Auftreten von Monohis lacustris, Zach., auch im See von Partnun. Diese rhabdocoele Turbellarie, die der marinen, nordischen Gattung Monocelis nahe steht, wurde von Duplessis (20) im Genfersee von einigen Metern Tiefe an bis in die tiefsten Gründe gefunden. Reife Exemplare existiren zu allen Jahreszeiten. Das Thier findet sich auch im Neuenburger- und Jouxsee (1009 m. hoch, im Jura) und wahrscheinlich noch in verschiedenen anderen grossen Wasserbecken der Schweiz und Ober- italiens. Forel (25) bestätigt sein häufiges Yorkommen in den tiefen Schichten des Genfersees ; littoral ist Mo- notus durch eine bedeutend grössere, stärker gefärbte Yarietät vertreten. Derselbe Autor kennt das Thier aus Seen von Zürich, Neuenbürg, Biel, Annecy etc. Za- ch ari as (93, 97) erwähnt es wiederholt aus den Wasser- becken des Riesengebirges, Braun fand dieselbe Form im Peipussee. Monotus lacustris bewohnt im allgemeinen kalte Ge- birgsseen, oder die tieferen, kühleren Schichten der grossen subalpinen Wasseransammlungen. Zacharias glaubt annehmen zu dürfen (97), dass die Turbellarie zur Fauna der postglacialen Schmelzwasserseen gehörte, die unter sich wie mit dem nördlichen Meer durch ein System von Kanälen verbunden waren. Sie wäre aus dem Meer von Norden her in das süsse Wasser eingewandert und — 470 — hätte sich an vereinzelten ihr zusagenden ertlichkeiten, d. h. in kaltem Wasser, auch später noch gehalten. Dass Sperchon glandulosus, KöniJce, im Rhätikon, dem Kiesengebirge und auf den Azoren heimisch sei, ist be- reits besprochen worden. Aber auch sonst sind die Kraterseen der Azoren von manchen uns wohlbekannten Geschöpfen bewohnt. Jules de Guerne (27) ver- zeichnet in seiner schönen Arbeit aus ihnen Ghydorus sphaericîis, Diffhigia, Nematoden, Mesostoma viridatum, Sae- nuris variegaia etc. etc. und macht darauf aufmerksam, dass die Süsswasserfauna jener Inselgruppe vorzüglich europäischen Charakter trage. Die häufigsten dort hei- mischen Thiere haben eine ungemein weite Yerbreitung. Fast alles sind leicht zu verschleppende Arten, die meist die Fähigkeit haben, Dauerstadien zu bilden. In diesen Thatsachen sieht J. de Guerne eine Stütze seiner An- sicht vom passiven Transport kleiner Thiere, hauptsäch- lich durch Zugvögel. Siehe für die Azoren auch Bar- rois und Meniez (8), sowie für passive Yerschleppung kleiner Süsswasserthiere J. de Guerne (28). So können wir denn auch dieses Jahr darauf hinweisen, dass die Thierwelt der Rhätikonseen im allgemeinen in ihrer Zu- sammensetzung derjenigen näherer und fernerer Hoch- gebirgsgewässer, mit entsprechenden Bedingungen, ziem- lich ähnlich ist und sogar durch gewisse Formen, die theils kosmopolitisch, theils nur lokal vorkommen, mit der Fauna sehr weit abliegender Wasserbecken verbun- den wird. Die Hauptelemente, die zur Thierwelt der Rhätikon- seen zusammentreten, sind weitverbreitete littorale und pelagische Geschöpfe der Ebene ; zu ihnen gesellen sich seltener vorkommende Formen desselben Ursprungs. Daneben finden sich Tiefenbewohner der grossen sub- — 471 — alpinen Seen, die im Hochgebirge meist auch littoral werden, eine Anzahl reiner Hochgebirgsarten und Varie- täten und endlich nordische Elemente. lieber die Verbreitung einiger, besonders pelagischer Geschöpfe des Rhätikon mögen hier Notizen folgen. Manches wurde schon auf den vorangehenden Seiten oder im letztjährigen Bericht besprochen. J)inohryo7i sertularia, Ehrb., ist eine in und ausserhalb der Schweiz wohl überall vorkommende Form. Im- h f (49) kennt sie von verschiedenen Lokalitäten. Er fand das Genus Dinohryon bis 2500 m. hoch. Moniez (66) verzeichnet unsere Art aus dem Lago di Lentini in Sicilien. Weitester Yerbreitung erfreuen sich die pelagischen Rotatorien Anurea cocMearis, Gosse, und JSfo- tliolca longispina, Kellicott. Erstere wird von Hudson und Gosse (40) als Bewohnerin klarer Teiche und Seen bezeichnet, letztere wurde zuerst im Niagara bei Buffalo beobachtet. Ausser manchen schon angeführten verdienen folgende Fundorte dieser Rotatorien specielle Beachtung. Süsswasserseen in Grönland, von woher J. de Guerne und J. Richard (30) sie in Gesell- schaft von Daphnia longispina, Äcroperus leucocephalus und Chydorus sphaericus erhielten. Rabot (82) fischte diese Thierchen in den sehr kalten Gewässern der Halbinsel Kola, die sieben bis acht Monate mit Eis bedeckt blei- ben. Sie leben dort in einer mannigfaltigen Gesellschaft von Cladoceren, Copepoden, Hydrachniden, Spongien und Protozoen. Moniez kennt sie aus Sicilien (66), Crisp (18) aus England und Schottland, Imhof aus den Seen Sa- voyens (42), des Schwarzwalds (51), aus dem Bodensee — 472 — (52), dem Corner-, Langen- und Luganersee; Eichard (80) traf sie in den Wasserbecken der Auvergne mit den sie so häufig begleitenden Entomostraken Baphnia longispina, Äcroperus leuoocepJialus, Chyäorus sphaericus und Cyclops strenims. Aus Deutschland citirt sie Zacharias (98). Er macht darauf aufmerksam, dass bei Änurea longispina und Ä. cocMearis je nach den äusseren Lebens- bedingungen Querschnitt und Stachellängen wechseln. Die Rhätikonexemplare trugen meist viel längere Stacheln als die typische Form. In der Schweiz wurden beide Formen zuerst von Imhof (43) aufgefunden und als neue beschrieben, ein Irrthum, der von Crisp (18) berichtigt wurde. Sie scheinen in den alpinen und subalpinen Wasserbecken sehr verbreitet zu sein. Auf das massenhafte Auftreten von Anureen in Alpenseen machen Asper und Heu- scher (5) aufmerksam. Das Yorkommen der zwei in Frage stehenden Arten von Anurea in den Bergseen St. Gallons und Appenzells ist bereits hervorgehoben worden. Nicht minder verbreitet als diese beiden Rotatorien ist die ebenfalls pelagische DapJinia longispina, Leyd., über deren Yorkommen dieser Bericht schon manches ge- meldet hat. Es sei höchstens noch erwähnt ihre Häufig- keit in Norwegen (31), wo sie von Chydorus sphaericus und Cyclops strenuus begleitet ist, und in Frankreich und Holland in Gesellschaft von Ch. sphaericus und Cypris compressa (67). Meniez fand sie auch in dem von D oll fus gesammelten Material aus dem Silsersee (1800) und dem Haidensee in Tyrol (1450 m.) (68). Letztere Lokalität bewohnt sie gemeinsam mit Candona Candida, einer Form, die übrigens am Stilfserjoch bis zu 2400 m. ansteigt (68). Gebirgsstandorte für Daphnia longispina sind ausserdem wiederum die Seen der Appenzeller- — 473 — und St. Galler Berge. Als Kosmopolit im vollsten Sinne des "Wortes darf Chydorus sphaericiis, 0. F. Müll, betrachtet werden, den ja schon Leydig (58) als die gemeinste Cladocerenart bezeichnet. Seine für uns wichtigeren Fundorte sind im letzten und im vorliegenden Bericht aufgeführt worden. Fügen wir nur noch bei den sicilia- nischen Lago di Lentini (66), die Gewässer des Hable d'Ault (64) und den Yogesensee lac de Gérardmer (63). An den beiden letzten Lokalitäten ist er wiederum von der ja ebenfalls weitverbreiteten Ci/pris compressa, Baircl, begleitet. Asper und Heuscher (5) wiesen den Ch. spJiaericus in den von ihnen durchsuchten Bergseen nach. Bezeichnend für diesen Weltbürger ist seine Gegenwart im Titicacasee, die Mo niez (65) feststellte. Auch. Lyn- ceus rostraius, Lilljeh., scheint nach Leydig (58) keine gerade seltene Form zu sein. Als besonders geeignet hochgelegene Wasserbecken zu bewohnen müssen uns die Copepoden erscheinen. In der Auswahl ihrer Nahrung sind sie nicht wählerisch. Abgestorbene Bestandtheile grösserer Thiere werden von ihnen eben so gerne verzehrt, als kleine lebende Beute aus den Gruppen der Infusorien, Eotiferen, Turbellarien. Sie verschmähen nicht ihre eigenen Larven und Nach- kommen und begnügen sich zur Noth sogar mit pflanz- lichen Stoffen. Claus (16) kann mit Recht von ihnen sagen: „Der Einfluss, den die Differenzen der Tempe- ratur und des Klimas im Zusammenhange mit den ver- änderten Bedingungen der Ernährung auf unsere Ge- schöpfe ausüben, scheint der Ausbreitung derselben über sehr verschiedene Regionen keine Grenze zu setzen." Dieser Satz lässt sich ohne weiteres durch das Vor- kommen der Copepoden im Hochgebirge illustriren. Cyclopiden und Calaniden steigen so hoch in's Gebirge, als sich überhaupt noch bewohnbare, wenn auch nur — 474 — während kurzer Zeit eisfreie "Wasseransammlungen finden. Dayon sind im letzt- und diesjährigen Bericht eine ganze Reihe von Beispielen aufgezählt. Speciell über den im Rhätikon so sehr heimischen Gyclops strenuus, Fisch., haben wir schon manches erfahren. Er ist auch in wenig ab- weichender Form in Chegga, 51 Kilometer südlich von Biskra, aufgefunden worden (11). Die geographische Verbreitung und die biologischen Yerhältnisse der Calaniden sind in jüngster Zeit Gegen- stand eingehender Studien geworden. Nordquist (71) prüfte in einer schönen Arbeit den Einfluss der äusseren Lebensbedingungen auf dieselben. Jules de Gruerne und J. Richard (29, 32) machen auf die äusserste Resistenzfähigkeit des Genus Diaptomus aufmerksam, der es seine sehr weite Yerbrei- tung an Lokalitäten verdankt, die ganz verschiedene Lebensverhältnisse bieten. Die Halbinsel Kola und die Azoren besitzen z. B. dieselben Formen. Nordens- ki ö 1 d sah in Spitzbergen in schmelzendem Schnee Calaniden. Das erinnert uns an Yogts Fund (92) am obern Aargletscher. G. 0. Sars zog zwei Biaptomus- arten aus australischem Schlamm, der zwei Jahre aus- getrocknet war. In den algierischen Choots findet sich Diaptomus salinus, wenn diese Teiche auch den ganzen Sommer wasserleer bleiben. Gegen Temperaturschwan- kungen, Austrocknung, verschiedene Zusammensetzung" des Wassers sind diese Entomostraken sehr wenig em- pfindlich. So erklärt sich auch ihre weite Verbreitung im Hochgebirge. Mindestens drei Arten sind (29) für die Gebirgsregionen Centraleuropas specifisch. Diapto- mus baccillifer, Koelbel, findet sich ausser in den Schwei- zeralpen in Skandinavien, esterreich, Frankreich, Si- birien. Wollten wir mit Imhof den Diaptomus des Rhä- — 475 — tikon als B. alpinus, Imli., auffassen, so hätten wir damit für jene Bergkette die Gegenwart eines häufigen Be- wohners schweizerischer Alpenseen festgestellt. I m - h f (48) kennt ihn aus dem Silsersee (1796 m.) bis hinauf zum Furtschellas (2680 m), und später bis zum Prünas ani Piz Languard (2780 m.) (49). Mit ihm soll identisch sein der D. montanus, Wierz., der hohen Tatra. lieber das Yorkommen von Pisidmm fossarinum, Cless., in Graubünden findet sich auch eine Notiz bei Am Stein (1); er fand die Muschel im Teichausfluss von Yetan, wo sie von Phryganidenlarven häufig zum Bau ihrer Gehäuse verwendet wurde. Einer gütigen brief- lichen Mittheilung von Suter-Naef entnehme ich, dass seine Sammlung diese Art enthielt aus den Gotthard- seen, vom Simplen, Grimselsee, Ritomsee, lac Champey, nebst vielen tiefer gelegenen Fundorten. Pisidmm ova- tum, Cless., das zwei der Rhätikonseen bewohnt, ist für die Schweiz neu. lieber die Yerbreitung der im Ehä- tikon gefundenen Mollusken in den Bergseen Baierns giebt Gl essin (17) schätzenswerthen Aufschluss. Besondere Beachtung verdient die geographische Yerbreitung der Flanaria abscissa, Jjima, oder wie sie wohl richtiger genannt wird PI alpina, Dana. (Yergl. den Bericht von 1889). lieber dieses in mancher Hinsicht interessante Thier hat Kenne 1 (53) in jüngster Zeit eine treffliche Arbeit veröffentlicht, der wir zum Theil die folgenden Angaben entnehmen. Dana fand dieses Hoch- gebirgsthier schon in der zweiten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts in den Bündner Alpen und belegte es mit dem Namen Hirudo alpina. Er hielt es als giftig für Mensch und Yieh. Genaue Beobachtungen über das- selbe stellt Carena an; Dalyell beschreibt es aus kalten Brunnen Englands unter dem Namen Planaria aretJmsa. Leydig beobachtete die Planarie bei Würz- — 476 — bürg und wahrscheinlich im Rhöngebirge, Jjima in Gebirgsgegenden Thüringens, Zacharias im Riesen- gebirge, Imhof in den Bündner Alpen, Kennel in einer kalten Quelle bei Würzburg mit konstanter Temperatur von 10—12 ^ C, ich selbst in kalten Bächen des Schwarz- walds, im Jungholz oberhalb des Bergsees von Säckingen. Aus Graubünden, wo sie ja von Dana entdeckt wurde, erhielt Kennel typische Exemplare der PL alpina durch Egg er zugesandt. Letzterer sammelte sie im Quell- gebiet von Plessur und Davoserlandwasser; so im Schwel- lisee, der 1919 m. hoch liegt. Das Wasserbecken wird von Quell- und Schneewasser gespiesen, bleibt vom November bis Mai geschlossen und mass 2,8^ C. Unter den Steinen der benachbarten Quellen war die Tur- bellarie ebenfalls häufig, sie fehlte auch nicht im Aroser Wasser (1770 m.) bei 4*^ C, und im Chaltbrunn am Abhang der Mayenfelder Furka (2400 m.) bei 2^ C. Im Rhätikon gehört nun Planaria alpina unter den Steinen aller Quellen, Bäche, Seen zu den allergewöhn- lichsten Yorkommnissen. Sie findet sich oft in grosser Menge in verschiedenen Farbenvarietäten. Die unge- schlechtliche Yermehrung durch Theilung scheint häufig vor sich zu gehen. Wie auf natürlichem gelingt sie auch auf künstlichem Wege. In den Alpen, speciell im Hoch- gebirge Graubündens, scheint also der Strudelwurm eine weite und gleichmässige Yerbreitung zu besitzen, da- neben kennen wir ihn einstweilen von einer gewissen Zahl sporadisch zerstreuter, weit auseinanderliegender Lokalitäten Deutschlands. XJeberall aber ist er streng gebunden an kaltes Wasser, eine Temperaturerhöhung bis über 15^ C. wird ihm bald verhängnissvoll. Mit Recht macht Kennel darauf aufmerksam, dass an eine aktive oder passive Wanderung dieses empfind- lichen Thieres von den Alpen aus nach seinen verein- — 477 — zelten Wohnstätten in Deutschland unter keinen Um- ständen gedacht werden könne. Vielmehr wird man richtiger annehmen, es sei die Planarie in den kalten Gewässern am Schlüsse der Eiszeit ein häufiges Thier gewesen. Als die Temperatur stieg starb sie an den meisten Orten aus, nur in den Quellen und Bächen der Alpen fand sie noch günstige Bedingungen zu ihrem Fortkommen, sowie in einzelnen sehr kalten, sporadisch zerstreuten Grewässern Deutschlands. Mit dieser Hypo- these lässt sich auch ungezwungen das Yorkommen der Planarla alpina in England erklären, das zur Eiszeit mit dem Continent verbunden war. PI. alpina ist unter allen Umständen ein gutes Beispiel für thierische Wesen, die nur unter ganz bestimmten äusseren Yerhältnissen ihr Leben fristen können. Weder Kennel noch Egg er konnten jemals Ei- cocons der in Frage stehenden Turbellarie sehen, so dass Kennel sich geradezu die Frage vorlegt, ob das Thier nicht vielleicht im Gegensatz zu seinen Ver- wandten vivipar sei. Dies scheint mir nun ziemlich wahrscheinlich. Eier oder Eicocons bekam ich niemals zu Gesicht, wohl aber zeigten sich im Glasgefäss, in dem alte Planarien gehalten wurden, nach einiger Zeit ganz jugendliche Thiere. Sollte diese Yiviparität durch spätere Beobachtungen bestätigt werden, so hätten wir den merkwürdigen Fall zu verzeichnen, dass ein der sonst Oviparen Thiergruppe der Turbellarien angehörendes Ge- schöpf im kalten Wasser und unter dem Drucke der ungünstigen Hochgebirgsbedingungen die Brutpflege ein- führt, und vivipar wird. Es wäre dies ein schlagendes Beispiel von der Beeinflussung der Fortpflanzungsweise durch äussere physikalische Yerhältnisse und zugleich ein Analogen zum Verhalten mancher Geschöpfe der marinen Tiefsee, die im Gegensatz zu ihren in höheren — 478 — Wasserschicliten, unter günstigeren Bedingungen leben- den StaTQmesgenossen für ihre Brut ebenfalls Yorsorge treffen müssen und yivipar werden. Wenig günstig sind im allgemeinen die Lebensbe- dingungen des Hochgebirges für die Mollusken. Heer (35) zieht die obere Grenze für Schnecken bei 9000'; Suter-I^aef schreibt mir, dass er die Yürina Char- pentieri noch auf dem Gipfel des Monte Prosa (9241') gefunden habe. Die einzige Schnecke seiner Sammlung von so hohem Fundort. Yon Wassermollusken steigen nur Limnaea truncatula, Müll., und verschiedene Pisidien hoch ins Gebirge. Beide kommen in den Rhätikonseen überall vor, ohne irgendwo häufig zu werden. Nach der Eiszeit wanderten die Mollusken in die Alpenseen ein, und zwar unterliegt es für Gl es sin (17) keinem Zweifel, dass sie durch passiven Transport mit Wasser- vögeln in die neue Heimath versetzt wurden. Ob das für die kleinsten und höchsten Wasserbecken, die jeden- falls nur äusserst selten von Yögeln besucht werden, auch gültig sei, möge dahingestellt bleiben. Alle mög- lichen feindlichen Einflüsse stellen sich dem Mollusken- leben im Gebirgssee entgegen. Mit vollem Recht hebt Gl essin (17) „den Mangel an geeigneten Wohnorten in den mit zunehmender Höhe kleiner werdenden Was- serbecken, deren Zuflüsse bei dem starken Fall und der Menge der Geschiebe ohnedies völlig von Mollusken leer sind" als verhängnissvoll hervor. Neben dem Woh- nungsmangel, der Abwesenheit ausgedehnterer seichter Stellen, tritt dem Molluskenleben wohl auch der Nah- rungsmangel und der Sauerstoffmangel hindernd entgegen. Allerdings ist der 10,000' hoch liegende Titicacasee reich — 479 — an Mollusken, doch eröffnet sich für ihn in seinen ge- waltigen Algenmassen eine reiche Nahrungs- und Sauer- stoffquelle. Am Lünersee, und in weit geringerem Masse an den Seen der Sulzfluh, werden auch die Ni- veauschwankungen des Wasserspiegels die auffallende Armuth an uferbewohnenden Schnecken mit erklären helfen. Der Wellenschlag des Lünersees ist gleichzeitig stark genug, um Muscheln ans Gestade zu werfen und Uferschnecken zu zertrümmern. Auch die starke Ge- schieb ezufuhr, Stein- und Lawinenschlag arbeiten gegen das Gedeihen der Mollusken. Nur besonders beyor- zugte, ausdauernde Formen werden endlich den langen und harten Hochgebirgswinter überstehen. Gerade unsere Alpenmollusken sind nun, nach Clessin (17), am resistentesten gegen die Kälte. Die Limnaeen graben sich so tief in den Schlamm, als es die Weichheit des Bodens gestattet, ihr sonst so ausgeprägtes Sauerstoff- bedürfniss hört auf. Cydadeen sammelte Clessin im tiefsten Winter unter dem Eise ebenso reichlich als im Sommer. Fisidien, die in einem warmen Zimmer in Wasser gebracht wurden, stiessen nach zwei Tagen junge Muscheln aus, die sofort munter umherkrochen. Doch hat auch die Widerstandsfähigkeit dieser Bivalven eine Grenze. Einfrieren in Eis tödtet sie in kürzester Frist; das Wasser in ihrem Körper sprengt gefrierend ihre Gehäuse. Im allgemeinen haben die kleinen Wasserbecken des Hochgebirgs keine speciellen Molluskenformen aus- geprägt, wie das der Fall ist für die grossen Seen der Ebene und der Yoralpen. Dort besitzen einander auch noch so nahe gelegene Wasseransammlungen ihre spe- ciellen Yarietäten und Arten. Die Hochseen sind nach — 480 — Cl es sin (17) zu klein, zu seicht, zu wenig bewegt und zu geschützt, um in der Ausbildung einer Mollusken- fauna eigene Wege zu gehen. Bezeichnend für sie ist der Tiefseecharakter ihrer Pisidien, ein Punkt, auf den wir noch zu sprechen kom- men werden. Eine andere Beobachtung sei hier einge- schaltet. Am Ufer und in geringer Tiefe des Lünersees lebt Pisidium nitidum, Jenyns, in typischer Form. Dredge- züge aus zwanzig bis dreissig Metern Tiefe brachten dieselbe Muschel zu Tage; immerhin zeigten die hier gewonnenen Exemplare schon leichte Abweichungen vom Typus. Bei vierzig bis fünfzig Metern waren Schalengestalt, Schalenbau und Bau des Schlosses so weit verändert, dass die typische Form P. nitidum ver- wischt erschien und eine unverkennbare Annäherung an P. Foreli, Cless., konstatirt werden konnte. In den gröss- ten Tiefen des Lünersees endlich wohnt nur noch das durchaus wohl charakterisirte P. Foreli. Beide Formen aber, das littorale P. niüdum und das P. Foreli der tiefen Wasserschichten sind verknüpft durch eine lange Reihe von Uebergängen. In dem Masse als wir tiefer hinab- steigen, verändert sich die Muschel langsam und un- merklich unter dem Drucke der langsam anders wer- denden äusseren Bedingungen. So erhalten wir eine Beihe, deren End- und Anfangspunkt durch verschiedene Arten gebildet wird, deren mittelste Grlieder aber Cha- raktere beider tragen und weder der einen noch der anderen mit Sicherheit zugetheilt werden können. Schon Cl essin (17) stellt es, auf anatomische Merk- male gestützt, als wahrscheinlich hin, dass P. Foreli die Tiefseeform des P. nitidum sei. — 481 — Yiel besser geeignet unter den Hochgebirgsbeding- nngen zu leben als die Mollusken sind viele Insekten- larven, besonders die der Orthopteren, Neuropteren und Tricbopteren. Nahrungs- und Wohnungsverbältnisse ent- sprechen diesen räuberischen Wesen durchaus. Den langen Winter verbringen sie in lethargischem Todes- schlafe; zur Flugzeit des erwachsenen Insekts genügt der kurze Ali)ensommer vollauf. So sind denn auch stehende und fliessende Gewässer der Hochalpen immer belebt von vielen Arten und sehr zahlreichen Individuen jener Insektenlarven, üeber ihre Lebensweise und be- sonders die Zeit ihrer Verwandlung im Gebirge liegen nur vereinzelte Beobachtungen vor. Jeder weitere Bei- trag muss hier erwünscht sein. Das Auftreten des ge- flügelten Insekts hat nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse oft viel räthselhaftes. So schreibt mir Kil- lias, dass er einmal am Tarasper See Schwärme einer Hydropsyche getroffen habe, die er seither während dreis- sig Jahren nicht mehr finden konnte. Auf der Höhe der Flüela stiess er ein anderes Mal auf tausende von Exemplaren von ÄcropJiylax cerbenis, viele in Copula, trotzdem die Seen noch zugefroren waren und fusshoher Schnee lag. Seither suchte er dieses seltene Insekt um die nämliche Zeit dort umsonst. Meyer-Dür hat die- selbe Art unter ähnlichen Umständen auf der Grimsel beobachtet. Wie gelangten die geflügelten Thiere unter der Eisdecke hervor, wo fanden sie Nahrung und Schutz für die Eier? Die Larven der Ferliden und EpJiemeriden suchen ihre Wohnung unter den Steinen; sie sind äusserst räuberisch, können aber auch, wie diejenigen der Phryganide^i, eine längere Hungerkur ohne Schaden aushalten. Die Larven- zeit dauert Monate und Jahre, während die Lebensdauer des ausgewachsenen Insekts sich nach Wochen und 31 -- 482 — Tagen bemisst. Anhaltende Kälte versenkt die Larven in lethargischen Schlaf. Aehnliche für das Leben im Hochgebirge passende Gewohnheiten und Eigenschaften besitzen die Jugendstadien der Pliryganiden und Sialiden. Siehe die Arbeiten von Burmeister (14) und Pictet (72 bis 76). lieber das Vorkommen dieser Larven ver- gleiche neben dem letztjährigen Bericht die Arbeiten von Heuscher und Asper (4, 5, 37). So waren denn die Alpenseen des Rhätikon im Sommer 1890 im allgemeinen von einem regen littoralen und pelagischen Leben erfüllt. Dass mit dem Yorjahr in Bezug auf Yertretung an Arten und Individuen manche Unterschiede existiren, ergiebt sich leicht durch Yergleichung der Berichte und Listen der beiden Ex- cursionen. Es scheint auch nach den Jahreszeiten die Thierwelt der Gebirgsseen eine wesentlich verschiedene zu sein; die Untersuchung muss also in möglichst ver- schiedenen Epochen des Jahres vorgenommen werden, um die Aufeinanderfolge der verschiedenen Thierformen festzustellen und den gesammten faunistischen Reich- thum der Wasserbecken zu erschöpfen. Wie sich ver- schiedene Rotatorien, Protozoen und Algen im Spannegg- see ablösen, und so die Zusammensetzung von Fauna und Flora stets wechselt, schildert uns A s p e r und Heuscher (4). Der milde Winter 1889/90 und das frühe Frühjahr 1890 scheinen die lebhafte Entwicklung thierischen Lebens in den Rhätikonseen begünstigt zu haben. Im Juli und Anfangs August schickten sich die meisten Thiere an sich fortzupflanzen; der Gipfel der Geschlechts- — 483 -^ thätigkeit war noch, nicht erreiclit, oder gar überscliritten, wie in der zweiten Hälfte August 1889. Yon den Cope- poden waren ausgewachsene Exemplare schwer oder nicht erhältlich, die Bryosoen hatten die Kolonienbildung kaum begonnen, die Clepsinen waren mit der Eiablage beschäf- tigt. Trichostegia variegata befand sich in der Verwand- lung zum geflügelten Insekte. Ganz junge Tritonen und Frösche fanden sich in Garschina, Eier und jüngste Sta- dien von Cottus gobio in Partnun. Zahlreich waren auch junge und jüngste Larven von Hydraclmiden. Yon Garn- marus pulex waren einzelne in Copulation. Sialis, Corixa und Notoneda tummelten sich meist in ganz jungen Ent- wicklungsstadien im Wasser, während viele Phryganiden- larven eben in den Nymphenzustand übergiengen. Die überwinterten ChironomusldiXYQn hatten meist noch nicht ihre Maximalgrösse erreicht. Für die meisten der eben genannten Geschöpfe ist der Eintritt der Fortpflanzungs- epoche ganz bedeutend nach rückwärts verschoben. Der späte Alpensommer lässt die Geschlechtsthätigkeit erst im August ganz erblühen. Manche Thiere leiteten eben ihre Fortpflanzung ein, die Nachkommen anderer waren in den jüngsten Stadien, viele endlich hatten die Meta- morphose, die sie zum g eschlechtsreifen Individuum um- wandeln sollte, noch nicht oder kaum begonnen. Aehnliche Yerschiebungen der Zeit geschlechtlicher Thätigkeit beobachtete Zacharias (98) im Riesenge- birge. Ueber verspätetes Laichen von Bana temporaria und Bufo vulgaris in Gebirgsseen berichten Asper und Heuscher (5). Wenn so die ungünstigen Hoch- gebirgsbedingungen die Zeit der Yermehrung stark nach rückwärts verlegen, verursachen dieselben Yerhältnisse eine frühere Bildung der Dauerstadien, die den Winter zu überstehen bestimmt sind. Darauf wurde schon im letztjährigen Bericht hinge- - 484 — wiesen. Die Bryosoen allerdings waren im Juli 1890 noch weit von der Statoblastenbildung entfernt ; dagegen trugen zahlreiche Weibchen von Daphnia longispina und D. piclex Winter eier, während andere noch Sommereier producirten. Auch bei Lynceus spJiaericus und L. rostratus hatte die Bildung der Dauereier theilweise begonnen, trotzdem die Temperatur im Durchschnitt höher war als 1889. Yon den vier eben aufgezählten Cladoceren, so- wie von Macrothrix laticornis, wurden auch die sonst nur im Herbst auftretenden Männchen vereinzelt beobachtet. So stehen also auch hier wieder Fortpflanzungszeit und Fortpflanzungsmodus stark unter dem Einflüsse äusserer physikalischer Bedingungen. Ausser den schon im letzten Bericht angeführten Beispielen von früher Bildung von Winter eiern bei Cla- doceren wären etwa noch zu erwähnen die Beobach- tungen von As per und Heuscher (5), die am 27. Juli 1886 die Ephippien einer Daphnia, wahrscheinlich Daph- nia longispina, in gewaltiger Menge im Fählensee fanden. Bei B. magna aus den Seen der Grauen Hörner wies Heuscher (37) am 3. August den vereinzelten Beginn von Ephippienbildung nach; Meniez (66) erhielt im April Daphnien mit Wintereiern aus dem sicilianischen lago di Lentini. Trotz der geringen Tiefe mancher, speciell alpiner Wasserbecken beherbergen sie doch eine pelagische Thierwelt, die auch im Winter nicht ganz ausstirbt. Darauf hat schon Imhof aufmerksam gemacht (45, 46, 50). Dagegen fehlt ihnen eine eigentliche, wohl charak- terisirte Tiefenfauna. [Siehe auch die Mittheilungen von Meniez (67), Selige (84, 85), Asper (4, 5) und Heuscher (37)]. — 485 — Das lässt sich ohne weiteres auch auf unsere Ehä- tikonseen anwenden, mit Ausnahme des sehr tiefen Lünersees, der eigentliche Grundbewohner beherbergt. Doch wird auch dort die Grenze zwischen littoraler und profunder Fauna stark durch den Umstand verwischt, dass manche Tiefseethiere der Ebene im Hochgebirge Bewohner des Ufers werden können. Wie schon letztes Jahr gezeigt wurde (100, 102), herrschen in den tieferen Schichten der grossen Seen der Ebene und in der Ufer- zone der kleinen Alpenwasserbecken theilweise analoge äussere Bedingungen, die auch eine theilweise gleiche Fauna an den zwei so weit voneinander abliegenden Lo- kalitäten schaffen. Aehnlich sind an beiden Orten die tiefen Temperaturen, ähnlich die ungünstigen Ernährungs- verhältnisse, die Ruhe des Wassers, der Sauerstoffmangel. Sämmtliche auch im Jahr 1890 littoral und in geringer Tiefe im Rhätikon gesammelten Pisidien tragen den durch- aus charakteristischen Stempel, den sonst nur die Tiefsee diesen Muscheln aufdruckt. Clessin (17) hat bekannt- lich die Gruppe der Tiefseepisidien durch anatomische Merkmale umschrieben. Es sind Kümmerformen, die wohl kräftig ins Leben treten, in Folge der ungünstigen äusseren Bedingungen aber in der weiteren Entwicklung zurückbleiben. Aehnliches gilt für die Pisidien des Hoch- gebirges. Sie sind im ganzen nicht so durchgreifend, immerhin aber in der gleichen Richtung verändert, wie ihre Yerwandten der Tiefsee. So können sie theilweise noch auf littorale Formen der Ebene — P. f ossär imim, P. nitidum, P. ovatum — bezogen werden. Daneben findet sich schon am Ufer der Alpenseen die reine Tief- seeforin der Ebene P, Foreli. Im Lünersee tritt sie am Ufer nur vereinzelt, in der Tiefe dagegen häufig auf. Littoral wurde auch dies Jahr wieder der Tiefen- bewohner der grossen subalpinen Seen LeberUa tau-in- — 486 — signitus erbeutet. Endlich haben wir den Fund eines weiteren typischen Bürgers der tiefen Wasserschichten am Ufer der Rhätikonseen zu verzeichnen. Es ist dies Saenuris velutina, Grube, ein schöner, wohl charakterisirter Kingelwurm, der in den grossen Tiefen des Genfersees von Forel (25) und Duplessis (20) häufig getroffen wurde. Nie gelang es aber diesen Forschern das Thier am Ufer zu entdecken. Unter ähnlichen Umständen fand ihn As per (4) in mehreren grösseren Schweizerseen. In Partnun, Tilisuna, Grarschina und am Lünersee lebt Saenuris velutina häufig unter den Steinen und im Schlamm des Ufers. Die eigenthümliche Uebereinstimmung zwischen Tief- seeformen und littoralen Alpenthieren wird uns einst einen Rückschluss auf die Bedingungen gestatten, die bei der Entstehung der Tiefseefauna hauptsächlich formbildend wirkten. Auch die Tiefenbewohner der Oceane nähern sich gegen die kalten Pole hin mehr und mehr der Ober- fläche, ein Gregenstück zu unseren in den Alpen gesam- melten Erfahrungen, auf das mich W. Marshall noch specieller aufmerksam machte. Durch die Excursion vom Sommer 1890 sind wir unserem Ziele um einen guten Schritt näher gekommen, die Zusammensetzung der Fauna der Bhätikonseen zu bestimmen und ihre allfällig von Ort zu Ort sich zei- gende Verschiedenheit als durch äussere Ursachen be- dingt zu erklären. Auch die biologische Seite unserer Aufgabe ist neu beleuchtet worden. Sie lässt sich in weitem Sinne so fassen: wie wird Thiergestalt, Thierbau und Thierleben von den so eigenthümlichen physika- lischen Bedingungen des Hochgebirgs beeinflusst. — 487 — Thoulet (88) in seinem an die französische Eegie- rung erstatteten Bericht über das Seenstudium in der Schweiz stellt den Satz auf: „Un animal ou une plante sont de véritables instruments de physique dont les in- dications, pour être compliquées, n'en sont pas moins très précises. Si un thermomètre se borne à indiquer des variations de température et un aréomètre des varia- tons de densité, l'être vivant, animal ou végétal, marque et mesure un ensemble complexe de circonstances par le fait seul de sa présence. Au cas où l'ensemble des conditions n'est pas celui qui leur convient, l'animal, doué du pouvoir de locomotion, s'enfuit ou meurt, et la plante, privée de la faculté de se mouvoir, périt." Diese Messung und Wiederspieglung der äusseren Verhältnisse im Thierkörper und in der Thierentwick- lung festzustellen ist die Endaufgabe der an den Rhäti- konseen begonnenen Arbeit. Thoulets Satz unserer Publikation als Devise vorangestellt, hätte gleichzeitig Richtung und Gesichtspunkt der unternommenen Studien angedeutet. Es wird nun noch langen und eifrigen Suchens und Sammeins und fleissiger Durcharbeitung des gewonnenen Materials bedürfen, bis sich ein fauni- stisches und biologisches Gesammtbild der Hochgebirgs- seen der stolzen Rhätikonkette herausgestalten kann. In den blauen Seen, den raschen, klaren Wasserläufen, den dunkeln Höhlen des Gebirges, werden wir zu ver- schiedener Tages- und Jahreszeit den thierischen "Wesen nachzugehen haben. Sollte aber auch das Endresultat nur theilweise er- reicht werden, eines ist schon heute gesichert. Es sind die Excursionen in den Ehätikon zu einem starken Quell lebendigster und schönster gegenseitiger Anregung für meine Begleiter und mich geworden. Unsere nächtlichen Netzzüge, die der vom pelagischen Leben wimmelnden — 488 — Oberfläche galten, die Erbeutung der Geschöpfe der tieferen Wasserschichten, sind ebenso viele bleibende Illu- strationen für Yerhältnisse, die sich durch blosse akade- mische Yorlesung nie und nimmermehr in ihrer ganzen Bedeutung und Tragweite schildern lassen. Die Freude und das Interesse, die meine Begleiter für unsere ge- meinsame Arbeit zeigten, war für mich stets eine neue, frohe Aufmunterung. So werden uns die in täglichem engem Yerkehr im Hochgebirge zusammen verlebten Ferienwochen eine dauernde schöne Erinnerung bleiben und zudem für beide Theile, Schüler wie Lehrer, ihre Früchte zeitigen. — 489 — Tabelle I. Verzeichniss der im Sommer 1890 in den Rhätikonseen gesammelten Thiere. Standorte: Partnun (P.) 1874 m. s. m. Tilisuna (T.) .... 2102 „ „ „ Garscliina (ß.) . . . . 2189 „„ „ Lünersee (L.) .... 1943 Brunnen vonPartnun. . 1772 f) f) m n n n „ „ Gafien . . 1742 „ „ „ „ am Schollberg. 1962 Bäche von Plassecken ca. 2250 www www I. Amoebina: 1. Difflugia pyriformis, Perty. (G.) II. Heliozoa: 2. Actinophrys soi, Ehrb. (L.) III. Flagellata: 3. Dinobryon sertularia, Ehrb. (L. P. G. T.) IV. Ciliata: 4. Epistylis plicatilis, Ehrb. (G.) 5. Opercularia nutans, Ehrb. (G. P. T.) 6. Yorticella microstoma, Ehrb. (P. G. T. L.) 7. Cothurniopsis vaga, Schrk. (P. G. L. T.) 8. Cothurnia, spec, Ehrb. (P.) 9. Lagenophrys vaginicola, St. (L.) V. Archbydrae: 10. Hydra rhaetica, Asper. (L.) VI. Turbellaria: 11. Monotus lacustris, Zach. (P.) 12. Mesostoma, spec, Dug. (P. T. G. L.) 13. Planaria alpina, Dana (P. T. G. L., Bäche von Plass- ecken). 14. Planaria subtentaculata Dug. (P. T. Brunnen v. P.) — 490 — YII. Nematodes: 15. Trilobus pellucidus, Bast. (P. G.) 16. Trilobus gracilis, Bütschli. (T.) 17. Monhystera crassa, Bütschli. (P.) 18. Dorylaimus stagnalis, Duj. (G. L.) 19. Mermis aquatilis, Duj. (G. L. T.) 20. Gordius aquaticus, Duj. (P.) YIII. Rotatoria: 21. Callidina parasitica, Gigl. (G.) 22. Euchlanis dilatata, Ehrb. (P. T. L.) 23. Euchlanis triquetra, Ehrb. (L.) 24. Monocerca bicornis, Ehrb. (P.) 25. Eosphaera elongata, Ehrb. (P.) 26. Eosphaera digitata, Ehrb. (T. L.) 27. Notommata aurita, Ehrb. (P. G. Brunnen v. P.) 28. Ânuraea testudo, Ehrb. (L.) 29. Anuraea cochlearis, Gosse. (L. G. P.) 30. Notholca longispina, Kellicott. (P. L.) IX. Oligochaetae : 31. Saenuris velutina, Grube. (P. G. L. T.) 32. Saenuris variegata, Hoffm. (P. G. L.) 33. Bythonomus Leraani, Grube. (P. L. T.) 34. Lumbriculus variegatus, O. F. Müll. (P. G. T. L.) 35. Lumbriculus spec, 0. F. Müll. (P. T.) X. Hirudinei: 36. Clepsine bioculata, Sav. (G.) 37. Clepsine complanata, Sav. (G.) XI. Cladocera: 38. Daphnia pulex, Leydig. (L.) 39. Daphnia longispina, Leydig. (P. L. G. T.) 40. Lynceus rostratus, Lilljeb. (P. G. L. T.) 41. Chydorus sphaericus, 0. F. Müll. (P. T. L.) 42. Acroperus leucocephalus, Koch. (P.) 43. Macrothrix laticornis, Lilljeb. (T.) XII. Ostraeoda : 44. Cypris compressa, Lilljeb. (P. G. T. L.) 45. Cypris Candida, Zenker (P. L.) — 491 — XIII. Copepoda: 46. Cyclops strenuus, Fischer. (P. Gr. T. L.) 47. Diaptomus, baccillifer, Koelbel. (P. L.) 48. Diaptomus, spec, Claus. (G.) XIY. Ampliipoda : 49. Gammarus pulex, Degeer. (G.) 50. Mphargus puteanus, Koch. (Brunnen v. P.) XY. Acarina: 51. Sperchon glandulosus, Könike. (P. T.) 52. Lebertia tau-insignitus, Lebert. (P. T. G. L.) 53. Arrenurus maculator, 0. F. Müll. (L.) 54. Hydrachnidenlarve an Phryganidenlarve parasitirend. (L. T.) 55. Trombidium plancum, O. F. Müll. (T.) 56. Trombidium spec. 0. F. Müll. (L.) 57. Damaeus geniculatus, C. L. Koch. (L.) XYl. Tardigrada: 58. Macrobiotus macronyx, Duj. (P. L. T. G. Brunnen v. P.) XYII. Ortboptera: 59. Nemura variegata, Oliv. (P. T. G. L. Bäche v. Plasseck.) 60. Kemura nitida, Pictet. (P. T. G. L.) 61. Perla alpina, Pictet. (G. T. P.) 62. Capnia nigra, Pictet. (L. P. T.) 63. Heptagenia longicauda, Yayssière. (P. T. G. Bäche v. Plassecken.) 64. Chloë Rhodani, Pictet (?) (G. L. P. T.) 65. Chloë spec. L. (? larvula) (L. G.) 66. Ephemerenlarve I. (L.) 67. Ephemerenlarve II. (G.) XYIII. Nearoptera: 68. Sialis lutaria, L. (G.) XIX. Trichoptera : 69. Rhyacophila vulgaris, Pictet. (P. T.) 70. Trichostegia variegata, Klti. (G.) 71. Phryganea pilosa. Oliv. (T. P. Brunnen a. Schollberg u. V. Gafien, Bäche v. Plasseck.) — 492 — 72. Phryganea mixta, Pictet. (T. L. Brunnen am Scholl- berg.) 73. Ooniotaulius flavus, Klti. (?) (ß. P.) 74. Chaetopteryx villosa, Fab. (P.) XX. Rhyncliota: 75. Hydrometra thoracica, Schml. (P. G.) 76. Hydrometra paludum, Fab. (P.) 77. Corixa cognata, Fieb. (Gr.) 78. Notonecta glauca, L. (Gr.) XXI. Diptera: 79. Chironomus plumosus, L. (T. G.) 80. Chironomus spec. I. Meig. (T. L.) 81. Chironomus spec. IL Meig. (T. P. G. L.) 82. Chironomus spec. m. Meig. (T. P.) 83. Chironomus spec. IV. Meig. (T. G. P. L.) 84. Chironomus spec. Y. Meig. (G. L. T.) 85. Tanypus spec. I. Meig. (P. G. T. L.) 86. Tanypus spec. II. Meig. (P. T. L.) 87. Corethra plumicornis, Fabr. (G.) 88. Corethra spec. Fabr. (L. G.) 89. Tipula spec. Fabr. (P. T. L.) 90. Dipterenpuppe I. (P.) 91. Dipterenpuppe II. (L.) 92. Dipterenpuppe III. (L.) 93. Dipterenpuppe IV. (T.) 94. Dipterenlarve I. (P. Brunnen v. P.) 95. Dipterenlarve II. (P.) XXII. Coleoptera: 96. Colymbetes congener, Heer. (G.) 97. Hydroporus erythrocephalus, Heer. (G.) 98. Hydroporus palustris, Heer. (G.) 99. Hydroporus nivalis, Heer. (G. Brunnen y. Gafien.) 100. Hydroporus nigrita, Heer. (G.) 101. Hydroporus planus, Heer. (G.) 102. Hydroporus piceus, Heer. (T.) 103. Hydroporus castaneus, Aube. (?). (P.) 104. Käferlarve I. (Bäche v. Plassecken.) 105. Käferlarve II. (L.) — 493 — XXIII. liamellibranchiata : 106. Pisidium fossarinum, Cless. (P. T.) 107. Pisidium ovatum, Cless. (T.) 108. Pisidium Foreli, Cless. (L. P.) 109. Pisidium nitidum, Jenyns. (Gr.) 110. Pisidium nitidum, var. lacustris, Cless. (Gr. L. T.) XXIV. Gastropoda: 111. Limnaea truncatula, Müll. (Gr. P. T. L.) 112. Limnaea yentricosa, Moq. Tand. {Gc. P. L.) XXY. Bryozoa : 113. Fredericella sultana, Gferv. (L. T.) XXYI. Pisces: 114. Phoxinus laevis, Ag. (P. T. G.) 115. Cottus gobio, L. (P. T. L. G.) 116. Trutta fario, L. (P.) XXVII. Amphibia: 117. Rana temporaria, L. (P. T. G.) 118. Hyla arborea, L. (L.) 119. Triton alpestris, Laur. (Gr.) Partnun 65 Species Tilisuna 54 „ Lîinersee 58 „ Garschina 61 „ Brunnen von Partnun .... 5 „ „ „ Gafien u. Schollberg 3 „ Bäche Ton Plassecken .... 5 „ — 494 — M M m* H 495 — pO ,o ^ ^ 4) BQ . ^ Ph pS ;h OQ DQ O 00" *c es 0? 1— 1 O o o es «u 03 !3 -4^ 1" 1- 03 k" 03 l-H Ph es • rH P! od" • pH ' 1 QQ s 3 - 1 1 oT -)^ 03 • pH m 1 (—1 . es" ÏH 0) cri •c OD Ö es l-H 1 1 es" -tj es • pH • pH n ^. 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Ph a (D a; QD !=! fi O Ph o TS p ■§ OD S -4.3 es O >- «W o S B s w s Œ) 'o -T? .rH Ü .rH ^ Ph P OD .rH r— ( p ^ QD .2 p .-s § o t> »H t1 crt os I— 1 P p O) a> ;-< u 0) a> I I Ph O^ P 5T" ^H ' O P. ^S O rQ p CO c p O) p O) S O Ü S o ^ pp 00 -u -l-s t>ï OD Si • p CI) fH l-H Ol ert O) Ph w m QD P P Sh *^ ^ o p O p- Ph o oS p ;h ;-f h O) a> ® (D œ a) ffi W W î» cS~ oT ■^ ."S ^ CS ^H P P P 05 OD P O Pm o o M K rö "tS 'nS t=^ ï^ !^ W W M W5 ^ P es k> >■ P d) HS s T) H P p 02 no O) T3 -i.i a -^ P P OU S B -w p p p ^0 'tS 03 OD ce r— H Ph Ph eâ »H p. o a) r— I O Pî câ ^ .. .'S c3 — 500 c3 o «S 4) S O S ^ s ^ 1 o h1 fe o o O c3 O Ö es &ß !-:; i -ï| !30~ À os • i-H OO l> 1 =ä es O 1 o 1— 1 f-H rJ=! p- 0) o O bß a g CO ri -M c3 r^ O -l-s S U r=3 o C3 \^ Ph O Ph S ^ a ^ oâ H o bO Kl ^ . 03 ^-1 r^ g es o- o" O P-H .û Ph OD Ci o bc a a 00 OS -+J o !3 03 Ä O ^ ^ o H Ph 13 -M Ö 0) -M k 03 03 03 H O) o; . • or! 1— ( 03 a^ a :?3 Ö o a ^ a^ bo > O bß 2 ^ Ph o o Ci p— ( 03 03 O P^ H eâ O O t-* •M CQ O O t-i 03 O) O OS • r-l oS — 501 Brunnen am Schollberg 1962 m. Phryganea pilosa. Oliv. Phryganea mixta, Pictet. Brunnen v. Gafien 1742 m. Phryganea pilosa. Oliv. Hydroporus nivalis, Heer. Bäche V. Plassecken ca. 2250 m. Planaria alpina, Dana. Nemura variegata. Oliv. Heptagenia longicauda, Yayssière. Phryganea pilosa, Oliv. Käferlarve I. Brunnen v. Partnun 1772 m. Planaria subtentaculata, Dug. Notommata aurita, Ehrb. Niphargus puteanus,Koch. Macrobiotus macronyx, Duj. Dipterenlarve I. Turbellaria : Rotatoria : Amphipoda : Tardigrada : Orthoptera : Trichoptera : Diptera : Coleoptera : — 502 — Litteratnr. 1. Am Stein, J. Gr.: Die Mollusken Graubündens. Jahresber. d. naturf. Ges. Graubündens, 1883 — 1884. 2. Amyot, C. J. B. et Serville Audinet: Histoire natu- relle des insectes hémiptères. 3. Asper, G.: "Wenig bekannte Gesellschaften kleiner Thiere unserer Schweizerseen. Neujahrsbl. d. Zürcher naturf. Ges. 1881. 4. — — : Beiträge zur Kenntniss der Tiefseefauna der Schweizer- seen. Zool. Anz. Jahrg. III. 1880. 5. Asper, G. und J. 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Hertz eine Anzahl Arbeiten erschienen, um durch das Experiment die Richtigkeit der Faraday-Max- well' sehen Anschauung zu beweisen, nach welcher die Fernwirkungea der Induction gedeutet werden als eine durch Wellenfortpflanzung übertragene Energie, ähnlich wie das beim Schall, beim Licht und bei der strahlen- den Wärme stattfindet. Es haben diese bedeutenden Arbeiten das grösste Aufsehen erregt, da dadurch der längst gesuchte Zusammenhang yon Licht und Elek- tricität eine ganz bestimmte Form erhielt, und der Unter- schied von Lichtstrahlung und elektromagnetischer Strah- lung wesentlich auf die verschiedene Grösse der Schwin- gungszahlen zurückgeführt wurde. Wir haben uns die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, ob die Erscheinungen der elektrischen Schwingungen, so weit sie dem Versuch und der Messung zugänglich sind, uns mit Notwendig- keit zur Annahme der neuen Anschauungen zwingen, oder ob sie nicht aus den bekannten allgemein anerkann- ten Gesetzen der Induction in vollkommen befriedi- gender Weise sich erklären lassen. — 510 — Yorerst wiederholten wir den höchst interessanten Versuch mit den parabolischen Spiegeln genau nach der Angabe von Hrn. Hertz ^), und während wir in man- chen Punkten seine Resultate genau bestätigt fanden, stiessen wir doch auch auf Erscheinungen, welche die Analogie von Lichtstrahlung und elektromagnetischer Strahlung nicht erwarten liess. So fiel es uns z. B. sehr auf, dass bei mehreren unserer Yersuche eine Blechtafel ebensowohl die Funkenbildung im sekundären Leiter aufhob, wenn sie in der Längsstellung, als wenn sie in der Querstellung dazwischen geschoben wurde. > Querstellung Längsstellung Wir kamen bald zu der Ueberzeugung, dass ein richtiger Einblick in die Vorgänge beim primären und beim sekundären Leiter nur möglich ist, wenn die Beob- achtung des Funkens durch Yersuche mit elektrischen Messapparaten controllirt wird. Für diese Untersuchungen benützten wir zuerst eigens zu diesem Zwecke construirte Elektroskope mit dünnen Aluminiumblättchen, deren Aus- schläge vermittelst eines mit Ocularmikrometer ver- sehenen Mikroskopes abgelesen wurden. Obschon diese Beobachtungsart uns manche gute Dienste leistete, unter Anderem auch den von verschiedenen Forschern unter- suchten Einfluss der Verlängerung der sekundären Leitung auf die periodische Zunahme und Abnahme der Induc- tionserscheinung zu untersuchen gestattete, haben wir 1) H. H e r t z. lieber Strahlen elektrischer Kraft. Wied. Ann. XXXYI, S. 769. — 511 — dieselbe dennoch wieder verlassen, da mannigfaclie stö- rende Einflüsse die Resultate trübten, und uns den ge- wöhnlichen allgemein angewandten Messinstrumenten, dem Elektrometer und dem Galvanometer, zugewandt; unsere Hoffnung, dass auch diese reagiren, hat sich in vollem Grade erfüllt. Elektrische Vorgänge im primären Leiter. Bei unseren Yersuchen gaben wir den beiden Hälf- ten des primären Leiters, zwischen welchen die Funken 'übersprangen, genau die von Hrn. Hertz angewandte Form und Grösse. Als Erreger wandten wir ein Ruhm- korff'sches Inductorium an, dessen Inductionsspule eine Länge von 35 cm. und einen Durchmesser von 15 cm. hatte; die Unterbrechung des von drei Accumulatoren gelieferten etwa 20 Ampère starken Stromes besorgte ein D e p r e z ' scher sehr schnell hin und her schwin- gender Interruptor. Obwohl die Theorie dieser grossen Inductorien im Allgemeinen bekannt ist, fanden wir es doch nötig, durch Versuche unseren Ansichten über den Yorgang im pri- mären Leiter einen sicheren Halt zu geben. Extrastrom, Condensator und Interruptor bewirken, dass der durch die inducirende Spule laufende Strom langsam ansteigt, möglichst kurze Zeit constant bleibt, plötzlich auf Null abfällt, um dann sofort wieder langsam anzusteigen und so weiter, wie dies durch die obere Curve der nächsten Seite angedeutet ist, bei welcher die Abscis- sen die Zeit und die Ordinaten die Stromintensitäten ^ darstellen. Nun ruft jede Aenderung dieser Stromstärke in der Inductionsspule einer elektromotorischen Kraft E^ welche der Grösse dieser Aenderung d^/dt proportional ist. Es zeigt das die untere Curve, bei welcher die Abscissen die gleiche Zeit und die Ordinaten die den — 512 — Differentialquotienten der oberen Curve proportionalen "Werte von E darstellen, wodurch die Flächen Ä und^ gleichen Inhalt bekommen. Wenn nun die Inductions- spule durch einen leitenden Draht geschlossen ist, so wird derselbe entsprechend der Schliessung und Oeffnung des inducirenden Stromes von entgegengesetzt gerichteten B Inductionsströmen durchflössen, deren Intensitäten wir J nennen wollen ; da die den Werten f.Edt entsprechen- den Flächen Ä und B gleich sind, so haben bei con- stantem Widerstände auch die nach beiden Kichtungen gehenden Integralströme fJdt gleichen Wert, das heisst, es fliesst im Ganzen nach links und nach rechts die gleiche Elektricitätsmenge. Es zeigt deshalb die Nadel eines eingeschalteten langsam schwingenden Galvano- meters, wenn man durch Schluss und offnen des Haupt- stromes mit der Hand gesondert nur den einen oder nur den andern der beiden inducirten kurze Zeit andauern- den Integralströme einwirken lässt, genau gleiche Aus- schläge nach links und nach rechts. Folgen jedoch bei Einschaltung des Interruptors die Unterbrechungen hin- länglich schnell auf einander, so kann die Nadel des — 513 — Galvanometers den entgegengesetzten Stössen nicht fol- gen und bleibt deshalb auf dem Ruhepunkt stehen ; nur am Anfang zeigt sich ein Ausschlag nach der einen und am Ende ein solcher nach der entgegengesetzten Seite. Sehr verschieden sind jedoch, wie die Curve zeigt, die beiden Ströme in Bezug auf die Spannung, die sie zur Ueberwindung eines Widerstandes aufbieten können; der Inductionsstrom, welcher der Oeffnung des Haupt- stromes entspricht, ist der stärker gespannte, und^ der, welcher der Schliessung entspricht, der schwächer ge- spannte ; so war z. B. bei unserem Apparate der Oeffnungs- strom im Stande eine Funkenstrecke von 40 mm., der Schliessungsstrom aber nur eine solche von 0,13 mm. zu überwinden. Wird deshalb in den Inductionsstrom nach dem Schema links eine Funkenstrecke eingeschaltet, > I o . i so zeigt das Galvanometer eine der Richtung des e f f- nungsstromes entsprechende Ablenkung an, welche mit Einführung der Funkenstrecke eintritt, bei Erwei- terung derselben erst zunimmt, ein Maximum erreicht und dann wieder auf Null herabsinkt, wenn die Funken- strecke so weit wird, dass keine Funken mehr springen. Eine Wirkung des entgegengesetzt gerichteten schwach gespannten Schliessungsstromes auf das Galvano- meter erhält man durch eine Anordnung nach dem 33 — 514 — Scliema rechts, bei welcher sich der Oeffnungsstrom zum Theil durch die Funkenstrecke entladet, und des- halb der Schliessungsstrom im Galvanometer vorherrscht; es versteht sich von selbst, dass dieser Yersuch nur ge- lingt, wenn die Funkenstrecke klein und der Widerstand im Nebenschluss des Galvanometers gross ist. Bei dem für unsere Yersuche angewandten primären Leiter war der Abstand der Elektroden in der Funken- strecke nahezu 4 mm.; wir sind also berechtigt an- zunehmen, dass nur der Oeffnungsstrom dieselbe über- winden konnte, und dass somit nur in diesem einen Sinn die Elektricität überging. Dieser einseitige Elek- tricitätsüb ergang gibt sich auch sehr deutlich an den bekannten durch Substanzüberführung und Oxydation hervorgebrachten Priestley' sehen Figuren zu er- kennen, da nur die positive Seite die schwarzen Höcker und Löcher und nur die negative Seite die farbigen Ringe zeigte. Jeder Oeffnung des Hauptstromes entspricht also ein in ganz bestimmtem Sinn überspringender Funke, der jedoch, wie die folgende Betrachtung zeigt, sich unter Umständen aus mehreren schnell auf einander folgen- den Partialentladungen zusammensetzen kann. Gibt man nämlich bei gegebener Funkenstrecke den beiden Hälften des Leiters solche Capacitäten, dass die von dem einmaligen Oeffnungsstrome zufliessende Elektricität ge- rade zur Ladung auf das zur Ueberwindung der Funken- strecke nötige Potential ausreicht, so wird nur ein Funke springen. Bringt man dann von dieser Stellung aus die beiden Elektroden in einen kleineren Abstand, so braucht es nur eine kleinere Potentialdifferenz und somit auch nur eine kleinere Elektricitätsmenge bis der Funke springt; die von dem Oeffnungsstrom gelieferte Elek- tricitätsmenge wird also ausreichen, um mehrere Male — 515 — hinter einander die beiden Hälften des primären Leiters bis zum Ueberspringen des Funkens zu laden. Die Anzahl dieser Partialentladungen wird mit der Yer- kleinerung der Funkenstrecke wachsen, und es würden dieselben in gleichen Zeitintervallen auf einander folgen, wenn die elektromotorische Kraft der Inductionsspule, unter deren Druck die Conductoren geladen werden, constant wäre ; das findet aber höchstens während der kur- zen Zeit der Maximälwirkung statt; so lange die elektro- motorische Kraft wächst, werden die Intervalle abnehmen, und so lange dieselbe abnimmt, werden die Intervalle wachsen ; die beistehende Figur mag diese veränder- lichen Zeitintervalle andeuten. , f \jf V y' 'vYW'v V V I Der Umstand, dass durch die vorangegangenen Partialentladungen die Funkenstrecke besser leitend wird, kann zur Folge haben, dass für die weiteren Partial- entladungen eine kleinere Spannung nötig wird, und dass auch besonders bei kleiner werdender Funkenstrecke von der nachgelieferten Elektricität immer mehr direct abfliesst und deshalb nicht zur Steigerung des Poten- tiales beiträgt. Hiedurch kann die Art der Zerlegung noch wesentlich beeinflusst werden. Auch wird ausser- dem die Selbstinduction dabei eine Rolle spielen. Wir wollen nun nicht darüber streiten, in wie fern man solche auf einander folgende Partialentladungen, in welche durch die beschränkte Capacität des primären Leiters der dem OefPnungsstrom entsprechende Funke zerlegt wird, mit dem Namen „Schwingungen" be- zeichnen kann; wir erlauben uns nur die Bemerkung, dass, so weit wir die diesbezüglichen Untersuchungen — 516 — kennen, für die primäre Funkenstrecke durch unmittel- bare Yersuche ebensowenig das Hin- und Hergehen der Elektricität, entsprechend den Ausschlägen nach entgegen- gesetzten Seiten, als die Gleichheit der Zeitintervalle nachgewiesen ist, beides Yoraussetzungen, die man ge- wöhnlich bei Schallschwingungen und Lichtschwingungen als selbstverständlich anzusehen pflegt. Die Zerlegung des Funkens in Partialentladungen spielt, wie w4r vermuten, eine Hauptrolle bei den Er- scheinungen der sogenannten Resonanz; da wir diesen wichtigen Punkt erst noch näher zu untersuchen beab- sichtigen, treten wir darauf einstweilen nicht näher ein. Elektrische Vorgänge im sekundären Leiter. Betrachten wir nun die Inductionswirkung, welche eine einseitige Funkenentladung im primären Leiter nach den allgemein anerkannten Gesetzen der Induction hervor- bringen muss. Wir sehen dabei der Einfachheit wegen vorläufig von der besprochenen Zerlegung des Funkens in Partialentladungen ab und nehmen ein einmaliges Ueberspringen der Elektricität an. Die Intensität J dieser Funkenströmung wird innerhalb einer ausser- ordentlich kurzen Zeit zu einem Maximum anwachsen und gleich darauf wieder auf Null zurücksinken; dJjdt bekommt also einen sehr grossen "Wert und wird deshalb auch in einem sekundären Leiter eine verhältnissmässig grosse elektromotorische Kraft e hervorrufen ; dem Wachs- tum der Intensität J, das heisst dem Entstehen des Funkens, entspricht eine elektromotorische Kraft -\- e, welche einen entgegengesetzt gerichteten Strom zu er- zeugen sucht, der Abnahme der Intensität J", das heisst dem Yergehen des Funkens, entspricht eine elektro- motorische Kraft — e, welche einen gleichgerichteten Strom zu erzeugen sucht. — 517 — Bei den oberen Curven stellen die Abscissen die Zeit t und die Ordinaten die Intensität J dar, sie geben also das Gesetz, nacb welchem mit der Zeit die Stärke der Funkenströmung sieb ändert; bei den unteren Curven baben die Abscissen die gleiche Bedeutung, und die tti / et X 5 . 1 \ 1> / I I I I I I t I Ordinaten stellen die durch Induction im sekundären Leiter heryorgerufenen elektromotorischen Kräfte e dar. Bei der ausgezogenen Linie haben wir angenommen, dass J symmetrisch wächst und abnimmt, es werden des- halb die entsprechenden -\- e und — e gleich. Gewöhnlich wird dies nicht der Fall sein und J" entweder nach Art der punktirten Linie schnell wachsen und langsam ab- nehmen oder nach Art der gestrichten Linie langsam wachsen und schnell abnehmen, was dann entsprechende Aenderungen im Yerlauf von e nach sich ziehen wird. Dabei sind alle möglichen Gestalten der Curven denkbar; — 518 — immerhin bleiben die den -f- e und — e entsprechenden Flächeninhalte a und h sich stets gleich. Jeder primäre Funke ruft also in irgend einem Leiter der Umgebung zwei solche entgegengesetzt wir- kende ausserordentlich schnell auf einander folgende elektromotorische Kräfte hervor; in Folge dessen wird in jedem sekundären Leiter, wenn darin nirgends Funken springen, genau gleich viel Elektricität in der einen wie in der andern Richtung sich bewegen; und da je zwei solche genau gleich grosse entgegengesetzt wirkende Integralströme in ausserordentlich kurzer Zeit auf ein- ander folgen, so ist es ganz begreiflich, dass Mess- instrumente nach Art des Galvanometers oder des con- stant geladenen Elektrometers, bei welchen entgegen- gesetzte Ströme entgegengesetzt wirken, nicht die ge- ringste Wirkung nachweisen lassen. Ganz anders gestaltet sich jedoch der Yorgang, so- bald eine Funkenstrecke eingeschaltet wird, die unter Umständen wie ein Yentil wirkt und stark gespannte Ströme leichter als schwach gespannte überspringen lässt. Bei unseren in sehr grosser Zahl angestellten Yer- suchen haben wir zuerst wie Herr Hertz einen sekun- dären Leiter aus Kupferdraht angewandt, dann aber den- selben durch zwei 0,5 mm. dicke Messingbleche von 5 cm. Breite und 50 cm. Länge ersetzt; zwischen den beiden Hälften war die Funkenstrecke eingeschaltet und mit den nach innen gekehrten Enden der Leiterhälften durch je 37 cm. lange Kupferdrähte verbunden; die Dimensionen sowohl des Leiters als der Yerbindungen mit der Funkenstrecke sind, wie Herr Hertz gezeigt hat, der Resonanz wegen von wesentlichem Einfluss ; wir haben deshalb durch den Yersuch günstige Bedingungen ausgesucht und besonders darauf gesehen, dass zu beiden Seiten der Funkenstrecke alles genau gleich war. Be- — 519 — , sondere Sorgfalt wurde auch auf eine möglichst voll- kommene Isolation aller Teile des sekundären Leiters verwendet, so wie auf die nur lineare Leitung von den Messingblechen zu der Funkenstrecke. Auch bei dieser wurde die beidseitige Symmetrie beobachtet, und während wir bei den Yorversuchen, wie Herr Hertz, einerseits eine abgerundete Fläche und anderseits eine Spitze anwandten, haben wir bei den definitiven Ver- suchen zwei 2,2 mm. dicke nach Form der beistehenden Figur abgerundete Platindrähte einander ge- genübergestellt und mit einer von der Lei- H tung durch Isolation getrennten Mikrometer- schraube die Distanz dieser Elektroden verändert und gemessen. Bei unseren Versuchen standen sich entweder pri- märer und sekundärer Leiter frei in verschiedenen Di- stanzen gegenüber, oder sie waren in die sechs Meter von einander abstehenden Fokallinien zweier parabo- lischer Cylinderspiegel aus Zinkblech gebracht, welche die gleichen Dimensionen wie die von Hrn. Hertz an- gewandten hatten. In beiden Fällen war der Charakter der Erscheinung im Wesentlichen gleich; nur machte sich die Verstärkung durch die Spiegel deutlich geltend, indem bei Anwendung derselben in einer Distanz von sechs Metern die Erscheinung ungefähr gleich stark war als ohne Spiegel in einer Distanz von einem Meter; die grösste Distanz, bei der wir ohne Anwendung der Spiegel noch deutliche Messungen anstellen konnten, betrug 2,35 m. Wir besprechen nun zuerst die Beobachtungen über die Spannungen oder Potentialdifferenzen. Zur Messung derselben diente das bekannte von Carpe ntier nach der Angabe von Mas c art construirte Thom- son' sehe Quadrantelektrometer. Dasselbe wurde bald so — 520 — eingeschaltet, dass man der Aluminiumnadel eine con- stante Ladung gab und die beiden Hälften des sekun- dären Leiters mit den Quadranten in Verbindung brachte (in diesem Fall gab ein Yolt Potentialdifferenz in den Quadranten eine Ablenkung von etwa 6 Skalenteilen), oder dass man die Quadranten mit einer constanten Säule lud und die Aluminiumnadel mit der einen Hälfte des sekundären Leiters in Yerbindung brachte (in diesem Fall bewirkte ein Yolt in der Nadel eine Ablenkung von etwa 12 Skalenteilen). Die erste Methode war, vielleicht in Folge der mehr symmetrischen Anordnung, in so fern günstiger, als schon bei grösseren Distanzen Funken übersprangen und Ausschläge eintraten-, die zweite bot den Yorteil, dass die beiden Hälften des sekundären Leiters gesondert untersucht werden konnten. Bei allen mit dem Elektrometer angestellten Yer- suchen traten Ablenkungen ein, sobald ein Ueb erspringen der Funken in der Funkenstrecke bemerkbar wurde. Während, wie wir oben gesehen haben, bei den primären Funken die Elektricität stets in dem gleichen Sinne übergeht, springen im sekundären Leiter die Fun- ken bald in dem einen bald in dem anderen Sinne. Zu dieser Ansicht nötigt uns schon das Aussehen der ab- gerundeten Enden der Platinelektroden, indem die durch Oxydation gebildeten Figuren auf beiden Seiten ganz genau gleich sind; da die Bemühungen, irgend einen Unterschied wahrzunehmen, erfolglos blieben, so dürfen wir annehmen, dass im Durchschnitt nahezu gleich viel Elektricität in beiden Richtungen übersprang. Wenn die Distanz der Elektroden in der sekundären Funkenstrecke so eingestellt war, dass die Funken regel- mässig übersprangen, so ergab die Ablesung an dem nach der ersten Methode eingeschalteten Elektrometer folgende Erscheinung: — 521 — So wie der Hauptstrom geschlossen wurde, der Inter- ruptor zu spielen anfieng und die primären Funken kräftig sprangen, so zeigten sich auch die deutlich sichtbaren Fünkchen in der sekundären Funkenstrecke und zugleich bemerkte man eine merkliche Ablenkung, die je nach Umständen sehr verschiedene Werte annahm; diese Ablenkung war jedoch durchaus nicht constant, sondern die Nadel schwankte fortwährend um 10 bis 20 und noch mehr Skalenteile hin und her; wir bestimmten des- halb nur Mittelwerte der Ablenkung, und um dieselben besser erhalten zu können, wurde die Dämpfung des Elektrometers durch Anbringung eines kleinen durch die Schwefelsäure sich bewegenden Platinbleches vermehrt. Im Allgemeinen war die Nadel um so ruhiger, je regelmässiger der Interruptor spielte und je gleich- förmiger die primären Funken übersprangen, was man besonders an der Art des Zisch ens und Knall ens des primären Funkenspieles merken konnte. So lange nun der Inductionsapparat in Tätigkeit ist, bleibt diese schwankende Ablenkung ungefähr auf dem gleichen mittleren Werte. So wie man aber den zum Inductorium führenden Strom unterbricht, erhält die Nadel eine ganz constante Ablenkung, die, sowohl was Grösse als was Richtung betrifft, von der früheren schwankenden Ablenkung ganz unabhängig ist und unter Umständen bis über die Skale hinausgeht, was etwa 40 Yolt entsprechen mag. So kam es z. B. bei einem unserer Versuche vor, dass, so lange das Inductorium in Tätigkeit war, die Ablenkungen nach rechts zwischen 10 und 20 Skalenteilen schwankten, und dass dann beim Unterbrechen des Hauptstromes sogleich die Nadel nach der linken Seite bis über 200, d. h. bis über die Skale hinausging und nur ganz langsam, entsprechend dem — 522 — durcli unvollkommene Isolation bewirkten Elektricitäts- verlust wieder zur Ruhelage zurückkehrte. Um diese Erscheinung zu erklären, müssen wir vor Allem in Betracht ziehen, dass die Zeit, während welcher der primäre Funke überspringt und die elektromotorischen Kräfte -[~ ^ ^^^ — ^ tätig sind, verschwindend klein ist im Yergleich zu dem Zeitintervall zwischen zwei auf einander folgenden Funken. Bei der Ablenkung der Nadel werden also nur die Ladungen in Betracht kommen, welche das Elektrometer in den Zeitintervallen zwischen zwei auf einander folgenden Primärfunken besitzt. Untersuchen wir also vorerst, wie und unter welchen Umständen die durch einen primären Funken inducirten elektromotorischen Kräfte die Hälften des sekundären Leiters und das damit in Yerbindung gebrachte Elektro- meter laden können. In der beistehenden schematischen Zeichnung bedeutet I den primären Leiter, II den sekun- dären Leiter und Q das Quadrantelektrometer. In der 6^ CL primären Funkenstrecke F lassen wir die positive Elek- tricität von oben nach unten springen, in Folge dessen wird in der sekundären Funkenstrecke f zuerst durch -|- e die positive Elektricität von unten nach oben und dann unmittelbar darauf durch — e von oben nach unten — 523 — getrieben. Dieser letztere Antrieb wird unterstützt durch die unter Wirkung von -\- e schon entstandene Ladung ; es wird also, wenn -f- e schon ein Ueberspringen bewirkt hat, — e um so leichter den Funken in umgekehrter Richtung zum Springen bringen; und das noch um so mehr, da durch das Ueberspringen des ersten Funkens die Funkenstrecke besser leitend wurde, und damit gleich- sam der Weg für den unmittelbar darauf folgenden zweiten in entgegengesetzter Richtung überspringenden Funken gebahnt ist. Es wird somit die positive Elek- tricität, ganz abgesehen von den Grössen -f- e und — e, im sekundären Leiter leichter von oben nach unten als von unten nach oben springen; immerhin unter der Vor- aussetzung, dass -}- e zuvor ein Ueberspringen bewirkt hat. Jeder primäre Funke erzeugt also durch die beiden im sekundären Leiter inducirten sehr schnell auf einander folgenden elektromotorischen Kräfte -|- e und — e eine Ladung des Elektrometers, deren Grösse und Zeichen je nach den Umständen von Funke zu Funke ganz ver- schiedene Werte annehmen kann. Erweist sich die obere Hälfte des Leiters als positiv geladen, so lässt das mit Sicherheit darauf schliessen, dass -j- e grösser war als — e und deshalb die Funkenstrecke leichter überwand; während aus der positiven Ladung der unteren Hälfte nicht notwendiger Weise folgt, dass — e grösser war als -f- e; es kann auch daher rühren, dass aus den oben angeführten Gründen die positive Elektricität leichter von oben nach unten überging als umgekehrt. Um diese durch den einzelnen Funken inducirten Ladungen zu beobachten, haben wir am Inductorium den Interruptor ausgeschaltet, nur mit der Hand einen Quecksilberschluss unterbrochen und die dadurch am Elektrometer hervorgebrachten Ablenkungen beobachtet. Wir erhielten auf diese Weise ganz unregelmässig bald — 524 — nacli links bald nacii rechts verschieden grosse Ablenk- ungen; es war das auch ganz begreiflich; da nämlich die Stromstärke des primären Funkens in Folge der nie ganz gleichen Unterbrechung des Hauptstromes und des yeränderlichen Widerstandes der Funkenstrecke in der mannigfaltigsten Weise sich gestalten muss, so war auch bei den elektromotorischen Kräften im sekundären Leiter keine Regelmässigkeit zu erwarten ; es würde sich darum auch kaum lohnen, hier für jeden einzelnen Fall die massgebenden Ursachen aufzusuchen. Wir gehen nun über zu dem gewöhnlichen Fall, wo nicht nur ein einmaliger Funke überspringt, sondern der Interruptor spielt und die Unterbrechungen schnell auf einander folgen lässt. In diesem Fall ändert jeder überspringende primäre Funken durch Inductionswirkung die Ladung des sekundären Leiters und des damit in Yerbindung gebrachten Elektrometers ; die auf die Nadel wirkende Kraft bleibt also nur constant während des kurzen Zeitintervalles von einem Funken zum nächsten, um dann plötzlich einen anderen bald grösseren, bald kleineren, bald auch entgegengesetzten Wert anzunehmen. Da das Zeitintervall zwischen zwei Funken jedenfalls klein ist im Yergleich zu der Schwingungsdauer der Nadel, so kann dieselbe den von Funke zu Funke sich ändernden bald grösseren, bald kleineren, bald von der einen, bald von der andern Seite kommenden Stössen nicht folgen, sie wird ins unregelmässige Schwanken geraten, und der mittlere Stand wird uns anzeigen, ob bei der resultirenden Wirkung, die wir als Differenz- wirkung bezeichnen können, eine bestimmte Richtung überwiegt. Erst beim Unterbrechen des Stromes kommt die gerade stattfindende Ladung zu ihrer vollen Geltung und bewirkt eine constante Ablenkung der Nadel. — 525 — Wir konnten deshalb zwei verschiedene Dinge messen, entweder den mittleren Stand der schwankenden Ablenkung, während der Interruptor spielte, oder die constante Ablenkung in dem Momente, wo der Haupt- strom unterbrochen wird ; wir reden zuerst von der letzteren. Zur Messung der constanten Ablenkungen haben wir das Elektrometer nach der zweiten Methode an- geschlossen, den Interruptor einige Sekunden spielen lassen, dann plötzlich unterbrocheo und möglichst schnell die Nadel zuerst mit der einen und dann mit der andern Hälfte des isolirten sekundären Leiters in Yerbindung gebracht und die entsprechenden Ablenkungen abgelesen. So wurden einige Beobachtungsreihen angestellt, und wir teilen beispielsweise in der folgenden Tabelle die Ab- lesungen für 9 solche hinter einander unter Anwendung der parabolischen Spiegel angestellte Versuche mit. Ablenkung in für Skalenteilen die obere Hälfte des die untere Hälfte des sekundären Leiters sekundären Leiters + 22 34 47 + 41 — 40 — 25 — 21 -f 15 37 + 34 22 -f 17 + 21 26 4- 2 10 — 17 + 13 Die beiden Hälften zeigen bei dem gleichen Yer- suche, wie zu erwarten war, stets entgegengesetzte Zei- — 526 — chen; dass die Ablenkungen nach beiden Seiten nicht genau gleich waren, rührt offenbar von dem verschie- denen Yerluste in Folge der trotz aller Vorsicht nicht ganz vollkommenen Isolation her. Bei dieser Yersuchs- reihe sind die negativen Werte in der oberen Hälfte vor- herrschend und auch im Durchschnitt grösser, es ging also mehr positive Elektricität von oben nach unten als umgekehrt; bei einer andern Reihe von 20 Yersuchen ergab sich das Gleiche, aber weniger stark ausgesprochen; wir wollen jedoch daraus nichts Allgemeines schliessen, da die folgenden Versuche uns besser darüber Aufschluss geben können, ob und unter welchen Umständen eine bestimmte Entladungsrichtung in der sekundären Funken- strecke im Durchschnitt überwiegt. Wir wenden uns nun zu den Beobachtungen der schwankenden Ablenkungen, die so lange dauern als der Interruptor in Tätigkeit ist. Hier ist, wie wir bald bemerkt hatten, die Grösse der Funkenstrecke mass- gebend; um diesen Einfluss näher zu untersuchen, haben wir die Elektroden zuerst so weit von einander entfernt, dass keine Funken sprangen, und sie dann in kleinen Intervallen nach und nach einander bis zur vollkommenen Berührung genähert und so die den verschieden grossen Funkenstrecken entsprechenden Ablenkungen erhalten. Wir geben drei solche unter Anwendung der para- bolischen Spiegel angestellte Beobachtungsreihen; -|- deu- tet an, dass die obere Hälfte des sekundären Leiters positiv geladen war, und somit mehr positive Elektricität überging in der Richtung, nach welcher -|- e treibt ; das Umgekehrte bedeutet — . 527 — Funkenstrecke in Mittlere Mikron {^u) Ablenkung in Skalenteilen 20 107 + 12 18 114 79 + 160 16 + 71 48 + 63 14 51 26- + 50 12 • 5 — 7 + 1 10 — 17 15 + 5 8 — 13 21 — 19 6 — 21 — 50 — 21 4 — ' 14 29 20 2 1 — 15 — 7 Bei der grossen Funkenstrecke bis etwa zu 16 jit herunter waren die Schwankungen sehr gross, und es entsprach das dem Umstände, dass auch das Funken- spiel noch nicht gleichförmig, sondern zeitweise unter- brochen war. Ein ganz regelmässiger Gang in den Zahlen ist hier überhaupt nicht zu erwarten, da es sich um die Gesammt- wirkung einer grossen Zahl verschiedener Ladungen handelt, deren Grösse und Zeichen sich in einem fort ändert und von allen möglichen Umständen abhängt. Bei dieser Gelegenheit sei noch die Bemerkung bei- gefügt, dass die Aenderung, welche die Funkenstrecke bei dem Gebrauch wohl hauptsächlich durch Oxydation erleidet, wesentlich auf das Resultat einwirkt, und dass deshalb vor jeder Yersuchsreihe die abgerundeten Enden der Platindrähte beiderseits aufs Sorgfältigste gereinigt worden sind. Immerhin ist eine Gesetzmässigkeit in den obigen Zahlenreihen nicht zu verkennen. Bei den grös- seren Funkenstrecken geht mehr positive Elektricität über von unten nach oben, d. h. in der Stromrichtung, die -|- e bewirkt, bei einer Distanz von etwa 10 (à geht — 528 — nach beiden Eichtungen ziemlich gleich viel über, und bei kleineren Funkenstrecken überwiegt der Uebergang der positiven Elektricität von oben nach unten. Es er- klärt sich dies nach den oben erörterten Anschauungen leicht, wenn wir annehmen, dass im Durchschnitt die Spannungen -\- e etwas grösser sind als die Spannungen — e, und somit der primäre Funke schneller entsteht als vergeht. Es erreichen dann bei grosser Funken- strecke die -{- e öfter die zur Ueberwindung des Wider- standes nötige Grösse als die — e, während bei kleinen Funkenstrecken sowohl -|- e als — e im Stande sind, den Widerstand zu überwinden, ausserdem aber, wie wir gesehen haben, die von -|- e hinübergetriebene Elek- tricität mit der von — e bewirkten Strömung teilweise wieder zurückfliesst. Wir gehen nun über zu den Messungen der Strom- stärken im sekundären Leiter ; es diente dazu ein Wie- demann'sches Galvanometer von etwa 15,000 Win- dungen, welches so gut astatisirt war, dass ein Strom von 10-^ Ampère eine Ablenkung von etwa 3 Skalen- teilen gab. Bei der Beobachtung wurde das Galvano- meter bald mit den inneren, bald mit den äusseren Enden — 529 — der sekundären Leiterhälften verbunden; ein wesentlicher Unterschied ergab sich dabei nicht; wir begnügen uns deshalb mit der Mitteilung der Resultate, welche uns die Yerbindung nach dem beistehenden Schema gab, wo ganz analog wie bei den Beobachtungen mit dem Elektro- meter das Galvanometer G angeschlossen ist und einen Nebenschluss der Funkenstrecke f bildet. Es mag viel- leicht auffallen, dass hier überhaupt Funken springen, während doch die beiden Hälften leitend mit einander verbunden sind. Allein schon bei den Yersuchen mit dem Inductionsstrom des Ruhmkorff sehen Appa- rates haben wir gesehen, dass ein als Nebenschluss der Funkenstrecke angeschlossenes Galvanometer Ströme zeigt, sobald Funken springen; es war also auch hier eine Wirkung zu erwarten, obschon die Yerhältnisse in so fern anders liegen, als wir es mit zwei isolirten Hälften zu tun haben. Sogar wenn ein kurzer Leitungsdraht einen Nebenschluss zur Funkenstrecke bildet, geht das Funkenspiel ruhig weiter, eine Erscheinung, auf die Herr W ait z^) aufmerksam gemacht hat, und auf die auch wir bei der Anordnung unserer Yersuche gestossen waren, bevor wir seine Arbeit erhalten hatten. Diese Erscheinung wird nur erklärlich, wenn die elektromoto- rischen Kräfte e in ausserordentlich kurzer Zeit an- wachsen, was wir ja auch aus andern Gründen anzu- nehmen genöthigt sind. Die Wirkung auf das Galvanometer erklärt sich nun leicht aus der folgenden Betrachtung: Das ganze System des sekundären Leiters ist isolirt, es muss also im Ganzen eben so viel Elektricität von der untern auf die obere als von der obern auf die untere 1) K. Waitz. lieber die Wellenlängen elektrischer Schwin- gungen. Wiedemann Annalen. Bd. XLI. S. 435. 34 — 530 — Hälfte fliessen. Geht nun mehr positive Elektricität durch die Funkenstrecke von unten nach oben, so geht der gleiche Ueberschuss durch das Galvanometer in der umgekehrten Eichtung ; wir können also aus der Ab- lenkung der Galvanometernadel auf die Richtung schlies- sen, nach welcher in der Funkenstrecke der Ueberschuss der positiven Elektricität geht. Auch bei den Galvano- meterbeobachtungen wurde die Abhängigkeit der Ab- lenkung von der Grösse der Funkenstrecke studirt, und wir geben als Beispiel die drei folgenden Yersuchsreihen mit Spiegel, wobei das positive Zeichen bedeutet, dass in der Funkenstrecke ein Ueberschuss von positiver Elek- tricität in der Richtung von unten nach oben ging. Funkenstrecke Mittlere in Mikron f^J Ablenkung in Skalentheilen 22 _|_ 4 _|_ 2 20 4- 4 18 +7 16 -f 13 14 ~f 27 12 + 28 10 + 27 8 4- 22 6 +4 4 — 2 2 — 3 Diese Resultate stimmen in der Hauptsache mit denen überein, welche uns das Elektrometer gegeben hat; bei grosser Funkenstrecke geht mehr positive Elek- tricität über in der Richtung, nach welcher die elektro- motorische Kraft -|- e treibt und bei kleiner Funken- strecke mehr im entgegengesetzten Sinn. Nur machen sich bei den angeführten Galvanometerversuchen die + 6 + 2 + 17 + 3 + 24 + 15 — 26 -|- 25 -f 28 — 37 + 27 — 42 + 15 — 39 — 4 -f 18 3 2 2 — 12 — 531 — negativen Zeichen weniger geltend; es gilt dies jedoch durchaus nicht allgemein, da bei anderen Yersuchen, be- sonders auch bei solchen ohne Spiegel, die negativen Ablenkungen vorherrschten. Wir haben bei unseren Betrachtungen angenommen, dass nur ein einheitlicher primärer Funke überspringe, während wir es selbst als wahrscheinlich bezeichnet haben, dass der Funke in eine Anzahl Partialentladungen zer- legt wird. Es ist leicht einzusehen, dass auch in diesem Falle in der Hauptsache genau das Grleiche gilt, da wir ja unsere Betrachtungen auf jede Partialentladung an- wenden können, und es wird dann nur die grosse Mannig- faltigkeit in der Wirkung der einzelnen Funken noch leichter begreiflich. Auch bei der sekundären Funken- strecke können, wenn dieselbe kurz wird, möglicher Weise fernere Zerlegungen des Fünkchens in einzelne Partialfünkchen eintreten und dadurch den Yorgang noch weiter compliciren. Aus den mannigfachen von uns angestellten Yer- suchen, von denen wir nur einige Beispiele näher her- vorgehoben haben, ergibt sich für uns vor Allem, dass die durch Induction hervorgerufenen sekundären Funken ganz anderer Natur sind als die primären. Jeder stets in gleicher Eichtung stattfindenden Entladung in der primären Funkenstrecke entsprechen zwei unmittelbar auf einander folgende Entladungen nach den beiden ent- gegengesetzten Richtungen in der sekundären Funken- strecke, und von diesen beiden überwiegt bald die eine, bald die andere, indem sowohl das allen möglichen Zu- fälligkeiten unterworfene Entstehen und Yergehen des primären Funkens als die Beschaffenheit und Weite der sekundären Funkenstrecke bestimmend einwirken. Mit — 532 — Hülfe der bekannten Gesetze der Induction kann man über den wesentliclien Charakter dieser sehr verwickelten Erscheinung sich vollkommen Rechenschaft geben, wenn es auch nicht wohl möglich ist, bis in alle Einzelheiten hinein mit der Rechnung den Vorgang zu verfolgen. Schwerlich wird aber die Mannigfaltigkeit sich erklären lassen, wenn man mit Herrn Hertz die primären Fun- ken als einfache ganz gleichartige Schwingungen auf- fasst, deren Energie, entsprechend den Anschauungen Maxwell's durch das Medium des Dielektricums fortge- pflanzt, in dem sekundären Leiter wieder ähnliche ebenso einfache Schwingungen erregt. lieber die Erklärung der Resonanz, über die Art der Fernwirkung und deren Beeinflussung durch Leiter und Dielektrica und die damit zusammenhängende Bil- dung von Maxima und Minima der "Wirkung sprechen wir uns einstweilen nicht aus, da wir vorerst darüber noch durch weitere Yersuche Aufklärung zu finden hoffen. Basel, Ende März 1891. ■^►- Witterungs - Uebersîcht deis Jahrein 1890. Yon Albert Riggenbach. Instrumental-Correctionen. Eine Contrôle der Eispunkte, vorgenommen am 13. Januar 1891, bestätigte die Rich- tigkeit der bisher verwendeten Correction von — 0^.4 für die Ablesungen am trocknen wie am feuchten Thermo- meter. Auch das Thermometer am Barometer zeigt 0^.4 zu hoch. Die Instrumente, sowie ihre Aufstellung erlitten im ßerichtjahre keine Aenderung, so dass wir für die be- züglichen Angaben und ebenso für die Art der Berech- nung der folgenden Tabellen auf die Uebersicht der Jahre 1888 und 1889^) verweisen können. 1) Diese Yerhandl. Bd. IX. p. 124 ii. ff. — 534: — Ö ^ O Ul >- «-< «H ^ \^ N «H ■ ■ o o o ^ S-i' H- 1 Ö Ö S. CD so _^ «H SO tr CD B CD CD a' CD CT- CD CD g a- CD oc ^1— 1 N 3 so Si 00 CO o ■ <î -:? h- ' CO - s o ÜT O ÜÜ CO o H-* Oi 05 CD CO CD O •-»• 5 #>- CD • 00 <î 05 <— ' CO <î 00 CD CO CO OS ^-1 ^^ ►fi^ M CD CO h- ' f^ CD as O ►— ' ^^ ÎO Ü3 -3 CJtJ O CO <ï tf^ ^ 1—« f^- 00 CO CO <ï •- CO CO ►;>- CO CO CO rf^ rf»- Ë: Sû 00 as O) t— ' CO p î* ;-i p CO p op <£ (î- H^ rf^ rf»- Ol ip- CO o CD o Hi^ CO C5 ÎO h)^ CD — • 1-» 1-» i-i 0 CD t^ f^ p rf^ p 00 M> 6Ü ^y to ^.,^__ CO 1— ' 6Ü 6Ü fO ÎO SO p <ï l^»- p to j4^ H- ' p p p p p CO ÎO Ss- H-« h-« CD im 1 1 1 1 1 1 1 CM -^ 9ni[0 cn ■= ^ N CO 1—1 CO 02 î> »H 1 1 1 1 1 CO CO" i-H CO 00 bß lO CO ai \â lO CO î> 00 1—1 T— 1 ?> d 1— 1 « 1— 1 c^ Ci 02 Gvi I-l f— 1 Gvi 1-H G<1 H-l es ^ 00 '* Oi CO î> CO CO î> CO CO CO o t- OÎ CO Oi 00 ril î> î> Oi m CQ c^ 02 OS o E i a f— 1 T— ( 1—1 C>i Cvi Of c^^ Oi Cvi 1—1 Ol •«i' UJ I— 1 C5 -^ CO 05 pH « 1—1 "dî oi î> \Ô 1— 1 t— 1 r-l r-t Cvi I— 1 CO I-l Cs< c^ I— 1 H 02 ?s 02 O) 'à a CO CO OÎ Ci o 3> CO '^ oi O 00 tH '^ O -^ 00 (M O 05 00 I— t 00 3> •^ C5 CO CO 1—1 1 I— 1 1 1 1—1 I— 1 •» ^ S 1 I 1 1 1 1 1 05 1— 1 X ^ •S G<î lO CO ' CO CO U -^ o c^ C<2 t- CO o Gvi f> a> I-l c^^ "<# »o V CO 1—1 lO 00 -çH CO î> î> CO î> -* ^ 00 9 '^ _1_ 1 1—1 I-l I— 1 r-t 1—1 1 ^ H o CO "^ ^ î> '^^ 03 •^ 1—1 (N î> 05 1— 1 . 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CO m o bC Co 3 ' o C bD bDjs C o Q Januar . . Februar s März . . April . ^ . Mai. . . Juni . . Juli. . . August . Septembei October November December r 2 3 4 1 2 — 1 8 6 1 2 9 2 2 1 3 1 1 1 5 8 18 10 9 1 2 3 2 1 1 .2 1 1 1 2 1 2 2 1 1 4 3 2 5 2 6 9 6 3 1 8 4 5 13 1 1 13 9 9 17 1 1 Jahr . 9 3 — 1 28 59 12 3 9 40 32 50 1 Letzte Schneedecke : 6. März. Erster Reif : 9. October. Letzter Schnee: 12. April. Erster Frost: 22. October. Letzter Frost: 13. April. Erster Schnee: 23. October. Letzter Reif: 27. April. Erste Schneedecice: 26. November. Längste Trocl o C4 I— 1 I— i o CO OÎ rH CO ?> o CO -(^ • • • • • • • • • • ^ ~ ÖO I— 1 I— t 1— 1 1—1 T—l rH T-t 1—t 1— ( 1-H y—t 1-^ 1— t 00 rv? Ï- r- 1—1 ^ CO CO Oi 05 lO C5 o M rH 1— 1 CM OÎ esj CM t—i Cvt 1— 1 1 CO O î> 02 lO 1— 1 r:< Ir- 1 1—1 f— t O o OÎ o O I— 1 7-i o O O o r-^. w. CO I— 1 I— 1 r-l 1—1 I— 1 r-i I— 1 T-^ 1-^ 1-i 1— 1 T-< 'r-< W o CÎ o CD CO Ci o Ci Cvi î> c« r-i -^ I— t CJ r-< 1— 1 r-t Ci I— ( o o O o O i—< o 1— 1 O o T-l o H " m 1—1 I— 1 1—1 1—1 1—1 r- C 1— 1 1—< 1—1 rH rH i— ( r-i m . o Oi \o o CO o CO CO ^ CM CO 02 CO CO W ^ rH 1— ( OÎ r-i 1-^ CM CM CO CM 1— 1 Oi o O o o o o rH rH O o r-i T-^ o W GO 1—1 r-l I— 1 r-( 1—1 1— 1 r-\ 1— 1 rH 1—t 1-* 1— ( CO M H> O) o t^ c^ -* (M iO Oü 1— 1 i> CO 00 CM 1—1 rH 1—t 1—i 1— 1 1-* 1— ( ** r-i . o 1 1 o O o O o o o 1 o o H - Ul 1— 1 1 1 "-• 1—1 f-< 1— 1 I— 1 rH 1— 1 ' I— 1 l—t . Ciî 1 1 03 '^ rst o? CO iO CO 1 lO r-< W 1 1 1 CO . •<* o o r-H tH 1— 1 O 1—* 1—* (?2 o o l—t !^ m 1—1 I— 1 r-i 1—1 rH r-i 1— 1 t-^ i—t 1-* r-i rH f-( CO W ä> in lO Üü '^ CO XO OS \o \o Ci CO CO Oi 1—1 1-1 1—* T-* I— 1 r-i ö • f- • • • • • h a> 05 00 Ö CS 1-5 OS März . April . CS • r-l a HS H5 • l-l 1— < 13 *-5 -t-3 PL, o O o S -i CD cr- i-i • • • • • - i-i • 'P P o ' i-i ^^ ' HJ • • • • • • • • e+- ' 1 1— ' h-« I— ' I-» h-« 1 05 OS CO rf^ o 05 CJ» c» ^^ Ut ^^ CO ÎN3 H CO tf^ o Oi en CO <î CD CO OO CO rf^ O -ï Oi n^ 00 o 00 CD C» ÎO CK CO 00 CK s s 1 ' I—« 1 h- > 1— l ÎO ÎO H- ' h-i 1— « 1— ' ÎO 05 1— ' 00 1— ' O CD 00 to 00 1— ' Ot tr 00 -3 1— ' 1— ' CD -5 M^ rf^ Oi ^^ Ci Ca M^ CO ^ cri o 00 CD CD CO o. ro a. CD «_. CD CO fx -» I I 1 1 1 1 I I 1 I 3- S «a < w 3 •-* Ot o DO o O t— ' H-» O o o Ü3 OO o § 3 p O tf'' îû rf^ I 1 ^^ 1 ! 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Die Niederschlags-E-egistrirung wurde mit dem im vorjährigen Berichte erwähnten Instrumente fortgesetzt, dasselbe functionirte ununterbrochen bis zum December, dagegen konnten die übrigens wenig häufigen und wenig ergiebigen Schneefälle dieses Monats nicht aufgezeichnet werden. Diese Niederschläge wurden darum bei der Bearbeitung der folgenden Tabellen ausser Betracht ge- lassen; die bezüglichen Zahlen des December in der Ta- belle „Dauer und Intensität des Niederschlags" beruhen auf Notirungen für das Journal der Station. Im Folgenden geben wir zunächst ein Yerzeichniss aller Platzregen von mehr als 20 mm. pro Stunde, so- dann die dem letzten Berichte conformen Tabellen über die tägliche Periode und die Dauer und Intensität des Niederschlags. Endlich lassen wir eine Tabelle folgen, in welcher angegeben ist, wie oft nach den Registrir- aufzeichnungen im Momente der vollen Stunde ein Nie- derschlag stattfand, die Monatssummen zeigen schon, wie zu erwarten, einen engen Anschluss an die aus der ge- nauen Abmessung sich ergebenden Werthe der Nieder- schlagsdauer. I>aner nnd Intensität Ton Platzregen. Datum 1890. Beginn. Ende. Dauer. Minuten. Menge. mm. Intens. mm. pro Stunde. Juli 4. S^ 30p 8h 40p 10 3.6 21.6 Aug. 13. 6 Op 6 15p 15 11.9 47.6 19. 8 18p 8 21p 3 1.0 20.0 20. 8 32 a 8 40 a 8 2.9 21.8 24. 6 55p 6 58 p 3 5.7 114.0 551 Tägliche Periode de» Niederschlags. Niederschlags - Menge. Zahl der Niederschlags - stunden. Mittlere stündl. Menge. 1890. 1888-90. 133 Tage. 387 Tage. 1890. 133 Tage. 1888-90. 387 Tage. 1890. 1888-90. 7— 8 30.9 51.0 45 73 0.69 0.70 8— 9 24.5 44.6 34 57 0.72 0.78 9-10 16 A 38.7 32 53 0.51 0.73 10 — 11 36.5 53.9 37 58 0.99 0.93 11 —Mittag 24.6 49.2 38 64 0.65 0.77 Mittag — 1 20.8 39.6 34 56 0.61 0.71 1— 2 32.3 70.5 42 69 0.77 1.02 2— 3 30.2 53.8 40 76 0.76 0.71 3— 4 21.8 53.6 36 68 0.61 0.79 4— 5 22.3 70.7 31 62 0.72 1.14 5— 6 21.0 56.4 33 59 0.64 0.96 6— 7 43.1 61.6 31 58 1.39 1.06 7— 8 24.9 39.9 30 52 0.83 0.77 8— 9 22.2 42.3 31 52 0.72 0.81 9 — 10 31.4 54.9 26 50 1.21 1.10 10— U 26.5 45.3 32 57 0.83 0.79 11 — Mnt. 29.0 50.1 36 59 0.81 0.85 Mnt.— 1 31.8 57.9 33 60 0.96 0.97 1— 2 18.5 48.5 36 66 0.51 0.73 2— 3 21.0 43.8 34 67 0.62 0.65 3— 4 17.1 89.1 36 68 0.47 0.58 4- 5 12.6 46.0 30 69 0.42 0.67 5— 6 17.3 41.2 30 64 0.58 0.64 6— 7 25.4 55.5 41 79 0.62 0.70 Total 602.1 1204.1 828 1496 0.73 0.80 552 — Dauer und Intensität 1890. Registrir- Zahl der Regen- 6X) Ol ä -(-» a ;::l $ 5« Ö d CO S Gésammt- Dauer. Stunden, Mittel pro Kegentag. Januar Februar März April Mai . Juni . Juli . August September October . ÎTovember December 12 93 38 3845 4 17. 9 715 5 23 7 1060 11 55 36 1846 12 90 26 4108 16 93 49 3582 16 76 51 2330 17 130 62 4927 4 32 13 1384 14 105 47 4175 22 114 53 4390 (3) (?) (5) — 64h 5m 11 55 17 40 30 46 68 28 59 42 38 50 82 7 23 4 69 35 73 10 (ca. 18. 5) 59.7 3.0 6.9 38.7 91.5 59.4 66.9 158.0 16.1 62.3 39.3 (11.5) 51^3 3.0 3.5 2.8 5.7 3.7 2.4 4.8 5.8 5.0 3.3 (6.2) 5.0 0.8 1.4 3.5 7.6 3.7 4.2 9.3 4.0 4.5 1.8 (3.8) 0.93 0.25 0.39 1.26 1.34 0.99 1.72 1.92 0.70 0.90 0.54 (0.60) Winter . (Jan. Febr Frühling Sommer . Herbst . Total . (Jan. — Nov 16 110 47 4560 28 168 69 7014 49 299 162 10839 40 251 113 9949 76 116 54 180 39 165 49 62.7 137.1 284.3 117.7 4.8 4.2 3.7 4.1 3.9 4.9 5.8 2.9 133 828 391 32362 5391^ 22 601.8 4.06 4.5 0.83 1.17 1.57 0.71 1.12 — 553 — des Niederschlags nach Beobachtungen. Termin - Beobachtungen. Mittel Regen: pro all. a 03 Nieder- ^ Schlags Wahrschein- lichkeit. Häufigkeit der Nieder- schläge '^' zur Zeit der Termin- Beobachtung. 'Sä Ü äs s Mittlere ^ Regendauer pro Regentag. r— f Cß i Nieder- ^ schlage Wahrschein- lichkeit. lh7 1.6 0.086 7 56 4.7 1.07 0.075 1.3 0.3 0.018 5 40 10.0 0.08 0.060 2.5 1.0 0.024 3 24 4.8 0.29 0.032 0.9 1.1 0.043 5 40 3.6 0.97 0.056 2.6 3.5 0.092 10 80 6.7 1.14 0.108 1.2 1.2 0.083 9 72 4.5 0.82 0.100 0.8 1.3 0.052 5 40 2.5 1.67 0.054 1.3 2.5 0.110 12 96 5.6 1.65 0.129 1.8 1.2 0.032 4 32 8.0 0.50 0.033 1.5 1.8 0.094 10 80 5.7 0.78 0.108 1.4 0.7 0.102 12 96 4.4 0.41 0.133 — — 0.025 4 32 10.7 0.36 0.043 1.6 1.3 0.054 12 96 6.0 0.65 0.068 1.7 2.0 0.053 18 144 5.1 0.95 0.065 1.1 1.8 0.082 26 208 4.3 1.37 0.094 1.5 1.0 0.076 26 208 5.2 0.57 0.095 1.4 1.5 0.007 82 656 4.9 0.92 0.082 554 — «H November . December . O o O a' CD CD c-t- CD B CD tri- 1— J «H c Ö M- • SO M- 1— 1 sa: CD «H to 1 ; QD <î 1 os ^ h-i as ^^ lo tD lO t— > >— i 00 C 00 '^ i. 1— 1 / Si .~5 O 1 ^ 1 03 ÎO 1 Ot î>3 oo 00 lO h- ' (-» ^^ ÎO 1 1 1 i-i ' ua ^ to 1 oo oo 1—1 rf^ N) H-1 to 1 1 (-» Ot 1—1 lo 1 1 1 1 ^—i i^ 1 os hp^ ►-1 oo ÎO ÏO (-l 1 1 1 ^f^ ÎO / os 1 oo 1 ut bS h- ' ÎO t— » 1 oo 1 I 1 1 1 Ot t-* (— ' 1 ÎO oo t— ' as 00 1 ÏO 1 1 t— ' oo lO ÎO 1 1 o\ \ rf^ oo 1— ' oo rf^ 1— » 00 >-^ 1 H-i tf- oo 2J h-» 1 1 1 1 1 1 05 : 1 1 1 î>3 1—' 1 oo ^^ 1 1 ÎO 1 1 1 1 oo tf^ GO 1 w hl^ 1 oo 1— ' 1 00 1 H-" H-» oo ut ÎO 1 00 1 Ot C5 I— ' oo ÏO ÎO oo t— ' ta 1—' lO 05 3" f^ tD OO l-i 1 oo î!û OS ' ÎN3 1 I • \ 0 t— » ÎO bS oo I 1 oo H* \ lO 1 ^o oo h-» tJÄ- 1—« ►f^ oo H-i 1 H-« N ÎO 1 f < oo ® ) 3 H- ' I K> oo >— • 00 H-» oo ut t— ' H-« 1 h-1 os (-* 1 1 1 o 1 oo 1 ÎS3 h-« rfi' OO 1 t— » oo I-» 1 1 »— ' 1 S- Ot \ CQ \ O 1 tf^ h-' H-" oo 1 ut lO tD t— » 1—1 I \ ^ 1 1 OS ; 1 Ot 1 oo OO 1-« oo oo ut lO OO t— • 1 t-l a» 1 ^ -^ to 00 oo OT Oi to t—t I-« 05 Total. 00 o 10 11 Mitternacht C000<^cyi<:;^^^i'0^^0^-'g-l-'O(:0G0*30Sü^^^.00 * CT? 63 h- ' trt- t— ' 1— > 1 1 M 1 1 t 0^ üt<^^^oo^Oüt<îl-'0 — oooocn. 00 o\ zo *-• o o 1 1 1 ! 1 1 ., , 1 0'-'OoalOco^^cooo-JütocD^fs-o?;î Oh^CD.CiWtfi>-ÎOCOOWcDOtOOOrf^2 1 1— ' CD 1 ot CD -3 00 CO 1— » 1— ' OS JvS l>3 ÎN3 œ ^ i-i 00 en CD H- ' 1 1 i 1 1 1 1 bOlootot«Oi^üt(-'i-'H-4;kC»oo 1 63 »* o î!0 o H-l rfi. tO 1 CD 05 1 H- •J3 63 ot 00 63 t— • 63 ^ ■ so: N Ol o ^» l— ' H- ' ^ î<) 05 w ^^ -sj o 05 1 1 1 1 1 1 1 1 ' ü50tc«ot_,üt rfi-00CDJ>OCOasi-«C»)-'ÇOtf:^2oî î005<ïWOt<î^f>>tO <îi-'00OC0Ot0000>f!^05i-'00O Ot tfs. îo ^ o — ot o I-' v(^ (-» 1 1 1 1 1 M , ütcDJff>' »-"tscoûo O6300C00063ÜtC000CD^Q000 t-'rfi^oorooütoooooK-'otbsw 63 !-• kf^ 05 CD h(^ h-» h- ' 1 63 00 -3 h-" O rfi. i^ œ Ü3 >f». 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Januar . . . 36.6 81.7 93.0 58.8 68.9 67.8 Februar 121.4 146.3 36.2 56.3 123.4 96.7 März . . 178.2 115.1 76.4 78.5 125.7 114.8 April. . 174.8 187.0 72.8 122.8 161.9 143.9 Mai . . 253.8 127.6 262.4 147.5 172.7 192.8 Juni . . 128.8 297.1 206.4 154.3 212.2 199.8 Juli . . 265.9 251.0 162.5 223.1 219.7 224.4 August . 184.4 250.6 198.1 208.2 201.0 208.5 September 204.0 148.9 156.4 157.1 181.0 169.5 October . 123.6 77.1 166.0 67.1 141.9 115.1 November 70.1 59.3 50.7 110.2 40.2 66.1 Decembei 25.4 47.6 100.0 29.7 53.4 51.2 — 559 — 1— < Ö CO . o Tii (M cô cô î> CM C9 ai • (>ï "^ '~~-;- ~^~^ ;~ h- 1 CO bo "~-^ C^ CO .-1 in î^ —-- T-H CO "^T- 00 iS r—t CM (M I— t rv? o 00 H Ci h- 1 tj t-t ço CO lH H- ( t— 1 X 3 H J^H 1— 1 H- 1 t— 1 t— 1 h— 1 1— ( l-H l-H l-H i> rH \a a> CO -^ CO 00 î> »— t '^ 03 ni 5 \o Ci 00 Oî CO ^ \o CM î> \0 -* » l« 02+3 ctso 1— 1 »-^ T-l (M r-( (M 1—1 r-l r-i rH CM î> r^ CO r-î cô c6 1— t 00 d t^ Cjj^ ho CM I— 1 CM (M 1—1 CM (M CM 00 (X) iH o o OS H- 1 M H ^ hH (—1 1— 1 1-H M l-H hH CO M M X hH es g O '^ o ^ o E r^ V . 1—1 î^ 00 o o 00 lO 00 c:> (X) 'îH O &ß t-H (M CM 1— 1 (M rH CQ cS 1— 1 1— f HH hH OD ë lli H H- 1 1— 1 H- 1 t Ö ï^a HH hH l-H hH hH hH 00 1—1 «C ,i^ ■s s C<ï O 00 î> lO CO CO O r— 1 lO î> Gi î^ Ci r-l î> '^ î^ CO 05 C + s CO O i> lO o CO CO CO (M i-H iO CM ri 00 00 00 05 i> î> 00 00 00 00 OÔ + CO î> 1+ o Ä o Ci o •<* -* î> CO « CO CO 00 CO 05 00 00 00 Ci î> J> 00 00 00 cx> CO CO v Oî i«^ ■•- ^ 00 lO CM ï> o 1-1 '=t^ o 02 CM o 0) s r-H î> 00 00 00 i> î> 00 00 i> 00 00 ^ :0 03 OQ ^ CQ C5 CD CM lO lO ü> CO 00 00 00 Ci î> î> 00 00 00 00 00 O • a> • 00 r-\ (M CO -^ iiOCO t- 00 c^ o f— 1 00 00 00 00 00 00 00 00 ce Ot) 00 00 GO 00 00 00 00 oo 00 00 y.. 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Dagegen zeigen die Zahlen, dass für niedere Drucke etwa von 360"^"^ abwärts auch von einer nur annähern- den Gültigkeit des Gesetzes nicht wohl mehr wird ge- sprochen werden können. Bei einem Yergleich der für die gleichen Stoffe von uns festgestellten Zahlen wies es sich aus, dass Herrn Landolt's Beobachtungen für tiefere Drucke besonders, sehr wesentlich von den unseren abwichen, wie das aus der unten folgenden Tabelle 2 ersichtlich. Durch diesen Yergleich wurde die Frage nach der Gültigkeit von Dalton's Regel für die fetten Säuren, wie sie Herr Landolt wieder aufgeworfen, in das Hinter- treffen gerückt. Dass sie eine allgemeine Gültigkeit nicht habe, war gezeigt; zu entscheiden, ob ihr an- näherndes Gelten für diese Säuren auch auf tiefere Drucke noch könnte ausgedehnt werden, musste ver- schoben werden bis auf eine Zeit, in welcher die Ab- weichungen der Zahlen des Herrn Landolt von den von uns beobachteten eine genügende Erklärung gefunden hatten. Ein Yergleichen der beiden Resultate ergiebt aber nicht nur sehr erhebliche Differenzen, Differenzen, die innerhalb der Beobachtungsgrenzen bis auf 40*^ für den gleichen Druck steigen; der Yergleich lehrt auch, dass diese Differenzen kein willkürliches Hin und Her, kein Schwanken oder Zucken zeigen, dass dieselben vielmehr durch eine ganz bestimmte Bewegung charakterisiert werden, die darin zum Ausdruck gelangt, dass die Dif- ^) Landolt a. a. 0., pag. 179. 37 578 N tv n ET- es a> rt- ^ H. i=! >-i H- 1 P^ t:1 (T> fi^ M- a> (iq CQ N H S^ ^ >-j rp rt- 1 — 1 O CD i-i ro &. OQ CD g * P CD {^ Vfi' OO OO ÎO ÎO 1—' t— > B 1--. ^ O Ot o CK o CK o CK O B ?r w ?5 CÖ ^^ JvD î!0 ÎS3 ^^ H- ' . 1 p; p ÇD <î Ot p ÎO P 1 1 ? <î î-i Ü0 b <ï b b t> 2. tr< CQ p 1— ' CK 1— ' 1 i CD P OD Ü0 io <£ h-" io 00 CK t— ' p t— ' tf^ t^ ce P io rfî' Ö0 b b CK ^ b î-l o CD t— » H-» H-* H-« 1 1 Ö -i B 1—1 <î ~5 3 P irl- p ce o p »— ' p ÇO p p ert- CD CO 00 00 — 585 — Temperatur aussetzt, beiweicher seinDampf eine Quecksilbersäule von 760"^^^^ trägt." Hiermit ist denn zum ersten Male das Besteben einer Differenz zwischen den Resultaten beider Metho- den behauptet worden, allerdings ungenügend und falsch begründet, aber doch deutlich und bestimmt ausge- sprochen. Trotzdem wurde die doch zweifelsohne äus- serst interessante Bemerkung Daltoh's wenig beachtet. In den ausführlichsten Berichten über diesen Gegenstand findet sich nichts darüber angegeben, so weder von Muncke, ^) der Dalton so heftig zu Leibe geht, noch von Kämtz, ^) dessen Zusammenstellung an Yollständigkeit sonst nichts zu wünschen übrig lässt. Die eigentümliche Einfachheit, die in der Yolta- Dalton'schen Regel ausgesprochen war, vereinigte so ausschliesslich das Interesse aller Forscher auf sich, dass nur sehr wenige auf die Frage nach der Differenz der beiden Methoden eintraten. Unter diesen ist zuerst zu nennen James Forbes^), der aus dem Ni chtüb er einstimmen seiner Kochpunkte mit den Tensionsbestimmungen Daltons ableitete: „dass es zweierlei sei, die Spannkraft des Dampfes von grösster Dichte zu bestim- men, den Wasser von einer bestimmten Tem- peratur geben kann, oder aber zu messen, unter welchem Luftdruck Wasser Dampf von bestimmter Temperatur geben wird," der sich also deutlichst im Sinne einer Differenz ausspricht. Auf die Frage selbst, wie es sich mit der Ueber- ^) Muncke in GeMers physikalischem Wörterbuch. Bd. 2, 1826, pag. 279. Bd. 10, 1841, pag. 196. ^) Kämtz, Untersuchungen über die Expansivkraft der Dämpfe. Halle, 1826. 3) Edinb., Roy. Soc. Trans. Bd. 15, 1841, pag. 409, — 586 - einstimmung der nach beiden Methoden erhaltenen Ke- sultate verhält, geht zwar der nun zu nennende Magnus bei seinen Yersuchen ^lieber die Spannkräfte des Wassers" nicht ein/) doch ist auch ihm völlig klar, dass die Yorgänge beim Kochen und die beim Yerdampfen einer Flüssigkeit durchaus verschiedene sind. Er fügt sei- nerfgenannten berühmten Arbeit eine besondere Abhand- lung bei unter dem Titel: „lieber dieKraft, welche zur Erregung von Dämpfen erforderlich ist,"^) in der er sagt: „Es bleibt deshalb nur übrig anzu- nehmen, dass die Kraft, welche zur Erzeugung des Dampfes erfordert wird, deshalb grösser sei als seine Spannkraft oder die Kraft, welche er zu seinem Bestehen nöthig 'hat, weil die Cohäsion der Flüssigkeit, auf welcher ihr tropfbar er Zustand beruht, überwunden wer- den muss."^) Magnus betont dann weiter, dass die Cohäsion nicht für alle Teilchen der Flüssigkeit gleich sein könne, „weil an der Oberfläche wo sie mit Luft in Berührung ist, ihre Theile nicht mit ebenso grosser Kraft zurückge- halten werden, als im Innern, wo jedes Theil- chen von allen Seiten mit gleichartigen Theil- c h e n umgeben i s t." ^) Es lehnt demnach auch Magnus keineswegs die Divergenz beider Methoden von vorn herein ab, vielmehr macht er ausdrücklich auf die beim Kochen zu überwindende Cohäsion und ihren Einfluss als unterscheidend aufmerksam. Nach James Forbes ist es erst wieder Regnault^) ^) Poggend. Annal. Bd. 61, 1844, pag. 225. 2) Poggend. Annal. Bd. 61, 1844, pag. 248. 3) A. a. O., pag. 249. 4) Paris, Mém. Acad. Sei. Bd. 26, 1862, pag. 340. — 587 — gewesen, der auf die Frage, ob die beiden Methoden, für die er die Namen statische und dynamische vor- schlug,^) übereinstimmende oder abweichende Resultate gäben, ausdrücklich eintrat. Seine Yersuche, die er für Wasser und andere Flüssigkeiten anstellte, führten ihn dahin, anzunehmen, dass beide Methoden durchaus coin- cidierende Resultate ergäben, jedoch nur dann, wenn absolut einheitliche Stoffe angewendet würden, d. h., wenn auch die letzten Spuren von Verunreinigungen aus den zu untersuchenden Stoffen entfernt seien, doch fügt auch er ausdrücklich hinzu , dass die beiden Methoden theoretisch ihrem Wesennach wohl unterschieden sind.^) Regnaulthat jedoch seine Yersuche über die Identität beider Methoden nicht bei sehr tiefen Drucken, bei denen die Differenzen nach den vorliegenden Zahlen ja erst recht deutlich zu Tage treten müssten, vorge- nommen. Dagegen weist er ausdrücklich darauf hin,^) dass während bei höheren Drucken die Temperatur der FJüssigkeit selbst sich von der im Dampfe gemesse- nen nicht unterscheidet, sich eine solche Differenz, die mit sinkendem Drucke wächst, bei niederen Drucken sehr wohl nachweisen lässt und dass dieselbe bei Wasser beim Drucke 160 ^^^"^ und der Temperatur 42^ C. schon 0.7^ beträgt. Da nun ausserdem Regnault bei unterschiedlichen Stoffen wie Chloroform, Benzol^) u. s. f., recht wesent- liche Differenzen bei der Ausführung der Spannkrafts- messung nach den verschiedenen Methoden erhielt, so ^) Regnault, a. a. 0., pag. 341. 2) Théoriquement, les deux méthodes présentent une différence essentielle, a. a. 0., pag. 341. 3) Paris, Mém. Acad. Sei. Bd. 21, 1847, pag. 524. ^) Paris, Mém. Acad. Sei. Bd. 26, 1854, pag. 403 u. 416. — 588 — erscheint sein Zeugniss nicht in dem Maasse schwer- wiegend, wie das sonst wohl der Fall sein müsste. Es lässt sich yielmehr seine Beobachtung, dass die Tem- peratur des flüssigen von dem dampfförmigen Wasser bei den gleichen niederen Drucken verschieden sei, auch im Sinne der gegentheiligen Anschauung verwerten. Regnaults gewaltiger Aufwand an Scharfsinn und Arbeitskraft bei den hieher gehörigen Untersuchungen hat in den erlangten Resultaten offenbar ein Aequivalent nicht gefunden. Das führte dahin, dass seine Arbeiten einen eigentlichen Schlusstein bilden. Dieses Gebiet der Wissenschaft wird so gut wie aufgegeben. Aeusserst spär- lich nur finden sich noch Arbeiten, die sich mit der Mes- sung der Spannkräfte der Dämpfe beschäftigen. Neben einer älteren, mit der Regnault'schen ungefähr gleichzei- tigen von Bendix, ^) sind da zu nennen die Arbeiten von V. Babo -) und Wüllner, ^) die besonders die Spannkräfte des Wassers über Salzlösungen behandeln und eine wenig *) Bendix, Versuche die elastische Kraft des Quecksilber- dampfes bei verschiedenen Temperaturen zu bestimmen. Breslau, Lucas, 1853. 2) V. Babo, lieber die Spannkraft des über Salzlösungen be- findlichen Wasserdampfes. Freiburg, Berichte. Bd. 1, 1858, pag. 18 u. 277. ^) Wüllner, 1. lieber die Spannkraft des Dampfes von wässe- rigen Salzlösungen. Poggend. Annal en, Bd. 103, 1858, pag. 529. 2. Versuche über die Spannkraft des Dampfes aus Lösungen von Salz- gemischen. Poggend. Annal., Bd. 105, 1859, pag. 85. 3. Versuche über die Spannkraft des Wasserdampfes aus Lösungen wasserhalti- ger Salze. Poggend. Annal., Bd. 110, 1860, pag. 564. 4. lieber die Spannkraft des Dampfes von Flüssigkeitsgemischen. Poggend. An- nal., Bd. 129, 1866, pag. 353. 5. Einige Beobachtungen über die Spannkraft des Dampfes einiger organischer Flüssigkeiten. Bonn, Sitz. Ber. ISTiederrhein. Gesell. 1866, pag. 6,6. - 589 — wichtige von Dittmar, ^) bei welchen sämmtlich nur die statische Messungsmethode zur Anwendung kam. Yor allem aber müssen wir der schon mehrfach genannten Arbeit von Landolt^) gedenken und einer eben- falls recht eingehenden „Ueber Dampfspannung homologer Ester" von Otto Schumann.^) Herr Lan- dolt hat ebenfalls nur statisch beobachtet, Herr Schumann statisch und dynamisch.- Auf die uns hier zumeist interessirende Frage ist jedoch keiner der genannten Forscher eingetreten. Während Herr Landolt auf alle Einzelheiten seiner Yersuche und Apparate genau eingeht, kann nur der Teil der Arbeit des Herrn Schumann, der sich auf die dynamische Methode bezieht, auf das gleiche Lob An- spruch erheben; der Teil, indem die statische Methode auf wenigen Zeilen abgemacht wird, ist etwas stiefmütter- lich behandelt, so ist aus den mitgeteilten Daten nicht wohl ersichtlich, wo nach der einen und wo nach der anderen Methode beobachtet wurde; so dass uns seine Arbeiten auch für ein nachträgliches Studium der Frage kein Material bieten. Zum Schluss sei noch eine Arbeit von Konowalow erwähnt, der die Spannkräfte von Flüssigkeitsgemischen statisch untersuchte, eine Arbeit, die, wie später gezeigt werden wird, wenn auch Konowalow selbst die schwe- bende Frage nicht berührte, für die Erklärung der Dif- ferenzen von massgebender Wichtigkeit ist. ^) Dittmar, lieber die Dampfspannung des ameisensauren Aetliyls and des essigsauren Methyls. Liebig Annal. Supplbd. 6, 1868, pag. 363. 2) Landolt, Untersucbung über die Dampftension homologer Yerbindungen. Liebig Annal. Supplbd. 6, 1868, pag. 129. ^j Schumann, lieber Dampfspannung homologer Ester. "Wiede- mann Annal., Bd. 12, 1881, pag. 40. - 590 — Die ganze Frage war also gewissermassen latent. Seit Regnault war sie nicht mehr berührt, bis sie durch das schon erwähnte Resultat eines Vergleiches der Zah- len Landolts mit den unsrigen, von neuem in den Vor- dergrund des Interesses getragen wurde. Die endgültige Lösung erschien uns von vornherein nur auf einem Wege möglich: Neuprüfung sowohl der von Herrn Landolt als von uns aufgestellten Zahlen. Das letzte geschah zuerst. Eine eingehende Prü- fung unserer Zahlen ergab ihre vollkommene Berechti- gung.^) Die auf die verschiedenste Weise immer von neuem geprüften Zahlen zeigten ein besseres Ueberein- stimmen, als für solche Beobachtungen bisher je erreicht worden war. Neben der Yerifizirung der früher erhaltenen Zah- len konnte in einer weiteren Abhandlung,^) im Gegen- satz zu allen bisherigen Untersuchungen, der experi- mentelle Nachweis erbracht werden, dass die aus Salz- lösungen aufsteigenden Wasserdämpfe eine erheblich höhere Temperatur als 100^ erreichen können und dass Theorie und Experiment darin vollkommen übereinstim- men, dass die Temperatur des aus siedenden Lösungen sich entwickelnden Dampfes ausser vom Luftdruck noch .von der Temperatur der Lösungen, aus welchen er sich entwickelt, direkt abhängt. Dieser Beweis war für die vertretene Auffassung von ganz besonderer Wichtigkeit, da aus ihm heraus sich eine Differenz beider Methoden sehr wohl erklären Hess. Es war nur nöthig mit Tomlinson zu definiren: „Eine Flüssigkeit, welche ihren Siedepunkt ganz oder beinahe erreicht hat, ist eineüber- 1) Diese Verhandlungen Bd. 8, 1887, pag. 363. ^) Diese Yerhandlungen Bd. 8, 1887, pag. 418. — 591 — sättigte Lösung ihres eignen Dampfes" ^) und dazu die Magnus'schen Ansichten-) zu haU.en, um eine etwaige Differenz, welche die Folge der Einwirkung der Cohäsion sein müsste, fast vorauszusehen. Da die Zahlen des Herrn Landolt vordem mehrfach direkt geprüft oder zu ßechnungszwecken verwendet worden waren, wie von Winkelmann, ^) Schumann, *) Ko- nowalow ^) u. a. m., ohne zu erheblichen Bemängelungen Yeranlassung gegeben zu haben, so ging aus der ersten Prüfung der dynamisch erhaltenen Zahlen die Ansicht von der grundsätzlichen Yerschiedenheit der Resultate beider Methoden durchaus gekräftigt hervor, und das um so mehr, als eine Anzahl von Yeröffentlichungen der Herren Ramsay und Young^) und des Herrn Richardson, ^) die für den wirklichen Entscheid der Frage ohne irgend welchen Belang, bei der ausgesprochenen Absicht, die „Wertlosigkeit" unserer dynamisch erhaltenen Zahlen nachzuweisen, gerade das Gegentheil, nämlich vollkommene Bestätigung derselben erreichten, wie das aus der nachfolgende Tabelle 4 ersichtlich: 1) Roy. Soc. Proc. Bd. 17, 1869, pag. 242. ^) Poggend. Annal. Bd. 61, 1844, pag. 249. ^) Winkelmann, Wiedemann Annal., Bd. 1, 1877, pag. 436. *) Schumann, Ebenda, Bd. 12, 1881, pag. 63. ^) Konovvalow, Ebenda, Bd. 14, 1881, pag. 44. ^) Ramsay und Young, Deutsch. Chem. Gesellsch. Ber., Bd. 18, 1885, pag. 2855. Bd. 19, 1886, pag. 69 u. 2107. Bd. 20, 1887, pag. 67. Diese sonst zweifellos als wichtigste anzusehenden Arbeiten konnten nicht ernst genommen werden wegen der Eigentümlichkeit der Herren Verfasser, stets gegen Zahlen, die mit den ihren völlig übereinstimmten, anzurennen und dieselben wiederholt „wert- los" zu nennen. Dieses Vorgehen^ mit dem sie ihre eignen Zahlen discreditirten , konnte naturgemäss auch- ein Vertrauen in ihre sonstigen Behauptungen nicht aufkommen lassen. '^) Richardson, On the détermination of vapour pressures of organic alcohols and.acids. Inaugural. Dissertation. Bristol, 1886. - 592 Üt 0^ ^f^ Ü3 CO ?>D M h- ' 1— ' 5 . ö o Ül O ÜX o Ol o CK o CK 3 s ö - o O) 05 05 cn CK (^ hii- ^^ p CD 1— ' zo ;^ rf^ 1— ' 00 CO 00 p b HP' b CD 00 CO îl^ 00 00 o p so 3, Vi' o <^ 3 o p ?o o »4^ _{0 Ü2 o b -3 b CO p OD Ol 1—1 üt bo CO B SO 3- o M p H W o CD ?o «< CD oo 00 00 00 û P ;-:? hl^ 1—' 00 ÜO CD p CD B o bs »— « b CD b b CD b io CK o CO p p ^ CD H w o (—1 CD p «^ o CD CD CD CD 00 00